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Das Landeszeughaus in Graz wurde in den Jahren 1642 bis 1647 errichtet und war einst das zentrale Waffendepot der Steiermark. Das Portal des Zeughauses ziert der Steirische Panther, Mars und Minerva.
Der Unbekannte Ritter
Einige sagen, er kam aus dem fernen Osten, andere sagen, er ware gar kein Mensch gewesen, sondern ein Geist.
Nachts durchstreifte er die Straßen der Stadt und half den Menschen in
Not. Doch aus Angst vor dem Unbekannten verjagten die Bürgerlnnen ihn
aus ihrer Stadt. Der Legende nach sieht man ihn dennoch heute ab und zu
nachts in den Straßen von Graz.
Das Landeszeughaus
Zwischen 1642 und 1647 ließen die Steirischen Landstände - Vertreter
des Adels, des Klerus und der Bürgerschaft - nach Plänen von Antonio
Solar - das "landschaftliche Zeughaus" erbauen. Bereits Ende des 16.
Jahrhunderts hatte der Ausbau der Grenzverteidigung im Südosten, dem
heutigen Kroatien, begonnen.
Wegen des "Langen Türkenkriegs" (1593-1606), der Einfälle ungarischer
Rebellen (1605) und der Bedrohung durch Bethlen Gabor (1619-1622) aus
Siebenbürgen wurden die Bestände aufgerüstet.
Das machte den Bau eines eigenen Zeughauses notwendig. Damals wurden
Geschütze und Zubehör als "Zeug", die Depots als ,,Zeughaus"
bezeichnet. Heute ist das Grazer Zeughaus die größte original erhaltene
Waffenkammer der Welt.
1. OG: Feuerwaffen/ Feuerwerkszeug
In diesem Stockwerk sieht man Feuerwaffen aus dem 15. bis 18.
Jahrhundert: Hakenbüchsen und Orgelgeschütze zur Verteidigung der
Betestigungsanlagen, Mörser und Kanonen für den Einsatz bei Belagerung
und im Feldkampf.
Über weite Distanzen dienten Kreidmörser in Verbindung mit Kreidfeuer
zur Frühwarnung vor anrückenden Feinden. Feuerwerkskörper gaben den
Truppen richtungsweisende Signale.
Doppelhaken sind Vorderlader, die mit Kugeln oder Schwarzpulver von
vorne geladen wurden. Sie sind von außergewöhnlicher Länge und großem
Kaliber. Wegen ihres Gewichtes von bis zu 32 kg wurden sie auf Mauern
oder Schießscharten abgestützt und von dort abgefeuert. Man erkennt sie
an dem Haken, der den Rückstoß des Gewehres abfing. Er ist an der
Unterseite des Laufes angeschmiedet.
Von den im Zeughaus vorhandenen 369 Doppelhaken entstammen die Läufe,
die Schlösser (Luntenschloss, Luntenschnappschloss, Radschloss) und die
Schäfte fast durchwegs aus steirischen Werkstätten. Das Material ist
meist Buchenholz, bei einigen Gabelbüchsen wurde auch Kirschholz
verarbeitet. Diese oft 20 kg schweren Büchsen haben statt des Hakens
eine Gabel aus Schmiedeeisen mit rundem Drehzapfen, wodurch sich bei
der Bedienung der sonst eher schwerfälligen Waffe eine besondere
Beweglichkeit einstellte. Sie waren daher für die Bewaffnung so
genannter Navaren-Wachschiffe auf der Drau, Save und Donau gut geeignet.
Die Läufe der meisten im Zeughaus lagernden Hakenbüchsen sind
durchgehend achtkantig mit einem Kaliber von durchschnittlich 21 mm;
bei einigen Büchsen ist nur der Kammerteil achtkantig, der Vorderlauf
dagegen rund. Gerade diese wahrscheinlich älteren Rohre sind mit einer
rötlichen Schutzschicht versehen (minisiert), während ihr
Laufverschluss sichtlich verschweißt worden war und nicht wie später
üblich, durch eine Schwanzschraube erfolgte.
Die Anfänge des Landeszeughauses reichen bis ins 15. Jahrhundert
zurück. Die Zeit vom 15. bis zum 18. Jahrhundert war für die
damals innerösterreichischen Länder Steiermark, Kärnten und Krain durch
anhaltende bewaffnete Überfälle und kriegerische Auseinandersetzungen
mit dem Osmanischen Reich und ungarischen Rebellen geprägt.
Vor diesem Hintergrund ließen die steirischen Landstände zwischen 1642
und 1644 das „landschaftliche Zeughaus“ nach Plänen von Antonio Solar
erbauen. Als Waffendepot stellte es die wichtigste
„Ausrüstungs-Zentrale“ im Südosten des Habsburgischen Reiches dar.
Mit dem Rückgang der bewaffneten Konflikte im 18. Jahrhundert verlor
das Zeughaus seine Bedeutung. Als Maria Theresia im Zuge einer Reform
beschloss, das Heerwesen zu zentralisieren und das Zeughaus zu
schließen, erbaten die Landstände seine Erhaltung als „Denkmal der
Geschichte des Landes“. 1882 wurde das landschaftliche Zeughaus
erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit seiner
Eingliederung in das von Erzherzog Johann gestiftete Joanneum erhielt
die Rüstkammer 1892 die neue Bezeichnung Landeszeughaus.
Mörser aus der Grazer Waffengießerei Conrad Seiser, 1652
Mörser dienten als schwere Belagerungswaffen, aus denen gegossene
Kugeln oder Steinkugeln im Steilfeuer gegen Stadt- oder
Befestigungsmauern geworfen wurden. Die steirischen Landstände
bestellten 1652 diesen Mörser aus der Grazer Waffengießerei Conrad
Seiser. Er trägt den steirischen Panther, das Wappentier seiner Käufer
sowie in einem umlaufenden vertieften Streifen an der Mündung die
Inschrift „CONRAD SEISER ZU GRAZ GOS MICH ANNO 1652“. Des Weiteren
zieren ihn zwei Delphinhenkel sowie Blattwerkfries.
Das Landeszeughaus gilt als die größte erhaltene historische
Waffenkammer der Welt. Es ist mit rund 32.000 Objekten Zeugnis einer
konfliktreichen Zeit und sensibles Erbe, Denkmal und Museum zur
Landesgeschichte, touristischer Pflichtort, restauratorische und
museologische Herausforderung.
Mit der technischen Weiterentwicklung der Feuerwaffen kam es zu
Spezialisierungen in der Produktion. Allerdings arbeiteten
Schlossschmied, Büchsenmacher und Büchsenschäfter Hand in Hand. Die
zahlreichen kleinen privaten Gewehrmanufakturen des 16. Jahrhunderts
wurden im 17. Jahrhundert durch Großbetriebe in Ferlach,
Deutschfeistritz, Trautenfels und Steyr abgelöst.
Die Sammlung des Landeszeughauses umfasst Rüstungen und Waffen aus der
Zeit vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. Um 1700 erreichte die Zahl der
zum Zeughaus gehörigen Kriegsgeräte mit beinahe 190.000 Stück einen
Höhepunkt.
Heute lagern rund 32.000 Harnische, Feuerwaffen und Kanonen, Stangen-,
Hieb- und Stichwaffen, Kugelzangen und Pulverhörner u. ä. auf vier
Etagen und rund 2.000 Quadratmetern Fläche.
Mit rund 13.400 Stück ist die Sammlung der Handfeuerwaffen mit Zubehör
die umfangreichste des Landeszeughauses. Sie zählt 3.867 Gewehre mit
Lunten-, Luntenschnapp-, Perkussions-, Rad- sowie Steinschlössern,
4.259 Pistolen mit Rad-, Perkussions- und Steinschlössern sowie
diverses Zubehör: Pulver- und Zündkrautflaschen,
Patronenköcher, Hulfter, Spanner,
Kugelgießzangen, Musketengabeln, Bajonette
Der Großteil der Handfeuerwaffen war für den militärischen Einsatz
bestimmt und stammt im Wesentlichen aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Angekauft wurden die Waffen vorwiegend in Augsburg, Nürnberg, Suhl,
Wiener Neustadt, Ferlach und in steirischen Werkstätten. Ein kleinerer
Teil der Handfeuerwaffensammlung diente der Jagd sowie dem Sport und
stammt aus adeligem Besitz.
1551 wurde erstmals urkundlich die Bezeichnung Zeughaus für jene
Räumlichkeiten verwendet, in denen die Landschaft ihre Waffen
deponierte. Diese befanden sich im alten Landhaus und an den Grazer
Stadttoren. Mit der Neuerrichtung des Landhauses ab 1565 lagerten die
Waffen in den geräumigen Dachböden. Die zunehmende militärische
Bedrohung führte zu einer Hochblüte der Waffenproduktion und zur
Errichtung des heutigen Zeughauses von 1642 bis 1644 nach Plänen von
Anton Solar. Ausrüstung für 16.000 Mann wurden hier gelagert und
instand gehalten. Das Landeszeughaus selbst verlor jedoch nach der
Errichtung immer mehr an Bedeutung, und da nach dem Frieden von
Karlowitz im Jahre 1699 eine relativ stabile Grenze zum Osmanischen
Reich hergestellt werden konnte, war die Hauptaufgabe des Zeughauses,
nämlich die Bewaffnung der Söldner an der Militärgrenze in
Kroatien/Ungarn, nicht mehr in diesem Maße vonnöten.
Wiewohl das Zeughaus weiter genutzt wurde, kam es 1749 zur Schließung
des Hauses, und der gesamte Bestand sollte aufgelöst und nach Wien
gebracht werden. Diese Initiative ging von Maria Theresia aus, welche
im Zuge ihrer Reformen auch das Heerwesen in den Erblanden reformierte
und zentralisierte.
Die Stände konnten die Kaiserin vom ideellen Wert des Zeughauses
überzeugen, und so blieb das Zeughaus mit seiner Ausstattung als
Gesamtensemble und eigentlich ältestes Museum der Steiermark erhalten.
1892 wurde es in das Universalmuseum Joanneum eingegliedert.
Für die Beschaffung, Lagerung und Ausgabe der Waffen waren sogenannte
Zeugwarte verantwortlich. Mit der hier abgebildeten Waage wogen die
Zeugwarte angelieferte Geschütze sowie Schwarzpulver und Kugeln,
da diese nicht nach der Stückzahl, sondern nach ihrem Gewicht bezahlt
wurden.
Verteilt auf vier Stockwerken lagern rund 32.000 Kriegsgeräte in einer
weitgehend unveränderten Aufstellung, die Denkmal zur Landesgeschichte,
sensibles Erbe sowie eine restauratorische und museologische
Herausforderung ist.
Arkebusen und Musketen, Luntenschlossmuskete, Steiermark, um 1620
Die Arkebuse ist eine etwa einen Meter lange Feuerwaffe, die aufgrund
ihrer Länge und ihres leichten Gewichts von Reitern benutzt werden
konnte. Bei den Fußsoldaten löste die Muskete Ende des 16. Jahrhunderts
die Arkebuse ab. Musketen sind schwere, lange Gewehre, die auf einer
Stützgabel, der Musketengabel, aufgelegt werden mussten. Die für
jeweils einen Schuss erforderliche Menge an Pulver befand sich in
Pulverfläschchen aus Holz mit Lederüberzug, von denen 10–12 Stück an
einem Lederriemen, dem Bandelier, hingen. Durch ihre Länge hatten
Musketen im Gegensatz zu Arkebusen eine gesteigerte Reichweite und
Durchschlagskraft und wurden somit zur Hauptwaffe der Infanterie.
Im 17. Jahrhundert entstanden systematische Exerzierordnungen, die den
genauen Ablauf der Handhabung der Musketen beschrieben, damit sich die
Soldaten beim Laden und Schießen nicht gegenseitig behinderten. Zudem
wurde mit der Einführung des Exerzierens das Laden und Schießen in
ständigen Wiederholungen geübt, sodass die Soldaten entsprechende
Befehle synchron ausführen konnten, um die Wirksamkeit der Waffen zu
erhöhen. Ein bekanntes Exerzierreglement erschien 1607 in den
Niederlanden; der Kupferstecher Jacob de Gheyn II. versah jeden Befehl
zur Handhabung des Gewehres und der Bewegung des Soldaten mit
grafischen Darstellungen.
Kreidmörser, 17. Jahrhundert
Mit Kreidmörsern wurden Lärmsignale abgegeben, um die Bevölkerung vor
Feinden zu warnen. Zwei Schüsse bedeuteten, dass gegnerische Truppen
die Absicht hatten, ins Land einzufallen. Drei Schüsse meldeten, dass
der Feind bereits im Anmarsch war. Vier Schüsse und ein angezündeter
Holzstoß kündigten an, dass der Gegner bereits im Land war. Weit sicht-
und hörbar wurde die Warnung von einer Kreidstation zur anderen
weitergegeben.
Mit rund 13.400 Objekten ist die Sammlung der Handfeuerwaffen mit
Zubehör die umfangreichste des Landeszeughauses. Sie umfasst 3.867
Gewehre mit diversen Schlosssystemen sowie unterschiedliches Zubehör:
Pulver- und Zündkrautflaschen, Patronenköcher, Hulfter, Spanner,
Kugelgießzangen, Musketengabeln und Bajonette. Der Großteil der
Handfeuerwaffen stammt im Wesentlichen aus dem 16., 17. und 18.
Jahrhundert und war für den militärischen Einsatz bestimmt: Musketen
wurden für die Fußsoldaten im ausgehenden 16. Jahrhundert aufgrund
ihrer gesteigerten Reichweite und Durchschlagskraft zur wichtigsten
Waffe. Die Reiterei nutzte kleinere, leichtere Feuerwaffen wie Pistolen
und Arkebusen. Letztere waren nur etwa einen Meter lang und gaben der
leicht gerüsteten Kavallerie den Namen „Arkebusierreiter“. Ein
kleinerer Teil der Handfeuerwaffensammlung diente der Jagd sowie dem
Sport und stammt aus adeligem Besitz.
Heute beherbergt das Zeughaus in Graz mit etwa 32.000 Exponaten die
weltweit größte historisch gewachsene Sammlung an Schutzwaffen (rund
3.840 Harnische, Helme, Ringelpanzer und Schilde), Blankwaffen (2.414
Stück), Stangenwaffen (5.395 Stück), Gewehren (3.867 Stück), Pistolen
(4.259 Stück) und Waffenzubehör aller Art (davon allein 3.449 Pulver-
und Zündkrautflaschen sowie Patronenköcher). Mit diesem Bestand wäre es
immer noch möglich, rund 5.000 Mann auszurüsten. Den Schwerpunkt bilden
Rüstungsstücke und Waffen für den einfachen Fuß- und Reitersoldaten aus
dem 16. und 17. Jahrhundert. Aber auch Offizierswaffen finden sich in
der Sammlung, die – häufig reich verziert – aus Werkstätten in
Innsbruck, Augsburg oder Nürnberg stammen.
Der Sammlungsbereich der Artillerie umfasst 704 Stück: Doppelhaken mit
Kombinations-, Lunten- und Radschlössern, Mörser, Kanonen, Falkonette
sowie diverses Zubehör: Kugeln, Kaliberlehren,
Kaliberzirkeln, Ladschaufeln, Ladstöcke, Rohrputzer
und Rohrkratzer
Im Landeszeughaus befinden sich heute noch zwei Falkonetts aus der Zeit
um 1500 sowie drei Kanonen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Zu den
ältesten Stücken zählen zudem ein geschmiedetes Rohr aus der
steirischen Werkstatt des Sebald Pögl sowie drei Orgelgeschütze aus dem
ausgehenden 15. Jahrhundert.
Die Rüstungen der leichten Reiterei, sogenannter Arkebusiere, bestanden
nur aus Brustplatte und Rückenteil, Achselkragen sowie einem Helm. Dazu
wurden Panzerärmel und Eisenhandschuhe getragen, das Beinzeug und der
Rüsthaken fielen weg.
Viele der im Zeughaus erhaltenen Trabharnische stammen von Regina
Burckhart. Die steirischen Landstände trachteten mit diversen Anreizen,
wie z. B. einer Steuerbefreiung, die besten Plattner nach Graz zu
holen, darunter 1571 den Augsburger Israel Burckhart. Als dieser hoch
verschuldet aus Graz floh, sah sich seine Frau Regina gezwungen, die
Werkstatt fortzuführen, um mit ihren Erzeugnissen die Verpflichtungen
ihres Mannes zu begleichen. Weil von fast jeder ihrer Rüstungen ein
Teilbetrag zur Schuldentilgung einbehalten wurde, musste Regina
Burckhart Harnische in hoher Stückzahl liefern.
2. OG: Schutzwaffen / Feuerwaffen
Landsknechtharnische für angeworbene Söldner zu Fuß sowie geschobene
Harnische und Kettenhemden für berittene Husaren wurden in Grazer
Werkstätten gefertigt. Aus diesen stammen auch die Harnische für die
Schwere Reiterei sowie die Rüstungen für die leichte Kavallerie, die
man "Arkebusierreiter" nannte. Prunkvoll verzierte Pistolen wurden von
der Reiterei in kriegerischen Auseinandersetzungen eingesetzt.
Reiterrüstung mit Verstärkungsplatten, Hans Prenner (?), Graz um 1620
Die Feldkürisse für die schwere Reiterei zählen zu den beeindruckenden
Zeugnissen handwerklichen Könnens, einige davon wurden von Hans Prenner
(†1645), einem im Graz ansässigen Plattner, gefertigt. Allerdings
verschwanden zu dieser Zeit die Rüstungen allmählich von den
Kriegsschauplätzen Europas.
Dieser Harnisch zählt zu den schwersten in der Sammlung. Alle
Harnischteile sind von dunkelgrauer Eisenfarbe und haben blanke
Folgenränder. Lediglich die Verstärkungsplatten an Brust, Rücken und
Helm, die glattpoliert wurden, zeigen eine ins Schwarz gehende
Brünierung. Um einen schmuckhaften Farbkontrast zu erzielen, wurden
alle Nieten, Riemenzungen sowie das Naseneisen, seine Halterung, die
Schraubköpfe sowie das Scharnier für die Helmverstärkung
feuervergoldet. Der Helm samt Ohrklappen und Nackenschutz ist mit einer
abgesteppten dicken Wattierung gefüttert, die zum Metall hin mit
Leinen, nach innen mit Seidensatin vernäht ist.
Neben dem modisch-stilistischen Einfluss hat aber auch die veränderte
Kriegsführung auf die Harnischgestaltung eingewirkt. Die Verbesserung
der Feuerwaffe zwang die Plattner, die Harnische vor allem beim Brust-
und Rückenstück zu verstärken, um sie für Pistolen- oder Musketenkugeln
undurchdringlich zu machen. Für solche „beschussfreien“ Harnische wurde
eine enorme Gewichtszunahme in Kauf genommen. Dieser Harnisch besitzt
zusätzlich noch eine Helmverstärkung, wodurch der Harnisch mit Helm ein
Gesamtgewicht von 41,4 kg erreichte.
Im 17. Jahrhundert wurden Feldkürisse von schweren Reitern, meist
Heerführern, getragen. Die massige, oft plump wirkende Form entsprach
ganz dem barocken Körperbild. Ihre Oberflächengestaltung war von
schlichter Einfachheit geprägt. Die Hüftlinie ist nach oben gerutscht,
wodurch, wie beim Männerwams der Zeit, eine Verknappung der Brustlinie
erfolgt. Die besonders breiten Schöße müssen die Pumphosen verbergen
und werden direkt an der Brustplatte festgemacht. Dabei kann wegen des
Gewichtes nicht mehr eine Riemenbefestigung verwendet werden, sondern
kräftige Scharniere mit Gewindezapfen und Flügelschrauben. Diese Art
der Befestigung war in Westeuropa sehr gebräuchlich und konnte von den
Niederlanden ausgegangen sein, die auf die europäische Bewaffnung der
1. Hälfte des 17. Jahrhunderts einen starken Einfluss ausübten.
Teile einer Großen Garnitur für den Feld- und Turniergebrauch, Michael Witz d.J., Innsbruck, 1560
Im Landeszeughaus finden sich rund zwei Dutzend Teile einer
Harnischgarnitur. Diese sogenannte große Garnitur wurde einst für
Kaspar Baron von Völs-Schenkenberg und ein Turnier gefertigt, das 1560
am Wiener Hof stattfand. Die erhalten gebliebenen Elemente erlauben den
Einsatz als Feldküriss, als Dreiviertelharnisch für den Reiter, als
Halbharnisch (knechtischer Harnisch) für den Kampf zu Fuß oder als
Spezialharnisch für den sportlichen Wettkampf. Selbst eine Rossstirne
ist enthalten.
Mitte des 16. Jahrhunderts siedeln sich Büchsenmacher aus den
Niederlanden in Ferlach, Kärnten, an und begründen mit ihrem reichen
technischen Wissen ein bedeutendes Zentrum der Waffenerzeugung. 1638
übernimmt Hans Schmidt, ein begabter Handwerker und tüchtiger
Geschäftsmann, eine Schlüsselfunktion: Die große Zeit der Ferlacher
Büchsenschmiede beginnt.
Hans Schmidt, 1600 in Riedlingen in Oberschwaben geboren, war ab 1626
in Ferlach als Büchsenmacher tätig. Vermutlich hat er seine erste
Ausbildung als Schäfter erhalten. Bereits mit 26 Jahren bekam er von
Erzherzog Leopold V. von Tirol den Auftrag, zwei „Zielrohre“ und zwei
Pulverflaschen anzufertigen. Weitere Aufträge, z. B. für einen
Spazierstock und einen verzierten Stab, sprechen dafür, dass er wegen
seiner künstlerisch virtuos ausgeführten Arbeiten sehr geschätzt wurde.
Radschlosspistolen und Holster - 1580er-1590er, Süddeutschland
Zahlreiche Pistolen, die für höhere Offiziere bestimmt waren, sind
reich verziert. Ihr Schmuck besteht nicht aus Elfenbein, sondern aus
Einlegearbeiten, die aus Rinderknochen geformt sind. Viele dieser
Radschlosswaffen besitzen als Charakteristikum einen kugelförmigen
Knauf. Als „Puffer“ bezeichnet, wurden sie im letzten Drittel des 16.
Jahrhunderts aus Augsburg und Nürnberg nach Graz gebracht.
Zeugnisse einer konfliktreichen Vergangenheit an einem einzigartigen
Ort: Das Landeszeughaus gilt als die größte historische Waffenkammer
der Welt und zählt dank seiner funktionalen Architektur zu den
bedeutendsten Baudenkmälern der Stadt.
3. OG. Schutzwaffen / Pferdeharnisch / Feuerwaffen
In diesem Stockwerk lagern Harnische und Feuerwaffen des 16./17.
Jahrhunderts aus den Werkstätten der besten Plattner in Augsburg,
Nürnberg und Innsbruck sowie der bekanntesten Büchsenmacher dieser
Zeit. Eine spezielle Gruppe bilden die Feldkürisse und Riefelharnische,
vor allem für Adelige, und ein Pferdeharnisch aus dem 16. Jahrhundert.
Ein Bereich ist dem Turnier des 16. und 17. Jahrhunderts und den dafür
speziell gefertigten Turnierzeugen gewidmet.
Pferdeharnisch, Werkstatt des Innsbrucker Plattners Konrad Seusenhofer, um 1510
Der im frühen 16. Jahrhundert entstandene Pferdeharnisch aus der
Werkstatt des Innsbrucker Plattners Konrad Seusenhofer zählt heute vor
allem deshalb zu den Prunkstücken der Sammlung, da er neben einzelnen
Rossstirnen der einzig vollständige Pferdeharnisch im Landeszeughaus
ist. Er besteht aus dem Rosskopf mit Stirnstachel, Wappenschild und
Ohrenbechern, einem aus einzelnen Stahlreifen zusammengesetzten
Halsschutz, der vorderen gerundeten Brustplatte mit seitlichen
Streifbuckeln, den Flankenblechen und dem verstellbaren Kreuzgelieger.
Die plattnerische Ausführung erfolgte in blankem Eisenblech,
innenseitig ist noch die alte Polsterung aus in Leinen eingenähten
Strohwülsten erhalten. Sattel und Steigbügel wurden erst später ergänzt.
Der komplette, 42,2 Kilogramm schwere Eisen-Harnisch gelangte 1814 als
Schenkung der steirischen Adelsfamilie Stubenberg in das Zeughaus und
besticht vor allem durch seine Ätzverzierung, die dem Augsburger Maler,
Grafiker und Waffenätzer Daniel Hopfer zugeordnet werden kann. Der
geätzte Wappenschild auf der Rossstirn verweist auf seinen einstigen
Besitzer, Georg von Stubenberg-Wurmberg. Leider gibt die auf dem
Harnisch eingeätzte Buchstabenkombination „IEVVDHH“ keinen konkreten
Aufschluss über den Erstbesitzer bzw. Auftraggeber des Pferdeharnisches.
Die Anforderungen an die Ausrüstung unterschieden sich erwartungsgemäß je nachdem, ob man sie für einen Kampfeinsatz oder ihm Rahmen eines Turniers nutzen wollte. Da die Anfertigung von ganzen Rüstungen teuer war, wurden Einzelteile entwickelt, die man je nach Bedarf beliebig miteinander kombinieren konnte. Die gezeigten Teile gehören zum schweren Feldküriss mit Verstärkungen für das Freiturnier, einem sportlichen Massenkampf zweier Reitergruppen. Die Brechscheibe diente als Handschutz beim Führen einer Lanze.
Die schweren Reiter bildeten bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts die
Elite des Landesaufgebots zu Pferd. Ihre Rüstungen wogen zwar bis zu 25
Kilogramm, boten aber mit Visierhelm, Kragen, Armzeug, Brust- und
Rückplatte, Eisenhandschuhen sowie bis zu den Knien reichenden
Beintaschen auch einen besonderen Schutz. Die relative Kleinheit der
Rüstungen erklärt sich dadurch, dass sie für eine durchschnittliche
Körpergröße von 160-165 cm gefertigt wurden.
Die Hersteller solcher Rüstungen hießen Plattner Sie formten die
einzelnen Rüstungsteile aus Blech mithilfe spezieller Werkzeuge und
verbanden sie dann mit Lederriemen und Nieten.
Die steirischen Landstände trachteten mit diversen Anreizen, wie z. B.
einer Steuerbefreiung, die besten Plattner nach Graz zu holen, darunter
1571 den Augsburger Israel Burckhart. Als dieser hoch verschuldet aus
Graz floh, sah sich seine Frau Regina gezwungen, die Werkstatt
fortzuführen, um mit ihren Erzeugnissen die Verpflichtungen
ihres Mannes zu begleichen. Weil von fast jeder ihrer Rüstungen ein
Teilbetrag zur Schuldentilgung einbehalten wurde, musste Regina
Burckhart Harnische in hoher Stückzahl liefern. Viele der erhaltenen
Trabharnische stammen von ihr.
Das Dekor aus fein gravierten Silberplättchen und eingelegten Fäden und
Stiften aus Silber oder Eisen ist charakteristisch für die Arbeiten von
Büchsenmacher Hans Schmidt. Diese Technik wurde von französischen
Büchsenmachern bereits um 1600 in Paris für Ludwig XIII. und um 1620
auch von Meistern in Deutschland verwendet.
Darüber hinaus verstand Schmidt auch die Techniken der
Schlossmechanismen und des Laufschmiedens. Wie aus einem Dokument von
1636 hervorgeht, bestellten die Kärntner Landstände den „ehrenfesten,
kunstreichen“ Hans Schmidt zum „wirklichen“ Offizier und Armaturmeister
der Rohrhammer- und Büchsenwerkstatt. Unter seiner Leitung arbeiteten
Meister der Büchsenschlosser, Rohrschmiede und Schäfter sowie deren
Gesellen und Lehrlinge.
Zwei Jahre später verpflichtete Siegmund Ludwig Graf von Dietrichstein
den „Armaturmeister“, sämtliche Erzeugnisse der auf seiner
Grundherrschaft angesiedelten Meister zu kontrollieren. Alle Produkte
mussten mit dem Wappen des Grundherrn Siegmund Ludwig Graf von
Dietrichstein, zwei Winzermessern in Kartusche, gestempelt sein. Genaue
Aufzeichnungen darüber bezeugen auch umfangreiche Lieferungen von
Pistolen und Karabinern an das Grazer Zeughaus. 1656 wurde Hans Schmidt
von Kaiser Ferdinand III. der Adelstitel „von und zu Helding“
verliehen. Seine Arbeiten zählen zu den besten europäischen
Handfeuerwaffen des 17. Jahrhunderts.
Rüstungen im Zeughaus
Prunkharnisch Witz, Michael Witz der Jüngere, Innsbruck, um 1550
Michael Witz der Jüngere, ein Meister der Plattnerkunst, fertigte
diesen außerordentlichen Harnasch für einen leider unbekannt
gebliebenen hochrangigen Kunden an. Dunkle und blanke
Kontrastverzierungen mit hellpolierten und geschwärzten Partien
überziehen Harnasch und Helm. Die Oberfläche wurde außerdem teilweise
herausgetrieben, ein Vorgang, bei dem das Metall auf der Innenseite so
gehämmert wurde, dass sich auf der Außenfläche ein Relief bildete.
Witz schuf hier ein funktionelles und künstlerisches Meisterwerk, das
seinem Besitzer als imponierende und hochdekorative Prunkhülle diente.
Gleichzeitig ist dieser Harnasch mit seinen fantastischen
Tierkopffratzen auf Schultern, Ellenbogen und Knien sowie der über die
gesamte Oberfläche reichenden Blattwerkdekoration auch vollendeter
Ausdruck der Verzierungsfreude der Renaissance.
4. OG: Stangenwaffen / Blankwaffen / Nahkampfwaffen / Schutzwaffen
Aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen Stangenwaffen, Helmbarten und
Spieße sowie Rundschilde für Fußsoldaten. Blankwaffen wie Zweihänder
aus dem 16. Jahrhundert sowie Säbel, Schwerter, Degen, Panzerstecher,
Dusäggen, Pallasche und Rapiere aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sind
hier ebenso zu sehen wie reichverzierte Stangenwaffenfür die Garde. Als
Waffen für den Nahkampf zu Pferd dienten Reiterhämmer und Schlagkolben.
Bei den 5.395 im Landeszeughaus eingelagerten Stangenwaffen handelt es
sich vorwiegend um Helmbarten und Spieße. In geringerer
Anzahl vertreten sind auch Schweinsfedern, Sauspieße,
Cousen, Langmesser, Tarden, Glefen und Morgensterne.
Helmbarten, Oberösterreich, 16. Jahrhundert
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kaufte die steirische
Landschaft Tausende dieser Stangenwaffen, um sogenannte Hellebardiere
auszurüsten, die außer einer Sturmhaube keine Schutzrüstung trugen,
aber bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts hinein fester Bestandteil
des Landesaufgebotes waren.
Helmbarten bestehen aus einer Holzstange, einer langen Stechklinge,
einem Reißhaken und einem Beil. Während die Stechklinge als Stichwaffe
diente, konnte mit dem Haken ein Reiter vom Pferd gezogen werden.
Stangenwaffen wurden im Nahkampf eingesetzt und gehörten zur Ausrüstung der Fußsoldaten.
Seit Mitte des 16. Jahrhunderts gewannen die Feuerwaffen durch ihre
erhöhte Schusskraft und leichtere Handhabung an Bedeutung, während
Stangenwaffen in reichverzierter Form für Gardisten und Offizier
erhalten blieben. Die aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammenden
Helmbarten und Spieße wurden vor allem in oberösterreichischen
Werkstätten rund um Steyr hergestellt, wobei die Werkstätten des
Pankraz Taller und des Peter Schreckeisen besonders hervorzuheben sind.
Gardehelmbarten, Oberösterreich (?), Ende 16. Jahrhundert
Für eine Ätzung musste man die zu verzierende Eisenfläche mit einem
säurebeständigen Material – Wachs, Ölfarbe oder Asphaltlack –
überziehen. Danach wurde mit einer Nadel die Zeichnung in das Material
geritzt und mit Säure übergossen, die in das freigelegte Metall
vordrang. Nach Entfernen der säurebeständigen Schicht wurde die
Zeichnung geschwärzt. Als Vorlage dienten oft Schmuckmotive oder
Entwürfe von zeitgenössischen Künstlern.
Morgensterne, Graz, 1685
Als Wien 1683 vom Heer des türkischen Großwesirs Kara Mustafa belagert
wurde, sahen die Landstände auch die steirische Nord- und Ostgrenze
bedroht. Neben gut bewaffneten angeworbenen Söldnern wurden deshalb
auch bäuerliche Untertanen zum Grenzschutz verpflichtet. Ausgerüstet
wurden diese kampfunerfahrenen Männer mit Morgensternen: an Holzstangen
befestigte Keulen mit eingeschlagenen Eisenspitzen. Auf der Oberseite
sitzt eine lange, vierkantige Stoßklinge. Am hinteren Ende des runden,
mit zwei Federn verstärkten Fichtenholzschaftes ist ein Bodenstachel
befestigt. Alle 185 erhaltenen Morgensterne wurden vom Grazer Drechsler
Egid Rotter hergestellt. Die Gesamtlänge beträgt an die 250 cm, die
Stoßklingenlänge an die 25 cm.
Rüstungen im Zeughaus
Die steirischen Landstände rüsteten ab dem letzten Viertel des 16.
Jahrhundert leichte husarische Reiter aus, die vor allem an der
Militärgrenze eingesetzt wurden. Sie wurden aus der christlichen
Grenzbevölkerung Ungarns und Kroatiens rekrutiert, die schon seit dem
15. Jahrhundert mit der Kampfweise der Osmanen vertraut war und
aufgrund ihrer Wendigkeit sowie guten Geländekenntnisse besser gegen
türkische Streifreiter (Akindischi) einzusetzen war als die schweren
Reiter (Kürassiere). Dementsprechend war auch ihre Ausrüstung der des
Gegners angepasst, was nicht nur in der Schutzausrüstung, sondern auch
in der Verwendung des Säbels zum Ausdruck kommt.
Der Säbel ist eine alte mongolische Reiterwaffe, die von den Osmanen ab
der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts über den Balkan nach Europa
gebracht und im 15. Jahrhundert von den Ungarn übernommen wurde. Er
setzte sich schließlich im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts auch in
der Steiermark durch. Trotz seines Namens wurde der ungarische Säbel in
steirischen Werkstätten hergestellt.
Die Sammlung der Blankwaffen umfasst etwa 2.414 Stück und beinhaltet:
Zweihänder, Anderthalbhänder, verschiedene
Säbelformen, Pallaschen, Stecher, Rapiere,
Dusäggen, Hau- und Stichdegen
Der Großteil der Blankwaffen stammt aus der Zeit des
16. bis 18. Jahrhunderts, ein kleinerer Teil von rund 1.100 Stück
Landwehrsäbel aus den Jahren 1808/09. Angekauft wurden die Waffen
vorwiegend in steirischen Werkstätten, wobei der Schwerpunkt der
Klingenerzeugung in Judenburg und Weiz lag, während die Schwertfeger,
die die Klingen mit Griffen versahen, in erster Linie in Graz
angesiedelt waren.
Blankwaffen wurden meist von der Reiterei getragen, nur ein geringer Teil von Fußtruppen.
Langspieß, Oberösterreich, 4. Viertel 16. Jh.
In zahlreichen Regalen lagern Spieße aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Mit ihnen schützten gut geschulte Landsknechte die Büchsenschützen und
Musketiere vor feindlichen Reiterattacken. Die meisten Spieße im
Zeughaus haben nicht mehr ihre ursprüngliche Länge von bis zu 5 Metern,
denn mit dem Aufkommen der Bajonette hatten sie ihre Bedeutung verloren
und wurden schon im späten 17. Jahrhundert um etwa die Hälfte gekürzt.
Das richtige Hantieren mit den Langspießen war schwierig und
kräfteraubend, bedurfte einer langjährigen Übung und einer guten
Ausbildung.
Die Spieße des Landeszeughauses wurden in der Hauptsache von
oberösterreichischen Klingenschmieden erzeugt und an mehreren
Mautstellen vorbei auf Fuhrwerken nach Graz transportiert. Weil Spieße
als kriegswichtige Sendung galten, forderten die Landstände beim
Landesfürsten Passbriefe für die Lieferanten an und konnten so die
üblicherweise zu entrichtenden Mautgebühren umgehen.