Lübeck

die Hansestadt an der Trave, September 2024

Die Hansestadt Lübeck ist eine kreisfreie Großstadt im Norden Deutschlands. Sie liegt im Südosten Schleswig-Holsteins an der Lübecker Bucht, einer Meeresbucht der Ostsee. Zugang zur Altstadtinsel und Wahrzeichen ist das Holstentor.

Bismarckdenkmal - Dem Reiterstandbild des Kaisers gegenüber steht unweit vom Lübecker Bahnhof in der Parkanlage des Lindenplatzes das Denkmal des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck. Die von Hans Hundrieser nach seinem zweitplatzierten Entwurf für das Hamburger Bismarck-Denkmal geschaffene Statue wurde am Sedantag des Jahres 1903 auf dem heutigen Holstentorplatz vom Bürgermeister Heinrich Klug enthüllt und im Namen des Senates und der Bürgerschaft entgegengenommen. Es wurde von der Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer gegossen.

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Der Holstentorplatz, etwa 170 Meter lang und 70 Meter breit, erstreckt sich in Ost-West-Richtung. Er beginnt in Verlängerung der Holstenstraße an der Kreuzung mit Obertrave und Untertrave und reicht bis zur Puppenbrücke. Das Innere des länglichen Platzes ist als Grünanlage gestaltet, deren zentraler Weg direkt auf das am östlichen Ende befindliche Holstentor zuläuft.

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Das Holstentor („Holstein-Tor“) ist ein Stadttor, das die Altstadt der Hansestadt Lübeck nach Westen begrenzt. Es ist das Wahrzeichen der Stadt und wurde 1478 fertiggestellt. Das spätgotische Gebäude gehört zu den Überresten der Lübecker Stadtbefestigung. Das Holstentor ist neben dem Burgtor das einzige erhaltene Stadttor Lübecks. Mehr als 300 Jahre lang stand es als „Mittleres Holstentor“ in einer Reihe mit drei weiteren Holstentoren, die im 19. Jahrhundert abgerissen wurden. Das Mittlere Holstentor, das heute als „Holstentor“ bekannt ist, wurde hingegen mehrmals restauriert, zuletzt in den Jahren 2005/2006. Seit 1950 befindet sich in den Räumen des Holstentores das Stadtgeschichtliche Museum von Lübeck.

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Das Holstentor besteht aus Südturm, Nordturm und Mittelbau. Es hat vier Stockwerke, wobei das Erdgeschoss im Mittelbau entfällt, da sich hier der Durchgang (das Tor) befindet. Die nach Westen (stadtauswärts) zeigende Seite wird als die Feldseite bezeichnet; die stadteinwärts weisende Seite ist die Stadtseite.

Die beiden Türme und der Mittelbau bilden von der Stadtseite gesehen eine Einheit mit einer durchgängigen, geraden Front. Zur Feldseite sind die Gebäudeteile deutlich voneinander abgesetzt. Die beiden Türme stehen hier halbkreisförmig vor und liegen am weitesten Punkt ihres Radius 3,5 Meter vor dem Mittelbau. Auf den Türmen sitzt je ein kegelförmiges Dach; der Mittelbau ist von einem Giebel besetzt.

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SALZSPEICHERGRUPPE
Erbaut 16.- 18. Jahrhundert an der Stelle älterer Heringshäuser. Ursprünglich verwendet zur Lagerung des aus Lüneburg angefahrenen Salzes, später Kornspeicher und Holzlager.

Salzspeicher Lübeck ist eine am Fluss gelegene Gruppe von Salzlagerhallen aus Backstein, die 1579–1745 im Renaissancestil erbaut wurden.

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Promenade an der Obertrave mit St. Petri zu Lübeck und Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Lübeck

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Katholische Pfarrei Zu den Lübecker Märtyrern - Katholische Propsteikirche "Herz Jesu" Eingeweiht 1891
Die Krypta ist Gedenkstätte für die vier Lübecker Geistlichen, die am 10. November 1943 hingerichtet wurden.

Die Herz-Jesu-Kirche ist eine vollständig in Backstein ausgeführte querschifflose Stutzbasilika mit Kreuzgewölben und einen apsidialen Chor mit Fünfachtelschluss. Aufgrund der Grundstückssituation ist die Kirche nicht geostet, sondern der Altar befindet sich im Westen. Östlich dem Kirchenschiff vorgelagert ist ein Turm, der zur Wahrung des von den sieben Türmen der mittelalterlichen Kirchen Lübecks geprägten Stadtbildes nur einen verkürzten, Dachreiter-artigen Turmhelm hat.

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Als erste römisch-katholische Kirche Lübecks wurde die Herz-Jesu-Kirche nach der Reformation neu errichtet und 1891 eingeweiht. Zur gleichen Zeit wurden in Deutschland und in Europa sehr viele Herz-Jesu-Kirchen gebaut, zum Beispiel Sacre Coeur in Paris und Jesu Hjerte Kirke in Kopenhagen. Der Name Herz-Jesu soll die religiöse Situation der Entstehungszeit widerspiegeln und ist Ausdruck für die Mitte der Person Jesu.

Am 10. November 1943 wurden im Hamburger Gefängnis am Holstenglacis vier Lübecker Geistliche durch das Fallbeil hingerichtet. Im Abstand von jeweils nur drei Minuten sterben die katholischen Kapläne Eduard Müller, Johannes Prassek und Hermann Lange sowie der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink. Sie hatten öffentlich und bei den ihnen anvertrauten Gläubigen gegen die Verbrechen des Nazi-Regimes Stellung bezogen. In einem Anbau an die Propsteikirche Herz Jesu befindet sich seit 2013 die Gedenkstätte Lübecker Märtyrer.

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Die Kirche hat eine Gesamtlänge von 46,5 m, wovon auf das Schiff 32 m, auf den Chorraum 6,7 m und auf den Turm 7,8 m entfallen. Die Breite des Kirchenschiffes beträgt 18,7 m, während der Turm eine Breite von 7,2 m und der Chor von 9 m aufweist. Die Schlusssteine des Mittelgewölbes sind 14 m über dem Kirchenfußboden, während die Seitenschiffe ca. 1,5 m niedriger bleiben. Die Firstlinie des Daches erreicht eine Höhe von etwa 23 m. Die Höhe des Turmes beträgt bis zum Fußboden der Galerie 27 m, bis zu den Spitzen der Schildgiebel 40 m und bis zum Turmkreuz ca. 60 m.

Neben einer Truhenorgel der niederländischen Orgelbaufirma Henk Kloop befindet sich in der Propsteikirche eine Orgel der Firma Orgelbau Kuhn (Männedorf, Schweiz) aus dem Jahre 1998.

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Über dem Altar hängt das 1930 von Ernst Barlach geschaffene Kreuz (Gips, bronziert), das viele Jahre seinen Platz unter der Orgelempore in der Lübecker Kirche St. Vicelin hatte. Dort befindet sich nun eine Ikone der Lübecker Märtyrer. Das Barlach-Kreuz wurde von dem Lübecker Architekten Emil Steffann vor dem Hitlerregime gerettet, das Barlachs Werke als "entartet" verboten hatte. Nach dem 2. Weltkrieg wurde es restauriert und kam nach St. Vicelin. Im Zuge der Renovierung der Propsteikirche fand es in Herz Jesu einen neuen Platz und hier entfaltet es seither als Altarkreuz - wie von Barlach intendiert - eine große Wirkung.

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In der Krypta der Kirche befindet sich seit 1955 eine Gedenkstätte für die Lübecker Märtyrer, die drei an der Herz-Jesu-Kirche tätigen Kapläne Hermann Lange, Eduard Müller und Johannes Prassek sowie den evangelischen Pastor Karl Friedrich Stellbrink, die 1943 gemeinsam hingerichtet wurden.

Die Lübecker Märtyrer
Am 10. November 1943 werden in einem Hamburger Gefängnis vier Geistliche mit dem Fallbeil hingerichtet. Die drei katholischen Kapläne Hermann Lange, Eduard Müller und Johannes Prassek haben in Lübeck in der Pfarrei Herz Jesu und der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink in der Lutherkirche gewirkt, bevor sie 1942 verhaftet und 1943 vom Volksgerichtshof in einem Prozess in Lübeck zum Tode verurteilt werden. Wer sind diese vier Männer, die 1934 bzw. 1939/40 nach Lübeck gekommen sind? Warum geraten sie in Konflikt mit der national-sozialistischen Diktatur und werden schließlich ermordet? Und warum werden sie als Gruppe der vier Lübecker Märtyrer seit 1943 verehrt und die drei katholischen Kapläne 2011 selig gesprochen?

Vorgeschichte: Vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus
Geboren werden die vier Männer im Deutschen Kaiserreich, in einer Zeit, die wesentlich von Nationalismus, Militarismus und Antisemitismus geprägt ist. In Deutschland kommt es 1918 nach  der Niederlage im Ersten Weltkrieg zu einer Revolution, in deren Verlauf eine Demokratie entsteht: Die Weimarer Republik. Sie steht jedoch von Anfang an unter starkem Druck und wird von so gegensätzlichen Kräften wie Kommunisten oder Anhängern des Kaiserreichs bekämpft. Die deutsche Bevölkerung leidet große Not in Folge der dramatischen Geldentwertung von 1923. Dieses und andere Probleme werden der jungen Demokratie angelastet, obwohl sie vom Kaiserreich zu verantworten sind. Das Vertrauen in die neue Staatsform schwindet. Viele Menschen bleiben von Unterordnung und Autoritätsglauben bestimmt. Eine demokratische Mentalität in der Mehrheit der Bevölkerung bildet sich deshalb nicht heran. Ab 1930 gelingt es der rechtsextremistischen Partei der Nationalsozialisten, nicht zuletzt wegen der 1929 einsetzenden Weltwirtschaftskrise, die Unzufriedenheit der Menschen zu nutzen und immer mehr Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Am 30. Januar 1933 wird Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt, die Diktatur der Nationalsozialisten bahnt sich an.

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Nach der Hinrichtung der Lübecker Märtyrer am 10. November 1943 beginnen zunächst Menschen aus dem unmittelbaren Umfeld, vor allem die mitverhafte-ten Laien, mit dem dankbaren Gedenken. Daraus entwickelt sich in den Folgejahren bis heute - weit über Lübeck hinaus - eine vielgestaltige Kultur der Erinnerung und Verehrung. Besonders ausgeprägt ist diese Kultur an Orten, die einen direkten Bezug zu einem der Geistlichen haben.

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Kostenrechnung Karl Friedrich Stellbrink in der Strafsache wegen Wehrkraftzersetzung in der die Gerichts-, Transport- und Vollstreckungskosten den Erben in Rechnung gestellt werden.

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Palais Rantzau - ein Haus der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Das Palais ist die einzige von ursprünglich 13 Domherrenkurien in Lübeck, die nicht der Säkularisation von 1803 zum Opfer fiel, die übrigen wurden abgerissen. Sie ging in den Besitz der Stadt über, wurde später verkauft. Der letzte Erwerber der Immobilie war ein Graf zu Rantzau-Breitenburg, der das Haus nach 1858 in romantisierendem Stil umbauen ließ. Deshalb wird das Gebäude auch oft Schloß Rantzau genannt . Es gehört heute der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die hat es an die Verwaltung des Schleswig-Holstein Musik Festivals vermietet.

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Lübecker Dom - Schlichter Dom von 1173 mit Zwillingstürmen, die nach dem Bombenangriff von 1942 wieder aufgebaut wurden.

Der Lübecker Dom (auch Dom zu Lübeck) ist der erste große Backsteinkirchbau an der Ostsee und mit fast 132 Metern Länge eine der längsten Backsteinkirchen. 1173 wurde der Lübecker Dom von Heinrich dem Löwen begründet und 1247 geweiht. Patrone der evangelischen Kirche sind die Heiligen Johannes der Täufer und Blasius (wie im Braunschweiger Dom), Maria und Nikolaus.

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Im Dom befindet sich das auffallende, das Hauptschiff beherrschende, 17 Meter hohe Triumphkreuz des Lübecker Künstlers Bernt Notke. Es wurde von dem Lübecker Bischof Albert II. Krummendiek gestiftet und 1477 im Kirchenschiff aufgerichtet.

Die Renaissance-Kanzel wurde 1586 vom damaligen Pastor Dionysius Schünemann gestiftet und von dem flämischen Steinmetz Hans Fleming errichtet. Sie erhebt sich über einem Untersatz, der von einer Mose-Statue getragen wird. Der Kanzelkorb ist mit sieben Alabaster-Reliefs geschmückt, die Szenen aus dem Leben Jesu zeigen, die alle von dem flämischen Bildhauer Willem van den Broeck gearbeitet wurden. Der Schalldeckel mit einer Statue des Auferstandenen stammt von 1570, der Aufgang wurde 1731 im spätbarocken Stil erneuert. Ein besonderes Kunstwerk ist das schmiedeeiserne Gitter in verschlungenen Formen, das 1572 von der Bruderschaft der Stecknitzfahrer gestiftet wurde.

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Die heutige Domorgel wurde 1970 von der dänischen Orgelbaufirma Marcussen & Søn aus Apenrade erbaut. Das Instrument wurde nicht im Westwerk aufgestellt, wo sich bis 1942 die große Schnitger-Orgel befand, sondern an der Wand des nördlichen Seitenschiffes erbaut, weil man das Westwerk freihalten wollte. Der schlichte, symmetrische Prospekt mit klassischer Werkanordnung wurde von dem Hamburger Architekten Friedhelm Grundmann entworfen. Das Schleifladen-Instrument hat 47 Register und zwei Nebenregister auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen sind elektrisch.

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Grabkapellen im südlichen Seitenschiff

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Bernt Notke (1435-1509) war der wohl bedeutendste Kunstmaler und Bildschnitzer des ausgehenden Mittelalters im Ostseeraum und schuf das 17 Meter hohe, den Kirchenraum des Lübecker Doms prägende Triumphkreuz. Bischof Albert Krummediek stiftete die aufwändige Kreuzanlage und ließ sich prominent und selbstbewußt auf dem Trabesbalken zu Füßen des gekreuzigten Jesus Christus knieend neben den Heiligen Maria, Maria Magdalena und Johannes abbilden.

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Altar der kanonischen Tageszeiten, 1. Drittel des 15. Jahrh., unbekannter Lübecker Meister
Flügelaltar (144 × 133 cm), die Bilderfolge veranschaulicht das Aegidius Romanus zugeschriebene Tageszeitengedicht Patris Sapientia und gibt es unter den einzelnen Passionsszenen wider.

Die Tageszeiten, auch Hore genannt, sind selbständige Teile des Stundengebetes und Bestandteil der christlich-katholischen Liturgie. Ziel des Stundengebetes ist die Heiligung des Tages. Die Besonderheit der einzelnen Tageszeiten wird hervorgehoben und geehrt. Durch sieben Gebete wird der Tag ungefähr in einen 3-Stunden-Rhythmus strukturiert. Das Stundengebet ist am Zyklus des Tageslaufs, dem Wechsel von Wachen und Schlafen, Licht und Dunkelheit, Arbeit und Ruhe orientiert. Die zyklische Zeiterfahrung des Menschen wird, genauso wie die lineare Erfahrung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, in die Glaubenspraxis einbezogen. Herausgehoben sind Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. (canonicus, lat. „regelgerecht"; kanonisch: den Regeln entsprechend)

Das Kreuzigungsretabel zeigt 11 Szenen der Passion Christi. Das Bildprogramm zwischen der Außen- und Innenseite weist chronologische Sprünge auf. Dies lässt sich dadurch erklären, dass sich die sieben dargestellten Leiden Christi auf der geöffneten Festtagsseite an den Gebetszeiten des Tages orientieren.

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Auch die Bildschnitzereien der Außenverkleidung des Lettners wurden von Bernt Notke geschaffen. Es handelt sich dabei um eine Stiftung des Lübecker Bürgermeisters Andreas Geverdes, die 1477 zusammen mit dem Triumphkreuz fertiggestellt wurde. Vorbild war der Lettner im Magdeburger Dom, Geverdes ursprünglicher Heimatstadt. Die vier Statuen zeigen die Patrone des Doms; von Nord nach Süd sind es die Heiligen Nikolaus, Maria, Johannes der Täufer und Blasius. Die Kirchenuhr am Südende des Lettners stammt aus dem Jahr 1628.

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Marienaltar mit der Einhornjagd, 1506
Flügelaltar (201 × 101 cm), in dessen Mittelschrein ein Relief eine Einhornjagd darstellt, bei der die Jungfrau Maria das von Hunden und dem als Jäger mit Horn dargestellten Erzengel Gabriel verfolgte Einhorn in ihrem Schoß schützt. Die Einhornjagd symbolisiert dabei die Verkündigung. Darüber befindet sich Gottvater in einer Wolke und ein in eine Stadtmauer integrierter Gnadenstuhl. Ursprünglich mit Doppelflügeln; die Innenseiten der Flügel zeigen mit Geburt Christi, Heimsuchung, Anbetung der Könige und Darstellung Jesu im Tempel vier Szenen aus der Geburtsgeschichte; die äußeren Altarflügel dieser Stiftung des Domvikars Johannes Parchem sind verloren.

Das zentrale Schnitzrelief im Mittelschrein des Marienretabels zeigt die in Lübeck einzigartige Darstellung der unbefleckten Empfängnis Mariens, die „Immaculata conceptio". Das Einhorn symbolisiert den Heiland, Christus. Er wird von dem Erzengel Gabriel, dargestellt als Jäger mit Horn und Spieß, in den Schoß Mariens getrieben. Nach einer Episode aus einer Schrift des 2. Jahrhunderts n. Chr., ließ sich das wilde Tier nur von einer reinen Jungfrau fangen, indem es sich ihr vertraulich angenähert und seinen Kopf in ihren Schoß gelegt habe. Diese Episode wurde allegorisch als Hinweis auf Christus ausgelegt: Auch er war im Schoß Mariens empfangen worden und dann später verraten und getötet worden. Die Hunde symbolisieren die vier christlichen Tugenden Wahrheit, Friede, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Die Szene befindet sich im „hortus con-clusus", dem verschlossenen Garten, ein mit der Mariensymbolik fest verbundenes Bildmotiv. Es geht auf eine Bibelstelle des Alten Testamentes zurück: HLD 4, 12: „Meine Schwester, liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten, eine verschlossene Quelle, ein versiegelter Born".

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Die eherne Fünte von Lorenz Grove aus dem Jahr 1455 ersetzte die heute in der Kirche von Klein Wesenberg befindliche alte steinerne Fünte aus Kalkstein von der schwedischen Insel Gotland. Die Taufe stand bis 1942 vor der Orgel im Westen der Kirche nahe dem Eingang, dem früher traditionellen Standort von Taufbecken in Kirchen. Beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie in eine von Sandtmann und Grundmann neu gestaltete Taufkapelle zwischen Lettner und Ostchor versetzt und erhielt einen von Rolf Koolman gefertigten Einsatz.

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St. Petri Kirche - Lübecks Kulturkirche mit Aussichtsturm und Café.
Gotische Backsteinhallenkirche. Erbaut unter abschnittsweiser Abtragung der um 1220-40 errichteten spätromanischen Kirche vom Ende 13. Jh. bis gegen Mitte 14. Jh., erweitert im 15. und 16. Jh. zu der heutigen fünfschiffigen Anlage. 1942 durch Brand zerstört. Wiederaufbau des Äußeren mit der Wiederherstellung des Daches 1966 abgeschlossen.

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Ausblick von der St. Petri Kirche auf den Lübecker Dom

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Ausblick von der St. Petri Kirche auf St. Marien zu Lübeck und den Markt

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Ausblick von der St. Petri Kirche auf das Holstentor

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Stadtverwaltung Hansestadt Lübeck - Dieses Rathaus aus dem 13. Jahrhundert mit mehreren prunkvollen Arkaden bietet Geschäfte und Führungen. Das Rathaus der Hansestadt Lübeck zählt zu den bekanntesten Bauwerken der Backsteingotik. Es ist eines der größten mittelalterlichen Rathäuser in Deutschland.

Neues Gemach vom Markt, Wappenschilde aus Blech überdecken gotische Originale aus Eichenholz

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Das Rathaus der Hansestadt Lübeck - seit fast 800 Jahren werden von hier aus die Geschicke der Stadt gelenkt. Es ist Sitz der Verwaltung und Tagungsort des Senats sowie der Bürgerschaft und ihrer Ausschüsse.

Renaissancelaube und gotische Schildwand

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Hauptbau. Vorbild für Rathausbauten der hansischen Ostseestädte. Älteste Teile 1230-40 und nach 1251, Umbau 1340-50, Schaugiebelwand zum Markt 1435 umgestaltet. 1887-91 durchgreifende Erneuerung des Inneren und Rekonstruktion der Nordfassade. Hauptportal mit Beischlagwangen von 1452. Hölzerner Erker 1586 gearbeitet.

Gleich hinter der Eingangstür befinden sich das im 19. Jahrhundert geschaffene riesige Foyer und ein Treppenaufgang, in dem zahlreiche Bilder hängen, die Szenen aus der Stadtgründung zum Thema haben.

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Marzipan-Tisch im Marzipanmuseum Niederegger
Die zwölf Figuren an diesem Tisch sind das bislang größte Kunstwerk aus Marzipan. Die Skulpturen stammen aus dem Atelier des 1964 geborenen Bildhauers Johannes Kiefer. Von der Idee bis zur Realisierung benötigte er 3500 Arbeitsstunden, als Modelliermasse hat der Künstler 500 Kilogramm Niederegger-Marzipan verarbeitet mit eigens dafür entwickelten Werkzeugen.

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Das Lübecker Holstentor aus original NIEDEREGGER Marzipan.
Zwei Konditoren aus dem Hause NIEDEREGGER verwirklichten dieses „süße Holstentor" in 350 Stunden Handarbeit.

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Die J. G. Niederegger GmbH & Co. KG ist einer der bekanntesten Hersteller von Lübecker Marzipan und anderer Konditoreiprodukte. Nach Firmenangaben werden täglich bis zu 30.000 kg Marzipan hergestellt. Die Produktpalette umfasst 300 Spezialitäten wie Marzipan und Nougat sowie Pralinen, Trüffel, Baumkuchen, Stollen und Gebäck. Außerdem werden Sonderfertigungen nach Wunsch ausgeführt. Die Produkte werden in weltweit mehr als 40 Länder versandt.

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ST.-MARIEN-KIRCHE
Hauptbau der norddeutschen Backsteinarchitektur. Durch erstmalige Umsetzung des Systems der französischen Kathedralgotik in das Backsteinmaterial. Vorbild für die großen Kirchen im Ostseeraum. Erbaut zwischen 1260 und 1350 nach Abbruch der gegen 1200 errichteten, um 1250 zur Halle umgeformten vorhergehenden Anlage. 1942 vollständig ausgebrannt. Wiederaufbau bis 1959, Dachreiter 1978/80 wiederhergestellt.

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Von der mittelalterlichen Kirchenausstattung sind zahlreiche Inventarstücke erhalten: Das bronzene Taufbecken wurde 1337 von Hans Apengeter gegossen. Es stand bis 1942 im Westen der Kirche, danach befand es sich in der Mitte des Chorraums. Im Zusammenhang mit umfassenden Sanierungsarbeiten 2023, bei denen auch das Altarretabel zurückversetzt wurde, wurde das Taufbecken wieder im Westen der Kirche aufgestellt. Sein Inhalt von 406 Litern entspricht dem Hamburger bzw. Bremer Bierfass (405 Liter).

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Das historische Geläut der Marienkirche bestand aus elf Glocken und hing im Südturm in einer Glockenstube in rund 55 m Höhe. Es wurde schließlich im Zweiten Weltkrieg zerstört, als die Marienkirche nach dem Luftangriff auf Lübeck am 29. März 1942 ausbrannte. Bei Temperaturen von ca. 1000 °C schmolzen die sieben noch im Turm hängenden Glocken und stürzten herab. Vorher sollen sie in dem durch das Feuer verursachten Luftzug noch einmal angeschlagen haben. Die Trümmer der größten Glocke, der Pulsglocke des Lübecker Ratsgießers Albert Benningk von 1669 (7.134 kg, Durchmesser 2260 mm, Schlagton fis0), und der drittgrößten Glocke von 1508, der Sonntagsglocke von Hinrik van Campen (2.875 kg, Durchmesser 1710 mm, Schlagton a0) blieben als Mahnmal in der ehemaligen Schinkel-Kapelle unter dem Südturm erhalten.

Beim Brand des Jahres 1942 heruntergestürzte Glocken am Boden des südlichen Turms

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Die Lübecker Marienkirche (offiziell St. Marien zu Lübeck) wurde zwischen 1265 und 1351 errichtet. Die Lübecker Markt- und Hauptpfarrkirche befindet sich auf dem höchsten Punkt der Lübecker Altstadtinsel, ist Teil des UNESCO-Welterbes Lübecker Altstadt und eine der größten Backsteinkirchen. Sie wird als „Mutterkirche der Backsteingotik“ bezeichnet und gilt als ein Hauptwerk des Kirchenbaus im Ostseeraum. St. Marien gehört zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.

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Die Lübecker Marienkirche war Vorbild für rund 70 Kirchen dieses Stils im Ostseeraum. Daher wird dem Bauwerk eine herausragende architektonische Bedeutung beigemessen. Mit der Marienkirche wurde in Lübeck der hochaufstrebende Gotik-Stil aus Frankreich mit norddeutschem Backstein umgesetzt. Der Gewölbescheitel befindet sich im Mittelschiff 38,5 Meter über dem Boden. Es ist damit das höchste Backsteingewölbe der Welt.

Blick zum 38,5 m hohen Gewölbe des Hauptschiffes

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Marienkirche in Lübeck, Totentanzfenster an der Nordwand des nördlichen Querhauses.

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Die neue Astronomische Uhr, die an der Ostseite des nördlichen Querschiffes in der Totentanzkapelle aufgestellt wurde, ist das Werk von Paul Behrens, einem Lübecker Uhrmachermeister, der es als Lebenswerk von 1960 bis 1967 plante, dafür Spenden sammelte, es in den Uhrteilen selbst herstellte und es bis an sein Lebensende wartete. Die Fassade ist eine vereinfachte Kopie des Originals. Von komplizierter Mechanik bewegte Kalender- und Planetenscheiben zeigen Tag und Monat, Sonnen- und Mondstand, die Tierkreiszeichen, das Osterdatum und die Goldene Zahl. Um 12 Uhr mittags erklingt das Glockenspiel und der Lauf der Figuren vor dem segnenden Christus (ursprünglich Kurfürsten, seit dem Neuaufbau nach dem Krieg acht Vertreter der Völker der Erde) setzt sich in Gang.

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Zum Lübecker Totentanz in St. Marien
(geschaffen 1463, durch Kopie ersetzt 1701, zerstört 1942)
Den berühmten Lübecker Totentanz schuf der junge Bernt Notke 1463 nach dem Vorbild der Danse Macabre in Paris aus dem Jahr 1424/25 für die Beichtkapelle im Norden der Marienkirche. Diese lichtabgewandte Seite legt den Gedanken an den Tod nahe und erinnert den Menschen daran, durch Reue, Beichte und Buße sein Leben entsprechend der christlichen Lehre zu ordnen. Damals erwartete man die sich von Süden ausbreitende Pest, die Lübeck tatsächlich zu Ostern 1464 erreichen sollte.

Der Totentanz war nicht auf Holztafeln, sondern auf eine 26 Meter lange und fast zwei Meter hohe Wandbespannung aus Leinen gemalt, die sich oberhalb des Beichtgestühls entlang den Wänden der Kapelle als fortlaufende Bildsequenz erstreckte. Der Fries zeigte, angeführt von einem Flöte spielenden und einem Sarg tragenden Tod, 24 nahezu lebensgroße Paare. Sie bestanden jeweils aus einer Todesfigur und einem (noch) Lebenden, angefangen mit dem Papst und dem Kaiser, über den Bürgermeister und Kaufmann bis hin zum Bauern und zum Wiegenkind. Der Reigen umfasste Vertreter aller Stände und schloss einzelne weibliche Figuren und verschiedene Altersstufen ein. In den Tanz des Todes fügten sich die Lebenden nur starr und widerstrebend ein, dagegen sprangen die Totengerippe wild und ausgelassen. Am Ende aber mähte ein Sense schwingender Tod alles Leben nieder.

Ein Merkmal des Lübecker Totentanzes, das ihn von allen anderen überlieferten Totentänzen unterscheidet, ist der Umstand, dass sich der makabre Reigen unmittelbar vor der heimischen Landschaft mit der repräsentativen Stadtkulisse Lübecks in ihrer Mitte abspielt. So kann sich der Betrachter mit den Figuren im Reigen identifizieren und erkennen, dass ihm hier und jetzt ein Spiegel vor Augen gehalten wird, in dem er sich selbst im Tarız mit dem Tod erblickt. Danit erweist sich angesichts des Todes die Vergänglichkeit von Macht, Reichtum und Schönheit dieser Welt. Ähnlich kunstvoll verknüpft wie die farbenprächtige Bilderfolge auf dem Gemälde, entfaltete sich unterhalb der Figuren der niederdeutsche Text mit dem Dialog zwischen den Todesfiguren und den Lebenden. Der Totentanz gemahnte hier den einzelnen, sein Leben einerseits auf das Jenseits und die Erlösung auszurichten und sich andererseits für seine persönliche Aufgabe innerhalb der sozialen Gemeinschaft im Diesseits einzusetzen.

Der Totentanz von St. Marien hat in der St. Nikolaikirche in Tallinn ein, Schwesterstück, den Revaler Totentanz, den Bernt Notke um 1500 nach dem Vorbild seines Lübecker Totentanzfrieses anfertigte. Dieses ebenfalls auf Leinwand gemalte Fragment bildet mit 13 Figuren den Anfang eines ursprünglich vollständigen Totentanzes. Die Dynamik der Figuren und die Leuchtkraft seiner Farben lassen noch heute erahnen, wie ausdrucksstark auch das alte Gemälde in Lübeck gewesen sein muss. Die empfindliche Wandbespannung des Lübecker Frieses wurde im Laufe der Jahre häufig repariert und war 1701 schließlich so verschlissen, dass man das gesamte Gemälde durch eine Kopie des Kirchenmalers Anton Wortmann ersetzen ließ. Zugleich schuf der verdiente Stadtpoet Nathanael Schlott eine zeitgemäß stilisierte Neudichtung, die wie beim alten Totentanz an die Stelle unterhalb der Figuren trat. Die neuen Verse vermittelten ein gewandeltes Todesverständnis; denn die barocke Sehnsucht nach dem Tod verdrängte die Lebensfreude und die Angst vor dem Tod und dem Jüngsten Gericht, wie sie vielen Figuren des spätmittelalterlichen Werks eigen war.

Der Totentanz von St. Marien wirkt seit seinem Entstehen bis in unsere jüngste Gegenwart. Hiervon zeugen traditionelle und neue Formen des Kunsttypus, zumal wenn Kriege, Seuchen und andere Katastrophen ein Gefühl von Angst und Ohnmacht angesichts übermächtiger Gewalten hervorrufen. Gerade zu solchen Zeiten suchen und finden Menschen im Totentanz einen Ausdruck für ihre existenzielle Grundstimmung. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Lübecker Totentanz vollständig zerstört. Heute halten in der Totentanzkapelle zwei Jüngere künstlerische Umsetzungen das Thema Tod und Totentanz wach. Zum einen sind es die zwei hoch aufragenden Totentanzfenster von Alfred Mahlau in der Nordwand und zum andern ist es das halbrunde Fenster von Markus Lüpertz über dem Nordportal der Kapelle. Mahlau entwarf sein Werk in den Jahren 1956/57 in Erinnerung an den vernichteten Fries. Dabei ließ er sich von den alten Figuren anregen. Als Mahnmal des Zweiten Weltkriegs platzierte er den Todesreigen über den brennenden Häusern und Türmen der Stadt Lübeck. Dieses katastrophale Szenario deutet der Maler jedoch, Trost spendend, in eine Vision des Friedens um; denn er interpretiert das Wiegenkind am Ende des Totenreigens als das Christuskind in der Krippe, das den Tod überwindet und die Rechte zum Segensgestus erhebt. Die Aussage gipfelt in den Worten GLORIA IN EXCELSIS DEO. AMEN" (Ehre sei Gott in der Höhe. Amen). Das von Lüpertz 2002 gestaltete Fenster kombiniert vertraute christliche Zeichen von Tod und Auferstehung: den Fisch als Symbol für Christus, den Totenschädel im Gespräch mit der Friedenstaube, die in den Krallen eine aufblühende rote Rose als Symbol der Liebe und des Lebens hält, den blauen Krug mit dem Wasser des Lebens, die Schnecke als Symbol für Tod und Wiedergeburt und die sieben Fackeln der Apokalypse, die das Jüngste Gericht ankündigen. So gesehen versteht sich das Bildfenster nicht als Vision des Schreckens, sondern als Hoffnung und Trost spendende Deutung des Todes.

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Totentanzorgel (Chororgel) von 1986

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Mit der Beweinung Christi hängt eines der Hauptwerke des Nazareners Friedrich Overbeck in der Gebetskapelle im nördlichen Chorumgang.

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Heinrich Brabender: Passionsrelief aus Baumberger Sandstein von 1500-1520
Abendmahlsrelief im Chorumgang, der dunkle Fleck links unten ist die Maus, ein Lübecker Wahrzeichen

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Die Umgestaltung des Innenraums nach Bonivers Entwurf wurde 1958/1959 durchgeführt, der Chorraum wurde durch drei Meter hohe weißgekalkte Mauern vom Chorumgang abgetrennt. An die Stelle des Fredenhagenaltars traten ein schlichter Altarblock aus Muschelkalk und ein vom Gurtbogen herabhängendes Kruzifix von Gerhard Marcks. Am 20. Dezember 1959 fand die Einweihung des neugestalteten Chorraums statt.

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1955 wurde die Totentanzorgel von der Orgelbaufirma Kemper & Sohn nach den Abmessungen von 1937 wiederhergestellt, allerdings nun im nördlichen Chorumgang, zum Hochchor hin ausgerichtet. Ihren ursprünglichen Platz nahm die neue Astronomische Uhr ein. Diese Nachkriegsorgel, stark reparaturanfällig, wurde 1986 an gleicher Stelle ersetzt durch die neue Totentanzorgel, erbaut von der Firma Führer in Wilhelmshaven. Sie verfügt bei mechanischer Spieltraktur auf vier Manualen und Pedal über insgesamt 56 Register mit ca. 5.000 Pfeifen.

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Anstelle dieser 1942 beim Bombenangriff verbrannten Großen Orgel wurde 1968 die nach Registerzahl zu dieser Zeit (nach der Orgel der Dreifaltigkeitskathedrale Liepāja) zweitgrößte Orgel der Welt mit mechanischer Spieltraktur von der Orgelbaufirma Kemper & Sohn geschaffen. Sie besaß auf fünf Manualen und Pedal 100 Register mit 8.512 Pfeifen; die längste mass elf Meter, die kleinste hatte etwa die Größe eines Bleistiftes, wobei die klingende Länge nur wenige Millimeter beträgt. Die Registertraktur arbeitete elektrisch und verfügte über Freikombinationen; das Registertableau war doppelt angelegt. Nach fachlichen Beurteilungen wurde entschieden, die Kemper-Orgel im Zuge der bis etwa 2030 andauernden Sanierungsarbeiten im Innenraum der Kirche abzubauen und zu ersetzen.

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Das     in der Marientidenkapelle wurde 1518 geschaffen. 1522 stiftete es der aus Geldern stammende Kaufmann Johann Bone für die Kapelle. Nach deren Umbau zur Beichtkapelle 1790 wurde der Altar mehrfach in der Kirche umgestellt. Während des Zweiten Weltkriegs stand er in der Briefkapelle und entging so der Zerstörung. Der doppelflügelige Altar zeigt in 26 gemalten und geschnitzten Szenen das Marienleben, im Zentrum der geschnitzten Festtagsseite den Marientod (die kleine zugehörige Gruppe der Himmelfahrt Mariens darüber wurde 1945 gestohlen), darunter ihr Begräbniszug, links die Verkündigung und rechts ihre Grablegung. Die geschnitzten Flügel dieser Wandlung zeigen links oben die Geburt Marias, darunter die Darstellung Jesu im Tempel, und rechts oben eine verkürzte Wurzel Jesse und darunter den zwölfjährigen Jesus im Tempel.

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Der Teufel an der Marienkirche in Lübeck, Plastik von Rolf Goerler, 1999
Als man die Grundmauern der Marienkirche legte, glaubte der Teufel, daß man dabei sei, ein Weinhaus zu errichten. Das gefiel ihm, denn schon manche Seele hatte über einen solchen Ort den Weg zu ihm genommen. Er mischte sich deshalb unter die Arbeiter und half. Kein Wunder, daß der Bau staunenswert schnell in die Höhe wuchs. Doch mußte der Teufel eines Tages erkennen, worauf es hinauslief mit dem Bau, und voller Wut schleppte er einen gewaltigen Felsbrocken herbei, die angefangene Kirche damit zu zertrümmern. Schon brauste er durch die Lüfte heran, da rief ihm ein kecker Geselle zu: "Haltet ein, Herr Teufel! Laßt stehn, was steht! Wir bauen Euch dafür neben der Kirche ein Weinhaus!" Das schien dem Teufel geratener; er ließ den Stein hart vor der Mauer der Kirche fallen. Dort liegt er noch und zeigt deutlich die Eindrücke der Teufelskrallen, und gleich neben der Kirche wurde der Ratsweinkeller erbaut.

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Buddenbrookhaus - Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum
Wohnhaus der Großeltern von Thomas Mann, Literaturnobelpreisträger 1929.
Erbaut 1289. Fassade und Erweiterungsbau von 1758. Im Besitz der Familie Mann von 1841-91. Schauplatz des „Buddenbrooks"-Romans. Seit 1993 Literaturmuseum, Spezial-bibliothek, Archiv, Forschungsstätte, Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum.

BUDDENBROOK-HAUS
Wohn- und Geschäftshaus der Familie Mann 1842-1891. Schauplatz des Romans "Buddenbrooks" (1901) von Thomas Mann. Kriegszerstört 1942. Als Geschäftshaus wiedererrichtet 1957. Fassade und Keller Reste eines spätbarocken Neubaus von 1758. Fragmente eines mittelalterlichen Hauses im nördlichen und westlichen Bereich des Kellers (vor 1289).

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St.-Jakobi-Kirche Lübeck - Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
Gotische Kirche aus rotem Backstein von 1334 mit hohem Uhrturm und einer Orgel aus dem 16. Jahrhundert.

St. Jakobi ist eine der fünf evangelisch-lutherischen Hauptpfarrkirchen in der Lübecker Altstadt. Sie wurde im Jahre 1334 als Kirche der Seefahrer und Fischer geweiht, die ihr „Schütting“ (von norwegisch Skotting – heute Schøttstuene – für Versammlungshaus) noch heute in der gegenüberliegenden Schiffergesellschaft haben. Ihr Patron ist der Heilige Jakobus der Ältere.

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ST.-JAKOBI-KIRCHE
1227 erstmals erwähnt. Die jetzige Stufenhallenkirche hervorgegangen aus der Umgestaltung eines älteren, spätromanischen Hallenbaus des mittleren 13. Jh; 1334 mit dem Chor vollendet, später durch Kapellenanbauten erweitert. Dachreiter 1622/23 dem bis dahin bestehenden gotischen nachgebildet. 1658 Erneuerung des Turmhelms durch Ratsbaumeister Kaspar Walter. Inneres 1964/65 renoviert.

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Der heute zu sehende Hochaltar wurde 1717 von Hieronymus Hassenberg geschaffen. Er ist eine Stiftung des Bürgermeisters Hermann Rodde, dessen Büste sich am Altar befindet.

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Neben der Großen Orgel befand sich bereits in gotischer Zeit eine zweite Orgel in der Kirche. 1467/1515 wurde an der Nordwand eine einmanualige Schwalbennestorgel errichtet. Friederich Stellwagen führte 1636–1637 einen Erweiterungsumbau durch und ergänzte Rückpositiv, Brustwerk und ein kleines Pedalwerk hinter dem Hauptwerkgehäuse. Er baute die geteilte gotische Windlade in eine Schleiflade mit zwei Pedaltransmissionen um.

Rückpositiv der Stellwagen-Orgel

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Erste Nachrichten über Orgelmusik in Lübeck datieren aus dem 14. Jahrhundert. Die ältesten Bestandteile der heutigen Großen Orgel in St. Jakobi stammen aus der gotischen Blockwerk-Orgel von 1465/66. Erhalten ist auch der gotische Prospekt von 1504. Er bildet das heutige Hauptwerk und wird mit Peter Lasur in Verbindung gebracht. Hans Köster fügte 1573 ein reich verziertes Rückpositiv im Stil der Renaissance hinzu. Genau 100 Jahre später führte Jochim Richborn einen Erweiterungsumbau durch und ergänzte die Orgel um ein Brustwerk und zwei barocke Pedaltürme (1673). Die Orgel verfügte nun über 51 Register und war Richborns größtes Werk. Im Laufe der Jahrhunderte erfolgten verschiedene Anpassungen und klangliche Veränderungen. So platzierte Christoph Julius Bünting in den Jahren 1739 bis 1741 das Brustwerk als Oberwerk hinter dem Hauptwerkgehäuse und erweiterte es um drei Register. Im Pedal ergänzte er eine Posaune 32′.

Ins Auge fällt das Gehäuse, das mit reichem Schnitzwerk verziert ist. Alle Prospektpfeifen sind mit goldfarbenen Gesichtern und Ornamenten um die Labien herum bemalt. Im Rückpositiv sind einige Pfeifen zudem ziseliert oder mit goldenen Masken versehen. In den Pedaltürmen füllen Flammenornamente die Zwischenräume zwischen den Pfeifenfüßen aus.

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In der Kirche befindet sich in der nördlichen Turmkapelle, der inzwischen als „Pamirkapelle“ bezeichneten Nische eine Gedenkstätte für die auf See gebliebenen Lübecker Seeleute. Hier steht auch das Wrack eines Rettungsboots der 1957 gesunkenen Viermastbark Pamir, bei deren Untergang 80 der 86 Besatzungsmitglieder ums Leben kamen. Die Gedenkstätte wurde am 21. September 2007 nach dem Willen der Kirchengemeinde, der Landes- und der Bundesregierung zur Nationalen Gedenkstätte für die zivile Seefahrt erklärt.

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Der Brömsenaltar wurde um 1490 bis 1500 von dem Bürgermeister Heinrich Brömse gestiftet. Das Relief im Mittelteil wird seit einigen Jahren der Werkstatt des westfälischen Bildhauers Evert van Roden zugeschrieben. Das Kunstwerk zählt aufgrund seiner virtuosen Bildgestaltung zu den wichtigsten Lübecks. Die Darstellung der Familie Brömse auf den Altarflügeln entstand etwas später um 1515.

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Das im Jahr 1286 vollendete Heiligen-Geist-Hospital am Koberg in Lübeck ist eine der ältesten bestehenden Sozialeinrichtungen der Welt und eines der bedeutendsten Bauwerke der Stadt. Es steht in der Tradition der Heilig-Geist-Spitäler nach dem Vorbild von Santo Spirito in Sassia in Rom. Betreut wurden die Spitäler von den Brüdern vom Orden des Heiligen Geistes.

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HL. - GEIST - HOSPITAL
Eine der ältesten bürgerlichen Hospitalanlagen des Mittelalters, mit Kirche, großer Hospitalhalle und verschiedenen Nebenbauten, bestehend aus Quer- und Parallelflügel mit Kreuzgang um kleinen Innenhof. Errichtet seit den 60er Jahren des 13. Jh., später mehrfach erweitert und verändert.

Querhalle mit Lettner: An der Brüstung des Lettners befindet sich auf 23 Tafeln eine der umfangreichsten Darstellungen der Elisabeth-Legende. Die Darstellung des unbekannten westfälischen Künstlers aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts orientiert sich an der Überlieferung des Dominikaners Dietrich von Apolda. Daher fehlt die später hinzugekommene Legende des Rosenwunders in diesem Zyklus.

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Raumbestimmend in der Kirchenhalle sind die beiden großformatigen mittelalterlichen Wandgemälde an der Nordseite, die auf ca. 1320–1325 datiert werden. Das westliche Bogenfeld zeigt eine komplexe typologische Szene: den salomonischen Thron. Über dem von zwölf Löwen umgebenen Thron, auf dem König Salomo mit seiner Frau und seiner Mutter sitzt, erhebt sich ein weiterer Thron mit Christus und seiner Mutter Maria, umgeben von Engeln. Christus lässt seine gekrönte Mutter als Königin des Himmels bzw. der Engel an seiner Herrschaft teilhaben und übergibt ihr ein Lilienzepter.

Marienaltar an der Nordseite des Kirchenraumes unterhalb des westlichen Schildbogenfeldes. Der geschnitzte Flügelaltar stammt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Im Mittelteil ist Maria als Schutzmantelmadonna zu sehen, die von einem Strahlenkranz umgeben ist. Im linken Seitenflügel wird die Wurzel Jesse dargestellt, im rechten Flügel die Ausgießung des Heiligen Geistes.

Allerheiligenaltar an der Nordseite des Kirchenraumes unterhalb des östlichen Schildbogenfeldes. Dieter Altar ist ebenfalls ein geschnitzter Flügelaltar aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Im Mittelschrein sind szenische Darstellungen zu sehen. Auf den Seitenflügeln sind je vier Heiligenfiguren dargestellt.

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Allerheiligenaltar, Flügelaltar, Lübeck, Ende des 15. Jahrhunderts
Mittelschrein: Der Mittelschrein zeigt vier voneinander unabhängige Szenen.
links oben: die Heilige Familie mit Maria, dem Christuskind und Anna (der Mutter Marias), dahinter die Ehemänner Joseph und Joachim
rechts oben: die Anbetung des Kindes durch die Heiligen Drei Könige
links unten: elf weibliche Heilige, die als Ursula mit ihren Jungfrauen gedeutet werden
rechts unten: die zehntausend Märtyrer, die durch den Sturz in die Dornen sterben
Seitenflügel: Die geschnitzten Seitenflügel flankieren den Mittelschrein mit Darstellungen von Heiligen.
links oben: Apollonia und Johannes der Täufer
links unten: Margarete und Laurentius
rechts oben: Katharina von Siena und Stillentin (durch Inschrift auf dem Heiligenschein so bezeichnet)
rechts unten: Utlentin (= Valentin) und Cilliacus (= Cyriacus)
Rückseite (nicht zu sehen): Die Malerei auf den geschlossenen Flügeln stellt weitere acht Heiligengestalten dar.

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Marienaltar (Altar der Schutzmantelmadonna) Flügelaltar, Lübeck, Ende des 15. Jahrhunderts
Mittelschrein: Der geschnitzte Mittelschrein ist Maria mit dem Kind und dem Rosen-kranz geweiht: Die Gottesmutter ist als "Schutzmantelmadonna" dargestellt, unter ihrem Mantel knien Kleriker und Laien, denen Maria eine Rosenkranzschnur reicht. Auch das Kind hält einen Rosenkranz in der Hand. Maria ist umgeben von einem Strahlenkranz, dessen Enden mit Rosenblüten und Medaillons mit den Kreuzeswunden Christi geschmückt sind ebenfalls ein Hinweis auf den Rosenkranz. Engel umschwärmen und krönen Maria, die über dem Halbmond steht; sein großes grimmiges Männergesicht ist an der Unterseite des Mond-streifens erkennbar. In dem kleinen Streifen unterhalb der Gottesmutter ist - winzig - die Geburt Christi dargestellt: Engel wiegen das Kind in Tüchern, Maria und Joseph knien anbetend daneben, die Hirten nähern sich von links und rechts, am Rand liegt der Ochse; der Esel hingegen fehlt.
Seitenflügel: Der linke geschnitzte Seitenflügel stellt die Wurzel Jesse dar. Auf dem Thron ruht der Stammvater Jesse; aus seiner Brust wächst der Stammbaum Jesu empor. Er wird durch Maria mit dem Christuskind bekrönt. In der Mitte des Baumes ist König David mit der Harfe erkennbar. Die seitlich neben dem Thron stehenden Propheten sagen die Ankunft des Messias voraus. Der rechte geschnitzte Seitenflügel zeigt das Pfingstwunder mit der Ausgießung des Hl. Geistes. Gottvater und -sohn senden die Taube des Hl. Geistes auf die Apostel herab; in ihrer Mitte sitzt Maria.
Rückseite (nicht zu sehen): Über die gemalten Außenflügel erstreckt sich ebenfalls das Pfingstwunder.

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Das Heiligen-Geist-Hospital ist noch heute eine Stiftung. Sie wird als Stiftung des öffentlichen Rechts von der Hansestadt Lübeck verwaltet. Die laufende Unterhaltung der Gesamtanlage ist wie schon in der Vergangenheit gesichert durch Einkünfte verschiedenster Art. Pachteinnahmen aus den Ländereien vor den Toren Lübecks (Stiftsgüter Behlendorf, Albsfelde und Krumbeck) und Erbbauzinsen aus zahlreichen stiftungseigenen Grundstücken zählen ebenso dazu wie Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen und gewerblich genutzten Gebäudeflächen.

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Während der Reformationszeit wurde das Hospital in ein „weltliches“ Altenheim umgewandelt, das bis heute erhalten blieb. Ursprünglich standen die Betten der Hospitalbewohner in der Halle. Im 18. Jahrhundert dienten der erste und zweite Stock als Hospital. 1820 wurden vier Quadratmeter große, hölzerne Kammern gebaut, getrennt nach Geschlechtern. Die Abteilungen sind nach oben offen. Es gibt zwei Längsgänge zwischen den Reihen der aneinander gebauten Kammern. Es gab zusätzlich eine kleine Bücherei und Apotheke. An den Türen der Kammern kann man noch heute Namen und Nummern der damaligen Bewohner sehen. Bis 1970 waren die Kammern bewohnt.

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Landesamt für soziale Dienste Schleswig-Holstein Dienstsitz Lübeck

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ZÖLLNERHAUS
Erbaut 1571. Terrakottafriese mit lübischen und mecklenburgischen Wappen aus der Werkstatt des Statius van Düren. 1912-1928 Wohnhaus der Schriftstellerin Ida Boy-Ed.

Burgtor in Lübeck - Zur Blütezeit Lübecks als Hauptstadt der Hanse erbauter Turm mit Kuppel und Blick auf die Altstadt. Das im spätgotischen Stil erbaute Burgtor in Lübeck ist das nördliche von ehemals vier Stadttoren der Lübecker Stadtbefestigung und neben dem Holstentor das einzige, das noch heute erhalten ist. Es hat seinen Namen nach der alten, hoch über der Trave gelegenen Lübecker Burg, die 1227 zum Burgkloster umgebaut wurde. Durch das Tor führt die Große Burgstraße zum Stadtzentrum.

Anfang des 13. Jahrhunderts werden ausgedehnte Befestigungsanlagen um die Stadt Lübeck errichtet. Anstelle der um 1227 zum Kloster umgebauten Burg schützen fortan eine Stadtmauer und vier Tore das gesamte Stadtge-biet. Das Burgtor sichert den Zugang zur Halbinsel im Norden. 1444 wird das Tor in der Form umgebaut, in der es noch heute erhalten ist.

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Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee, An der Untertrave / Kanalstraße

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Gaffelschooner „Samsara"
Samsara ist ein Maine-Schooner aus der Traditionswerft Bültjer, Ostfriesland. Gebaut Eiche auf Eiche wurde das Schiff 1989 komplett mit neuen Spanten und Planken ausgestattet. Der Schiffsdiesel aus dem Jahr 1956 hat 4 Zylnder und leistet 138 PS bei 600 U/min. Die beiden Gaffelsegel und die 3 Vorsegel lassen zügige Reisen zu. Die Samsara dient dem traditionellen Segeln und damit den Freunden des Gaffelsegels.

Typ: Maine Schooner
Verdrängung: 52 t
Länge ü.A: 22,25 m
Segelfläche: 230m²
Breite ü.A: 4,60 m
Wert: Bültjer, Ditzum
Tiefgang: 2,50 m
Rufzeichen: DDRY
Takelung: 2-Mast Gaffelschooner mit Topsegel

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Holstentor Feldseite / Westseite

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Holstentor Stadtseite / Ostseite

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Marktplatz Lübeck mit Historisches Rathaus von Lübeck und Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Lübeck

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Herr Ribbeck von Ribbeck auf Ribbeck aus original NIEDEREGGER Marzipan. Eine Konditorin aus dem Hause NIEDEREGGER verwirklichte diese „süße Szene" in 61,5 Stunden Handarbeit.

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Burgtor in Lübeck

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Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee, An der Untertrave / Kanalstraße

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Museumshafen Lübeck - Hafen mit mehr als 20 historischen Schiffen, darunter eine Karavelle des 15. Jh. und ein Schlepper von 1910.

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Marktplatz Lübeck mit Historisches Rathaus von Lübeck und Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Lübeck

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Bevor man das Zunfthaus der Schiffergesellschaft durch die Rokokotür betritt, kann man auf den beiden bemalten Außenstelen lesen: „Allen zu gefallen, ist unmöglich!“ Das Haus der Schiffergesellschaft gegenüber der Jakobikirche in Lübeck wurde 1535 als Zunfthaus gekauft und bis 1538 umgebaut und ist bis heute so erhalten. Das Gebäude der Schiffergesellschaft zu Lübeck in der Breiten Straße 2 wurde im Frührenaissancestil gebaut.

Schiffergesellschaft am Koberg mit Blick in die Engelsgrube

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Die Schiffergesellschaft zu Lübeck bezeichnet einen seit der Frühen Neuzeit existierenden Kapitäns- (Schiffer-) verband und ein Sozialwerk sowie gleichzeitig ein historisches Gebäude, das heute eine Gaststätte beherbergt. Die Schiffergesellschaft zu Lübeck wurde am 26. Dezember 1401 als St.-Nikolaus-Bruderschaft gegründet. Sinn und Zweck dieser Vereinigung ist folgenden Worten aus der Gründungsurkunde zu entnehmen: „Zu Hilfe und Trost der Lebenden und Toten und aller, die ihren ehrlichen Unterhalt in der Schifffahrt suchen.“ Da sich im Zuge der Reformation fast alle religiösen Bruderschaften auflösten, vereinigte sich die St-Nikolaus-Bruderschaft mit der St.-Annen-Bruderschaft. Man nannte sich die Schippern Selschup und erwarb 1535 für 940 Lübische Mark ein im 13. Jahrhundert erbautes Haus an der Ecke Breite Straße/Engelsgrube gegenüber von der Lübecker Jakobikirche.

Vor dem Eingang hat man einen Blick auf den vorgebauten sogenannten Gotteskeller, eine goldene Wetterfahne mit einem Segelschiff als Motiv auf dem Giebel und ein Gemälde mit dem Adler von Lübeck.

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Europäisches Hansemuseum - Interaktives Museum zur Geschichte der Hanse mit Aufführungen und Ausstellungen.

Seit dem 12. Jahrhundert spannen Kaufleute aus dem niederdeutschen Sprachgebiet über politische Grenzen hinweg ein weitreichendes Handelsnetz. Im Ostseeraum dominieren sie im Mittelalter die Märkte, im Westen erstreckt sich ihr Handelsgebiet bis England und an die französische Atlantikküste, im Süden sind sie in den Küstenstädten Spaniens, Portugals und Italiens präsent. An ihren wichtigsten Handelsplätzen im Ausland gründen die Kaufleute Niederlassungen, die seit dem 16. Jahrhundert als Kontore bezeichnet werden. Die vier größten Kontore entstehen in Nowgorod, Brügge, London und Bergen.

Zeitweise zählen Kaufleute aus rund 200 Städten zu dem Verbund, der sich selbst erstmals im 14. Jahrhundert als Hanse bezeichnet. Der Begriff Hanse leitet sich von dem althochdeutschen Wort für Schar ab und wird bereits seit dem 12. Jahrhundert für Gemeinschaften von Fernhändlern verwendet. Neben dem gegenseitigen Vertrauen und einer gleichen Rechtskultur verbindet die niederdeutschen Kaufleute vor allem ihre gemeinsame Sprache. Führende Schriftsprache des Fernhandels ist in den Regionen an der südlichen Nord- und Ostseeküste bis Ende des 16. Jahrhunderts Mittelniederdeutsch.

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Zur Reise nach Nowgorod starten die niederdeutschen Kaufleute in Visby auf Gotland. Sie schließen sich Gotländern an, die schon länger in Russ-land handeln und die Seewege über die Ostsee gut kennen.
Zweimal im Jahr kommen die niederdeutschen Kaufleute in das russische Handelszentrum. Die sogenannten Winterfahrer erreichen die Mündung der Newa im Herbst, noch bevor die Flüsse und Seen vereisen, und bleiben etwa sechs Monate. Wenn sie die Stadt im Frühjahr wieder verlassen, sind die Sommerfahrer bereits auf dem Weg. Sie bleiben dann wiederum bis zum Herbst in Nowgorod.

Die Kogge ist nach ihrem Fundort in der Nähe von Kollerup an der Nordwestküste Jütlands in Dänemark benannt. Sie ist zu Beginn des 13. Jahrhunderts auf eine Sandbank gelaufen und wurde 1978 entdeckt. Eine wissenschaftliche Analyse des Schiffbaumaterials hat ergeben, dass das Holz vermutlich um 1150 bei Schleswig geschlagen wurde. Das Wrack ist das früheste Exemplar einer Kogge mit Heck- oder Stevenruder - eine technische Neuerung, mit der sich das Schiff deutlich besser manövrieren lässt als mit dem bis dahin verwendeten Seitenruder.

Gibt es den Schiffstyp Kogge überhaupt?
Diese Frage diskutieren Seefahrthistoriker und Schiffsarchäologen aktuell. Ergebnisse aus der jüngeren Forschung zeigen, dass die Kogge europaweit genutzt wurde. Der Begriff Hansekogge wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts von deutschnational geprägten Forschern eingeführt. Sprach- und Namensforscher haben Spuren des Begriffs Kogge bis in das Jahr 862 zurückverfolgt. Allerdings bezeichnete Kogge damals vermutlich keinen bestimmten Schiffstyp, sondern ganz allgemein ein Schiff mit großer Tragfähigkeit. Die Bestimmung von Schiffstypen ist für die Zeit des Mittelalters generell schwierig, denn jede Schiffbautradition war Veränderungen unterworfen. Häufig wurden neue Techniken und Konstruktionen übernommen, ohne dass sie die älteren Bauweisen vollständig verdrängten oder ablösten.

Modell der Kollerup-Kogge im Maßstab 1:20

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Im 12. Jahrhundert schließen niederdeutsche und gotländische Fernhändler sich zu Fahrtgemeinschaften zusammen. Gemeinsam segeln sie über die Ostsee in den Nordwesten Russlands. Gotland ist zu dieser Zeit die Drehscheibe des regen Ostseehandels. Auf der strategisch günstig gelegenen Insel treffen sich u. a. russische, schwedische, dänische und zunehmend deutsche Kaufleute. Die Herkunft der Münzen im gotländischen Schatzfund zeigt, dass sich Händler aus allen Teilen Europas für die Waren interessieren, die auf der Insel umgeschlagen werden. Die Gotländer dominieren zudem den lukrativen Handel mit Pelzen und Wachs aus Russland. Die niederdeutschen Kaufleute nutzen die bereits bestehenden Handelsverbindungen der Gotländer und schließen sich ihnen an. Zwar gibt es bereits seit Langem Gemeinschaften von Kaufleuten, die aus der gleichen Stadt oder dem gleichen Herrschaftsgebiet kommen. Ein Zusammenschluss, bei dem die Herkunft der Bündnispartner eine untergeordnete Rolle spielt, ist hingegen sehr ungewöhnlich. Er gilt heute als wegweisend für die Entwicklung der späteren Hanse. Im Herrschaftsgebiet von Nowgorod angekommen bilden die Fahrtgemeinschaften für die Weiterreise einen neuen Verband. Sie wählen einen gemeinsamen Ältermann, der die Gruppe anführt und ihre Interessen bei Konflikten und Verhandlungen mit den örtlichen Herrschern vertritt.

Mit dem St. Peterhof in Nowgorod gründen niederdeutsche Kaufleute aus verschiedenen Städten ihre erste gemeinsame Niederlassung. Weitere große Handelsstützpunkte entstehen in London, Brügge und Bergen. Gemeinsam ist diesen Städten, dass sie über ein weites Hinterland verfügen, aus dem viele Handelsgüter in die Stadt gelangen. Sie bieten den Fernhändlern ein gutes Einkaufs- und Absatzgebiet für ihre Waren. Auch sind die örtlichen Herrscher hier bereit, den Kaufleuten weitreichende Handelsprivilegien einzuräumen. Seit dem 16. Jahrhundert werden die Niederlassungen als Kontore bezeichnet, kleinere Stützpunkte entstehen beispielsweise in Lynn und Boston in England, in Bourgneuf und La Rochelle in Frankreich oder in Pleskau und Kaunas in Russland und Litauen.

In den Kontoren wachen gewählte Älterleute darüber, dass die Privilegien weder von den Kaufleuten selbst noch von ihren Handelspartnern verletzt werden. Zudem steht die Kontorsgemeinschaft einzelnen Fernhändlern in Notlagen bei und gewährleistet die geistliche Versorgung ihrer Mitglieder. Die vier großen Kontore verfügen alle über einen gewählten Vorsteher, ein eigenes Siegel, eine eigene Satzung, eine eigene Gerichtsbarkeit für interne Streitfälle und eine gemeinsame Kasse. Die Rechtslage innerhalb der Gaststädte ist allerdings unterschiedlich. Das Areal des St. Peterhofs ist aus der Gerichtsbarkeit der Stadt Nowgorod herausgelöst.

Niederdeutsche und gotländische Kaufleute schließen gemeinsam Verträge mit den örtlichen Herrschern. So sichern sie ihre Geschäfte rechtlich ab, verschaffen sich wirtschaftliche Vorteile und erhalten Schutz auf den Verkehrswegen. Ein erster Handelsvertrag mit dem Fürsten von Nowgorod ist aus dem Jahr 1191/1192 überliefert. Ihm folgen zahlreiche weitere Urkunden, in denen den organisierten Kaufleuten immer wieder Sonderrechte verbrieft werden. Sie erhalten rechtliche Sicherheit, beispielsweise vor willkürlichen Verhaftungen oder überteuerten Gebühren. Dadurch können sie die Risiken für ihre Geschäfte, die sie auf fremdem Territorium tätigen, deutlich verringern und sich wirtschaftliche Vorteile gegenüber anderen Kaufleuten verschaffen. Nur dort, wo die örtlichen Herrscher bereit sind, den fremden Händlern Sonderrechte einzuräumen, beginnen sie eigene Niederlassungen zu errichten. In Nowgorod beziehen die niederdeutschen Kaufleute vermutlich 1193 ihren eigenen Hof. Zuvor sind sie auf dem Hof der Gotländer zu Gast. Im Laufe des 13. Jahrhunderts geraten die niederdeutschen Händler zunehmend mit den gotländischen Kaufleuten in Konkurrenz um die Vorherrschaft in Nowgorod. Vermutlich Anfang des 14. Jahrhunderts verdrängen sie ihre einstigen Verbündeten aus der Stadt und übernehmen auch ihren Hof.

Auf dem Markt in Nowgorod gelten die örtlichen Maß- und Gewichtseinheiten. Niederdeutsche Händler müssen ihre Waren daher stets umrechnen und kämpfen für die Einführung eigener Gewichte. In Nowgorod treten die Kaufleute vor allem als Großhändler auf. Die Handelswaren werden zu dieser Zeit nicht mit Münzen bezahlt, sondern gegen andere Güter getauscht. Die unterschiedlichen Maß-, Gewichts- und Werteinheiten machen den Tausch zu einer komplizierten Rechenaufgabe. Mit dem Handelsvertrag von 1191/1192 werden deutsche Gewichte eingeführt. Die Niederdeutschen können den Handel jetzt besser kontrollieren. Die eigenen Einheiten nutzen sie vermutlich auch, um zusätzlichen Gewinn zu erwirtschaften. Die Kaufleute müssen sich selbst Grundkenntnisse des Russischen aneignen. Dolmetscher sind rar und kommen vor allem bei politisch-diplomatischen Verhandlungen zum Einsatz. Übersetzen sie dabei fehlerhaft, müssen sie mit hohen Strafen rechnen. Bei ihren Handelsgeschäften verständigen sich die Kaufleute bald auch mithilfe von Sprachbüchern. Um unabhängiger agieren zu können, lassen die Fernhändler ihre Kinder in den ausländischen Niederlassungen oder an den Höfen der Bojaren, des Nowgoroder Stadtadels, ausbilden. Als Sprachschüler verbringen sie vermutlich einige Monate im Land. Andere Händler versuchen die Niederdeutschen vom Erlernen der russischen Sprache auszuschließen. Durch ihren Wissensvorsprung verschaffen sie sich Vorteile gegenüber der Konkurrenz.

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Anfang des 13. Jahrhunderts hat sich in Lübeck durch den lukrativen Fernhandel eine wohlhabende Oberschicht entwickelt. Zudem profitiert die Stadt als Durchgangshafen für die Kreuzfahrer von der gewaltsamen Missionierung im Ostseeraum. Teile einer Reiter- und Militärausrüstung, die bei der archäologischen Grabung während der Bauarbeiten für das Europäische Hansemuseum gefunden wurden, belegen die Anwesenheit von Rittern. 1226 verbrieft Papst Honorius III. in einer Urkunde den besonderen Status der Stadt Lübeck als Ausgangshafen für die Kreuzzüge in den Ostseeraum. Weitere Objekte, die bei früheren Grabungen in Lübeck gefunden wurden, erzählen vom Leben in der Stadt. Anfang des 13. Jahrhunderts wird das einst sumpfige Gelände an der Großen Petersgrube trocken gelegt und abwechselnd mit Erdschichten und Abfällen aufgefüllt. Die in den Füllschichten entdeckten Fundstücke stammen ursprünglich also aus unterschiedlichen Stadtbereichen. Ein Adlermedaillon zeugt von der adelsähnlichen Kultur der Kaufleute. Das Fragment einer Gürtelschnalle sowie ein Bernsteinrohling weisen ebenfalls darauf hin, dass die Oberschicht in Lübeck zu dieser Zeit einen gehobenen Lebensstil pflegt.

Städte werden im Heiligen Römischen Reich meist von Landesherren gegründet. Sie sorgen für eine Infrastruktur, bieten Schutz und werben mit Sonderrechten um neue Bewohner. Im Gegenzug entrichten die Bürger Steuern und sind ihrem Stadtherrn rechtlich unterstellt. Lübeck untersteht Anfang des 13. Jahrhunderts dem dänischen König Waldemar II. Unter seiner Herrschaft bauen die Kaufleute ihr Handelsgebiet im Ostseeraum aus. Als der Dänenkönig in Gefangenschaft gerät, nutzen die Lübecker das entstandene Machtvakuum, um sich von ihrem Stadtherrn zu befreien. 1226 wird Lübeck durch Kaiser Friedrich II. zur Reichsstadt (civitas imperii) erhoben. Damit hat die Stadt ihre Steuern nun direkt an den Kaiser abzuführen. Reichsstädte sind dem Reich unmittelbar zugehörig und niemand anderem untertan. Sie genießen eine Reihe von Freiheiten und Privilegien: Die Städte sind im Inneren weitgehend autonom und besitzen eine eigene Gerichtsbarkeit. Meist dürfen sie nicht nur über geringfügige Delikte, sondern auch über schwere Vergehen befinden, die mit Verstümmelungen oder dem Tod bestraft werden. Verfügt eine Stadt über diese sogenannte Hoch-oder Blutgerichtsbarkeit, ist sie politisch selbstständig. Das schützt sie insbesondere vor der Einflussnahme benachbarter Fürsten auf ihre Stadtpolitik und ihre Handelsinteressen.

Im 13. Jahrhundert steigen die Fernhändler in die politische Führungsriege ihrer Heimatstädte auf. Als Ratsmitglieder können sie die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Ressourcen der Stadt für die Interessen ihrer Gruppe einsetzen. Vor allem in Seestädten wie Lübeck bilden Kaufleute die Mehrheit im Rat. In Lübeck ist ein Rat erstmals aus dem Jahr 1201 überliefert. Ihm gehören zumeist 24 Ratsherren (consules) an. Als Kollegium gleichberechtigter Mitglieder repräsentiert der Rat die Stadt als weitgehend autonome Rechtspersönlichkeit. Er setzt sich in der Regel aus den wirtschaftlich und politisch einflussreichsten Bürgern der Stadt zusammen. Das sind vor allem die Fernhändler. Sie bilden zu dieser Zeit jedoch keine einheitliche soziale Gruppe: Nicht nur Kaufleute, auch Angehörige des Niederadels zählen dazu. So wundert es nicht, dass die bürgerliche Führungsgruppe der Stadt den gleichen Lebensstil pflegt, wie ihre adligen Verwandten auf dem Land.
In der entstehenden Marktökonomie gelangen auch Handwerker zu Wohlstand, sie bleiben jedoch in den meisten Städten politisch machtlos. In einigen Städten gelingt es den Handwerkern sich seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein politisches Mitspracherecht zu erkämpfen. In Lübeck fälschen die Ratsherren eine Ratswahlordnung, sodass Handwerker und andere soziale Gruppen über Jahrhunderte von der Wahl in den Rat ausgeschlossen bleiben.

1181 wird Kaiser Friedrich I. Barbarossa Stadtherr von Lübeck und bestätigt den Lübeckern mündlich die ihnen von Heinrich dem Löwen erteilten Stadtprivilegien. In einer Urkunde aus dem Jahr 1188 werden diese Rechte schriftlich fixiert:
„Da also Unsere Getreuen, Graf Adolf von Schauenburg und Graf Bernhard von Ratzebury, Klage führen gegen Unsere Bürger von Lübeck über die Grenzen und die Nutzung ihres Gebiets, haben Wir die vor Uns stehenden Parteien aufmerk-sam angehört und, nach Einblick in den Sachverhalt bei dem Streit, um das Gut des Friedens unter ihnen zu bewahren, genannte Grafen dazu veranlaßt, daß beide aus Ehrfurcht vor der Wahrheit und durch eine rechtsgültige Übereinkunft auf das Recht, das sie suchten, in Unsere Hand verzichteten und Wir es mit ihrer Zustimmung den Einwohnern dieser Stadt verliehen zu Besitz ohne irgendwelche spätere Anfechtung."
Das Original der Urkunde ist nicht mehr erhalten. Wahrscheinlich wird sie 1225 neu verfasst und anschließend vernichtet. Der alte Text wird dabei zwar größtenteils wieder verwendet, aber auch durch neue Teile ergänzt. So entsteht eine Fassung, die alle für die Selbstbehauptung der Stadt notwendigen Rechte enthält: die neue Urkunde bescheinigt den Lübeckern die Nutzungsrechte von Wegen, Wald und Wiesen, sie enthält Artikel zur Förderung des Handels und regelt die Rechte und Freiheiten der Lübecker Bürger und Einwohner.

Barbarossa-Privileg (1188), Faksimile, Original im Archiv der Hansestadt Lübeck

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Krisen in Europa verschlechtern die Lage am Handelsplatz Brügge. Die niederdeutschen Kaufleute setzen ihre wirtschaftlichen Interessen Mitte des 14. Jahrhunderts mit einem umfassenden Handelsboykott durch. Als einzige der Städte in Flandern, in denen Tuche produziert werden, verfügt Brügge über eine direkte Verbindung zur Nordsee. So entwickelt sich die ohnehin stark urbanisierte Region zur Drehscheibe des internationalen Handels. Die Kaufleute kommen vor allem wegen der Stoffe in die Stadt und bringen Waren aus allen Teilen der damals bekannten Welt mit, die von hier aus wieder exportiert werden. Die niederdeutschen Kaufleute führen neben Luxusgütern wie Pelzen und Wachs auch wichtige Zulieferprodukte für die einheimische Tuchproduktion sowie Getreide, Hering und Stockfisch ein. Zudem zählen sie zu den Hauptexporteuren teurer Stoffe aus der Region. Als die Stadt Brügge von ihnen höhere Abgaben fordert und ihre Handelsrechte einschränkt, stellen die niederdeutschen Kaufleute von 1358 bis 1360 ihre gesamte Ein- und Ausfuhr nach und aus Flandern ein. Die Tuchproduktion bricht ein. Arbeitslosigkeit und Hunger sind die Folgen. Eine Missernte in der Region sowie ein Ausbruch der Pest verschärfen die Auswirkungen der ausbleibenden Getreideimporte.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Im Januar 1358 beschließen Ratsherren niederdeutscher Städte einen gemeinsamen Handelsboykott der gesamten Grafschaft Flandern. Ihr Ziel ist es, die Wirtschaft der stark urbanisierten Region zu schwächen und durch ausbleibende Getreidelieferungen Unruhen in der Bevölkerung auszulösen. Mit dem Embargo wollen sie bessere Handels-und Aufenthaltskonditionen für die niederdeutschen Kaufleute in Brügge erzwingen. Das Ausmaß der Handelssperre gefährdet allerdings auch die wirtschaftliche Existenz einzelner Händler. Daher drohen die Ratsherren in ihrem Aufruf zum Handelsboykott allen Blockadebrechern mit dem Ausschluss aus der Gemeinschaft, die sich nun erstmals selbst als Deutsche Hanse bezeichnet. Der Name Hanse wird zum Kampfnamen. Er soll eine gemeinsame Identität stiften und zu geschlossenem Auftreten verpflichten. Bereits im Juni 1358 reisen Gesandte der Grafschaft und der Städte Flanderns nach Lübeck. Ihr Versuch einzulenken bleibt jedoch ergebnislos. Im März 1360 weitet die Hanse ihren Einfuhrstopp für Getreide sogar bis an den Rhein aus. Die Situation zwingt die Flamen schließlich, den niederdeutschen Kaufleuten ihre früheren Privilegien zu bestätigen und ihnen darüber hinaus mehr Sonderrechte zuzugestehen als allen anderen Fernhändlern in Flandern.

Im Mittelalter sind Handelsunternehmen entweder hie-rarchisch oder partnerschaftlich organisiert. Die Kaufleute der Hanse schließen sich zu partnerschaftlichen Gesellschaften zusammen. Mit verschiedenen Partnern knüpfen sie ein meist weitreichendes Netzwerk. An einer Handelsgesellschaft sind in der Regel nur zwei Kaufleute beteiligt, die rechtlich voneinander unabhängig bleiben. Nicht immer schließen Handelspartner einen Vertrag ab. Besonders häufig sind Familiengesellschaften überliefert. Durch gezielte Eheschließungen verdichtet sich das Netzwerk. Hildebrand Veckinchusen tätigt zu Beginn des 15. Jahrhunderts beispielsweise Handelsgeschäfte mit seinen Brüdern, seinem Schwiegervater, seinen Neffen sowie mit Freunden in London, Lübeck, Danzig, Riga, Reval und Dorpat. Über sein Netzwerk erhält Veckinchusen wertvolle Informationen, beispielsweise über die Warenpreise in Bordeaux. Im Vergleich zu den hierarchisch aufgebauten Handelsunternehmen der oberdeutschen und italienischen Kaufleute kann der gut vernetzte Hansekaufmann vor allem seine Such- und Informationskosten senken. Gut informiert kann schnell und flexibel auf veränderte Marktlagen reagiert werden. Ein Kaufmann in Reval kann so beispielsweise ein Gebiet im Blick behalten, das von Nowgorod und Mitteleuropa bis nach Brügge, England und Spanien reicht.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Privilegien der Grafschaft Flandern sowie der Städte Brügge, Gent und Ypern (1360/1361)
Faksimiles, Originale im Archiv der Hansestadt Lübeck

Nach langwierigen diplomatischen Verhandlungen, zu denen flandrische Gesandte nach Lübeck reisen, gewähren der Graf von Flandern sowie die Städte Brügge, Gent und Ypern den Kaufleuten der Hanse zahlreiche Privilegien in ihrem Gebiet. Die Sonderrechte stärken die Stellung der niederdeutschen Kaufleute in Flandern und Brügge und verschaffen den Händlern direkte und indirekte Kostenvorteile. Das besondere an dieser sogenannten doppelten Privilegierung ist, dass die Rechte der hansischen Kaufleute, die ursprünglich (seit 1309) nur für Brügge galten, nun auf Flandern ausgedehnt werden. Die beiden neben Brügge mächtigsten Städte der Grafschaft, Gent und Ypern, stimmen den Privilegien in einer zusätzlichen Urkunde gemeinsam mit Brügge zu. Die Privilegien werden im Vergleich zu denen aus dem Jahr 1309 also nicht nur inhaltlich erweitert, auch ihr Geltungsbereich dehnt sich enorm aus.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Die Pest sehen viele Menschen im Mittelalter als eine Strafe Gottes an, die medizinischen Hintergründe sind unbekannt. Durch Spenden und Stiftungen an geistliche oder wohltätige Einrichtungen versuchen sie den Zorn Gottes zu besänftigen. In den Jahren, in denen die Seuche in Europa wütet, steigt die Anzahl der Testamente erheblich. In Lübeck wächst der Besitz der Kirche durch Spenden und Hinterlassenschaften immens. Einige werfen „geldt, sulver unnd goldt aver de muren up den kerckhoff" (Geld, Silber und Gold über die Mauern in den Kirchhof), wie es in der Chronik des Reimer Kock heißt. Auch das Beichthaus des Burgklosters entsteht zu dieser Zeit mit Hilfe der Stiftungsgelder. Viele versuchen sich durch Pilgerfahrten und Bußübungen ihrer Sünden zu entledigen. Wer die Pest überlebt, gelangt durch Erbschaften nicht selten zu größerem Wohlstand als zuvor. Die Gesellschaft verändert sich, zahlreiche Immobilien und Ländereien wechseln ihre Besitzer. Im späten 14. Jahrhundert beginnt der soziale Aufstieg der Handwerker. Relativ gesehen ist die Oberschicht stärker von der Seuche betroffen als andere soziale Gruppen, auch wenn in absoluten Zahlen wesentlich mehr Menschen aus der Unterschicht sterben. Schätzungsweise jeder Dritte erliegt in Europa den Folgen der Krankheit.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Der Stalhof ist ein rund 4.000 m² großes Gelände am Ufer der Themse. Bereits 1176 erhalten Kaufleute aus Köln vom englischen König Heinrich II. hier ein Stück Land und das Recht, eine Niederlassung zu gründen - ein Areal mitten in London, in dem die Kaufleute nach eigenen Gesetzen leben. Die Große Halle ist das älteste und imposanteste Gebäude auf dem Areal und dient mehrere Jahrhunderte als Stützpunkt der Hansekaufleute in der Stadt. Erst 1475 geht auch der Rest des Geländes in ihren Besitz über. Meist leben hier rund 30 Kaufleute, in Spitzenzeiten bis zu 90. Jedes Jahr am Neujahrsabend wählen alle anwesenden Kaufleute den Kontorvorstand. Er besteht aus einem Ältermann, zwei Beisitzern und einem Rat aus neun Kaufleuten. Dem Vorstand zur Seite steht mindestens ein Sekretär. Er verlässt London nur, wenn das Kontor ihn zu einem Treffen der Hansestädte entsendet. Dort, auf den Hansetagen, vertritt er die Interessen der Kaufleute des Stalhofs.

Die englischen Tuchhändler sind für die Hansekaufleute Handelspartner und Konkurrenten zugleich. Durch ihre Privilegien haben die Hansekaufleute in London Wettbewerbsvorteile. Diese werden den englischen Kaufleuten in den Hansestädten allerdings verwehrt. Das führt seit dem 15. Jahrhundert immer wieder zu Konflikten. Vor allem die englische Kaufleutegilde der Merchant Adventurers fordert zunehmend gleiche Rechte auch in London. Denn hier zahlen Hansekaufleute beispielsweise seit 1327 auf die Ausfuhr von Tuchen sogar einen geringeren Zollsatz als Einheimische: 12 Pence pro Laken. Will ein Engländer hingegen Tuche exportieren, muss er beim Zöllner noch zwei Pence dazulegen. Nach zahlreichen Konfrontationen bestätigt König Eduard VI. der Hanse 1547 noch einmal alle Privilegien in einem prachtvoll verzierten Dokument. Doch der Streit um die Handelsrechte der Hansekaufleute und Engländer geht weiter. 1598 lässt Elisabeth I. den Stalhof letztlich schließen. Das Gelände bleibt jedoch im Besitz der Hanse und auch der Handel geht weiter - aber ohne Privilegien.

In diesem Privileg sind alle Sonderrechte aufgelistet, die Hansekaufleute seit der carta mercatoria im Jahr 1303 in England erhalten haben. König Eduard VI. erklärt darin, er wolle den Kaufleuten „Ungestörtheit und völlige Sicherheit verschaffen" und sie in seinem Königreich unter seinen „Schutz und Schirm" stellen. Mit ihren Waren sollen sie „frei und ledig sein von Mauergeld, Brückenzoll und Wegzoll" und dürfen Handel treiben, „wie man es zuvor zu tun pflegte". Das gesamte Dokument umfasst acht große Pergamentblätter. Die prachtvolle Ausführung mit aufwändigen Verzierungen ist Teil der politischen Strategie des Königs und der Hanse. Die Hansekaufleute wollen damit ihre Bedeutung für das englische Wirtschaftsleben unterstreichen. Bereits fünf Jahre später aber widerruft der König diese Privilegien.

Privileg König Eduard VI. von England (*1537, † 1553), 1547
Faksimile, Sammlung Europäisches Hansemuseum, Original im Archiv der Hansestadt Lübeck

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Auf dem Hansetag besprechen die Vertreter der Städte aktuelle Themen, die den hansischen Handel betreffen. Verlauf und Ergebnis der Sitzungen werden protokolliert. 1518 stehen insgesamt 41 Themen auf der Tagesordnung. Die Sitzungen finden vom 19. Juni bis zum 14. Juli in Lübeck statt. 21 Städte senden ihre Vertreter, die Ratsendeboten, zu der Versammlung. Sie beraten über allgemeine Handelsangelegenheiten, Probleme in den Auslandskontoren oder Konflikte zwischen einzelnen Hansestädten. Die Tagesordnung muss bereits im Vorfeld im Rat einer jeden Stadt besprochen werden. Erst danach sind die Ratsendeboten befugt, im Rahmen der ihnen erteilten Richtlinien auf dem Hansetag mitzuentscheiden. 1518 wird unter anderem diskutiert, wie mit dem Machtzuwachs der Landesfürsten umzugehen ist. Die Autonomie vor allem der kleineren Hansestädte ist davon zunehmend bedroht. Die Ratsendeboten beschließen, dass Städte, die sehr eng an ihren jeweiligen Landesfürsten gebunden sind, nicht mehr zu den Hansetagen eingeladen werden. Ihre Beschlüsse müssen die Gesandten nach dem Prinzip der Einigkeit fassen. Es gibt keine Mehrheitsentscheidung. Wirtschaftlich sind die Teilnehmer zugleich oft erbitterte Konkurrenten. In der Sitzordnung wird die Rangfolge der Städte untereinander festgelegt, worüber es oft Streit gibt.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Auf dem Weg zurück in Richtung des Geschosses der Empfangshalle wird eine Versammlung von Dominikaner-Mönchen gezeigt. Der zweite Teil der Ausstellung zur europäischen Hanse befindet sich in den Räumen des alten Burgklosters. Hier erhält man einen Einblick in das Bergener Kontor und dessen wichtigstes Exportgut Stockfisch. Außerdem ist das zwischen 1893 und 1896 entstandene Schöffengericht zu besichtigen.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Ein Tag im Dominikanerkloster
Ein Gebet bei Sonnenaufgang, die Matutin oder Vigil, läutet den Tag der Mönche im Burgkloster ein. Die Brüder versammeln sich im Chor, dem Bereich um den Hauptaltar. Dort verneigen sie sich vor dem Altar und nehmen dann ihre Plätze auf beiden Seiten des Chorraums ein. Wie in allen Mönchsorden ist ihr Tagesablauf durch Stundengebete, die Horen, strukturiert. Im Zentrum ihres Klosterlebens stehen zudem das Studium und die Predigt zu den Menschen. Zu den Mahlzeiten versammeln sich die Mönche im Refektorium. Fleisch landet dabei nicht auf dem Teller, denn die Speisevorschriften fordern von den Dominikanern Verzicht. Das gilt allerdings nur innerhalb der Klostermauern. Unterwegs ist es den Brüdern durchaus erlaubt „gekochte Speisen mit Fleisch zu essen, damit sie niemandem zur Last fallen". Bei Tisch herrscht striktes Redeverbot und auch sonst fallen im Kloster nur wenige Worte. Schweigen gilt den Dominikanern als wichtige Übung und soll der Kontemplation, also der inneren Einkehr, dienen. Nach dem gemeinsamen Abendessen und einem letzten Nachtgebet, der Komplet, gehen die Ordensbrüder kurz nach Sonnenuntergang im Schlaftrakt, dem Dormitorium, ins Bett.

Lebensgroße Vollplastiken von Dominikanermönchen des 14. Jahrhunderts
Rekonstruktion, Sammlung Europäisches Hansemuseum Lübeck

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Zwischen 1893 und 1896 wird das Burgkloster in ein neu entstehendes Gerichtsgebäude mit Untersuchungsgefängnis integriert. Das obere Stockwerk des ehemaligen Konvents, in dem sich bis 1531 der Schlafsaal der Dominikaner befand, wird abgerissen. Über dem Erdgeschoss entstehen Gefängniszellen und Gerichtsräume. Das gesamte Gebäude erhält eine einheitliche neugotische Außenverkleidung. Im Inneren des Erdgeschosses bleibt die klosterzeitliche Architektur weitgehend erhalten. Ein Fenster im Durchgang bietet Einblick in den restaurierten Kapitelsaal. Ein Ausschnitt in der Außenwand legt zudem einen Teil der mittelalterlichen Fassade frei.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Gefängniszellen
Zu Klosterzeiten befindet sich an dieser Stelle das Dormitorium der Dominikaner. Ende des 19. Jahrhunderts wird das Burgkloster in ein neu entstehendes Gerichtsgebäude mit Untersuchungsgefängnis integriert, das Obergeschoss wird abgerissen und dem West- und Nordflügel werden Zellentrakte mit insgesamt 34 Einzelzellen aufgesetzt. Das Burgkloster ist in seiner Funktion als Gericht und Untersuchungsgefängnis auch ein Erinnerungsort an die Zeit des Nationalsozialismus in Lübeck. Religiös und politisch Verfolgte werden zwischen 1933 und 1945 hier inhaftiert. Im Gerichtsgebäude finden Prozesse gegen Regimegegner statt. Unter ihnen auch vier Geistliche, die später als Lübecker Märtyrer bezeichnet werden, sowie 18 Gemeindemitglieder. Einer von ihnen, Stephan Pfürtner, beschreibt rückblickend die Haftbedingungen in der etwa neun Quadratmeter großen Zelle:
„Neben dem Eingang rechts war der Kübel befestigt, also der Toilettenkasten, der von draußen aus geleert werden konnte. An der rechten Längsseite standen Zellentisch und -schemel aus grobem, aber gehobeltem Holz. Darüber hing ein kleiner Wandschrank. In ihm befanden sich die Esskumme mit Gabel und Löffel, ein Salznapf und ein Holzbrettchen. [...] Auf der linken Längsseite war eine Schlafpritsche hochgeklappt, die nur zur Nacht heruntergelassen werden durfte. [...] Ansonsten gab es nichts mehr in diesem Raum. [...] lediglich noch einige Worte oder Kurzsätze an den Wänden, eingeritzt in die Farbe oder den Putz. Meist waren es kleine Erinnerungszeichen, darunter freilich auch erschütternde Hilferufe, von denen, die vor mir an diesem Ort mit ihren Schicksalen gehadert hatten."

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Biografien des Widerstands - Dr. Julius Leber
Ab 1933 werden zahlreiche Gegner der Nationalsozialisten hier in den Zellen des Untersuchungsgefängnisses im Burgkloster interniert oder in den Gerichtsräumlichkeiten verurteilt. Der bekannteste unter ihnen ist der langjährige Reichstags- und Bürgerschaftsabgeordnete, Lübecker SPD-Vorsitzende und Chefredakteur des sozialdemokratischen Lübecker Volksboten (LV) Julius Leber (1891*-1945†). Der aus dem Elsass stammende Politiker engagiert sich bereits als Jugendlicher in der SPD. Nach Ende des Ersten Weltkriegs kommt er 1921 nach Lübeck und übernimmt die Leitung des sozialdemokratischen Lübecker Volksboten. Schnell wird er zu einer prägenden Persönlichkeit in der Lübecker Politik, ab 1924 als Reichstagsabgeordneter auch deutschlandweit. Als Verfasser scharfer Artikel und talentierter Redner ist Leber ein prominenter Gegner der Nationalsozialisten. Als solcher wird Leber bereits einen Tag nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 im Burgklostergefängnis interniert. Die größten Demonstrationen in Lübeck seit dem Krieg können noch einmal Lebers Freilassung erreichen.

Im März 1933 wird er erneut verhaftet und als angeblicher „geistiger Urheber" eines Totschlags an einem SA-Mann zu 20 Monaten Haft verurteilt. Nach dieser Haftzeit wird er bis 1937 in den Konzentrationslagern Esterwegen und Sachsenhausen festgehalten, danach agiert Leber getarnt als Kohlenhändler von Berlin aus gegen das Regime. Dabei bringt er den militärischen Widerstand um Claus Graf Schenk von Stauffenberg mit Widerstandsgruppen aus der Arbeiterschicht in Verbindung. Julius Leber wird 1944 verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 5. Januar 1945, wenige Monate vor Kriegsende, in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Wie Leber werden bereits 1933 auch andere Lübecker Bürgerinnen und Bürger, die sich zuvor für die Demokratie engagiert haben, in diesen Räumlichkeiten inhaftiert und verurteilt. Auch die Mitglieder des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, eines millionenstarken republikfreundlichen Veteranenverbands, in dem auch Julius Leber Mitglied ist, sind nach dem Verbot dieser Organisation im März 1933 Ziele der ersten nationalsozialistischen Terrorwellen.

Schöffengerichtssaal
Mit den Reichsjustizgesetzen wird 1879 im Deutschen Kaiserreich eine einheitliche Gerichtsordnung eingeführt. In Lübeck soll ein neues, entsprechend repräsentatives und zugleich funktionales Gerichtsgebäude entstehen. Der 1896 auf dem Gelände des Burgklosters fertiggestellte Neubau soll das moderne Rechtswesen, den damaligen Standards entsprechend, nach außen repräsentieren und laut Lübecker Baudeputation «der Würde einer Gerichtsstätte angemessen» sein. Das Gebäude beherbergt Amts-und Landgericht. Sie befinden sich hier im Schöffengerichtssaal, in dem Anklagen geringen Strafmaßes verhandelt werden. Über schwere Straftaten wird im Schwurgerichtssaal geurteilt. Auch beim Schöffengericht sind Laien an der Rechtsprechung beteiligt. Neben einem Berufsrichter urteilen zwei Schöffen über Schuld und Strafe. Schöffengerichte sind heute Teil der Amtsgerichte. Der Schöffengerichtssaal ist mit einer repräsentativen, zwei Meter hohen Holzvertäfelung verkleidet; ein großes Oberlicht erhellt den Raum. Richter, Staatsanwälte und Gerichtsschreiber sitzen auf einem Podium. Hinter dem Richtertisch befindet sich der Zugang zu einem Beratungszimmer. Der Publikumsbereich des Saals ist durch eine Schranke abgetrennt.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Das Hospital entsteht in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und ist als einziges Gebäude des Burgklosters bis heute in seiner ursprünglichen Höhe erhalten. Bereits um 1400 wird es erstmals umgebaut: Das Hospital wird unterkellert und das Erdgeschoss in eine zweischiffige Halle mit schmalem Gang eingeteilt. Die ursprüngliche Bestimmung des Baus ist nicht bekannt, später wird es als Hospiz genutzt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wohnen hier Pfründner, das sind oft wohlhabende Witwen, die sich lebenslanges Wohnrecht und Verpflegung im Kloster erkaufen. Während der Zeit des Armenhauses nach 1531 sind in das Hospital zahlreiche Wohnungen eingebaut. 1893 wird das Gebäude entkernt und erhält seine heutige Geschossaufteilung. Eine Besonderheit des Hospitals ist seine Warmluftheizung, ein Hypokaustum, nicht zu verwechseln mit der römischen Fußbodenheizung gleichen Namens. In der Heizkammer unter dem Raum erhitzt ein Feuer große Findlingssteine. Nachdem das Feuer gelöscht ist, werden Öffnungen im Boden des Raums geöffnet. Dadurch strömt kalte Außenluft durch die Heizkammer und zwischen den heißen Steinen entlang, wird so erwärmt und heizt schließlich den Raum. Unter dem Glasboden sehen Sie die Reste der Brennkammer. Auch der Ostflügel des Klosters kann so beheizt werden, die Reste der dortigen Brennkammer sind allerdings nicht zugänglich. Warmluftheizungen gibt es im Mittelalter häufiger in Rathäusern, Klöstern und in Häusern wohlhabender Bürger. Sie sind vor allem im nördlichen Deutschland und in Teilen Skandinaviens verbreitet. Allein in Lübeck gibt es Spuren von 19 weiteren Heizungen dieser Art. Bei der Restaurierung des Hospitals wurde dem Schmuckfußboden große Aufmerksamkeit gewidmet. Der Zustand des Bodens war äußerst kritisch, er konnte von den Restauratoren jedoch stabilisiert werden.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Skulptur der Maria Magdalena
Mary Magdalene, Kiki Smith (USA), 1994 Silikonbronze, Kette mit Fußring aus Schmiedeeisen

Die Künstlerin Kiki Smith (*1954) verbindet in ihren Arbeiten häufig religiöse Vorstellungen mit überlieferten Frauenbildern. Die Heilige Maria Magdalena, die in der christlichen Ikonografie des Mittelalters und der frühen Neuzeit meist als reuige Sünderin dargestellt wird, zeigt sie nackt, mit behaartem Körper und stolz nach oben gerichtetem Blick, eine zerbrochene Eisenkette am Fußgelenk. Die Figur der Maria Magdalena spielt auch in der Entstehungsgeschichte des Burgklosters eine entscheidende Rolle. Der Legende nach ist es der Heiligen zu verdanken, dass sich die Lübecker in der Schlacht von Bornhöved am 22. Juli 1227 endgültig von der Herrschaft König Waldemars II. von Dänemark befreien können. Das Gelände, auf dem sich die Burg ihres einstigen Stadtherrn befand, übergeben sie den Dominikanerbrüdern. Zu Ehren Maria Magdalenas errichten diese hier mit den Stiftungsgeldern Lübecker Bürger ein Kloster und eine Kirche.

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Marzipan-Speicher Café und Lübecker Marzipan-Speicher

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Die Trave am nördlichsten Punkt der Altstadtinsel

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Malerwinkel mit Blick auf den Lübecker Dom

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024

Holstentorplatz, Holstentor und St. Petri zu Lübeck

 Lübeck die Hansestadt an der Trave, September 2024



Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: