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Weiter geht es günstig, flott und bequem per Zug in die nächste Stadt, die ich überhaupt nicht auf dem Radar hatte:
Gent (französisch
Gand, englisch Ghent) ist nach Antwerpen die zweitgrößte Stadt in
Flandern und drittgrößte von Belgien. Sie ist zugleich die Hauptstadt
der belgischen Provinz Ostflandern. Gent entstand aus keltischen
Ansiedlungen im Gebiet des Zusammenflusses von Schelde und Leie. Das
keltische Wort für Zusammenfluss ist 'Gand'.
Im Jahre 630 wählt der Missionsbischof St. Amandus
den Zusammenfluss von Schelde und Leie als Ort für die Gründung der
St.-Bavo-Abtei. Dies
ist die Geburtsstunde von Gent. Was folgt, ist die reiche Geschichte einer stolzen und rebellischen Stadt.
Im Mittelalter wächst das eigensinnige Gent zu einer der bedeutendsten
Städte Westeuropas heran. Dank des Wollhandels wird Gent nach Paris die
zweitgrößte Stadt Westeuropas.
Bis in das 14. Jahrhundert liegt der Wohlstand von Gent in den Händen
von knapp 40 reichen Kaufmannsfamilien = 'Herrschaft der 39'.
Diese ziehen den König von Frankreich dem Grafen von Flandern vor -
sehr zum Unmut der starrköpfigen Handwerkszünfte, die immer mehr
Rechte und Priviliegien fordern. Der Tuchhändler Jacob van Artevelde
führt den erfolgreichen Aufstand der Genter gegen den französischen
Herrscher an, der der Stadt den Handel mit den englischen Webern
untersagt hatte.
Es folgen schwierige Zeiten für Flandern, und Gent büßt seine
Spitzenstellung in Europa ein. Die Genter hingegen bleiben Rebellen und
wehren sich gegen jeden, der sie zu unterwerfen trachtet - selbst gegen
ihren eigenen Kaiser Karl V. (geb. 1500). Als die Bewohner der Stadt
die hohen Steuern
nicht zahlen wollen, kommt Karl 1540 persönlich in seine Geburtsstadt,
um für Ordnung zu sorgen. Und seine Bestrafung war streng.
Gent verliert alle Rechte und Privilegien. Die Rolandsglocke (Klokke
Roeland), die die Unabhängigkeit Gents symbolisiert, wird aus dem
Belfried geholt. Die St.-Bavo-Abtei und die Stadttore werden
geschleift. Eine harte Strafe, aber noch schlimmer ist die
Erniedrigung: dutzende adelige Einwohner der Stadt werden gezwungen,
mit einem Strick um den Hals, barfuß und im Büßerhemd vor dem Kaiser
niederzuknien. Noch heute tragen die Genter den Ehrennamen
'Stroppendragers' (Strickträger).
Ende des 18. Jahrhunderts, als aus England die industrielle Revolution
herüberschwappt, ist es dieser gerissene Schneid, der Gent zur ersten
industrialisierten Stadt Kontinentaleuropas, zum 'Manchester des
europäischen Festlands' macht. Unternehmer Lieven Bauwens schmuggelt
eine englische Spinnmaschine in Einzelteilen in die Stadt und legt
damit den Grundstein für die industrielle Revolution auf dem Festland.
Die Entfernungen im 'Kuip', dem historischen Zentrum,
sind kurz. Das Stadtzentrum mit seinem Reichtum an Sehenswürdigkeiten
lässt sich ganz bequem zu Fuß kennenlernen. Gent hat übrigens die
größte autofreie Fußgängerzone in ganz Europa.
Das Gebäude der Alten Post am Korenmarkt ist heute ein Einkaufszentrum.
Belgiens einziges Designmuseum liegt mitten in der historischen Innenstadt von Gent. Der Innenhof erfreut die Besucher mit der Skulptur einer überdimensionalen Klopapierrolle. Hier soll von 2021-2023 der Neubau 'DING' entstehen, was für 'Design in Gent' steht.
Bei meiner 9tägigen Reise hat es an sieben Tagen geregnet. Eine Sonnenlichtphase nutze ich für eine Bootsfahrt. Um EUR 7,50 wird man eine knappe Stunde durch ehemaliges Hafengebiet geschippert.
Zwei sich ansehende Schwäne bilden ein Herz. Das steht für wahre Liebe.
Zwei voneinander abgewandte Schwäne stehen für die Ware Liebe. Hier kann Zuneigung gekauft werden.
Das Ghent Marriott Hotel am Korenlei betreibt heute das (ehemalige?) Freudenhaus 'De Zwane'.
Drinnen werden die Gäste mit Farbwechselspielen illuminiert.
Irgendwann höre ich das Gespräch eines Reisepärchens mit. Sie
bestätigen sich, wie schön es hier in Gent wäre. Dem kann ich nur
zustimmen.
Dann fällt der eingängliche Satz 'Brussels is shit.". Dem will ich auch nicht widersprechen.
Zwischen dem Zunfthaus der Getreidemesser aus dem
Jahr 1698 und dem romanischen 'Koornstapelhuis' aus dem 13. Jahrhundert
befindet sich das schmale, eingeklemmte 'Tollhuis' von 1682.
Der Zöllner braucht nicht protzen, der kassiert sowieso.
Das Rabot ist ein bekanntes Denkmal und gleichzeitig
die Bezeichnung des umgebenden Stadtteils. Unter Rabot versteht man im
Niederländischen allgemein eine Wasserbaukonstruktion ähnlich einem
hölzernen Wehr, also dem Vorgänger heutiger Schleusen.
Am Rabot schlugen die Genter 1488 das Heer Kaiser Friedrichs III., das nach 40 Tagen Belagerung von hier aus abzog.
Bekannt ist für Street-Art in Gent ist die dezidiert
dafür gedachte Graffitistraatje -> Die Werregarenstraat ist die
offene Leinwand für junge Straßenkünstler. Diese 'Graffitigasse'
entstand als vorübergehendes Kunstprojekt während der Genter Feste
1995. Inzwischen ist es schon seit vielen Jahren ein dynamisches
Skizzenbuch, das den zahlreichen Genter Graffitikünstlern Freiraum
bietet. Hier ist brandaktuelle Street Art zu bewundern. Die Tags und
größeren Bilder verändern sich täglich, und ab und zu wird die gesamte
Gasse einheitlich gestrichen, um danach wieder als jungfräuliche
Leinwand für neue Kunstwerke dienen zu können. In diesem gewissermaßen
rechtsfreien Raum gilt die einzige wirkliche Regel der Sprüher:
Respektiere Werke, die besser sind als Deine eigenen!
Beim zügigen Durchmarschieren habe ich mich auf Video beschränkt - daher kein Foto hier.
Auch anderswo gibt es ansehnliche Graffiti. Diese Ecke bei der Sint-Michielsbrug zeigt das Lamm Gottes vom Genter Altar.
Das Rathaus am Botermarkt 1 besteht
aus zwei sehr verschiedenen Teilen, die man ihm deutlich ansehen kann.
Vom Hoogpoort aus gesehen zeigt sich die flamboyante Spätgotik vom
Beginn des 16. Jahrhunderts. In den erst Anfang des 20. Jahrhunderts
hinzugefügten Fassadennischen sind die Grafen von Flandern zu sehen.
Hinter der Fassade verbergen sich nicht weniger als 51 Säle. In einem
davon ist die Hochzeitskapelle untergebracht, in der die Genter sich
das Jawort geben. Schon manche Braut ist beim Anblick der prachtvollen
romantischen Glasfenster ins Träumen geraten oder hat sich im Labyrinth
der vielen Gänge und Räume des Gebäudes verirrt.
Im jüngeren Renaissanceflügel (1559-1618) sind dorische, ionische und
korinthische Dreiviertelsäulen und Pilaster zu bewundern, bei deren
Gestaltung man sich von italienischen Renaissancepalazzi inspirieren
ließ.
Der Genter Belfried ist 95 Meter
hoch und steht im Zentrum der Stadt. Er erhebt sich zwischen
St.-Bavo-Kathedrale und St. Niklaskirche, mit deren Türmen er auf einer
Linie steht. Gemeinsam bilden sie die berühmte Genter Dreiturmreihe
'drie torens van Gent'. Die Genter Tuchhalle ist mit dem Belfried
verbunden und beherbergt auch den Turmeingang.
Als der Bau des Stadtturms 1377 fast fertig war, wurde, inspiriert
durch Fabeln und Legenden, für die Spitze ein Drache gewählt. Dieses
fantastische Fabeltier symbolisiert den Hüter eines Schatzes, in diesem
Falle die kostbaren Privilegen der Stadtrechte im geheimen Zimmer. 1380
wurde der erste Drache auf dem Turm angebracht. Im 16. Jahrhundert war
es üblich, bei öffentlichen Festen den Drachen Feuer spucken zu lassen.
So wurden dann brennende Fässer mit Pech aufgehängt. Das gab ein
beeindruckendes Spektakel.
Jedes mal, wenn der Turm renoviert wurde, bekam der Drache einen neuen
Look. Als der Turm 1839 abgerissen wurde, nahm der Drache seinen
letzten Flug nach unten. Nach all den Jahren war er total verwittert.
Nur ein paar originale Kupferplatten und Stifte blieben übrig. Erst im
Jahre 1854 wurde ein neuer Drache auf der Turmspitze angebracht. 1979
beschloss man, einen neuen Drachen zu bauen. Er besteht aus einem
Edelstahlskelett und ist mit roten Kupferplatten bedeckt. Er ist 3,80 m
lang, 1,91 m hoch und 1,50 m breit. Er wiegt 455 kg. 1980 wurde er mit
einem Hubschrauber auf die Turmspitze gesetzt.
An der Graslei und Korenlei, wo im Mittelalter die
Binnenschiffe zum Be- und Entladen angelegt haben, pulsiert heute in
zahlreichen gemütlichen
Straßencafés das Leben. Keine belgische Stadt hat mehr Studenten als
Gent. Hier studieren und leben mehr als 70.000 junge Menschen, die für
ein lebendiges Stadtleben und eine besondere Dynamik sorgen.
Über die drehbare Zuivelbrug gelangt man zum Grootkanonplein mit seiner abgestellten Großkanone 'Dulle Griet'. Die etwa 5 Meter lange und über 16 Tonnen schwere, schmiedeeiserne 'Tolle Grete' stammt aus dem 15. Jahrhundert und konnte bis zu 350 Kilogramm schwere Steinkugeln verschießen.
Interessanterweise variiert der Infotext vom vor Ort angebrachten Schild zur Touristenbroschüre aus dem Stadhuis. Dort steht: Die imposante schmiedeeiserne Groot Kanon wiegt 12.500 kg und heißt im Volksmund die Dulle Griet (böse Frau). Das rote Ochsenblut ist die Originalfarbe des Gefährts, das aber nie eine Kugel abgefeuert hat. Es steht schon seit 425 Jahren am selben Fleck.
Beim Silberhof verbindet die 'Brug der Keizerlijke Geneugten' oder Kaiser-Karl-Brücke (entworfen von dem Volkssänger-Bildhauer Walter de Buck) die Umgebung mit dem St. Antoniuskai.
Im Hof ten Walle (Hof zum Walle), dem späteren
Prinzenhof, wurde am 24. Februar 1500 Kaiser Karl V. geboren. Das war
übrigens jener Herrscher, der es am Wormser Reichstag 1521 mit Martin
Luther zu tun bekam und nicht nach der Pfeife von Papst Leo X. tanzen
wollte.
Als letzter Rest der ehemals riesigen kaiserlichen Residenz blieb nur
das Nordportal, nun das dunkle Portal (Donkere Poort) genannt. Dort
wurde das Standbild vom Strickträger (Stroppendrager) aufgestellt.
Am Sint-Veerleplein ist der Hauptzugang zum 'Oude Vismijn', dem Alten Fischmarkt von Gent. Am monumentale Eingangsportal aus dem Jahr 1689 steht Neptun mit seinem Dreizack, die Figuren links und rechts der Fenster sind allegorische Darstellungen der beiden Genter Flüsse Schelde und Lieve.
Gravensteen beim Sint Veerleplein - Die Säule mit dem steinernen Löwen wurde zur Erinnerung an die Weltausstellung 1913 in Gent nach einem Entwurf des Architekten Valentin Vaerwyck errichtet und 1926 auf den Platz umgesiedelt, den Löwen schuf der Bildhauer Oscar Sinia.
Im sechzehnten Jahrhundert spielte Gent eine wichtige
Rolle im Aufstieg des Calvinismus. 1537 weigerte die Stadt sich die
Kriege Kaiser Karls V. gegen Frankreich mit Steuergeld zu unterstützen.
Der folgende Aufstand wurde durch den Kaiser mit großer Härte
niedergeschlagen, die Anführer 1539 am Gravensteen geköpft. Als die
politischen Führer 1540 um Vergebung baten, wurde Gent einem neuen
Statut unterworfen und alle Privilegien gestrichen. Die Rolandsglocke
Klokke Roeland, das Sinnbild der Genter Selbständigkeit, wurde aus dem
Belfried entfernt. Ferner ließ der geborene Genter Karl V. die
Sankt-Bavo-Abtei (Sint-Baafsabdij) schleifen und an der Stelle eine
Zwingburg errichten, das Spaniardenkastell.
Die Führer des Aufstands mussten im Büßerkleid mit einer Schlinge um
den Hals um Vergebung bitten, was sich im kulturellen Gedächtnis der
Stadt als Ausdruck ihrer Entmachtung niederschlug.
Nachdem Gent Mitte des 16. Jahrhunderts an Karls Sohn Philipp II. von
Spanien gefallen war, erhoben sich die protestantischen Bewohner gegen
die Katholiken aus Spanien, die ihrerseits mit einem Terrorregime
reagierten. Die Hinrichtung des Statthalters von Flandern, Lamoral Graf
von Egmont, im Jahre 1568 löste den Befreiungskampf der Niederlande
unter Wilhelm von Oranien aus.
Die Burg Gravensteen (deutsch 'Grafenstein') ist die Burg der Grafen von Flandern und eine der größten Wasserburgen Europas. Die Burg überragt am linken Leieufer das Zentrum der Stadt und liegt am Zusammenfluss der Flüsse Lieve und Leie.
Die erste Burg soll zur Zeit Karls des Kahlen errichtet worden sein, vielleicht von Balduin I. genannt 'Eisenarm' um 870, mit dem das Haus Flandern seine Herrschaft begann. 1128 kam es zur ersten ernsthaften Belagerung durch Anhänger des Dietrich von Elsass. Dabei wurde die Burg zerstört. Auf ihren Resten ließ Philipp von Elsass, der damalige Graf von Flandern, von 1180 bis 1200 den Gravensteen erbauen.
Philipp von Elsass wollte allen zeigen, wer das Sagen hatte. Eine lateinische Inschrift über dem Eingangstor besagt, dass Graf Philipp I. diese Burg im Jahr 1180 erbaute. Das Flair von Reichtum und Macht, das diese Burg seinerzeit ausstrahlte, wird ganz oben im Donjon zwischen den Zinnen fast greifbar, wenn man auf das lebendige Treiben der Stadt schaut.
Zwischen dem 13. Jahrhundert und dem 14. Jahrhundert wurde die Burg restauriert. Der ovale Burghof erhielt eine Ringmauer mit 24 vorspringenden, zweistöckigen Türmchen. Getrennt vom Donjon und innerhalb der Ringmauer lagen die Gebäude des Grafen sowie alle wichtigen Wirtschaftsräumlichkeiten. Ab dem 12. Jahrhundert wuchs Gent so enorm, dass die Stadt nun die Burg umschließt.
Von 1407 bis 1708 diente die Burg als Gerichtssitz. Auch der Rat der Stadt Gent tagte hier. Es wurde ein Kerker und eine Folterkammer eingerichtet. In der Burg befindet sich ein Waffenmuseum, mit den typischen Waffen des Mittelalters, unter anderem aus der Waffensammlung von Adolphe Neyt. Ferner gibt es ein Folterinstrumente- und Gerichtsmuseum. Zu den Exponaten zählen eisernen Fesseln, Guillotine, Streckbank, Dornenhalsband und Richtschwerter.
Die Festung ist im sternförmigen Stil syrischer
Kreuzritter-Forts angelegt. Der Zentralturm mit Aussichtsplattform ragt
wie ein riesiger Steinblock zwischen den beiden Wasserarmen auf. Der
Burghof ist von einer Mauer mit Wehrgang sowie von 24 Halbtürmen mit
Zinnen umgeben.
Der zweischiffige Audienzsaal im Erdgeschoss hat ein machtvolles
Gewölbe. Im ersten Stock befindet sich der Große Saal, in dem 1445 die
Versammlung der Ritter vom Goldenen Vlies stattfand. Dieser Ritterorden
war 1430 von Philipp dem Guten von Burgund gestiftet worden. Im
Kellergeschoss war das Gefängnis. Hier befinden sich noch die
Folterkammer und das Kerkerloch.
Der ehemals ebenerdige steinerne Saalbau ist nach der Erdaufschüttung (Aushub vom Ringgraben) zum Keller geworden.
Nach der Französischen Revolution wurde der
Gravensteen an eine Baumwollspinnerei verkauft. Ende des 19.
Jahrhunderts sollte die Burg abgerissen werden, was jedoch die Stadt
Gent verhinderte. 1887 kaufte die Stadt Gent die Burg zurück. Zwischen
1889 und 1908 wurde die Burg nur notdürftig konserviert. Erst 1980 und
in den folgenden Jahren wurde die Burg anlässlich der 800-Jahr-Feier
der Stadt Gent vollständig restauriert.
Der Besucher wird in 15 Stationen bei eigenem Tempo durch die Burg
geführt. Den Audio-Guide gibt's kostenlos zum Ticket (EUR 10,-) dazu
und es war die lustigste Tour die ich mir je anhören durfte. Der
Sprachführer ist sehr humorvoll und unterhaltsam wie kurzweilig. Sehr
zu empfehlen!
Die Audioführung wurde von dem Genter Comedian Wouter Deprez
eingesprochen und führt auf Entdeckungsreise in und um die Burg herum.
Er erzählt die Geschichte, gespickt mit komischen Anekdoten und mit
mitreißenden Ritterkämpfen im Hintergrund.
Die klassische Genter Perspektive von Korenlei zu
Graslei: Nach der Sint-Michielsbrug stehen in einer Reihe die Alte
Hauptpost und die drei Türme von Sint-Niklaaskerk, Belfried,
St.-Bavo-Kathedrale.
Links im Bild hinter den Gildehäusern ist der Uhrturm vom Postgebäude.
Gerne besucht hätte ich auch die Kirche Sankt Michael (Sint-Michielskerk), rechts im Bild, bei der Sint-Michielsbrug.
Leider ist die nur in den Sommerferien geöffnet. Schade.
Der Vrijdagmarkt (Freitagsmarkt) war
früher das politische Zentrum von Gent. Hier mussten im Mittelalter die
flandrischen Grafen schwören, die Genter Privilegien zu respektieren,
hier trugen 1345 die Gilden der Weber und Tuchwalker ihre
Lohnstreitigkeiten in blutigen Kämpfen aus, hier wurden 1477 zwei
Gesandte von Maria von Burgund hingerichtet, hier fanden Turniere und
Feierlichkeiten statt und hier wurden Verbrecher mit dem Fallbeil
öffentlich geköpft, letztmalig 1822.
Die Westseite des Vrijdagmarktes wird von dem im wahrsten Sinne des
Wortes herausragenden Gebäude 'Ons Huis' beherrscht. Dieses wurde im
Jahr 1920 nach den Plänen des ortsansässigen Architekten Ferdinand
Dierkens in eklektischem Baustil errichtet. Bauherr war die
Arbeitervereinigung "Socialistische Werkersvereenigingen".
Und unübersehbar auf dem Platz steht das Denkmal für Jacob van Artevelde,
das am 14. September 1863 in Anwesenheit von König Leopold I.
eingeweiht wurde. Der Lebenslauf, des um 1290 in Gent als Sohn eines
vermögenden Tuchhändlers geborene Jacob van Artevelde, spannt sich von
Freiheitskämpfer, über Diktator bis Vaterlandsverräter und endet mit
seiner Ermordung 1345.
Sint-Niklaaskerk, Belfried, St.-Bavo-Kathedrale von der Sint-Michielsbrug.
Die Sint-Niklaaskerk im Herzen der historischen Altstadt gehört zu den bedeutendsten gotischen Kirchenbauwerken Mitteleuropas. Anders als die ca. 400 m entfernte St.-Bavo-Kathedrale ist sie keine Bischofskirche, sondern die Pfarrkirche der durch Fabrikation und Handel reich gewordenen Bürger der Stadt und ist infolgedessen in mancher Hinsicht repräsentativer und besser ausgestattet.
Der aus dem für die Region um Tournai typischen Blaustein errichtete Kirchenbau beeindruckt durch die Schlankheit seiner Proportionen und den hohen doppelgeschossigen Vierungsturm, dessen Untergeschoss zum dreischiffigen Kircheninnern hin als Laternenturm konzipiert wurde, wohingegen im Obergeschoss das Kirchengeläut aufgehängt war.
Der dem hl. Nikolaus von Myra, dem Schutzpatron der Getreidehändler, Kaufleute, Binnenschiffer, Fuhrleute etc. geweihte Bau wurde Anfang des 13. Jahrhunderts im Stil der Scheldegotik begonnen und noch im selben Jahrhundert vollendet. Die Händler kamen durch das Stapelrecht, in Gent Getreide einlagern zu dürfen, zu solch großem Reichtum, dass sie den kostspieligen Bau der Sint-Niklaaskerk finanzieren konnten.
Der barocke Hauptaltar zeigt ein von vier salomonischen Säulen gerahmtes Bild mit der Darstellung eines Wunders des hl. Nikolaus, der ein Bischofsornat trägt. Der vom Chorumgang aus zugängliche Tabernakelaltar zeigt einen von Putten umgebenen, aus dem Himmel hinabwirkenden Gottvater.
Im späten Mittelalter wurden an die lichtdurchfluteten Seitenschiffe und an den Chorumlauf eine Reihe von Seitenkapellen mit eigenen Altären angebaut. Die Zwischenräume schmücken mannshohe Heiligenfiguren, die - wie die Kapellen - von den an Gras- und Korenlei residierenden Kaufleuten und von den Gilden am nahen Korenmarkt gestiftet wurden.
Nach dem Bildersturm der Protestanten und wegen wegbrechender Handelsgewinne der Kaufleute durch sich ändernde Handelsrouten wurde das Gotteshaus mehr und mehr vernachlässigt. Während der französischen Revolution wurde die Sint-Niklaaskerk dann ganz geschlossen und geplündert. Erst im 20. Jahrhundert konnte eine private Interessengemeinschaft eine grundlegende Sanierung erreichen, die in den 1960-er Jahren begann und die noch immer nicht abgeschlossen ist.
Sint Baafsplein mit Belfried und der Lakenhal von 1426. Ich stehe unterm Vordach von St. Bavo. Weil es regnet. Schon wieder.
Die Lakenhal diente den Genter Woll- und Tuchhändlern - Halleheeren
genannt - als Versammlungshalle und hier lagerten sie ihre Waren bis
zum Weiterverkauf ein.
Rechts im Bild die ehemalige "Koninklijke Nederlandse Schouwburg". Das
Ende des 19. Jahrhunderts nach den Plänen des Architekten Edmond de
Vigne im Renaissancestil errichtete Gebäude wird auch als "Koninklijke
Vlaams Theater" bezeichnet.
Der Name 'Mammelokker' entstammt dem
Genter Dialekt und bedeutet wörtlich Brustsauger ('mamme' = Brust;
'lokken' = saugen). Er bezieht sich auf die alte Legende der 'Römischen
Mildtätigkeit' (Caritas Romana), die im Tympanonrelief dargestellt ist.
Der Legende nach wurde ein Gefangener namens Cimon zum Tode durch
Verhungern verurteilt, aber er weigerte sich zu sterben. Seine als Amme
tätige Tochter Pero durfte ihn jeden Tag besuchen, allerdings ohne ihm
Nahrung mitzubringen. Es gelang ihr allerdings, ihn heimlich an ihrer
Brust zu säugen und so sein Überleben zu sichern. Da der Vater auch
nach längerer Zeit nicht starb, ließ der Richter die Frau während ihrer
Besuche durch die Gefängniswärter heimlich im Auge behalten. Als diese
ihr Tun bemerkten, konfrontierte er die Frau mit ihren Taten, worauf
die Frau ihm in der Genter Version entgegnete, dass sie dies im
Vertrauen auf Gott getan habe. Der Richter fand dies so wohltätig und
gut, dass er sich beiden gegenüber gnädig zeigte und ihren Vater
freiließ.
Freie Sicht nach 386 Stufen von der umlaufenden Balustrade des Belfried auf die St.-Bavo-Kathedrale.
Der Genter Belfried symbolisiert Wohlstand und Unabhängigkeit dieser
Stadt und wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. 1402 wurden
die Stadtprivilegien in einer Truhe im Erdgeschoss des Belfrieds
aufbewahrt. Der Drache, der seit 1377 auf dem Turm steht, wachte nicht
nur über die Stadt, sondern war auch der symbolische Schatzhüter des
Belfrieds.
Berühmt sind die vier steinernen Wächterfiguren aus dem Jahre 1339 auf den Ecktürmen (heute in Kopien), die große Rolandglocke von 1660 (6070 kg), ein Glockenspiel von 1659, die Turmuhr von 1912 und v. a. der legendäre, 1377 gegossene 'Drache von Gent' als Turmspitze.
Die größte Glocke des Turmes, die Rolandsglocke (Klokke Roeland) gab das Signal zum Öffnen und Schließen der Stadttore, wies auf Brände hin und läutete auch bei besonderen Ereignissen. Auch bei gewonnenen Schlachten, weshalb Kaiser Karl V. nach der erfolgreichen Niederschlagung der Aufstände die Glocke entfernen ließ.
Ein Besuch des Genter Belfrieds, der von der UNESCO
zum Weltkulturerbe erklärt wurde, ist lohnenswert und um EUR 8,-
möglich. 1402 wurden die Stadtprivilegien in einer Truhe im Erdgeschoss
des Belfrieds aufbewahrt. Nach 1442 zogen die Turmwächter in den
fertiggestellten Belfried ein. Zusammen mit den Glöcknern übten diese
Wächter, das Korps der Stadtwächter, bis 1869 ihren Dienst aus. Feuer
stellte für Gent die größte Gefahr dar.
Im Erdgeschoss stehen Eins-zu-Eins-Modelle der am Turm angebrachten
Wächterfiguren. Wegen starker Verwitterung musste die letzte
Originalfigur im Jahr 1870 vom Turm geholt und in der Folge durch ein
Duplikat ersetzt werden. Die vier Figuren stellen Mitglieder der Gilde
des Heiligen Georg (mit Schwert und Schild), der Gilde des Heiligen
Sebastian (mit Lanze und Schild), der Metzgergilde (mit Beil) sowie den
Stadttrompeter (mit Schwert und Trompete) dar.
Die Stadthalle am Poeljemarkt wurde 2012 errichtet
und ist ein großer, offener und überdachter Raum im Schatten von
Belfried, Rathaus und St.-Nikolaus-Kirche. Das Gebäude ist Teil eines
umfassenden Städtebauprojekts des Genter Architekturbüros Robbrecht
& Daem - Marie-José Van Hee.
Der progressive Bau hat eine mehr als 40 Meter überspannende auffällige
Dachstruktur mit 1.600 kleinen Fenstern. Und auch hier zeigte die Stadt
ihre eigensinnige Seite: Als das markante Gebäude stand, gaben die
Bewohner ihm den Beinamen 'Schafstall', schlossen es aber gleichwohl in
ihre Herzen. Die Stadthalle von Gent hat den nationalen belgischen
Architekturpreis und den Jo Crepain Award gewonnen. Außerdem war das
Gebäude in der Endausscheidung für den Mies van der Rohe Award der
Europäischen Union.
Am linken Ufer der Leie und seitlich der
Sint-Michielsbrug überragt die dem Heiligen Michael geweihte
Sint-Michielskerk die umliegenden Gebäude.
Mit dem Bau des Gotteshauses wurde im Jahr 1440 begonnen, weil die seit
dem 12. Jahrhundert hier vorhandene Kapelle für die durch Zuzug schnell
wachsende Gemeinde zu klein geworden war. Die Sankt-Michaels-Kirche
wurde im spätgotischen Stil errichtet. Wegen Geldmangels und wegen
massiver Probleme mit dem instabilen Untergrund konnten die Bauarbeiten
erst 1650 abgeschlossen werden. Der Turm erhielt sein Dach im Jahr
1825, für eine Turmspitze fehlte das Geld.
Ein magischer wie romantischer Ort. Ich genieße die vertraute Zweisamkeit und Ruhe mit meinem Stativ.
Sint-Niklaaskerk am Korenmarkt.
Das Denkmal auf dem Sint-Baafsplein erinnert an den flämischen Schriftsteller Jan Frans Willems (1793-1846), der in Gent verstarb. Jan Frans Willems war ein glühender Verfechter eines Vereinigten Königreiches der Niederlande und gilt als Vater der "Vlaamse Beweging", die in den Nord- und Südstaaten des Landes die niederländische Sprache als Gegengewicht zur offiziellen Staatssprache Französisch durchsetzen wollten.
Die römisch-katholische St.-Bavo-Kathedrale (niederländisch Sint-Baafskathedraal) ist nach dem heiligen Bavo benannt. Infolge des Aufstands gegen Kaiser Karl V. in Gent 1539 wurde die alte Sankt-Bavo-Abtei aufgelöst. In der Mitte des 16. Jahrhunderts hatte die Kirche mehr oder weniger ihr gegenwärtiges Aussehen erreicht.
Der reiche Barockstil im Innenbereich zeugt vom Einfluss eines der am längsten regierenden Bischöfe von Gent, Antonius Triest.
Rokokokanzel aus Marmor und Eiche
Die 'Kruisbeukorgel' hat 48 Register auf zwei Manualen und Pedal.
In der St.-Bavo-Kathedrale befinden sich viele religiöse Kunstwerke. Das älteste Stück stammt aus dem 8. Jahrhundert, das jüngste aus den späten 1990er Jahren. Das wohl bekannteste Werk ist der Genter Altar, ein Flügelaltar, der von Jan van Eyck und Hubert van Eyck angefertigt wurde und als bekanntestes und umfangreichstes Werk der frühen niederländischen Malerei gilt. Darüber hinaus befinden sich weitere 21 Altäre in der Kirche.
Der Genter Altar ist ein Flügelaltar und wurde von
Jan van Eyck und wahrscheinlich dessen älterem Bruder Hubert van Eyck
geschaffen und 1432 oder 1435 von Jan van Eyck in der Kathedrale - der
damaligen Pfarrkirche Sint-Jans (St. Johannes) - aufgestellt.
Hauptthema des Retabels ist die Anbetung des Lammes aus der Offenbarung
des Johannes mit Engeln und Heiligen.
Die Suche nach dem Altar sowie der Brügger Madonna während des Zweiten
Weltkrieges ist ein zentrales Thema des Spielfilms 'Monuments Men -
Ungewöhnliche Helden' (2014, mit George Clooney, Matt Damon, etc.).
Der Flügelaltar wird derzeit restauriert, daher ist am Aufstellungsort in der Vijd-Seitenkapelle nur eine originalgroße Farb-Fotokopie des Altars zu sehen. Den kostenpflichtigen Besuch erspare ich mir daher ... ein Knipsbild durch die Tür muss genügen.
Das Kircheninnere der Sint-Baafskathedraal ist bei einem Gent-Besuch ein absolutes Muss: Die Krypta mit den alten Bischofsgräbern, dem Kirchenschatz und dem Schrein des Heiligen Macarius, der im Jahr 1012 in Gent verstarb, das Kalvarientriptychon, die Gemälde von Peter Paul Rubens, die Barockkanzel aus Carrara-Marmor von 1745, die alten Chorschranken mit den Figuren von Petrus und Paulus sowie der Verbruggen-Hochaltar von 1719 mit Stiftungen des Kaisers Napoleon Bonaparte sind absolute Highlights der Kunst- und Kirchengeschichte, die kostenlos besichtigt werden können.
Die Erinnerungen an den Bildersturm von 1566 sind bei aufmerksamer Beobachtung an der Fassade gut zu erkennen. Der reformatorische Bildersturm war eine Begleiterscheinung der Reformation im 16. Jahrhundert. Auf Weisung von Theologen und der Obrigkeiten, die die reformatorische Lehre angenommen hatten, wurden Gemälde, Skulpturen, Kirchenfenster und andere Bildwerke mit Darstellungen Christi und der Heiligen sowie weiterer Kirchenschmuck aus den Kirchen und von Gebäuden entfernt, teils verkauft oder beschlagnahmt, zerstört oder beschädigt.
Mehrmals verliert die Stadt im Lauf der Geschichte ihren Hafen, die Lebensader, die sie mit dem Meer verbindet: zuerst durch Versandung, später - wie könnte es anders sein - als Bestrafung für den rebellischen Charakter ihrer Bewohner. Jedesmal gelingt es Gent jedoch, den Kontakt mit dem Meer wiederherzustellen, sei es durch den Bau von Kanälen oder durch das Eingehen neuer Allianzen.
Die Weltausstellung von 1913 verschafft Gent ein Facelifting. Die Stadt zeigt dem Rest der Welt ein modernes Gesicht und ihren leidenschaftlichen Glauben an den Fortschritt. Gent ist ehrgeizig, und die Expo 1913 soll die Ausstellungen von Brüssel und Antwerpen in den Schatten stellen: Gebäude werden renoviert, der neue Bahnhof Gent-Sint-Pieters wird gebaut, alte Plätze werden umgestaltet und neue angelegt. Durch die beiden Weltkriege und die wirtschaftliche Depression kommt die Entwicklung zum Erliegen, und Gent ächzt unter der Schlussoffensive der Alliierten.
Die Graslei ist das rechte Ufer der Leie, die
Korenlei das linke Ufer des mittelalterlichen Hafens. Auf beiden Seiten
reihen sich die historischen Gildenhäuser aneinander.
Die Freien Schiffer hatten früher das Recht, mit ihren Schiffen alle
Binnengewässer der Grafschaft Flandern zu befahren. Das brachte ihnen
stattliche Gewinne. Und sie profitierten davon, dass die Gilde der
Unfreien Schiffer für den Transport ihrer Frachten auf den
Binnengewässern keine eigenen Schiffe einsetzen durften. Für die
Beförderung ihrer Handelswaren mussten sie gegen Entgelt die
Ladekapazitäten der Freien Schiffer nutzen.
An beiden Ufern sind die sogenannten Schifferhäuser zu finden. Das Zunfthaus der freien Seeleute von 1531 (Graslei 14) gehörte den Seeleuten, die auf eigene Rechnung tätig waren und frei über Leie, Schelde und Lieve in die Genter Innenstadt fahren durften. Am anderen Ufer, an der Korenlei also, befindet sich das Zunfthaus der unfreien Seeleute. Diese waren als Angestellte verpflichtet, ihre Ladung am Stadtrand auf die Schiffe und Boote der 'freien' umzuladen, mit denen die Waren dann in die Stadt gebracht werden durften.
Das Stadsmuseum Gent (dt.: Stadtmuseum Gent), kurz STAM oder auch Bijlokemuseum genannt, ist das stadtgeschichtliche Museum und wurde am 9. Oktober 2010 eröffnet. Eine Luftaufnahme der Stadt ist 300 m² groß und von den Besuchern begehbar; eine interaktive Karte macht Gent im Detail in vier Jahrhunderten anschaulich. Zichten op Gent (dt. Sichten auf Gent) ist eine multimediale Einrichtung, die einen Vergleich der Stadtpläne der Jahre 1534, 1614, 1912 mit der Luftaufnahme von 2008 ermöglicht.
Mit der Bijlokesammlung als Basis und den Gebäuden der Bijlokeabtei bewahrt das STAM als modernes Forum das kulturelle Erbe der Stadt und macht es zugänglich. Die Zisterzienserinnenabtei Bijloke (französisch: Byloke) war von 1234 bis 1796 ein Kloster der Zisterzienserinnen.
Grabmonument von Hugo II, Burggraf von Gent von 1227 bis 1232, im Refektorium der Abtei.
Hugo II. war Burggraf von Gent und Herr von Heusden. Hier wird er als
kampfbereiter Ritter mit Schwert und Schild dargestellt. Das Grabmal
aus dem 13. Jahrhundert hat wenig mit der Bijloke-Abtei zu tun;
vielmehr stammt es aus der verschwundenen Zisterzienserinnenabtei
Nieuwen-bossche in Heusden. Während des Bildersturms von 1578
flüchteten die Nonnen von Nieuwen-bossche nach Gent. Vermutlich hatten
sie das Grabmal damals versteckt, um es vor Zerstörung zu schützen.
Nach der Entdeckung im Jahr 1948 schenkte Herr Felix Beernaerts das
Grabmal dem Museum. Es wurde damals ins Refektorium der Abtei gebracht
und ist seitdem dort geblieben - auch, weil es nicht einfach ist, das
zerbrechliche und schwere Stück zu transportieren.
Die Urkunde der militärischen und wirtschaftlichen Union zwischen Flandern und Brabant aus dem Jahr 1339.
Familienstammbaum um Karel V. (1500-1558)
Der Vrijdagsmarkt 1666 anlässlich der Inauguration Karls II., König von Spanien, als Graf von Flandern - vom flämischen Maler François Duchatel 1666-1668, Öl auf Leinwand, 330 x 536 cm, Stadsmuseum Gent
Mit geöffneten Flügeln zeigt der Genter Altar seine
Festtagsseite (auch 'Sonntagsseite' genannt). Sie ist unterteilt in
zwei Zonen. Der das Bild beherrschende obere Mittelteil zeigt eine
inthronisierte, monumentale Gestalt, die als Gott Vater, als Christus
oder als Dreieiniger Gott interpretiert werden kann. Sie wird umrahmt
von Maria und Johannes dem Täufer. Auf den Seitenflügeln wird diese
Gruppe jeweils von Engeln und von Adam und Eva begleitet.
Der untere Teil der Festtagsseite zeigt auf fünf Tafeln, die durch eine
im Mittel- und im Hintergrund einheitliche Landschaft miteinander
verbunden sind, Engel und Gruppen von Heiligen, die anbetend um das
Lamm versammelt sind oder darauf zuströmen.
Der Genter Altar ist nicht nur ein Höhepunkt westlicher Kunst, sondern
besitzt auch eine sehr bewegte Geschichte. Viele Male wird das
Altarbild in der Genter Kathedrale Sankt Bavo bedroht. Die größte
Verstümmelung findet im 20. Jahrhundert statt. Belgien erlebt in den
1920er- und 1930er-Jahren eine in sozialer, wirtschaftlicher und
politischer Hinsicht turbulente Zeit. Im Jahr 1926 kommt es zur
Abwertung des belgischen Franc. Drei Jahre später, beim New Yorker
Börsenkrach im Oktober 1929, stürzt der Finanzmarkt ab; der Beginn der
Großen Depression. Der Krieg steht vor der Tür. Das religiöse Leben
jedoch verzeichnet eine auffällige Blüte und die kirchliche Macht
spielt im gesellschaftlichen Leben eine große Rolle. Innerhalb dieses
Kontexts kommt es zu einem Kunstraub von weltweit nahezu einmaliger
Größenordnung: Zwei Bildtafeln des Genter Altars werden gestohlen. Die
Tafel mit Johannes dem Täufer taucht später wieder auf, aber die Tafel
mit den Gerechten Richtern bleibt bis zum heutigen Tag verschollen. Der
Diebstahl wurde zu einem der bekanntesten Kriminalfälle Belgiens.
Die Wurzeln des Museums reichen bis in das Jahr 1833, als die Sammlung des Oudheidkundig Museum van de Bijloke in Gent entstand. 1928 wurde dieses Museum in der Bijlokeabtei untergebracht, daher auch der Name Bijlokemuseum. Die Bijlokesammlung wurde mit Stücken anderer Sammlungen erweitert. Anschließend wurde ein neues Eingangsgebäude gebaut, entworfen vom Genter Stadtarchitekten Koen Van Nieuwenhuyse.
Die Dauerausstellung des STAM bietet eine museale und
multimediale Einführung für einen Besuch der Stadt Gent und präsentiert
ihre Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Um EUR 8,- darf man rein.
Die Paulskirche 'Sint-Pauluskerk' befindet sich im Süden des Stadtzentrums, in der Nähe des St. Petersbahnhofs 'Sint-Pietersstation' und ist eine neoromanische Kirche aus Sandstein.
Das neoromanische Gebäude des Architekten Henri Valcke wurde 1930 errichtet.
'Sanctus, sanctus, sanctus Dominus Deus Sabaoth.' ist der Anfang des Ordinariums, der feststehenden Gesänge oder Gebete innerhalb der christlichen Abendmahls-Liturgie, und dadurch auch in der Regel Bestandteil von Mess-Vertonungen. Es gehört zum alten Bestand des christlichen Gottesdienstes und wird zu Beginn des eucharistischen Hochgebets als Antwort der Gemeinde auf die Präfation von allen Gläubigen, vom Chor oder im Wechsel gesungen.
In den letzten Jahrzehnten ist die Bedeutung der
katholischen Kirche wie der Religion im Allgemeinen stark
zurückgegangen. Die Mehrheit der belgischen Bevölkerung bezeichnet sich
selbst als Atheisten, Agnostiker oder nicht gläubig. Die Pauluskerk
wird daher kaum noch als klerikaler Ort genutzt.
Trotzdem oder gerade deswegen kommt hier eine ortsansässige Dame zum
Klavierspielen her, was für mich wiederum die netteste Begegnung bei
dieser Reise bedeutet. BeST hat jetzt eine Brieffreundin.
Fazit: Gent hat mich überrascht. Sehr positiv. Ich kam nachmittags an und lief bei Tageslicht durch die gesamte Altstadt. Am Abend habe ich das mit dem Free-Walking-Tourguide wiederholt und schließlich nachts mit dem Stativ ein drittes Mal gemacht. Das Zentrum ist Fußgängerzone, bequem abzulaufen, fotogen und historisch. GENT IST GEIL!
Die nächste Station ist Brügge.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: