Beethovenhaus Baden

Ursprung der Europahymne 'An die Freude', Jänner 2023

Das Beethovenhaus Baden ist ein authentischer Wallfahrtsort für alle, die nach dem Musikgenie suchen. In dem Haus Rathausgasse 10 stieg Beethoven in den Sommern 1821, 1822 und 1823 ab. In dieser Zeit schrieb er wesentliche Teile der 9. Symphonie. Die biedermeierlichen Wohnräume geben einen Einblick in das Leben, das Umfeld und die Musik des Komponisten in der Stadt Baden.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

In diesem im Kern spätmittelalterlichen Haus wohnte in den Sommern 1821, 1822 und 1823 der ,Tonsetzer' Ludwig van Beethoven. Das Gebäude wurde in den Jahren 2013/2014 unter Bürgermeister Komm.R. Kurt Staska generalsaniert und für das Beethovenhaus-Museum adaptiert.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Als Ludwig van Beethoven 1821 zum ersten Mal dieses Haus betritt, ist er 51 Jahre alt. Gekommen ist er auf Anraten seines Arztes. Seit Jahren plagen ihn Schmerzen in der Bauchgegend, dieses Jahr auch Gicht und Rheuma. In Baden soll er Heilbäder nehmen. Beethoven ist zu diesem Zeitpunkt bereits ein angesehener Komponist. 1770 war er in Bonn zur Welt gekommen. Schon als kleines Kind erhielt er Unterricht an verschiedenen Musikinstrumenten. Mit 12 Jahren verdiente er als Organist den Unterhalt für die Familie. 1792 zog er dauerhaft nach Wien. Beethoven wurde Schüler Haydns und trat bei adeligen Gönnern als Klaviervirtuose und Klavierlehrer auf. Als Komponist konnte er sich zunehmend einen Namen machen. In die Kurstadt Baden bei Wien war er erstmals im Jahre 1803 gekommen. Er besucht hier die Schwefelquellen, unternimmt in der Umgebung lange Spaziergänge, trifft Freunde und Bekannte - und arbeitet an neuen Werken.

Beethoven
Augarten-Porzellan, 1924, Geschenk von Dr. Traude und Prof. Dr. Norbert Tanner

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Baden liegt an der Wiener Thermenlinie, an der Heilquellen aus dem Inneren der Erde an die Oberfläche treten. Schon die Römer legten deshalb ein Heilbad an, das sie Aquae nannten. Um 1100 erfolgte eine Neugründung Badens rund um die zahlreich sprudelnden Quellen. Jede wurde einzeln gefasst und erhielt einen eigenen Namen. Die Quellen unterscheiden sich in ihren Wirkstoffen, ihrer Temperatur und in der Wassermenge.

Frauen und Männer badeten gemeinsam in großen Becken. Beim Aus- und Einsteigen sorgte ein geschlossener Treppenaufgang dafür, dass man voneinander nicht zu viel sah. Schwimmen, Untertauchen sowie das Hinlegen auf den Bänken waren untersagt. In der Badeordnung von 1797 wurden auch,,Reden wider den Staat (...) und die Religion" unter Strafe gestellt. Wer mehr Privatheit wünschte, konnte Einzelbäder buchen. Beethoven war überzeugt, dass durch die zahlreichen Bäder, die er nahm, „... das Übel, wenn nicht gehoben, doch unterdrückt werden wird.", wie er 1822 seinem Bruder schrieb.

Dieser Hammerflügel stammt aus dem Haus von Josef Perger (1775-1846), Kaufmann und Ortsrichter der Gemeinde Gutenbrunn. Beethoven war dort mehrmals zu Gast und spielte auf diesem Klavier. Beim Hammerklavier werden die Saiten mit kleinen Hämmern angeschlagen, im Unterschied zum Cembalo, wo Kiele die Saiten anreißen. Anders als moderne Klaviere ist das Hammerklavier leiser und reicher an Obertönen, die Saiten klingen etwas nach. Das Instrument wurde von Conrad Graf (1782-1851), einem der bedeutendsten Klavierbauer des Biedermeier, gefertigt.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Viele Besucher Badens waren Stammgäste. Die meisten mieteten ein Quartier, oft über Jahre dasselbe. Zu Beethovens Zeit gab es nur ein geringes Angebot an Hotels und Gasthöfen. Die Badener Bürger nützten das alte 'Auskochrecht', ohne Lizenz und steuerfrei Leute beherbergen und verköstigen zu können. Beethoven wechselte - wie in Wien - oft die Unterkunft. Nur hier im Kupferschmiedhaus blieb er drei Sommer hintereinander. Nicht alle Wohnorte des Komponisten in Baden sind bekannt. Von den 'prominenten' Aufenthaltsorten wie dem Sauerhof oder Schloss Braiten haben sich zeitgenössische Ansichten erhalten, von den gewöhnlichen Bürgerhäusern dagegen nicht.

Beethoven hat im alten Sauerhof einst auch gewohnt, im neuen Gebäude hat er mit Carl Maria von Weber und seinem Neffen Karl im Jahre 1823 zu Mittag gegessen. Auch im Scheiner'schen Kaffeehaus war Beethoven vermutlich zu Gast. Zu seinen täglichen Ritualen gehörte, wie sich Anton Schindler erinnert, in einem Café oder Wirtshaus einzukehren, 'um die Tagesliteratur zur Hand zu nehmen'.

Eine Fahrt von Wien nach Baden dauerte um 1800 etwa drei Stunden. Wie die meisten Leute fuhr Beethoven entweder mit einem Gesellschaftswagen oder mit der Postkutsche die im Stadtzentrum Wiens und in der Vorstadt Wieden starteten. Die Kutschen fuhren bereits zu fixen Tarifen und Fahrzeiten - zumindest theoretisch. Zwei Tage vorher hatte man die Reise anzumelden. Die übliche Route führte über den Wienerberg bis nach (Wiener) Neudorf. Dort wechselte man im alten Posthaus die Pferde, nahm einen Imbiss ein und setzte die Fahrt fort. In Baden kam man meistens beim Wirtshaus ,Zum Goldenen Hirschen' am Hauptplatz an. Während seiner Aufenthalte in Baden machte Beethoven gelegentlich auch Tagesreisen nach Wien. Ansonsten unternahm er fast täglich Spaziergänge und Wanderungen in die Umgebung. Meiereien und Jausenstationen boten den Ausflüglern auch damals schon Möglichkeiten zur Rast und Stärkung.

Der Wiener Neustädter Kanal ist ein 63 km langer künstlicher Wasserlauf, auf dem vor allem Holz, Ziegel und Kohle nach Wien transportiert wurden. Eine Anekdote berichtet, Beethoven sei einmal selbstvergessen entlang des Kanals gewandert. Bei Einbruch der Dunkelheit fand er sich in Wiener Neustadt wieder, rund 30 km von Baden entfernt. Da er nicht wusste, wo er war, schaute er in die Fenster einiger Wohnhäuser. Die Leute hielten ihn für einen Bettler, weil er ohne Hut und in einem alten Mantel unterwegs war. Die Polizei verhaftete ihn. Er hörte aber nicht auf zu beteuern, er sei Beethoven, und schließlich rief man den Musikdirektor der Stadt, der ihn identifizierte. Der Bürgermeister entschuldigte sich und man brachte den Komponisten mit dem Wagen nach Baden zurück.

Gustav Wilhelm Lautenschläger - Beethovens Gang am Kanal nach Wiener Neustadt, 1927
Das Bild illustriert diese Anekdote. Es entstand aus Anlass des 100. Todestages.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Siebzehn Aufenthalte Beethovens in Baden sind belegt, der erste 1803, der letzte 1825. Einige Sommer verbringt Beethoven in Wiener Vororten wie Heiligenstadt oder Dornbach, aber auch Mödling und Hinterbrühl. Sie bieten ein kühles Klima und eine günstige Unterkunft. Baden dagegen ist eine noble Kurstadt. 1803 entschied sich Kaiser Franz II., den Ort zu seiner Sommerresidenz zu machen. Die Stadt zeigt zwei Gesichter: In der Altstadt prägen sie Theater, Kaffeehäuser, Spielzimmer und etliche neue Palais von Hochadel und wohlhabenden Bürgern. An den Rändern wirkt sie ländlich - mit prachtvollen Alleen, Spazierwegen, Pavillons und Aussichtspunkten. Mit der Postkutsche lässt sich Baden von Wien in drei Stunden erreichen. Besonders schätzt Beethoven Wanderungen in die Umgebung Badens, das Helenental, die Landschaft des südlichen Wienerwaldes. Bis nach Wiener Neustadt lassen sich Ausflüge Beethovens nachweisen.

Porträt Ludwig van Beethoven, 19. Jahrhundert
Es existiert eine große Anzahl an Beethoven- Porträts. Die Mehrzahl ist erst nach Beethovens Tod entstanden. Viele Künstler versuchen, Beethovens Musik malerisch zum Ausdruck zu bringen.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Die Aufenthalte in Baden bieten Beethoven Gelegenheit, Freunde und Bekannte zu empfangen und zu treffen. Schüler und Lehrer, Verleger, Musikerkollegen, Freunde und Verwandte sind seine Gäste. Wenn das Wetter es zulässt, macht man einen Spaziergang in die Umgebung und isst gemeinsam zu Mittag; manches Mal wird auch in diesem Haus aufgetischt.

Beethoven wird oft als schwierig und streitbar beschrieben, und sicherlich ist der Umgang mit ihm nicht immer einfach. Viele Berichte von Vertrauten bestätigen aber, dass auch er ein liebevoller und treuer Freund sein kann, der Geselligkeit schätzt und erst durch die zunehmende Schwerhörigkeit seine sozialen Kontakte einschränkt.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Carl Maria von Weber (1786-1826) Der Kollege
Nicht zuletzt der Erfolg seiner Oper 'Freischütz' machte den Komponisten Carl Maria von Weber europaweit bekannt. Weber stand den Werken Beethovens zunächst kritisch gegenüber, wie einem Brief an den Schweizer Musikverleger Nägeli (1810) entnommen werden kann. Beethovens 'Erfindungsgabe... ist von einer solchen Verwirrung in Anordnung seiner Ideen begleitet, dass nur seine früheren Compositionen mich ansprechen, die letzteren hingegen mir nur ... ein unverständliches Ringen nach Neuheit sind...'. Zwei Jahre später scheint sich ein Gesinnungswandel vollzogen zu haben. Über die Oper 'Fidelio' meint Weber, es seien 'wahrhaft große Sachen in der Musik...'.

Als er die Oper 1823 in Dresden aufführen wollte, entwickelte sich ein reger Briefwechsel, der in einem Besuch Webers bei Beethoven in Baden im Oktober 1823 gipfelt. Die beiden speisten gemeinsam im Sauerhof und Weber schrieb seiner Frau einen euphorischen Bericht über dieses Zusammentreffen: „Die Hauptsache war, Beethoven zu sehen. Dieser empfing mich mit einer Liebe, die rührend war".

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Anton Schindler (1795-1864) Der Sekretär
Anton Felix Schindler kam 1813 aus Mähren nach Wien, um Jus zu studieren. Im März 1814 begegnete er erstmals Beethoven. Ein engerer Kontakt zwischen den beiden entwickelte sich erst 1820, auch wenn Schindler später behauptete, bereits ab 1816 Beethovens Sekretär gewesen zu sein. Einträge in den Konversationsheften, die dies belegen sollten, wurden später als Fälschungen Schindlers erkannt.

Im Sommer 1823 versuchte Schindler für Beethoven eine Unterkunft im Haus des Kupferschmiedes in Baden zu organisieren. Zunächst ohne Erfolg. Beethoven hatte im Jahr davor Fensterläden des Hauses für Notizen benutzt und damit angeblich unbrauchbar gemacht. Erst nachdem Beethoven den Einbau neuer Fensterläden versprochen hatte, durfte er wieder einziehen. Nach dem legendären Konzert am 7. Mai 1824, in dem die 9. Symphonie und Teile der 'Missa solemnis' erklangen, kam es zum Bruch zwischen den beiden. Beethoven verdächtigte Schindler und andere des Betrugs bei der Abrechnung. Ende 1826 versöhnten sie sich wieder und Schindler betreute Beethoven bis zu seinem Tod.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Nannette Streicher (1769-1833) Die Klavierfabrikantin
Maria Anna (Nannette) Stein war die Tochter des Augsburger Klavierfabrikanten Johann Andreas Stein, der die sogenannte Wiener Mechanik erfand. Schon als achtjährige fand Nannette Mozarts Anerkennung als Pianistin. Auch im Klavierbau zeigte sie großes Talent, weshalb sie nach dem Tod des Vaters die Manufaktur weiterführte.  Beethoven hatte auf seiner ersten Wien-Reise die Stein'sche Klaviermanufaktur in Augsburg besucht und dürfte Nanette bei dieser Gelegenheit erstmals begegnet sein. 1794 heiratete Nanette Andreas Streicher und übersiedelte mit ihm nach Wien. Hier betrieb sie mit ihrem Bruder, später mit ihrem Mann, eine Klavierfabrik.

Beethoven schrieb 1817, dass er die Streicher'schen Instrumente 'immer besonders vorgezogen' habe.
Die Familie Streicher hielt sich oft in Baden auf. Ein intensiver Kontakt zwischen Beethoven und Nanette Streicher ergab sich während des Streites um den Neffen Karl 1817/18. Nannette musste unter anderem bei der Wohnungssuche, bei der Einstellung von Dienstboten, sowie in Fragen der Gesundheit mit Rat und Tat aushelfen.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Ignaz Schuppanzigh (1776-1830) Der Violinist
Ignaz Schuppanzigh war bereits 1794 bis 1799 erster Geiger des Streichquartettes im Hause des Fürsten Lichnowsky. Bei Lichnowsky lernte er Beethoven kennen. Er war somit einer der ersten Bekannten Beethovens in Wien und blieb bis zu seinem Tod in freundschaftlicher Verbindung mit ihm. Er hob fast alle Quartette Beethovens aus der Taufe: die Quartette op. 18 im Jahr 1800, die Quartette op. 59 in der Saison 1806/07. Die missglückte Uraufführung des Quartettes op. 127 führte zwar kurzfristig zu einer Auseinandersetzung mit dem Komponisten, aber Beethoven vertraute ihm die Uraufführung des Quartettes op. 132 wieder an.

Während seiner Aufenthalte in St. Petersburg setzte sich der Geiger für die Aufführung Beethoven'scher Werke ein. Beethoven setzte seinem korpulenten Freund ein Denkmal im musikalischen Scherz für drei Solostimmen 'Lob des Dicken', 1801 und in dem humoristischen Kanon 'Falstafferl, laß' dich sehen', 1823.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Franz Joseph Maximilian Fürst Lobkowitz (1772-1816) Der Förderer
Fürst Franz Joseph Lobkowitz entstammt einer alten böhmischen Adelsfamilie, die bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Förderer der Musik hervortrat. Lobkowitz war musikalisch hochbegabt, durfte sich aber erst nach dem Tod seines Vaters der Musik widmen. Seine Liebe zur Musik steigerte sich zu einer Art von Sucht, die auch seine Gattin Marie Karoline teilte. Am 2. März 1795 trat Beethoven erstmalig im Palais Lobkowitz auf, wo auch seine 3. Symphonie zur Uraufführung gelangen sollte. Noch heute heißt der Festsaal des Palais deshalb 'Eroica-Saal'.

In Baden veranstaltete Fürst Lobkowitz häufig Bälle, Konzerte und Opernaufführungen. Beethoven widmete ihm mehrere Werke. Aufgrund der Abwertung der österreichischen Währung im Jahre 1811 geriet der Fürst in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Er stellte die vereinbarten Zahlungen an Beethoven ein. Beethoven ließ sich auf einen Gerichtstreit ein und gewann diesen. Ab 1815 wurden die Raten ordnungsgemäß bezahlt, wofür sich Beethoven 1816 mit der Widmung des Liederzyklus 'An die ferne Geliebte' bedankte.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Rudolph (Johann Joseph Rainer), Erzherzog von Österreich (1788-1831) Der Gönner und Schüler
Rudolph verlor im Alter von vier Jahren beide Eltern. Sein Bruder Kaiser Franz II. wurde sein Vormund. Dieser bestimmte den Knaben für eine militärische Laufbahn. Auf Grund gesundheitlicher Probleme entschied sich Rudolph jedoch für den geistlichen Stand. Schon in seiner frühen Jugend zeigte sich sein Talent für Musik. 1803 wurde er Beethovens Schüler, zuerst am Klavier, später auch in Komposition. Rudolph war der mächtigste Gönner, Förderer und - soweit das bei dem Standesunterschied möglich war - Freund Beethovens.

Als man Beethoven 1808 nach Kassel engagieren wollte, bemühte sich Rudolph um dessen Verbleib in Wien. Mit Fürst Lobkowitz und Graf Kinsky verpflichtete er sich vertraglich zur Zahlung einer jährlichen Geldsumme (Apanage) unter der Auflage, in Wien zu bleiben. Von Beethovens Widmungsträgern ist Rudolph der am meisten bedachte. Rudolph erlag während eines Kuraufenthaltes in Baden einer Gehirnblutung.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Tobias Haslinger (1787-1842) Der Verleger
Nach einer musikalischen Ausbildung betätigte sich Tobias Haslinger im Kunst- und Musikalienhandel. 1813 trat er in das Steiner'sche Verlagshaus ein, schon 1815 wurde er dessen Teilhaber. 1826 übernahm er das Verlagshaus zur Gänze und baute es aus. Hier wurden Komponisten wie Johann Nepomuk Hummel, Josef Lanner, Franz Liszt und Johann Strauss Vater verlegt.

Haslingers Bekanntschaft mit Beethoven ging auf das Jahr 1815 zurück. Die Briefe beider waren geprägt von freundschaftlicher Verbundenheit, wie etwa in dem Brief vom 9. Oktober 1821 aus Baden, in den Beethoven den Scherzkanon 'O Tobias!' schrieb. Haslinger betreute die Drucklegung einiger Werke Beethovens und fertigte, selbst auch als Komponist tätig, Klavierbearbeitungen an. Haslinger kam oft nach Baden, begleitete Besucher zu Beethoven, wie etwa Edward Schulz oder Carl Maria von Weber.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Carl Czerny (1791-1857) Der Schüler und Pädagoge
Carl Czerny erhielt den ersten Klavierunterricht von seinem Vater, dem Musiker Wenzel Czerny. Mit neun Jahren gab Czerny 1800 sein Debut als Pianist im Augarten mit einem Klavierkonzert Mozarts. Etwa zur selben Zeit wurde er Schüler Beethovens. Aus einem kurzen Lehrer-Schüler-Verhältnis wurde eine lebenslange Freundschaft, unterbrochen von gelegentlichem Streit.

Beethoven teilte dem jungen Kollegen verschiedene Aufgaben zu, wie Korrekturlesen oder 1805 die Anfertigung von Transkriptionen des 'Fidelio'. Beethoven schätzte Czerny auch als Interpreten seiner Werke. Czerny zog sich aber immer mehr vom Podium zurück und sah seine Aufgabe viel mehr darin, spätere Generationen als Pädagoge zu fördern. Seine 'Schule der Geläufigkeit' ist wohl jedem, der irgendwann Klavierspielen lernte, ein Begriff. 1816-1818 war er auch Lehrer von Beethovens Neffen Karl. Immer wieder hat Czerny Beethoven in Baden besucht.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Karl van Beethoven (1806-1858) Der Neffe
Beethovens Bruder Kaspar starb 1815 an Tuberkulose. Kaspar hatte Ludwig testamentarisch als Vormund für seinen Sohn Karl eingesetzt, mit der Auflage, das Kind nicht von seiner Mutter zu trennen. Da seine Schwägerin Johanna jedoch seit 1811 wegen Unterschlagung vorbestraft war, war Beethoven überzeugt, dass diese Frau moralisch nicht in der Lage sei, das Kind zu erziehen.

Beethovens erkämpfte bei Gericht die alleinige Vormundschaft. Zwei Jahre lang kam Karl in ein Internat. Anfang 1818 nahm Beethoven den Neffen in seinen Haushalt auf. Es kam zu Spannungen und Reibereien. Beethovens Verhalten gegenüber dem Knaben schwankte zwischen Liebesbezeugungen, Fürsorge und unbarmherziger, kompromissloser Strenge. Am 6. August 1826 unternahm Karl bei der Ruine Rauhenstein einen Selbstmordversuch. Beethoven war zutiefst erschüttert. Karl versuchte sich in diversen Studien, im Jänner 1827 ging er zum Militär. Er sah seinen Onkel vor dessen Tod nicht mehr.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Ludwig van Beethoven stirbt am 26. März 1827 in Wien. Im November 1827 kommt sein persönlicher Besitz zur Versteigerung. Seine Notenbücher werden zerlegt und in alle Winde verstreut. Es ist viel und gleichzeitig wenig übriggeblieben von Beethoven. Viel an Musik, etwa 650 Kompositionen und rund 1.800 Briefe (von ursprünglich etwa 10.000), wenig an persönlichen Dingen, obwohl es nicht fehlte an Sammlern und Jägern von Devotionalien. Besonders begehrt: die Haare des Toten.

Ein bedeutendes Badener 'Exponat' ist freilich das Haus selbst, in dem Beethoven gewohnt hat. Die Tochter des Kupferschmieds Johann Bayer vermacht das Haus 1874 dem 'Badener Studenten-Unterstützungs-Verein'. Dieser verkauft es in den 1880er Jahren. 1962 übernimmt die Stadt Baden das Haus und richtet 1964 eine Gedenkstätte ein.

Wie zahlreiche andere Besucher an Beethovens Totenbett schnitt auch sein Vertrauter Joseph Carl Bernard eine Haarlocke als Andenken ab. Bernard (1781-1850) war leitender Redakteur der 'Wiener Zeitung' und unterstützte Beethoven im Vormundschaftsstreit um seinen Neffen. Bernards Enkelin, Marie Emerice von Bersuder, selbst kinderlos, vermachte die wertvolle Locke Käthe Hansy-Odorfer, deren Söhne Frau Bersuder zehn Jahre lang unterrichtet hatte. 1947 teilte die Besitzerin die Haarlocke und schenkte eine Hälfte der Stadt Baden.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Die mit Beethoven befreundeten Wiener Klavierbauer Nannette und Andreas Streicher beauftragten 1812 den Bildhauer Franz Klein mit der Herstellung einer Beethoven-Büste. Um diese möglichst lebensnah zu gestalten, nahm Klein als Vorlage eine Lebendmaske. Um 1910 wurden in Kooperation mit dem Verein Beethoven-Haus Bonn 'kontrollierte' Nachgüsse dieser Maske von der Firma Gebrüder Micheli in Berlin angefertigt. Die originale  Negativform existiert heute nicht mehr. Im Vergleich zur Totenmaske lassen sich anhand dieser Maske andere Gesichtszüge erkennen. Dieser historische Nachguss stammt aus dem Besitz der Familie Wyneken in Königsberg, Ostpreussen. Alexander Wyneken (1848-1939) war Gründer der Königsberger Allgemeinen Zeitung und  Musikkritiker.

Lebendmaske Ludwig van Beethovens, 1812
Gipsabguss der Firma Gebrüder Micheli, Berlin um 1910 - Rollettmuseum, Baden, Obj. 2766 (2017)

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Drei Jahre hintereinander (1821-1823) kommt Beethoven in dieses Haus. Es heißt 'Beym Kupferschläger' und gehört dem Badener Magistratsrat und Kupferschmied Johann Bayer. Beethoven stehen ein kleines Vorzimmer, eine Schlafkammer und ein Wohnzimmer zur Verfügung. Auch den Balkon zum Garten hin kann er benützen.
Gesundheitliche Beschwerden begleiten Beethoven nahezu sein ganzes Leben lang. In Baden besucht er die Bäder und trinkt Schwefelwasser in der Hoffnung auf Linderung seiner Leiden. Und tatsächlich fühlt er sich besser, geht aus Baden gestärkt in den Winter.

Aus Beethovens Zeit haben sich keine Originalmöbel erhalten. Bei der Neugestaltung des Beethoven-Hauses wurden in den Wohnräumen zeitgenössische Wand- und Deckenmalereien entdeckt. Sie zeigen für die Zeit typische florale Muster wie Palmwedel und Ranken.

Eine Chiffonnière ist eine Kommode für Tücher, Unterwäsche und kleinere Kleidungsstücke. Den Wochentagen entsprechend hat sie sieben Laden. Man wusch damals seltener, hatte aber mehr Leibwäsche, die darin gut untergebracht werden konnte. (Weichholzkorpus, Nuss furniert, 1. Hälfte 19. Jhd.)

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

,,Ich hätte mein Leben nicht geglaubt, dass ich so faul sein könnte, wie ich hier bin“, schreibt Beethoven aus Baden einem Freund. Die Ärzte empfehlen Beethoven den Landaufenthalt, um zur Ruhe zu kommen. Aber das Komponieren kann er doch nicht lassen. Beethoven arbeitet bei so gut wie allen Besuchen in Baden an größeren und kleineren Werken. Für Freunde verfasst er Kanons und musikalische Scherze. Wichtige Teile der 'Eroica', der 'Pastorale', der 'Missa solemnis' und der 9. Symphonie entstehen in Baden.

Beethoven ist nicht 'Hauskompositeur' eines bestimmten Mäzens, sondern hat verschiedene Förderer. Drei von ihnen sicherten ihm vertraglich ein jährliches Einkommen zu. Beethoven verdient aber auch an der Publikation von Stücken, an der Abhaltung von Konzerten und an Auftragswerken. Diese werden dem jeweiligen Mäzen gewidmet - es sind die 'Widmungsträger' der Stücke.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Schon um 1798 zeigen sich bei Beethoven erste Symptome eines Gehörleidens. 1801 verschlimmert sich dieses. Das Leiden stellt nicht nur eine ernste Bedrohung seiner Laufbahn als Musiker dar, es beeinträchtigt auch sein soziales Leben. Ab 1812 müssen Beethovens Gesprächspartner geradezu schreien, damit er sie hören kann. Auch Hörrohre und dergleichen helfen ihm nicht. 1818, er ist inzwischen 48 Jahre alt, geht er dazu über, mit seinen Mitmenschen schriftlich zu kommunizieren. In den letzten Jahren vor seinem Tod ist Beethoven auf einem Ohr völlig taub, auf dem zweiten beinahe. Mit zunehmendem Gehörverlust kann Beethoven hohe Töne immer weniger hören. Er komponiert mehr im mittleren Frequenzbereich. Bei seinen letzten Werken verwendet er hingegen wieder häufig hohe Töne. Entscheidend wird nun das 'innere' Ohr.

Zeit seines Lebens litt Beethoven unter gesundheitlichen Beschwerden. Schon als Kind war er an Pocken erkrankt. Später waren es vor allem Störungen im Magen-Darm-Bereich und der Hörverlust, die seine Gesundheit beeinträchtigten. Beethoven probierte unterschiedlichste Behandlungen aus, viele darunter, die wir heute als unnütz, wenn nicht sogar schädlich bewerten würden. Unterschätzt wurde dagegen die Auswirkungen seines Alkoholmissbrauchs. Er führte zu schweren Schädigungen der Leber, zu Wassersucht sowie zu nicht zuletzt durch das Süßen des Weins Vergiftungen, mit so genanntem Bleizucker, was damals üblich war.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Ausschnitte aus Briefen Beethovens, 1821-1823
Es handelt sich um Briefe Beethovens, die er in diesem Zimmer verfasste. Er berichtet von seiner Gesundheit, von der Arbeit und von diversen Verpflichtungen. Einen typischen Tagesablauf Beethovens hat sein Sekretär Anton Schindler beschrieben: „Beethoven pflegte gewöhnlich Winter und Sommer mit Tagesanbruch aufzustehen, und auch sogleich an den Schreibtisch zu gehen. Von da an arbeitete er bis zwei, drei Uhr, der Zeit seines Mittagstisches. In der Zwischenzeit lief er wohl ein- oder zweimal ins Freie, wo er spazierend arbeitete, kam nach einer halben oder vollen Stunde wieder mit neuen Ideen nach Hause, und schrieb sie nieder."

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Mit seiner 9. Symphonie vollzieht Beethoven neuerlich eine Revolution: Hatte er in der 2. Symphonie das noch bei Haydn übliche Menuett durch ein Scherzo ersetzt, so führt er nun erstmals die menschliche Stimme in eine Symphonie ein. Erste Entwürfe zum 1. Satz und zum Scherzo stammen aus den Jahren 1817/18. Aber erst im Sommer 1822 nimmt Beethoven die Arbeit an der Neunten wieder auf. Beethoven hatte schon in der Bonner Zeit (1793) die Komposition von Schillers „Ode an die Freude" geplant. Der Gedanke, die Ode im Schlusssatz der 9. Symphonie einzusetzen, taucht 1822 in einem Skizzenbuch auf. Den größten Teil der Symphonie schreibt Beethoven im Jahre 1823.

1955 schlägt Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi, Gründer der Paneuropa-Union, den 4. Satz für eine europäische Hymne vor. 1985 wird von der EU das Hauptmotiv des vierten Satzes als offizielle Europahymne angenommen, allerdings nur in einer Version ohne Text, um nicht eine Sprache zu bevorzugen.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

Die 9. Sinfonie in d-Moll op. 125, uraufgeführt 1824, ist die letzte vollendete Sinfonie des Komponisten Ludwig van Beethoven. Im Finalsatz der Sinfonie werden zusätzlich zum Orchester auch Gesangssolisten und ein gemischter Chor eingesetzt. Als Text wählte Beethoven das Gedicht 'An die Freude' von Friedrich Schiller. Als erste sogenannte Sinfoniekantate stellt das Werk eine Zäsur in der Musikgeschichte dar und beeinflusste folgende Generationen von Komponisten. Mit einer typischen Aufführungsdauer von ca. 70 Minuten sprengt die Sinfonie deutlich die damals üblichen Dimensionen und bereitete so den Boden für die zum Teil abendfüllenden Sinfonien der Romantik (Bruckner, Mahler). Heute ist „Beethovens Neunte“ weltweit eines der populärsten Werke der klassischen Musik.

1972 wurde das Hauptthema des letzten Satzes vom Europarat zu seiner Hymne erklärt und 1985 von der Europäischen Gemeinschaft als offizielle Europahymne angenommen. In der Begründung heißt es, „sie versinnbildliche die Werte, die alle teilen, sowie die Einheit in der Vielfalt“. Das in der Staatsbibliothek zu Berlin befindliche Autograph wurde in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen.

 Beethovenhaus Baden, Jänner 2023

1770: Geburt eines Talents
Als zweites von insgesamt sieben Kindern kommt Ludwig van Beethoven am 16. oder 17. Dezember 1770 in Bonn zur Welt. Nur er und seine Brüder Kaspar Anton Karl (*1774) und Nikolaus Johann (*1776) überleben das Säuglingsalter. Ludwigs Vater Johann ist wie sein Großvater Ludwig d. Ä. als Sänger und Hofmusiker an der Hofkapelle im Kurfürstentum Köln tätig. Das Talent Ludwigs wird vom Vater früh erkannt und gefördert - nicht immer mit geeigneten Mitteln. Ludwig erhält Unterricht im Klavier-, Orgel-, Violin- und Bratschenspiel. Mit sieben Jahren absolviert er seinen ersten öffentlichen Auftritt als Pianist.

1782: Erste Schritte auf dem Musik-Parkett
Wichtig für die musikalische Ausbildung und den Karriereweg Beethovens ist der Komponist und Kapellmeister Christian Gottlob Neefe (1748-1798). Er unterrichtet Ludwig ab 1782 in Klavier und Komposition und hilft ihm, seinen musikalisch-kulturellen Horizont zu erweitern. Schon mit zwölf Jahren spielt Ludwig aushilfsweise die Orgel der Bonner Hofkapelle, 1784 erhält er eine feste Anstellung als zweiter Organist. Zusätzlich kommt er als Bratschist und Cembalist zum Einsatz. Bald ist Beethoven Vollzeit-Musiker.

1785: Lebenslange Freundschaften
In seiner Geburtsstadt Bonn knüpft Beethoven Freundschaften, die ihn ein Leben lang begleiten. In seinen Jugendjahren lernt er den Medizinstudenten Franz Gerhard Wegeler kennen, der zu einem seiner wichtigsten Vertrauten wird. 1785 macht er Bekanntschaft mit der wohlhabenden Bonner Familie von Breuning, die ihn als Klavierlehrer engagiert. Mit den Kindern des Hauses, Eleonore, Stephan und Lorenz, verbindet ihn eine innige Freundschaft. Insbesondere die Beziehung zu Wegeler und zu Stephan von Breuning hält auch gelegentlichen Krisen stand.

1792: Abschied von Bonn Umzug nach Wien
Im Herbst 1792 entschließt sich Beethoven, neuerlich in die Musikmetropole Wien zu reisen. Nach einem Studienaufenthalt 1786/87 ist es sein zweiter Besuch der Stadt. Unterstützt wird Beethoven in dem Vorhaben von seinem aus Wien stammenden Förderer Graf Ferdinand Ernst von Waldstein. Ausschlaggebend für den Schritt nach Wien ist eine Begegnung Beethovens mit Joseph Haydn im Juli 1792 in Bonn. Haydn erklärte sich bereit, Beethoven in Wien zu unterrichten. Im November 1792 findet Beethovens Umzug statt. 1794 bzw. 1795 folgen ihm seine Brüder Kaspar Anton Karl und Nikolaus Johann.

ab 1792: Gönner, Förderer und Mäzene
Aus einer Ausbildungsreise nach Wien wird ein dauernder Aufenthalt. Schon bald nach seiner Ankunft findet Beethoven adelige Mäzene, die ihm helfen, in Wien Fuß zu fassen und sich zuerst als Pianist, später auch als Komponist zu etablieren. Zu den wichtigsten Gönnern und Förderern zählen Erzherzog Rudolph, Fürst Karl Lichnowsky, Fürst Ferdinand Kinsky und Fürst Franz Joseph Maximilian Lobkowitz. Sie sorgen anfangs für ein regelmäßiges Einkommen Beethovens, geben bei ihm Kompositionen in Auftrag und veranstalten private Hauskonzerte. Beethoven lernt dabei andere Musikliebhaber/innen und Künstler/innen kennen, die zur Verbreitung seiner Werke beitragen. Beethoven dankt es seinen Mäzenen, indem er ihnen eine Reihe von Musikstücken widmet.

ab 1795: Erste Erfolge als Komponist
Dank seiner Erfolge als Pianist und Improvisator kann sich Beethoven in Wien rasch etablieren. Bei Antonio Salieri und Johann Georg Albrechtsberger nimmt er Unterricht in Kompositionslehre. Sein bester Lehrer ist er aber selbst. 1795 tritt er mit eigenen Kompositionen an die Öffentlichkeit, mit großem Erfolg: Beethoven hat „den ungetheilten Beyfall des Publikums" (Wiener Zeitung). In den folgenden Jahren widmet sich Beethoven intensiv der Gattung der Klaviersonate, des Streichquartetts und der Sinfonie.

ab 1798: Verlust der Töne
Ab etwa 1798 wird Beethovens Leben von einem Gehörleiden beeinträchtigt. Obwohl er sich mehreren Therapien unterzieht, ist die Ertaubung nicht abzuwenden. Die Krankheit löst eine schwere persönliche Krise aus, von der das sogenannte Heiligenstädter Testament (6. Oktober 1802), ein nie abgeschickter Brief an seine Brüder, Zeugnis gibt. Beethoven muss seine Pianistenlaufbahn beenden. Er konzentriert sich nun ausschließlich auf die Komposition. Nach 1812 kommt es zu einer dramatischen Verschlechterung des Gehörs, die sich auch auf Beethovens gesellschaftlichen Umgang negativ auswirkt. Ab 1818 kann er mit seinen Gesprächspartnern fast nur noch schriftlich über die „Konversationshefte" kommunizieren.

ab 1802: "Es geht beẞer mit der gesundheit, doch nicht so gut als ich früher war."
Nahezu sein Leben lang wird Ludwig van Beethoven von verschiedenen Krankheiten gequält. Nicht nur die Gehörlosigkeit setzt ihm zu, sondern auch Unterleibsschmerzen und Augenleiden. Wie man heute durch die Analyse von Haaren Beethovens vermutet, leidet er unter einer schweren Bleivergiftung. Der Wein, den er in großen Mengen trinkt, ist mit Bleizucker versetzt - eine billige, aber gefährliche Methode, um Wein zu süßen.
Heilung seiner Beschwerden erhofft sich Beethoven bei seinen zahlreichen Kuraufenthalten, in Baden, Mödling, Heiligenstadt, in Karlsbad und Teplitz. Auch wenn es bestenfalls zu einer vorübergehenden Linderung der Leiden kommt, genießt Beethoven den Aufenthalt auf dem Land - und ist äußerst produktiv.

1804: Wohnorte in Wien
Beethoven ist ein „rastlos Wohnender". Allein für Wien sind 26 verschiedene Wohnungen verbürgt, die er gemietet hat. Besonders schätzt er den Aufenthalt im Pasqualati-Haus auf der Wiener Mölker Bastei, das er erstmals 1804 bezieht und von wo er einen freien Blick über die Stadt hat. Konflikte mit den Hausangestellten sind an der Tagesordnung, der Personalwechsel ist entsprechend hoch. Das Schwarzspanierhaus sollte seine letzte Wohnstätte werden, von hier aus wird er im Währinger Friedhof beigesetzt. Das Ölgemälde von Willibrord Joseph Mähler übersteht alle Umzüge und ist bis zu seinem Tod in Beethovens Besitz - ein Zeichen dafür, wie sehr er das Porträt schätzte. Heute befindet es sich im Wien Museum.

1804-1815: Höhepunkte
Neue Wege beschreitet Beethoven in der Ausgestaltung von Sinfonien, Sonaten und Klavierquartetten. Er lotet die formalen und inhaltlichen Grenzen der Genres aus. Seine dritte Sinfonie, genannt „Eroica", übertrifft an Länge und Dichte alle bisherigen Sinfonien. Bei vielen stößt diese neue Musik auf Unverständnis - sie ist, in Beethovens Worten, „für eine spätere Zeit" geschrieben. Am 22. Dezember 1808 findet im Theater an der Wien ein wahres Marathon-Konzert statt, das vier Stunden dauert und neben zwei Sinfonien weitere fünf Werke zur Aufführung bringt. Einen großen Triumph feiert Beethoven 1813 mit dem Orchesterwerk "Wellingtons Sieg", das er selbst in Wien dirigiert. Beethovens einzige Oper, „Fidelio“, ist bei der Uraufführung der ersten Fassung 1805 ein Misserfolg. Erst die dritte überarbeitete Fassung von 1814 mit der Fidelio-Ouvertüre und zeitgleich zum Wiener Kongreß findet den Beifall des Publikums. Aufgeführt wird sie im Kärntnertortheater.

1812: Beethoven und die Frauen
Das Verhältnis Beethovens zu den Frauen ist als zumindest "kompliziert" zu bezeichnen. Er verliebt sich unzählige Male, und das meist unglücklich. Viele seiner Auserwählten sind unerreichbar, aus gesellschaftlichen Gründen oder weil sie verheiratet sind. Beethoven bleibt Junggeselle. Rätsel gibt ein 1812 verfasster und nie abgeschickter Brief an eine „Unsterbliche Geliebte" auf. Wer die Adressatin ist, dafür gibt es mehrere plausible Theorien. Vielleicht handelt es sich aber gar nicht um eine bestimmte Frau, son dern um das Ideal der Geliebten schlechthin. Berührend sind die Zeilen des Liebesbriefes allemal.

ab 1815: Der Konflikt um den Neffen Karl
Beethovens Bruder Kaspar Karl stirbt 1815 und hinterlässt einen Sohn, den neunjährigen Karl. Ludwig van Beethoven, der von der Mutter des Kindes wenig hält, will das alleinige Sorgerecht für den Neffen. In einem jahrelangen Hin und Her wird vor Gericht um die Vormundschaft gerungen, das Kind bleibt ungefragt. Beethoven macht die Sache so sehr zu seiner eigenen, dass er sich sogar als leiblichen Vater des Neffen bezeichnet.
Sein Verhältnis zu dem Jungen wechselt zwischen zärtlicher Fürsorge und strenger Erziehung. Konflikte mit dem
Onkel führen am 6. August 1826 zu einem Selbstmordversuch Karls auf der Ruine Rauhenstein nahe Baden. Karl überlebt leicht verletzt, Beethoven scheint der Vorfall aber einen seelischen Todesstoß versetzt zu haben.

Das Spätwerk
Nach einigen Jahren, in denen es still ist um Beethoven, tritt er mit neuen, erstaunlichen Werken an die Öffentlichkeit. Bahnbrechend ist die Hammerklaviersonate, eine der anspruchsvollsten Sonaten überhaupt. Sie wird erst neun Jahre nach Beethovens Tod durch Franz Liszt uraufgeführt. Als sein bestes Werk bezeichnet Beethoven die Missa solemnis, die 1820 zur Amtseinführung von Erzherzog Rudolph als Bischof von Olmütz aufgeführt werden soll, aber erst drei Jahre später fertig wird. Die neunte Sinfonie, die Beethoven teilweise in Baden erarbeitet, kommt am 7. Mai 1824 zur Uraufführung im Wiener Kärntnertortheater und wird mit frenetischem Beifall bedacht. Trotz der Erfolge plagen Beethoven Geldsorgen, die einzigen Einnahmequellen sind die Honorare durch Verkäufe seiner Werke an Musikverleger.

1827: Tod
Am 26. März 1827, mit 56 Jahren, stirbt Ludwig van Beethoven in Wien im Schwarzspanierhaus. Dem Tod vorausgegangen war eine rund viermonatige Leidenszeit nach einer Lungenentzündung. Diese kann zwar geheilt werden, verhindert aber nicht das Ausbrechen einer Gelb- und Wassersucht im Zusammenhang mit einer Leberzirrhose. Freunde und Bekannte, darunter Franz Schubert, besuchen ihn am Krankenlager. Es ist absehbar, dass er nicht mehr lange leben wird. Am späten Nachmittag des 26. März 1827, während eines Gewitters, tut Beethoven seinen letzten Atemzug. Zwei junge Maler, Joseph Danhauser und Josef Teltscher, porträtieren den Komponisten im Sterbebett. Am 29. März findet Beethovens Begräbnis auf dem Währinger Friedhof statt, rund 20.000 Trauergäste folgen seinem Sarg.




Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: