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Das Beethovenhaus Baden ist ein authentischer Wallfahrtsort für alle, die nach dem Musikgenie suchen. In dem Haus Rathausgasse 10 stieg Beethoven in den Sommern 1821, 1822 und 1823 ab. In dieser Zeit schrieb er wesentliche Teile der 9. Symphonie. Die biedermeierlichen Wohnräume geben einen Einblick in das Leben, das Umfeld und die Musik des Komponisten in der Stadt Baden.
In diesem im Kern spätmittelalterlichen Haus wohnte in den Sommern
1821, 1822 und 1823 der ,Tonsetzer' Ludwig van Beethoven. Das Gebäude
wurde in den Jahren 2013/2014 unter Bürgermeister Komm.R. Kurt Staska
generalsaniert und für das Beethovenhaus-Museum adaptiert.
Als Ludwig van Beethoven 1821 zum ersten Mal dieses Haus betritt, ist
er 51 Jahre alt. Gekommen ist er auf Anraten seines Arztes. Seit Jahren
plagen ihn Schmerzen in der Bauchgegend, dieses Jahr auch Gicht und
Rheuma. In Baden soll er Heilbäder nehmen. Beethoven ist zu diesem
Zeitpunkt bereits ein angesehener Komponist. 1770 war er in Bonn zur
Welt gekommen. Schon als kleines Kind erhielt er Unterricht an
verschiedenen Musikinstrumenten. Mit 12 Jahren verdiente er als
Organist den Unterhalt für die Familie. 1792 zog er dauerhaft nach
Wien. Beethoven wurde Schüler Haydns und trat bei adeligen Gönnern als
Klaviervirtuose und Klavierlehrer auf. Als Komponist konnte er sich
zunehmend einen Namen machen. In die Kurstadt Baden bei Wien war er
erstmals im Jahre 1803 gekommen. Er besucht hier die Schwefelquellen,
unternimmt in der Umgebung lange Spaziergänge, trifft Freunde und
Bekannte - und arbeitet an neuen Werken.
Beethoven
Augarten-Porzellan, 1924, Geschenk von Dr. Traude und Prof. Dr. Norbert Tanner
Baden liegt an der Wiener Thermenlinie, an der Heilquellen aus dem
Inneren der Erde an die Oberfläche treten. Schon die Römer legten
deshalb ein Heilbad an, das sie Aquae nannten. Um 1100 erfolgte eine
Neugründung Badens rund um die zahlreich sprudelnden Quellen. Jede
wurde einzeln gefasst und erhielt einen eigenen Namen. Die Quellen
unterscheiden sich in ihren Wirkstoffen, ihrer Temperatur und in der
Wassermenge.
Frauen und Männer badeten gemeinsam in großen Becken. Beim Aus- und
Einsteigen sorgte ein geschlossener Treppenaufgang dafür, dass man
voneinander nicht zu viel sah. Schwimmen, Untertauchen sowie das
Hinlegen auf den Bänken waren untersagt. In der Badeordnung von 1797
wurden auch,,Reden wider den Staat (...) und die Religion" unter Strafe
gestellt. Wer mehr Privatheit wünschte, konnte Einzelbäder buchen.
Beethoven war überzeugt, dass durch die zahlreichen Bäder, die er nahm,
„... das Übel, wenn nicht gehoben, doch unterdrückt werden wird.", wie
er 1822 seinem Bruder schrieb.
Dieser Hammerflügel stammt aus dem Haus von Josef Perger (1775-1846),
Kaufmann und Ortsrichter der Gemeinde Gutenbrunn. Beethoven war dort
mehrmals zu Gast und spielte auf diesem Klavier. Beim Hammerklavier
werden die Saiten mit kleinen Hämmern angeschlagen, im Unterschied zum
Cembalo, wo Kiele die Saiten anreißen. Anders als moderne Klaviere ist
das Hammerklavier leiser und reicher an Obertönen, die Saiten klingen
etwas nach. Das Instrument wurde von Conrad Graf (1782-1851), einem der
bedeutendsten Klavierbauer des Biedermeier, gefertigt.
Viele Besucher Badens waren Stammgäste. Die meisten mieteten ein
Quartier, oft über Jahre dasselbe. Zu Beethovens Zeit gab es nur ein
geringes Angebot an Hotels und Gasthöfen. Die Badener Bürger nützten
das alte 'Auskochrecht', ohne Lizenz und steuerfrei Leute beherbergen
und verköstigen zu können. Beethoven wechselte - wie in Wien - oft die
Unterkunft. Nur hier im Kupferschmiedhaus blieb er drei Sommer
hintereinander. Nicht alle Wohnorte des Komponisten in Baden sind
bekannt. Von den 'prominenten' Aufenthaltsorten wie dem Sauerhof oder
Schloss Braiten haben sich zeitgenössische Ansichten erhalten, von den
gewöhnlichen Bürgerhäusern dagegen nicht.
Beethoven hat im alten Sauerhof einst auch gewohnt, im neuen Gebäude
hat er mit Carl Maria von Weber und seinem Neffen Karl im Jahre 1823 zu
Mittag gegessen. Auch im Scheiner'schen Kaffeehaus war Beethoven
vermutlich zu Gast. Zu seinen täglichen Ritualen gehörte, wie sich
Anton Schindler erinnert, in einem Café oder Wirtshaus einzukehren, 'um
die Tagesliteratur zur Hand zu nehmen'.
Eine Fahrt von Wien nach Baden dauerte um 1800 etwa drei Stunden. Wie
die meisten Leute fuhr Beethoven entweder mit einem Gesellschaftswagen
oder mit der Postkutsche die im Stadtzentrum Wiens und in der Vorstadt
Wieden starteten. Die Kutschen fuhren bereits zu fixen Tarifen und
Fahrzeiten - zumindest theoretisch. Zwei Tage vorher hatte man die
Reise anzumelden. Die übliche Route führte über den Wienerberg bis nach
(Wiener) Neudorf. Dort wechselte man im alten Posthaus die Pferde, nahm
einen Imbiss ein und setzte die Fahrt fort. In Baden kam man meistens
beim Wirtshaus ,Zum Goldenen Hirschen' am Hauptplatz an. Während seiner
Aufenthalte in Baden machte Beethoven gelegentlich auch Tagesreisen
nach Wien. Ansonsten unternahm er fast täglich Spaziergänge und
Wanderungen in die Umgebung. Meiereien und Jausenstationen boten den
Ausflüglern auch damals schon Möglichkeiten zur Rast und Stärkung.
Der Wiener Neustädter Kanal ist ein 63 km langer künstlicher
Wasserlauf, auf dem vor allem Holz, Ziegel und Kohle nach Wien
transportiert wurden. Eine Anekdote berichtet, Beethoven sei einmal
selbstvergessen entlang des Kanals gewandert. Bei Einbruch der
Dunkelheit fand er sich in Wiener Neustadt wieder, rund 30 km von Baden
entfernt. Da er nicht wusste, wo er war, schaute er in die Fenster
einiger Wohnhäuser. Die Leute hielten ihn für einen Bettler, weil er
ohne Hut und in einem alten Mantel unterwegs war. Die Polizei
verhaftete ihn. Er hörte aber nicht auf zu beteuern, er sei Beethoven,
und schließlich rief man den Musikdirektor der Stadt, der ihn
identifizierte. Der Bürgermeister entschuldigte sich und man brachte
den Komponisten mit dem Wagen nach Baden zurück.
Gustav Wilhelm Lautenschläger - Beethovens Gang am Kanal nach Wiener Neustadt, 1927
Das Bild illustriert diese Anekdote. Es entstand aus Anlass des 100. Todestages.
Siebzehn Aufenthalte Beethovens in Baden sind belegt, der erste 1803,
der letzte 1825. Einige Sommer verbringt Beethoven in Wiener Vororten
wie Heiligenstadt oder Dornbach, aber auch Mödling und Hinterbrühl. Sie
bieten ein kühles Klima und eine günstige Unterkunft. Baden dagegen ist
eine noble Kurstadt. 1803 entschied sich Kaiser Franz II., den Ort zu
seiner Sommerresidenz zu machen. Die Stadt zeigt zwei Gesichter: In der
Altstadt prägen sie Theater, Kaffeehäuser, Spielzimmer und etliche neue
Palais von Hochadel und wohlhabenden Bürgern. An den Rändern wirkt sie
ländlich - mit prachtvollen Alleen, Spazierwegen, Pavillons und
Aussichtspunkten. Mit der Postkutsche lässt sich Baden von Wien in drei
Stunden erreichen. Besonders schätzt Beethoven Wanderungen in die
Umgebung Badens, das Helenental, die Landschaft des südlichen
Wienerwaldes. Bis nach Wiener Neustadt lassen sich Ausflüge Beethovens
nachweisen.
Porträt Ludwig van Beethoven, 19. Jahrhundert
Es existiert eine große Anzahl an Beethoven- Porträts. Die Mehrzahl ist
erst nach Beethovens Tod entstanden. Viele Künstler versuchen,
Beethovens Musik malerisch zum Ausdruck zu bringen.
Die Aufenthalte in Baden bieten Beethoven Gelegenheit, Freunde und
Bekannte zu empfangen und zu treffen. Schüler und Lehrer, Verleger,
Musikerkollegen, Freunde und Verwandte sind seine Gäste. Wenn das
Wetter es zulässt, macht man einen Spaziergang in die Umgebung und isst
gemeinsam zu Mittag; manches Mal wird auch in diesem Haus aufgetischt.
Beethoven wird oft als schwierig und streitbar beschrieben, und
sicherlich ist der Umgang mit ihm nicht immer einfach. Viele Berichte
von Vertrauten bestätigen aber, dass auch er ein liebevoller und treuer
Freund sein kann, der Geselligkeit schätzt und erst durch die
zunehmende Schwerhörigkeit seine sozialen Kontakte einschränkt.
Carl Maria von Weber (1786-1826) Der Kollege
Nicht zuletzt der Erfolg seiner Oper 'Freischütz' machte den
Komponisten Carl Maria von Weber europaweit bekannt. Weber stand den
Werken Beethovens zunächst kritisch gegenüber, wie einem Brief an den
Schweizer Musikverleger Nägeli (1810) entnommen werden kann. Beethovens
'Erfindungsgabe... ist von einer solchen Verwirrung in Anordnung seiner
Ideen begleitet, dass nur seine früheren Compositionen mich ansprechen,
die letzteren hingegen mir nur ... ein unverständliches Ringen nach
Neuheit sind...'. Zwei Jahre später scheint sich ein Gesinnungswandel
vollzogen zu haben. Über die Oper 'Fidelio' meint Weber, es seien
'wahrhaft große Sachen in der Musik...'.
Als er die Oper 1823 in Dresden aufführen wollte, entwickelte sich ein
reger Briefwechsel, der in einem Besuch Webers bei Beethoven in Baden
im Oktober 1823 gipfelt. Die beiden speisten gemeinsam im Sauerhof und
Weber schrieb seiner Frau einen euphorischen Bericht über dieses
Zusammentreffen: „Die Hauptsache war, Beethoven zu sehen. Dieser
empfing mich mit einer Liebe, die rührend war".
Anton Schindler (1795-1864) Der Sekretär
Anton Felix Schindler kam 1813 aus Mähren nach Wien, um Jus zu
studieren. Im März 1814 begegnete er erstmals Beethoven. Ein engerer
Kontakt zwischen den beiden entwickelte sich erst 1820, auch wenn
Schindler später behauptete, bereits ab 1816 Beethovens Sekretär
gewesen zu sein. Einträge in den Konversationsheften, die dies belegen
sollten, wurden später als Fälschungen Schindlers erkannt.
Im Sommer 1823 versuchte Schindler für Beethoven eine Unterkunft im
Haus des Kupferschmiedes in Baden zu organisieren. Zunächst ohne
Erfolg. Beethoven hatte im Jahr davor Fensterläden des Hauses für
Notizen benutzt und damit angeblich unbrauchbar gemacht. Erst nachdem
Beethoven den Einbau neuer Fensterläden versprochen hatte, durfte er
wieder einziehen. Nach dem legendären Konzert am 7. Mai 1824, in dem
die 9. Symphonie und Teile der 'Missa solemnis' erklangen, kam es zum
Bruch zwischen den beiden. Beethoven verdächtigte Schindler und andere
des Betrugs bei der Abrechnung. Ende 1826 versöhnten sie sich wieder
und Schindler betreute Beethoven bis zu seinem Tod.
Nannette Streicher (1769-1833) Die Klavierfabrikantin
Maria Anna (Nannette) Stein war die Tochter des Augsburger
Klavierfabrikanten Johann Andreas Stein, der die sogenannte Wiener
Mechanik erfand. Schon als achtjährige fand Nannette Mozarts
Anerkennung als Pianistin. Auch im Klavierbau zeigte sie großes Talent,
weshalb sie nach dem Tod des Vaters die Manufaktur weiterführte.
Beethoven hatte auf seiner ersten Wien-Reise die Stein'sche
Klaviermanufaktur in Augsburg besucht und dürfte Nanette bei dieser
Gelegenheit erstmals begegnet sein. 1794 heiratete Nanette Andreas
Streicher und übersiedelte mit ihm nach Wien. Hier betrieb sie mit
ihrem Bruder, später mit ihrem Mann, eine Klavierfabrik.
Beethoven schrieb 1817, dass er die Streicher'schen Instrumente 'immer besonders vorgezogen' habe.
Die Familie Streicher hielt sich oft in Baden auf. Ein intensiver
Kontakt zwischen Beethoven und Nanette Streicher ergab sich während des
Streites um den Neffen Karl 1817/18. Nannette musste unter anderem bei
der Wohnungssuche, bei der Einstellung von Dienstboten, sowie in Fragen
der Gesundheit mit Rat und Tat aushelfen.
Ignaz Schuppanzigh (1776-1830) Der Violinist
Ignaz Schuppanzigh war bereits 1794 bis 1799 erster Geiger des
Streichquartettes im Hause des Fürsten Lichnowsky. Bei Lichnowsky
lernte er Beethoven kennen. Er war somit einer der ersten Bekannten
Beethovens in Wien und blieb bis zu seinem Tod in freundschaftlicher
Verbindung mit ihm. Er hob fast alle Quartette Beethovens aus der
Taufe: die Quartette op. 18 im Jahr 1800, die Quartette op. 59 in der
Saison 1806/07. Die missglückte Uraufführung des Quartettes op. 127
führte zwar kurzfristig zu einer Auseinandersetzung mit dem
Komponisten, aber Beethoven vertraute ihm die Uraufführung des
Quartettes op. 132 wieder an.
Während seiner Aufenthalte in St. Petersburg setzte sich der Geiger für
die Aufführung Beethoven'scher Werke ein. Beethoven setzte seinem
korpulenten Freund ein Denkmal im musikalischen Scherz für drei
Solostimmen 'Lob des Dicken', 1801 und in dem humoristischen Kanon
'Falstafferl, laß' dich sehen', 1823.
Franz Joseph Maximilian Fürst Lobkowitz (1772-1816) Der Förderer
Fürst Franz Joseph Lobkowitz entstammt einer alten böhmischen
Adelsfamilie, die bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Förderer
der Musik hervortrat. Lobkowitz war musikalisch hochbegabt, durfte sich
aber erst nach dem Tod seines Vaters der Musik widmen. Seine Liebe zur
Musik steigerte sich zu einer Art von Sucht, die auch seine Gattin
Marie Karoline teilte. Am 2. März 1795 trat Beethoven erstmalig im
Palais Lobkowitz auf, wo auch seine 3. Symphonie zur Uraufführung
gelangen sollte. Noch heute heißt der Festsaal des Palais deshalb
'Eroica-Saal'.
In Baden veranstaltete Fürst Lobkowitz häufig Bälle, Konzerte und
Opernaufführungen. Beethoven widmete ihm mehrere Werke. Aufgrund der
Abwertung der österreichischen Währung im Jahre 1811 geriet der Fürst
in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Er stellte die vereinbarten
Zahlungen an Beethoven ein. Beethoven ließ sich auf einen Gerichtstreit
ein und gewann diesen. Ab 1815 wurden die Raten ordnungsgemäß bezahlt,
wofür sich Beethoven 1816 mit der Widmung des Liederzyklus 'An die
ferne Geliebte' bedankte.
Rudolph (Johann Joseph Rainer), Erzherzog von Österreich (1788-1831) Der Gönner und Schüler
Rudolph verlor im Alter von vier Jahren beide Eltern. Sein Bruder
Kaiser Franz II. wurde sein Vormund. Dieser bestimmte den Knaben für
eine militärische Laufbahn. Auf Grund gesundheitlicher Probleme
entschied sich Rudolph jedoch für den geistlichen Stand. Schon in
seiner frühen Jugend zeigte sich sein Talent für Musik. 1803 wurde er
Beethovens Schüler, zuerst am Klavier, später auch in Komposition.
Rudolph war der mächtigste Gönner, Förderer und - soweit das bei dem
Standesunterschied möglich war - Freund Beethovens.
Als man Beethoven 1808 nach Kassel engagieren wollte, bemühte sich
Rudolph um dessen Verbleib in Wien. Mit Fürst Lobkowitz und Graf Kinsky
verpflichtete er sich vertraglich zur Zahlung einer jährlichen
Geldsumme (Apanage) unter der Auflage, in Wien zu bleiben. Von
Beethovens Widmungsträgern ist Rudolph der am meisten bedachte. Rudolph
erlag während eines Kuraufenthaltes in Baden einer Gehirnblutung.
Tobias Haslinger (1787-1842) Der Verleger
Nach einer musikalischen Ausbildung betätigte sich Tobias Haslinger im
Kunst- und Musikalienhandel. 1813 trat er in das Steiner'sche
Verlagshaus ein, schon 1815 wurde er dessen Teilhaber. 1826 übernahm er
das Verlagshaus zur Gänze und baute es aus. Hier wurden Komponisten wie
Johann Nepomuk Hummel, Josef Lanner, Franz Liszt und Johann Strauss
Vater verlegt.
Haslingers Bekanntschaft mit Beethoven ging auf das Jahr 1815 zurück.
Die Briefe beider waren geprägt von freundschaftlicher Verbundenheit,
wie etwa in dem Brief vom 9. Oktober 1821 aus Baden, in den Beethoven
den Scherzkanon 'O Tobias!' schrieb. Haslinger betreute die Drucklegung
einiger Werke Beethovens und fertigte, selbst auch als Komponist tätig,
Klavierbearbeitungen an. Haslinger kam oft nach Baden, begleitete
Besucher zu Beethoven, wie etwa Edward Schulz oder Carl Maria von Weber.
Carl Czerny (1791-1857) Der Schüler und Pädagoge
Carl Czerny erhielt den ersten Klavierunterricht von seinem Vater, dem
Musiker Wenzel Czerny. Mit neun Jahren gab Czerny 1800 sein Debut als
Pianist im Augarten mit einem Klavierkonzert Mozarts. Etwa zur selben
Zeit wurde er Schüler Beethovens. Aus einem kurzen
Lehrer-Schüler-Verhältnis wurde eine lebenslange Freundschaft,
unterbrochen von gelegentlichem Streit.
Beethoven teilte dem jungen Kollegen verschiedene Aufgaben zu, wie
Korrekturlesen oder 1805 die Anfertigung von Transkriptionen des
'Fidelio'. Beethoven schätzte Czerny auch als Interpreten seiner Werke.
Czerny zog sich aber immer mehr vom Podium zurück und sah seine Aufgabe
viel mehr darin, spätere Generationen als Pädagoge zu fördern. Seine
'Schule der Geläufigkeit' ist wohl jedem, der irgendwann Klavierspielen
lernte, ein Begriff. 1816-1818 war er auch Lehrer von Beethovens Neffen
Karl. Immer wieder hat Czerny Beethoven in Baden besucht.
Karl van Beethoven (1806-1858) Der Neffe
Beethovens Bruder Kaspar starb 1815 an Tuberkulose. Kaspar hatte Ludwig
testamentarisch als Vormund für seinen Sohn Karl eingesetzt, mit der
Auflage, das Kind nicht von seiner Mutter zu trennen. Da seine
Schwägerin Johanna jedoch seit 1811 wegen Unterschlagung vorbestraft
war, war Beethoven überzeugt, dass diese Frau moralisch nicht in der
Lage sei, das Kind zu erziehen.
Beethovens erkämpfte bei Gericht die alleinige Vormundschaft. Zwei
Jahre lang kam Karl in ein Internat. Anfang 1818 nahm Beethoven den
Neffen in seinen Haushalt auf. Es kam zu Spannungen und Reibereien.
Beethovens Verhalten gegenüber dem Knaben schwankte zwischen
Liebesbezeugungen, Fürsorge und unbarmherziger, kompromissloser
Strenge. Am 6. August 1826 unternahm Karl bei der Ruine Rauhenstein
einen Selbstmordversuch. Beethoven war zutiefst erschüttert. Karl
versuchte sich in diversen Studien, im Jänner 1827 ging er zum Militär.
Er sah seinen Onkel vor dessen Tod nicht mehr.
Ludwig van Beethoven stirbt am 26. März 1827 in Wien. Im November 1827
kommt sein persönlicher Besitz zur Versteigerung. Seine Notenbücher
werden zerlegt und in alle Winde verstreut. Es ist viel und
gleichzeitig wenig übriggeblieben von Beethoven. Viel an Musik, etwa
650 Kompositionen und rund 1.800 Briefe (von ursprünglich etwa 10.000),
wenig an persönlichen Dingen, obwohl es nicht fehlte an Sammlern und
Jägern von Devotionalien. Besonders begehrt: die Haare des Toten.
Ein bedeutendes Badener 'Exponat' ist freilich das Haus selbst, in dem
Beethoven gewohnt hat. Die Tochter des Kupferschmieds Johann Bayer
vermacht das Haus 1874 dem 'Badener Studenten-Unterstützungs-Verein'.
Dieser verkauft es in den 1880er Jahren. 1962 übernimmt die Stadt Baden
das Haus und richtet 1964 eine Gedenkstätte ein.
Wie zahlreiche andere Besucher an Beethovens Totenbett schnitt auch
sein Vertrauter Joseph Carl Bernard eine Haarlocke als Andenken ab.
Bernard (1781-1850) war leitender Redakteur der 'Wiener Zeitung' und
unterstützte Beethoven im Vormundschaftsstreit um seinen Neffen.
Bernards Enkelin, Marie Emerice von Bersuder, selbst kinderlos,
vermachte die wertvolle Locke Käthe Hansy-Odorfer, deren Söhne Frau
Bersuder zehn Jahre lang unterrichtet hatte. 1947 teilte die Besitzerin
die Haarlocke und schenkte eine Hälfte der Stadt Baden.
Die mit Beethoven befreundeten Wiener Klavierbauer Nannette und Andreas
Streicher beauftragten 1812 den Bildhauer Franz Klein mit der
Herstellung einer Beethoven-Büste. Um diese möglichst lebensnah zu
gestalten, nahm Klein als Vorlage eine Lebendmaske. Um 1910 wurden in
Kooperation mit dem Verein Beethoven-Haus Bonn 'kontrollierte'
Nachgüsse dieser Maske von der Firma Gebrüder Micheli in Berlin
angefertigt. Die originale Negativform existiert heute nicht
mehr. Im Vergleich zur Totenmaske lassen sich anhand dieser Maske
andere Gesichtszüge erkennen. Dieser historische Nachguss stammt aus
dem Besitz der Familie Wyneken in Königsberg, Ostpreussen. Alexander
Wyneken (1848-1939) war Gründer der Königsberger Allgemeinen Zeitung
und Musikkritiker.
Lebendmaske Ludwig van Beethovens, 1812
Gipsabguss der Firma Gebrüder Micheli, Berlin um 1910 - Rollettmuseum, Baden, Obj. 2766 (2017)
Drei Jahre hintereinander (1821-1823) kommt Beethoven in dieses Haus.
Es heißt 'Beym Kupferschläger' und gehört dem Badener Magistratsrat und
Kupferschmied Johann Bayer. Beethoven stehen ein kleines Vorzimmer,
eine Schlafkammer und ein Wohnzimmer zur Verfügung. Auch den Balkon zum
Garten hin kann er benützen.
Gesundheitliche Beschwerden begleiten Beethoven nahezu sein ganzes
Leben lang. In Baden besucht er die Bäder und trinkt Schwefelwasser in
der Hoffnung auf Linderung seiner Leiden. Und tatsächlich fühlt er sich
besser, geht aus Baden gestärkt in den Winter.
Aus Beethovens Zeit haben sich keine Originalmöbel erhalten. Bei der
Neugestaltung des Beethoven-Hauses wurden in den Wohnräumen
zeitgenössische Wand- und Deckenmalereien entdeckt. Sie zeigen für die
Zeit typische florale Muster wie Palmwedel und Ranken.
Eine Chiffonnière ist eine Kommode für Tücher, Unterwäsche und kleinere
Kleidungsstücke. Den Wochentagen entsprechend hat sie sieben Laden. Man
wusch damals seltener, hatte aber mehr Leibwäsche, die darin gut
untergebracht werden konnte. (Weichholzkorpus, Nuss furniert, 1. Hälfte
19. Jhd.)
,,Ich hätte mein Leben nicht geglaubt, dass ich so faul sein könnte,
wie ich hier bin“, schreibt Beethoven aus Baden einem Freund. Die Ärzte
empfehlen Beethoven den Landaufenthalt, um zur Ruhe zu kommen. Aber das
Komponieren kann er doch nicht lassen. Beethoven arbeitet bei so gut
wie allen Besuchen in Baden an größeren und kleineren Werken. Für
Freunde verfasst er Kanons und musikalische Scherze. Wichtige Teile der
'Eroica', der 'Pastorale', der 'Missa solemnis' und der 9. Symphonie
entstehen in Baden.
Beethoven ist nicht 'Hauskompositeur' eines bestimmten Mäzens, sondern
hat verschiedene Förderer. Drei von ihnen sicherten ihm vertraglich ein
jährliches Einkommen zu. Beethoven verdient aber auch an der
Publikation von Stücken, an der Abhaltung von Konzerten und an
Auftragswerken. Diese werden dem jeweiligen Mäzen gewidmet - es sind
die 'Widmungsträger' der Stücke.
Schon um 1798 zeigen sich bei Beethoven erste Symptome eines
Gehörleidens. 1801 verschlimmert sich dieses. Das Leiden stellt nicht
nur eine ernste Bedrohung seiner Laufbahn als Musiker dar, es
beeinträchtigt auch sein soziales Leben. Ab 1812 müssen Beethovens
Gesprächspartner geradezu schreien, damit er sie hören kann. Auch
Hörrohre und dergleichen helfen ihm nicht. 1818, er ist inzwischen 48
Jahre alt, geht er dazu über, mit seinen Mitmenschen schriftlich zu
kommunizieren. In den letzten Jahren vor seinem Tod ist Beethoven auf
einem Ohr völlig taub, auf dem zweiten beinahe. Mit zunehmendem
Gehörverlust kann Beethoven hohe Töne immer weniger hören. Er
komponiert mehr im mittleren Frequenzbereich. Bei seinen letzten Werken
verwendet er hingegen wieder häufig hohe Töne. Entscheidend wird nun
das 'innere' Ohr.
Zeit seines Lebens litt Beethoven unter gesundheitlichen Beschwerden.
Schon als Kind war er an Pocken erkrankt. Später waren es vor allem
Störungen im Magen-Darm-Bereich und der Hörverlust, die seine
Gesundheit beeinträchtigten. Beethoven probierte unterschiedlichste
Behandlungen aus, viele darunter, die wir heute als unnütz, wenn nicht
sogar schädlich bewerten würden. Unterschätzt wurde dagegen die
Auswirkungen seines Alkoholmissbrauchs. Er führte zu schweren
Schädigungen der Leber, zu Wassersucht sowie zu nicht zuletzt durch das
Süßen des Weins Vergiftungen, mit so genanntem Bleizucker, was damals
üblich war.
Ausschnitte aus Briefen Beethovens, 1821-1823
Es handelt sich um Briefe Beethovens, die er in diesem Zimmer
verfasste. Er berichtet von seiner Gesundheit, von der Arbeit und von
diversen Verpflichtungen. Einen typischen Tagesablauf Beethovens hat
sein Sekretär Anton Schindler beschrieben: „Beethoven pflegte
gewöhnlich Winter und Sommer mit Tagesanbruch aufzustehen, und auch
sogleich an den Schreibtisch zu gehen. Von da an arbeitete er bis zwei,
drei Uhr, der Zeit seines Mittagstisches. In der Zwischenzeit lief er
wohl ein- oder zweimal ins Freie, wo er spazierend arbeitete, kam nach
einer halben oder vollen Stunde wieder mit neuen Ideen nach Hause, und
schrieb sie nieder."
Mit seiner 9. Symphonie vollzieht Beethoven neuerlich eine Revolution:
Hatte er in der 2. Symphonie das noch bei Haydn übliche Menuett durch
ein Scherzo ersetzt, so führt er nun erstmals die menschliche Stimme in
eine Symphonie ein. Erste Entwürfe zum 1. Satz und zum Scherzo stammen
aus den Jahren 1817/18. Aber erst im Sommer 1822 nimmt Beethoven die
Arbeit an der Neunten wieder auf. Beethoven hatte schon in der Bonner
Zeit (1793) die Komposition von Schillers „Ode an die Freude" geplant.
Der Gedanke, die Ode im Schlusssatz der 9. Symphonie einzusetzen,
taucht 1822 in einem Skizzenbuch auf. Den größten Teil der Symphonie
schreibt Beethoven im Jahre 1823.
1955 schlägt Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi, Gründer der
Paneuropa-Union, den 4. Satz für eine europäische Hymne vor. 1985 wird
von der EU das Hauptmotiv des vierten Satzes als offizielle Europahymne
angenommen, allerdings nur in einer Version ohne Text, um nicht eine
Sprache zu bevorzugen.
Die 9. Sinfonie in d-Moll op. 125, uraufgeführt 1824, ist die letzte
vollendete Sinfonie des Komponisten Ludwig van Beethoven. Im Finalsatz
der Sinfonie werden zusätzlich zum Orchester auch Gesangssolisten und
ein gemischter Chor eingesetzt. Als Text wählte Beethoven das Gedicht
'An die Freude' von Friedrich Schiller. Als erste sogenannte
Sinfoniekantate stellt das Werk eine Zäsur in der Musikgeschichte dar
und beeinflusste folgende Generationen von Komponisten. Mit einer
typischen Aufführungsdauer von ca. 70 Minuten sprengt die
Sinfonie deutlich die damals üblichen Dimensionen und bereitete so den
Boden für die zum Teil abendfüllenden Sinfonien der Romantik (Bruckner,
Mahler). Heute ist „Beethovens Neunte“ weltweit eines der populärsten
Werke der klassischen Musik.
1972 wurde das Hauptthema des letzten Satzes vom Europarat zu seiner
Hymne erklärt und 1985 von der Europäischen Gemeinschaft als offizielle
Europahymne angenommen. In der Begründung heißt es, „sie
versinnbildliche die Werte, die alle teilen, sowie die Einheit in der
Vielfalt“. Das in der Staatsbibliothek zu Berlin befindliche Autograph
wurde in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen.
1770: Geburt eines Talents
Als zweites von insgesamt sieben Kindern kommt Ludwig van Beethoven am
16. oder 17. Dezember 1770 in Bonn zur Welt. Nur er und seine Brüder
Kaspar Anton Karl (*1774) und Nikolaus Johann (*1776) überleben das
Säuglingsalter. Ludwigs Vater Johann ist wie sein Großvater Ludwig d.
Ä. als Sänger und Hofmusiker an der Hofkapelle im Kurfürstentum Köln
tätig. Das Talent Ludwigs wird vom Vater früh erkannt und gefördert -
nicht immer mit geeigneten Mitteln. Ludwig erhält Unterricht im
Klavier-, Orgel-, Violin- und Bratschenspiel. Mit sieben Jahren
absolviert er seinen ersten öffentlichen Auftritt als Pianist.
1782: Erste Schritte auf dem Musik-Parkett
Wichtig für die musikalische Ausbildung und den Karriereweg Beethovens
ist der Komponist und Kapellmeister Christian Gottlob Neefe
(1748-1798). Er unterrichtet Ludwig ab 1782 in Klavier und Komposition
und hilft ihm, seinen musikalisch-kulturellen Horizont zu erweitern.
Schon mit zwölf Jahren spielt Ludwig aushilfsweise die Orgel der Bonner
Hofkapelle, 1784 erhält er eine feste Anstellung als zweiter Organist.
Zusätzlich kommt er als Bratschist und Cembalist zum Einsatz. Bald ist
Beethoven Vollzeit-Musiker.
1785: Lebenslange Freundschaften
In seiner Geburtsstadt Bonn knüpft Beethoven Freundschaften, die ihn
ein Leben lang begleiten. In seinen Jugendjahren lernt er den
Medizinstudenten Franz Gerhard Wegeler kennen, der zu einem seiner
wichtigsten Vertrauten wird. 1785 macht er Bekanntschaft mit der
wohlhabenden Bonner Familie von Breuning, die ihn als Klavierlehrer
engagiert. Mit den Kindern des Hauses, Eleonore, Stephan und Lorenz,
verbindet ihn eine innige Freundschaft. Insbesondere die Beziehung zu
Wegeler und zu Stephan von Breuning hält auch gelegentlichen Krisen
stand.
1792: Abschied von Bonn Umzug nach Wien
Im Herbst 1792 entschließt sich Beethoven, neuerlich in die
Musikmetropole Wien zu reisen. Nach einem Studienaufenthalt 1786/87 ist
es sein zweiter Besuch der Stadt. Unterstützt wird Beethoven in dem
Vorhaben von seinem aus Wien stammenden Förderer Graf Ferdinand Ernst
von Waldstein. Ausschlaggebend für den Schritt nach Wien ist eine
Begegnung Beethovens mit Joseph Haydn im Juli 1792 in Bonn. Haydn
erklärte sich bereit, Beethoven in Wien zu unterrichten. Im November
1792 findet Beethovens Umzug statt. 1794 bzw. 1795 folgen ihm seine
Brüder Kaspar Anton Karl und Nikolaus Johann.
ab 1792: Gönner, Förderer und Mäzene
Aus einer Ausbildungsreise nach Wien wird ein dauernder Aufenthalt.
Schon bald nach seiner Ankunft findet Beethoven adelige Mäzene, die ihm
helfen, in Wien Fuß zu fassen und sich zuerst als Pianist, später auch
als Komponist zu etablieren. Zu den wichtigsten Gönnern und Förderern
zählen Erzherzog Rudolph, Fürst Karl Lichnowsky, Fürst Ferdinand Kinsky
und Fürst Franz Joseph Maximilian Lobkowitz. Sie sorgen anfangs für ein
regelmäßiges Einkommen Beethovens, geben bei ihm Kompositionen in
Auftrag und veranstalten private Hauskonzerte. Beethoven lernt dabei
andere Musikliebhaber/innen und Künstler/innen kennen, die zur
Verbreitung seiner Werke beitragen. Beethoven dankt es seinen Mäzenen,
indem er ihnen eine Reihe von Musikstücken widmet.
ab 1795: Erste Erfolge als Komponist
Dank seiner Erfolge als Pianist und Improvisator kann sich Beethoven in
Wien rasch etablieren. Bei Antonio Salieri und Johann Georg
Albrechtsberger nimmt er Unterricht in Kompositionslehre. Sein bester
Lehrer ist er aber selbst. 1795 tritt er mit eigenen Kompositionen an
die Öffentlichkeit, mit großem Erfolg: Beethoven hat „den ungetheilten
Beyfall des Publikums" (Wiener Zeitung). In den folgenden Jahren widmet
sich Beethoven intensiv der Gattung der Klaviersonate, des
Streichquartetts und der Sinfonie.
ab 1798: Verlust der Töne
Ab etwa 1798 wird Beethovens Leben von einem Gehörleiden
beeinträchtigt. Obwohl er sich mehreren Therapien unterzieht, ist die
Ertaubung nicht abzuwenden. Die Krankheit löst eine schwere persönliche
Krise aus, von der das sogenannte Heiligenstädter Testament (6. Oktober
1802), ein nie abgeschickter Brief an seine Brüder, Zeugnis gibt.
Beethoven muss seine Pianistenlaufbahn beenden. Er konzentriert sich
nun ausschließlich auf die Komposition. Nach 1812 kommt es zu einer
dramatischen Verschlechterung des Gehörs, die sich auch auf Beethovens
gesellschaftlichen Umgang negativ auswirkt. Ab 1818 kann er mit seinen
Gesprächspartnern fast nur noch schriftlich über die
„Konversationshefte" kommunizieren.
ab 1802: "Es geht beẞer mit der gesundheit, doch nicht so gut als ich früher war."
Nahezu sein Leben lang wird Ludwig van Beethoven von verschiedenen
Krankheiten gequält. Nicht nur die Gehörlosigkeit setzt ihm zu, sondern
auch Unterleibsschmerzen und Augenleiden. Wie man heute durch die
Analyse von Haaren Beethovens vermutet, leidet er unter einer schweren
Bleivergiftung. Der Wein, den er in großen Mengen trinkt, ist mit
Bleizucker versetzt - eine billige, aber gefährliche Methode, um Wein
zu süßen.
Heilung seiner Beschwerden erhofft sich Beethoven bei seinen
zahlreichen Kuraufenthalten, in Baden, Mödling, Heiligenstadt, in
Karlsbad und Teplitz. Auch wenn es bestenfalls zu einer vorübergehenden
Linderung der Leiden kommt, genießt Beethoven den Aufenthalt auf dem
Land - und ist äußerst produktiv.
1804: Wohnorte in Wien
Beethoven ist ein „rastlos Wohnender". Allein für Wien sind 26
verschiedene Wohnungen verbürgt, die er gemietet hat. Besonders schätzt
er den Aufenthalt im Pasqualati-Haus auf der Wiener Mölker Bastei, das
er erstmals 1804 bezieht und von wo er einen freien Blick über die
Stadt hat. Konflikte mit den Hausangestellten sind an der Tagesordnung,
der Personalwechsel ist entsprechend hoch. Das Schwarzspanierhaus
sollte seine letzte Wohnstätte werden, von hier aus wird er im
Währinger Friedhof beigesetzt. Das Ölgemälde von Willibrord Joseph
Mähler übersteht alle Umzüge und ist bis zu seinem Tod in Beethovens
Besitz - ein Zeichen dafür, wie sehr er das Porträt schätzte. Heute
befindet es sich im Wien Museum.
1804-1815: Höhepunkte
Neue Wege beschreitet Beethoven in der Ausgestaltung von Sinfonien,
Sonaten und Klavierquartetten. Er lotet die formalen und inhaltlichen
Grenzen der Genres aus. Seine dritte Sinfonie, genannt „Eroica",
übertrifft an Länge und Dichte alle bisherigen Sinfonien. Bei vielen
stößt diese neue Musik auf Unverständnis - sie ist, in Beethovens
Worten, „für eine spätere Zeit" geschrieben. Am 22. Dezember 1808
findet im Theater an der Wien ein wahres Marathon-Konzert statt, das
vier Stunden dauert und neben zwei Sinfonien weitere fünf Werke zur
Aufführung bringt. Einen großen Triumph feiert Beethoven 1813 mit dem
Orchesterwerk "Wellingtons Sieg", das er selbst in Wien dirigiert.
Beethovens einzige Oper, „Fidelio“, ist bei der Uraufführung der ersten
Fassung 1805 ein Misserfolg. Erst die dritte überarbeitete Fassung von
1814 mit der Fidelio-Ouvertüre und zeitgleich zum Wiener Kongreß findet
den Beifall des Publikums. Aufgeführt wird sie im Kärntnertortheater.
1812: Beethoven und die Frauen
Das Verhältnis Beethovens zu den Frauen ist als zumindest "kompliziert"
zu bezeichnen. Er verliebt sich unzählige Male, und das meist
unglücklich. Viele seiner Auserwählten sind unerreichbar, aus
gesellschaftlichen Gründen oder weil sie verheiratet sind. Beethoven
bleibt Junggeselle. Rätsel gibt ein 1812 verfasster und nie
abgeschickter Brief an eine „Unsterbliche Geliebte" auf. Wer die
Adressatin ist, dafür gibt es mehrere plausible Theorien. Vielleicht
handelt es sich aber gar nicht um eine bestimmte Frau, son dern um das
Ideal der Geliebten schlechthin. Berührend sind die Zeilen des
Liebesbriefes allemal.
ab 1815: Der Konflikt um den Neffen Karl
Beethovens Bruder Kaspar Karl stirbt 1815 und hinterlässt einen Sohn,
den neunjährigen Karl. Ludwig van Beethoven, der von der Mutter des
Kindes wenig hält, will das alleinige Sorgerecht für den Neffen. In
einem jahrelangen Hin und Her wird vor Gericht um die Vormundschaft
gerungen, das Kind bleibt ungefragt. Beethoven macht die Sache so sehr
zu seiner eigenen, dass er sich sogar als leiblichen Vater des Neffen
bezeichnet.
Sein Verhältnis zu dem Jungen wechselt zwischen zärtlicher Fürsorge und strenger Erziehung. Konflikte mit dem
Onkel führen am 6. August 1826 zu einem Selbstmordversuch Karls auf der
Ruine Rauhenstein nahe Baden. Karl überlebt leicht verletzt, Beethoven
scheint der Vorfall aber einen seelischen Todesstoß versetzt zu haben.
Das Spätwerk
Nach einigen Jahren, in denen es still ist um Beethoven, tritt er mit
neuen, erstaunlichen Werken an die Öffentlichkeit. Bahnbrechend ist die
Hammerklaviersonate, eine der anspruchsvollsten Sonaten überhaupt. Sie
wird erst neun Jahre nach Beethovens Tod durch Franz Liszt
uraufgeführt. Als sein bestes Werk bezeichnet Beethoven die Missa
solemnis, die 1820 zur Amtseinführung von Erzherzog Rudolph als Bischof
von Olmütz aufgeführt werden soll, aber erst drei Jahre später fertig
wird. Die neunte Sinfonie, die Beethoven teilweise in Baden erarbeitet,
kommt am 7. Mai 1824 zur Uraufführung im Wiener Kärntnertortheater und
wird mit frenetischem Beifall bedacht. Trotz der Erfolge plagen
Beethoven Geldsorgen, die einzigen Einnahmequellen sind die Honorare
durch Verkäufe seiner Werke an Musikverleger.
1827: Tod
Am 26. März 1827, mit 56 Jahren, stirbt Ludwig van Beethoven in Wien im
Schwarzspanierhaus. Dem Tod vorausgegangen war eine rund viermonatige
Leidenszeit nach einer Lungenentzündung. Diese kann zwar geheilt
werden, verhindert aber nicht das Ausbrechen einer Gelb- und
Wassersucht im Zusammenhang mit einer Leberzirrhose. Freunde und
Bekannte, darunter Franz Schubert, besuchen ihn am Krankenlager. Es ist
absehbar, dass er nicht mehr lange leben wird. Am späten Nachmittag des
26. März 1827, während eines Gewitters, tut Beethoven seinen letzten
Atemzug. Zwei junge Maler, Joseph Danhauser und Josef Teltscher,
porträtieren den Komponisten im Sterbebett. Am 29. März findet
Beethovens Begräbnis auf dem Währinger Friedhof statt, rund 20.000
Trauergäste folgen seinem Sarg.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: