Marchegg

die Storchenstadt im Marchfeld im Weinviertel, Mai 2023

Marchegg ist eine als Storchenstadt bekannte Stadtgemeinde im Bezirk Gänserndorf und gehört formal zum Weinviertel, einem der vier Landesteile Niederösterreichs. Marchegg ist das Beispiel für „Vergangenheit mit der Brücke in die Zukunft“. Die Stadt wurde im Jahr 1268 von König Przemysl Ottokar an der schon damals natürlichen Grenze Marchfluss als Bollwerk gegen die Magyaren erbaut. Aktuelle Forschungsergebnisse beweisen, dass Marchegg im Mittelalter die größte, geplante Stadt im Osten Österreichs war.

Davon zeugen eine Reihe von gut erhaltenen Sehenswürdigkeiten. Die Reste der 8 Meter hohen Stadtmauern rund um Marchegg geben einen Überblick, wie ernst es König Ottokar mit seinen Bestrebungen war, sich und seine Untertanen gegen Feinde abzusichern – rund zehn Jahre vor der letzten großen Ritterschlacht auf heute österreichischem Boden (bei Jedenspeigen). Erhalten sind auch Wiener Tor und Ungartor, ehemals Wachtürme und Zugänge in die Stadt.

 Marchegg, Mai 2023

VON DER STADTBURG ZUM WOHNSCHLOSS
Die kastellartige Stadtburg von Marchegg entstand im 13. Jahrhundert innerhalb der wehrhaften Stadtanlage. Die Burg wurde bis ins 16. Jahrhundert zu einer Befestigung ausgebaut, wobei die Grafenfamilie Salm erstmals Wohnräume errichtete. In der Barockzeit diente das Schloss der Adelsfamilie Pálffy als Lust- und Jagdschloss. Es erhielt die Merkmale eines fürstlich-barocken Repräsentationsbaus. Nach dem 2. Weltkrieg erwarb die Stadtgemeinde Marchegg Schloss Marchegg. Wohnungen und ein Jagdmuseum entstanden. In den Jahren 2020 bis 2022 wurde das Schloss für die heutige Nutzung generalsaniert.

 Marchegg, Mai 2023

Schloss Marchegg liegt am Naturreservat Marchauen. Weitläufige Auwälder, Wiesen und Augewässer sind Heimat von über 500 gefährdeten Tier- und Pflanzenarten, die hier oft ihr letztes Refugium finden. Jahrhundertelang wurde das Gebiet intensiv forstwirtschaftlich genutzt. Nach dem Erwerb durch den WWF und der Ausweisung als Schutzgebiet wurde diese Nutzung zurückgenommen. Große Waldgebiete können sich seitdem natürlich entwickeln und altern. In einem intakten Ökosystem stehen sich Räuber und Beutetiere gegenüber. Weil Beutegreifer wie Wolf oder Luchs fehlen, greift der Mensch ein, um größere Wildschäden an Wald und Wiesen zu verhindern.

 Marchegg, Mai 2023

WEISSSTORCH, STEHEND (ciconia ciconia)
Der Weißstorch ist unverkennbar elegant. Bis auf die schwarzen Schwungfedern und Teile der schwarzen Flügeloberseiten ist er weiß. Seine Beine und der lange Schnabel sind auffällig rot. Bei Jungstörchen sind Beine und Schnäbel noch grau-rosa. Erst mit der Geschlechtsreife bekommen sie die rote Farbe.

 Marchegg, Mai 2023

EIN KÖNIG, ADELIGE & FÜRSTEN
Im 13. Jahrhundert errichtete König Ottokar II. Přemysl als Grenzschutz eine befestigte Burg in Marchegg, die fortan von Adeligen im Dienste der habsburgischen Herrscher verwaltet wurde. Im 16. Jahrhundert wurde Schloss Marchegg erstmals von der Adelsfamilie Salm als Wohnsitz gewählt. 1630 erwarb die ungarische Adelsfamilie Pálffy von Erdöd das Schloss, die es fortan nur für besondere Gelegenheiten nutzte und erst nach dem 1. Weltkrieg dort ständig wohnte. In den 1950er Jahren bewahrte eine Initiative der Marchegger Bevölkerung Schloss Marchegg vor dem Abriss. Seitdem im Besitz der Stadtgemeinde dient es wieder als Verwaltungssitz und Veranstaltungsort wie bereits Jahrhunderte zuvor.

 Marchegg, Mai 2023

1268: KÖNIG OTTOKAR II. PREMYSL
König Ottokar II. Přemysl, dem Franz Grillparzer im Trauerspiel „König Ottokars Glück und Ende" ein Denkmal setzte, gehört zu den bekanntesten österreichischen Herrschern. Als Herzog von Österreich konnte er nach seiner Machtübernahme die einflussreichen Landherren für sich gewinnen und sein Reich von Böhmen bis zur Adria ausdehnen. Eine geschickte Finanzpolitik, die Förderung von Städten, Handel und Verkehr ließen Ottokar zum reichsten Fürsten seiner Zeit werden. 1268 gründete er an der Reichsgrenze die Stadt Marchegg mit einer dazugehörigen Stadtburg. Durch die harte Unterdrückung politischer Gegner im eigenen Reich schuf sich Ottokar persönliche Gegner. Deshalb könnte ein Vergeltungsakt der Grund für die Ermordung Ottokars in der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen im Jahr 1278 gewesen sein.

1451: BERNHARD VON MITTERNDORF
Die Habsburger, als neue Landesherren ständig in Geldnot, verpfändeten die Burg Marchegg bis ins 17. Jahrhundert an treu ergebene Landesfürsten. So wurde Schloss Marchegg im Laufe der Jahrhunderte an viele unterschiedliche Verwalter übergeben, die die Burg in Stand halten mussten. Besonders nach kriegerischen Zerstörungen oder Naturkatastrophen war dies für den jeweiligen Pfandinhaber eine teure Angelegenheit, weil die Burg als Grenzsicherung für zukünftige feindliche Angriffe gerüstet sein musste. 1451 erhielt der königliche Rat und Kämmerer Bernhard von Mitterndorf und sein Sohn Stephan von Kaiser Friedrich III. die Herrschaft Marchegg. Es ist überliefert, dass das Schloss in dieser Zeit „erheblich verbessert" wurde.

1568: NIKLAS III. GRAF ZU SALM
1568 übersiedelte Niklas III. Graf Salm von seinem bisherigen Hauptwohnsitz Schloss Orth nach Schloss Marchegg. Die Grafen zu Salm gehörten zu den bedeutendsten Herrschaftsgeschlechtern am habsburgischen Hof.
Für diese hochadelige Familie mit besten internationalen Verbindungen musste Schloss Marchegg repräsentativ ausgestattet werden. Deshalb wurde die mittelalterliche Burg zu einem Wohnschloss mit modernsten renaissancezeitlichen Architekturformen umgebaut. Eine eigene Treppe für den Empfang von Gästen, ein Wohntrakt für die Gräfin und ein Studierzimmer für den Grafen gehörten zur typischen Ausstattung. Dieser Prunk stand ganz im Gegensatz zu den Untertanen von Graf Salm. Deren Häuser, Gärten und Äcker waren durch ständige Hochwässer und Kriege verödet und wurden deshalb von der Adelsfamilie neu gestiftet.

1621-1948: FAMILIE PÁLFFY VON ERDÖD
Mit der Verschreibung als Lehen an die Familie Pálffy von Erdöd, einem der ältesten ungarischen Adelshäuser, beginnt in Schloss Marchegg eine neue Ära. Graf Paul IV. Pálffy erhielt im Jahr 1630 die Herrschaft Marchegg als erbliches Eigentum, womit das Ende des landesfürstlichen Besitztums besiegelt wurde. Der hohe Wildbestand in den Donau- und Marchauen ermöglichte die Jagd, weshalb das Schloss im 17. und 18. Jahrhundert nur für repräsentative Festivitäten als Jagd- und Lustschloss genutzt wurde. Unter Graf Nikolaus VII. Pálffy, geheimer Rat und ungarischer Hofkanzler, erhielt Schloss Marchegg mit der großen Barockfassade sein heutiges Aussehen. Eine Gartenanlage mit Nutzgärten und Orangerie vervollständigte die typisch barocke Schlossanlage. Kaiserin Maria Theresia war mehrfach in Marchegg zu Gast. Zu ihrer Freude wurde im Festsaal 1766 ein Theater eingerichtet, welches bis 1843 bestand. Nach dem 1. Weltkrieg musste die Familie Pálffy ihren Stammsitz im slowakischen Schloss Malacky verlassen und übersiedelte ins Schloss Marchegg. Nach drei Jahrhunderten im Besitz der Familie wurde das Schloss erstmals zu ihrem Hauptwohnsitz. Mit dem Tod von Fürst Ladislaus Pálffy erlischt die fürstliche Linie und ihre Herrschaft über Schloss Marchegg.

SEIT 1953: STADTGEMEINDE MARCHEGG
Schloss Marchegg war nach Ende des 2. Weltkriegs schwer beschädigt und geplündert worden. Die Erbin, Anna Elisabeth Schönauer, wollte das Schloss veräußern. Als sich kein Käufer fand, stimmte das Bundesdenkmalamt einem Abriss zu. Dagegen regte sich Widerstand in der Marchegger Bevölkerung und Pressemeldungen kritisierten diese Entscheidung. Die Proteste hatten Erfolg: Im Jahr 1957 erwarb die Stadtgemeinde Marchegg mit Hilfe des Landes Niederösterreich und einer Spendenaktion das Schloss. Es folgte die Sanierung und der Einbau von 18 Wohnungen, eines Jagdmuseums als Außenstelle des NÖ-Landesmuseums und kulturhistorischer Ausstellungen.
Nach Schließung des Jagdmuseums wurde es ruhig im Schloss. Erst anlässlich der NÖ-Landesausstellung 2022 wurde Schloss Marchegg aus dem Dornröschenschlaf geholt.

 Marchegg, Mai 2023

BAROCKE JAGD
Die Jagd diente zunächst einzig der Nahrungsversorgung. Mit dem Aufkommen der Landwirtschaft veränderte sich ihr Stellenwert grundlegend. Herrschaftliche Repräsentation oder bloßes Vergnügen rückten zunehmend ins Zentrum. Die Jagd wurde im Mittelalter zum herrschaftlichen Privileg - weite Teile der Natur entzogen sich einer Nutzung durch das „gemeine Volk". Im Barock erreichten der Ausbau dieses Hoheitsrechts und die höfische Jagdkultur ihren Höhepunkt. Dass sich Reste der Aulandschaft in der Nähe zu Wien bis heute erhalten haben, ist der adeligen Jagdlust zu verdanken, denn die kaiserlichen Jagdreviere waren von einer landwirtschaftlichen Nutzung ausgenommen.

Jagdhorn / Krickerl auf Holztrophäenplatten / Rothirschgeweih

 Marchegg, Mai 2023

TREIBJAGD AUF ROT- UND SCHWARZWILD IN DEN DONAUAUEN
Das Wild wurde von Treibern und Meute verfolgt und in ein mit Tüchern oder Netzen abgesperrtes Gebiet getrieben. Am Jagdtag wurde es durch einen Gang, den sogenannten „Lauf", direkt vor die Visiere der Jagdgesellschaft gehetzt. Um weniger treffsicheren Schützen einen Erfolg zu garantieren, führte Kaiser Leopold I. aufwendige Wasserjagden ein, in welchen das Wild durch einen Flusslauf getrieben wurde. Die zur Jagd verwendeten Steinschlossgewehre waren in der Manipulation behäbig. Das langsamer vorankommende Wild gab den Schützen mehr Zeit bei Fehlschüssen nachzuladen oder eine neue Flinte zu nehmen.

 Marchegg, Mai 2023

MARCHEGGER STADTWAPPEN
Das Stadtwappen von Marchegg beruht auf dem ältesten bekannten Siegel der Stadt, das die Heilige Margareta mit einem Drachen zeigt. Auch die Stadtpfarrkirche ist ihr geweiht.

 Marchegg, Mai 2023

Südwestlicher Rundturm (13. Jahrhundert)
Durch die begleitenden archäologischen Forschungen war es möglich, einen Großteil der mittelalterlichen Mauern und Türme der Wasserburg im archäologischen Befund zu erfassen. Die erhaltenen Mauerstrukturen des südwestlichen Rundturmes konnten vollständig freigelegt werden. Die beachtlichen Dimensionen des Turmes mit Außendurchmesser von fast 9 Metern und einer Wandstärke von rund 3 Metern kamen erst bei der Freilegung ans Tageslicht.

 Marchegg, Mai 2023

Mittelalterliche Chroniken berichten von der Stadtgründung durch den böhmischen König Ottokar II. Přemysl im Jahr 1268. Es entstand nach Wien auf 62 Hektar die flächenmäßig größte, mittelalterliche Stadt des Herzogtums Österreich. Diese außergewöhnliche Ausdehnung wird mit der Funktion eines im Grenzgebiet zu Ungarn günstig gelegenen Truppen- und Proviantsammelplatzes erklärt. Über die Jahrhunderte entwickelte sich die Storchenstadt Marchegg zu einem Ort der historischen Schätze, des naturnahen Lebensraumes und zu einem touristischen Geheimtipp.

Das störchigste Schloss Österreichs am Rande der Unteren Marchauen verbindet Natur & Kultur auf ganz besondere Weise und bietet vielfältige Möglichkeiten für abwechslungsreiche Besuche und Ausflüge.

 Marchegg, Mai 2023

Die Planungen der Stadt Marchegg begannen in den Jahren um 1260 nach dem Sieg des Böhmenkönigs Ottokar II. Přemysl über die Ungarn. Als strategische Befestigungsanlage mit einer Stadtmauer von 3 km Länge und drei Stadttoren kam dieser Stadt eine große Bedeutung zu. Heute kann man über den historischen Rundwanderweg die beeindruckenden, bis heute erhaltenen Anlagen besichtigen, sowie das Schloss Marchegg, welches im Zuge der Niederösterreichischen Landesausstellung 2022 generalsaniert wurde.

Das barocke Schloss, welches bis in die 1940er Jahre im Besitz der Fürstenfamilie Pálffy war, zeugt an zahlreichen Stellen von seiner über 750-jährigen Baugeschichte. Teile aus der mittelalterlichen Burganlage um 1268 können im Inneren des Schlosses (Zugang über das Storchenhaus) aus nächster Nähe besichtigt werden.

 Marchegg, Mai 2023

SCHLOSSPARK
Erst mit der Herrschaft der Familie Pálffy ab Anfang des 17. Jahrhunderts ist die systematische Anlage von Gartenanlagen um Schloss Marchegg historisch belegt. Bei Bodenradaruntersuchungen wurde festgestellt, dass der Schlosspark neben Nutzgärten und einem Landschaftsgarten im 18. Jahrhundert eine für die damalige Zeit ungewöhnlich große Orangerie hatte, die heute nicht mehr erhalten ist.

 Marchegg, Mai 2023

Marchegg war im Mittelalter von einer imposanten Stadtmauer mit Wall und Stadtgraben umgeben. Drei Tore führten in die Stadt: das um 1900 abgetragene Groißenbrunnertor (Hainburgertor), das Wienertor und das Ungartor mit seinen gotischen Sitznischen. Die Stadtmauer war mit Zinnen circa 10m hoch und 2m dick. Über 50.000 Ochsenkarren mit Steinen mussten herbeigeschafft werden. Die Mauersteine wurden über Jahrhunderte für Hausfundamente und Straßenbau verwendet.

WIENERTORTURM
Reste des seitlichen Rundturmes des ehemaligen WIENERTORES. Ursprünglich enthielt die Wehranlage 3 befestigte Stadttore mit angebauten Rundtürmen und Zugbrücken. Die Rundtürme dienten als Aufgänge zu den eckigen Tortürmen und als Wohnraum für die Turmwärter. 1802 wurde der letzte Türmer (Brandmelder) entlassen.

 Marchegg, Mai 2023

HAUPTPLATZ: STÄDTISCHES FLAIR
Mit der Anlage einer Lindenallee und eines Parks am Hauptplatz zu Beginn des 20. Jahrhunderts und der Aufnahme des gemeindeeigenen Autobusverkehrs im Jahr 1926 wurde das Ortsbild von Marchegg immer städtischer.

 Marchegg, Mai 2023

Am Hauptplatz von Marchegg befindet sich eines der ältesten Denkmale der Stadt, die Mariensäule. Ursprünglich ein Pranger für die niedere Gerichtsbarkeit, wurde sie erst Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Mariensäule umgewandelt.

 Marchegg, Mai 2023

Der einst größte Hauptplatz Mitteleuropas war wahrscheinlich als Truppensammelplatz oder/und Warenumschlagplatz konzipiert. Daraus ist auch die spezielle Lage der Kirche in dessen Ecke erklärbar. Der Marchegger Heimatforscher Emil Mück vermutete, dass sich bereits vor der Stadtgründung eine kleine Kirche an diesem Ort befunden haben könnte.

 Marchegg, Mai 2023

DAS EHEMALIGE MARCHEGGER RATHAUS
Von 1968 bis 2023 diente das ehemalige Schulgebäude der Stadtgemeinde Marchegg als Amtssitz.

 Marchegg, Mai 2023

Weitere Sehenswürdigkeiten bieten die Stadtkirche Marchegg zur heiligen Margareta mit Ihrem frühgotischen Chor, sowie der Hauptplatz mit dem Ottokar Denkmal. Auf dem Rundweg um die Stadt gelegen befindet sich zudem ein Reihe an interessanten Naturschauplätzen. Der Pulverturm umgeben von Tümpelwiesen, welche heute ein strenges Naturschutzgebiet darstellen, beherbergt wahre Raritäten, wie die Urzeitkrebse, der Triops oder der Feenkrebs.

Ein ganz besonderes Highlight bieten unsere Störche, welche von März bis August direkt auf dem Schlossdach sowie im Schlossareal, in der Stadt Marchegg und auf alten Eichen ihren Nachwuchs großziehen. Die Marchauen entlang des Gebietes von Marchegg beherbergen die größte auf Bäumen brütende Weißstorch-Kolonie Mitteleuropas.

 Marchegg, Mai 2023

JOHANNESSTATUE Hl. Johannes Nepomuk
Im Volksmund früher „Hansl am Weg" genannt, stand dieser BRÜCKENHEILIGE bis ins 19. Jhdt. bei der Marchüberfuhr (Urfahr). Seit 1271 (König Ottokar) befand sich an jener Stelle bis zumindest 1584 eine Brücke. Sockel: Wappen der Palffys und Stadtrichterwappen (leider zerstört). Die zweistufige Grundplatte liegt jetzt unterhalb der Erde.

 Marchegg, Mai 2023

HOCHWASSER IN MARCHEGG, 1899
Am sogenannten Hochwasserstein sind die Daten der schwersten Hochwässer in Marchegg vermerkt.

Unsere grössten Hochwässer
Errichtet von der Stadtgemeinde Marchegg 1949
5,41 ... 1.XI.1787
5,21 ... 7.II.1862
5,15 ... 1768
5,01 ... 7.III.1830
4,98 ... 7.III.1838
4,84 ... 19.IX.1899

 Marchegg, Mai 2023

DENKMAL KÖNIG OTTOKAR II. PŘEMYSL
Anläßlich der 750-Jahre Feier der Stadtgründung von Marchegg wurde im Jahr 2018 ein Denkmal zu Ehren des Stadtgründers König Ottokar II. Přemysl errichtet.

REX PRZEMYSL
II OTTAKARVS
CONDITOR
VRBIS MARCHEGG
MCCLXVIII

 Marchegg, Mai 2023

Freiwillige Feuerwehr Marchegg
mit Abschleppanhänger, Marke/Typ: Humer, Baujahr: 2021

 Marchegg, Mai 2023

Die Statue der Heiligen Elisabeth wurde 1953 in Marchegg aufgestellt und 1969 geweiht. Sie war ein Geschenk des Bundesdenkmalamtes. Die Heilige Elisabeth wurde 1207 als Tochter des ungarischen Königs Andreas II. und seiner Frau Gertrud von Kärnten geboren und ist eine der berühmtesten Heiligen des Mittelalters. Sie war schon mit vier Jahren ausersehen, sich mit dem damals zwölfjährigen Erbprinzen Ludwig zu verloben und mußte bereits mit vier Jahren ihre Heimat Ungarn verlassen. Nach dem Tod des Vaters rückte Ludwig nach und trat das Erbe an. Ludwig liebte Elisabeth und ging mit ihr den Bund der Ehe ein. Das Fundament für eine wahrhaft herausragende Ehe war gelegt. Für die Landgräfin Elisabeth galt das Jesuswort: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25, 40)

Die bekannteste Elisabeth-Legende entstand erst im 15. Jahrhundert und erzählt vom „Rosenwunder“: Als Elisabeth mit einem Korb voll Brot zu den Armen gehen wollte, kam ihr Mann hinterher – aufgestachelt von Leuten, die sie als Verschwenderin bezeichnet hatten. Ludwig deckte den Korb auf, doch dieser war voll blühender Rosen.

Hl. Elisabeth am Kirchenplatz

 Marchegg, Mai 2023

STADTPFARRKIRCHE ZUR HEILIGEN MARGARETA
Der Kirchenbau wurde wie die Stadt Marchegg von König Ottokar gegründet. Am 15. August 1268 übergab er dem Johanniterorden von Mailberg das Patronatsrecht über die Kirche. 1790 erhielt die Kirche den Zubau des niederen Langhauses und 1856 den Kirchturm und damit ihr heutiges Erscheinungsbild.

Der sporadische Besucher ist oft etwas irritiert, die Kirche in der mittelalterlichen Stadt nicht sofort zu entdecken und danach nochmals wegen ihres nicht alltäglichen Erscheinungsbildes. Ersteres erklärt sich durch die spätere Verbauung des einst riesigen Hauptplatzes. Die unterschiedlichen Höhen des Kirchenschiffes werden durch den erst 1790 erfolgten Anbau eines stark verkürzten Langhauses verständlich. Davor war nur der Chorraum nutzbar und durch eine Brustmauer abgeschlossen. Die Architektur eines Gotteshauses aus sehr unterschiedlichen Epochen, wobei der hohe gotische Teil (Chor) als eines der letzten erhaltenen Bauwerke aus der Marchegger Gründungszeit des 13. Jh. zu bewundern ist.

 Marchegg, Mai 2023

Die Kirche als zentraler Punkt bei der Stadtplanung
Durch die Erfahrungen bei der siegreichen Schlacht 1260 gegen den Ungarkönig Bela IV. war der Bau einer befestigten Stadtanlage für Ottokar II. eine strategische Notwendigkeit. Damals waren Leben und Glauben ebenso eine Einheit wie Staat und Kirche. Daher ist auch die Planung der Stadt mit jener der Marchegger Kirche eng verknüpft.

Der Kirchturm (1853-1856) ruht auf 170 Eichenstämmen (Sandboden), da der vorherige Glockenturm nach wenigen Jahrzehnten einzustürzen drohte. Bis 1776 waren die Glocken auch die älteste und größte von 1409 - im Dachreiterturm montiert.

Das Mosaik über dem Kirchentor stellt Christus Pantokrator (= Allherrscher) dar.

 Marchegg, Mai 2023

Glasmalerei Flügeltüre - Die verglaste Flügeltüre wurde 1929 als Windfang eingebaut.

 Marchegg, Mai 2023

Im Mittelalter war es bekanntlich üblich, Kirchen nach der aufgehenden Sonne zu orientieren. (Sonne = Symbol für Christus). Die Ausrichtung erfolgte in 2 Stufen: Zuerst wurde das Langhaus an einem Wochentag vermessen (= weltliche Achse), an einem Sonn- oder Feiertag die Orientierung des Chores (= himmlische, göttliche Achse). Der Knickpunkt als Grenze zwischen Tod und Auferstehung. E. Reidinger errechnet für Marchegg die Daten 5. und 8. April. - Ostern 1268. Bedeutung: Während der Auferstehungsliturgie in den Morgenstunden des Ostersonntags strahlt die aufgehende Sonne durch das hohe Mittelfenster in den dunklen Kirchenraum! Christus ist auferstanden!

Beim Blick vom Eingangsbereich in Richtung Hochaltar ist die Abweichung nach links (Kirchenknick) erkennbar.

 Marchegg, Mai 2023

Der hohe Chor aus den 1260er Jahren zählt kunstgeschichtlich zu den wichtigsten frühgotischen Bauwerken in Österreich. Die Kirche wurde etwa gleichzeitig mit der Stadt von Ottokar II. Přemysl gegründet. Das Vorhaben einer imposanten Kirche könnte auch ein Indiz dafür sein, dass vielleicht Bischof Bruno von Schauenburg hier eine Kathedrale der Diözese Olmütz plante. Die befestigte Stadtanlage samt Kirche ist die einzige des Böhmenkönigs in Österreich und gilt als größte Neugründung im Mittelalter. Urkundlicher Beleg für den Kirchenbau ist folgender Passus in der Patronatsurkunde von 1268: „...deshalb haben wir das Patronatsrecht der Kirche zu Marchegg (apud Marchek), das uns aus dem Titel der Gründung der Kirche zusteht..."

 Marchegg, Mai 2023

Die Kreuzwegbilder stammen von Josef Kessler, einem Schüler Leopold Kupelwiesers aus der Zeit um 1850.

 Marchegg, Mai 2023

Nordseitige Fenster im Langhaus: Hl. Notburga

 Marchegg, Mai 2023

Südseitige Fenster im Langhaus: Hl. Paul vom Kreuz

 Marchegg, Mai 2023

Beim Betreten der Kirche ist man durch das schmucklose, niedrige Langhaus nicht sehr beeindruckt, umso mehr aber beim Gang nach vorne. Der schlanke, hoch aufragende gotische Chorraum lässt sofort erahnen, welch monumentale Kathedrale hier entstehen sollte! Die lichtdurchflutete, dem Himmel zustrebende Architektur der frühen Gotik eine überwältigende emotionale Erfahrung bei den Menschen der damaligen Zeit. Größe und Form ist mit jener des Wr. Neustädter Domes identisch - der weitere Ausbau der Kirche kam aber nach dem Tod des Böhmenkönigs ins Stocken. Das gotische Presbyterium wurde erst um 1330 von den Habsburgern fertiggestellt. Rudolf I. hat bekanntlich 1278 nach der Rettung aus Todesgefahr den künftigen Schutz über die Marchegger Kirche gelobt.

Die Altarnische (Apsis) wird von 5 Seiten eines Achtecks begrenzt. Das Kreuzrippengewölbe endet in einer Höhe von über 14 m. Die Schlusssteine zeigen die hl. Margareta, das Lamm Gottes, ein Blattornament und eine Blattmaske. Von besonderer Wertigkeit auch die beiden erhaltenen Fresken, die den hl. Petrus und den hl. Johannes den Täufer darstellen. Die Mauern und Säulen stammen noch aus dem 13. Jh., das Gewölbe wurde erst im frühen Folgejahrhundert aufgesetzt.

Der mächtige barocke Hochaltar aus dem Jahr 1688 weist eine imposante Höhe auf. Das Schwert des hl. Michael berührt sogar das Deckengewölbe und stützt damit auch die Statue. Verblüffend die hohe handwerkliche Schnitzkunst und alte Maltechnik. Der Eindruck eines steinernen Aufbaues mit zierendem Marmor ist nur Illusion! Der Hochaltar ruht auf dem ehemaligen Altartisch, der von einer alten Grabplatte abgedeckt ist. Inschrift und Herkunft sind leider noch nicht erforscht.

 Marchegg, Mai 2023

Kanzel
Dieser Balkon für den Prediger wurde erst Jahre nach dem Hochaltar um 1725 errichtet. Über dem Schalldeckel ist eine eher seltene Gottvater-Pietà zu sehen -zusammen mit der Taube darunter die ungewöhnliche Darstellung der Hl. Dreifaltigkeit (Trinität). Am Kanzelkorb die Attribute der 4 Evangelisten als Zeichen, dass der Prediger Gottes Wort zu verkünden hat. Löwe (Auferstehung Markus), Adler (Himmelfahrt, Johannes), Mensch (Menschwerdung, Matthäus), Stier (Opfertod, Lukas)

Seltener Seitenaltar im Jugendstil
Eine kunsthistorische Rarität ist dieser secessionistische Altar, der von Pfarrer Franz Groiß 1909 anlässlich seines 25jährigen Jubiläums als Marchegger Pfarrer errichtet wurde. Gebaut von Hans Prutscher, einem Schüler Otto Wagners. Vergoldete Statuen von Josef und Maria sowie deren Eltern Anna und Joachim. Die Christusstatue stammt vom ehemaligen Herz-Jesu-Altar. Neben Gotik und Barock ist als dritte Kunstrichtung damit auch der Wiener Jugendstil in der Kirche vertreten.

 Marchegg, Mai 2023

Oratorium
Dieser Gebetsraum entstand 1790 im Zuge der Errichtung des Langhauses unter Karl Graf Pàlffy ab Erdöd (ab 1807 Fürst). Da die Adelsfamilie nur nach besonderer Genehmigung Messen in der Schlosskapelle feiern durfte, baute man diesen komfortablen Nebenraum, der sogar beheizt werden konnte. (Umgekehrt wurden bei Hochwasser Gemeindemessen im Schloss gefeiert - legendär Kaplan Schwartz als Prediger hinter einem Paravent auf einer Holzkiste!)
Für die Ausstattung des Oratoriums wurden auch Teile eines aufgelassenen Altares verwendet. Samtbezogene Kniebänke sind noch erhalten, ebenso die Abzugsöffnung für das Rauchrohr. Bis in die Nachkriegszeit war der untere Bereich noch offen (hl. Grab) möglicherweise befand sich in diesem höheren Kirchenanbau ursprünglich eine in alten Schriften erwähnte St. Petri-Kapelle.

 Marchegg, Mai 2023

Auch an den gotischen Spitzbogenfenstern ist eine Bauunterbrechung erkennbar. Die schlichte Fensterform stammt aus dem 13. Jh., während die Maßwerke aus späterer Zeit stammen. (Sphärische Dreipässe tauchen erst im 14. Jh. auf!) Die ursprüngliche Glasmalerei ist nicht mehr erhalten, die Fenster wurden in den letzten Kriegstagen zerstört. Nur die farbprächtigen Scheiben in den oberen Maßwerken stammen noch aus älterer Zeit. Die nördlichen Fenster waren für längere Zeit vermauert, die Glasmalerei von 1890 ist als einzige erhalten. Die späte Öffnung des Spitzbogenfensters ist an den hier kreisförmigen Dreipässen erkennbar. Das Mittelfenster wurde nach Errichtung des Hochaltares vermauert.

 Marchegg, Mai 2023

Das dominierende Altarbild der hl. Margareta stammt von Karl Wurzinger, einem Schüler des bekannten österreichischen Malers Leopold Kupelwieser, und stammt aus dem Jahre 1855. Davor befand sich an dieser Stelle das Bild „Erlöser am Kreuze". Bei der Errichtung des Hochaltares 1688, in der Ära des Grafen Johann Pàlffy ab Erdöd, wurde auch oberhalb des Altarbildes das Pálffy-Wappen montiert. Das ovale Marienbild wurde erst später hier angebracht und hing früher an der nördlichen Seitenwand.

An den Seiten links: Hl. Florian, rechts: Hl. Johannes der Täufer

 Marchegg, Mai 2023

Langhaus
Der schmucklose und niedrige Zubau von 1790 ist kunsthistorisch kaum beachtenswert und ist aus rein praktischen Gründen entstanden. An der Südseite, gegenüber dem Seiteneingang, befand sich früher ein Seitenaltar mit den Heiligen Leonhard und Wendelin (Schutzpatrone für Bauern und Vieh), der wahrscheinlich aus einer der Seitenkapellen stammte. Altarteile wurden 2009 bei der Glockenreparatur im Turm entdeckt und gesichert. Das ehemalige Altarbild hängt heute im Eingangsbereich der Kirche.

Die einmanualige Orgel ist klangmäßig der Frühromantik zuzuordnen. Sie ist ausgestattet mit pneumatischer Kegellade, 10 Registern und über vierhundert Pfeifen aus Holz sowie Metall mit unterschiedlichen Anteilen an Blei. Dokumentiert ist der Umbau des Instrumentes im Jahre 1890 durch den Orgelbauer Johann Drabek (Slowakei, damals Ungarn). 1970 war die Orgel nicht mehr bespielbar. Wieder in Betrieb erst ab 2018, nach einer Generalreinigung durch Matthias Müller (D). Unter Mitarbeit freiwilliger Helfer wurden dafür hunderte Arbeitsstunden aufgewendet.

 Marchegg, Mai 2023

Hl. Petrus / Lamm Gottes / Hl. Johannes der Täufer

 Marchegg, Mai 2023

Die hl. Margareta als Kirchenpatronin
Für die Bestimmung der Kirchenheiligen können 3 Gründe maßgebend gewesen sein:
a) Margareta von Babenberg, die erste Ehefrau Ottokars und Schwester Friedrichs II., da zwischen ihnen auch noch nach deren Trennung eine gute Beziehung bestanden haben soll.
b) Sehr wahrscheinlich ist die Danksagung für den glorreichen Sieg Ottokars gegen den ungarischen König Bela IV. im Jahre 1260. Vereinbart war der damals sehr wichtige Margaretentag, der im Prager Bistum am 13. Juli gefeiert wurde. Für den Ungarkönig war es aber der 12. Juli des Passauer Bistums, wodurch sein verfrühter Angriff den Böhmenkönig anfangs in große Bedrängnis brachte.
c) Möglich auch die Entscheidung für die hl. Margareta als Schutzpatronin für Landwirtschaft und Fruchtbarkeit, da das umliegende Gebiet noch urbar gemacht werden musste.
Die Heilige wird zumeist dargestellt mit einem Drachen oder einer großen Schlange zu ihren Füßen als Symbol für die Versuchung durch den Teufel sowie einem Kreuz als Zeichen ihrer Standhaftigkeit. Manchmal sind die Attribute auch Fackel und Kamm (Folterwerkzeuge).

 Marchegg, Mai 2023

Ausrichtung der Kirche
Zum Verständnis muss man sich wieder bewusst machen, dass es ein zentrales Anliegen der Menschen im 13. Jh. war, Bauwerke sichtbar in die göttliche Ordnung der Schöpfung einzubetten. Darum wurden Kirchen in dieser Zeit vorzugsweise Richtung Osten orientiert („Orientierung" von „Orient" im Osten), weil dort nach den Schriften das himmlische Jerusalem oder das Paradies liegen sollte. Der Sonnenaufgang als Symbol für die Auferstehung Christi bietet ebenfalls eine einleuchtende und nachvollziehbare Erklärung für die Anordnung des Altarraumes an der Ostseite der Kirche.

Die Fragen nach dem „Wie" und „Wann" sind recht bald geklärt: Der Zeitpunkt der Absteckung des Grundrisses lässt sich mit etwas Rechenaufwand genau nachvollziehen: Am Gründonnerstag 1268 wurde die Längsachse des Langhauses (weltliche Achse für Laien und Pfarrgemeinde), am Ostersonntag jene des Chorraumes (göttliche Achse Altar, Klerus) bestimmt. Bei Sonnenaufgang wurde ein Pflock in den Boden geschlagen, dessen Schatten die Richtung vorgab. (Bei bedecktem Himmel wurde ein Kompass verwendet.)

Für die Ausrichtung wurde ein besonderer Termin (Tag des Kirchenheiligen, besonderer Festtag) gewählt, in Marchegg war es sogar das kirchliche Hochfest der Auferstehung des Herrn! Rein praktische, ja profane Gründe sprechen für die Vermessung im Frühjahr, da die Bausaison normalerweise nach dem Winter ihren Anfang nahm.
Warum der Chorraum erst drei Tage später abgesteckt wurde, wird ein Geheimnis bleiben! Überliefert ist nur, dass die Vermessung des Presbyteriums grundsätzlich in Anwesenheit eines kirchlichen Würdenträgers stattfand. Der dadurch entstandene Knick in der Kirchenachse ist nichts Einmaliges bei Gründungen in dieser Zeit - eine theologische Begründung ist bislang aber nicht bekannt.

 Marchegg, Mai 2023

UNGARTOR, erbaut um 1268
Das einzige Stadttor, bei dem der Rundturm LINKS angebaut wurde. Beachtenswert das zierliche Spitzbogenfenster an der Innenseite, die gotischen Nischen an der Außenseite sowie die Steinfuge für das Fallgitter.

 Marchegg, Mai 2023

Mit den üppigen Auwäldern, nordwestlich der Stadt gelegen und der March als Grenzfluss zur Slowakei, bietet die Stadt Marchegg mit nur 30 km zur Stadtgrenze Wien oder Bratislava ein kulturelles Ausflugsziel sowie ein Naturparadies mit hohem Naherholungswert. Die neu eröffneten Fuß- und Fahrradbrücke bietet die Möglichkeit die March zu überqueren und in das Nachbarland, die Slowakei zu gelangen. Hier kommt die March als Grenzfluss, eingebettet in die Auenlandschaft als verbindendes Element besonders gut zur Geltung. Um die Region Marchfeld kennen zu lernen, ist die Stadt Marchegg, mit der Anbindung an Rad- und Fußwege ein idealer Ausgangspunkt.

 Marchegg, Mai 2023

Das Zollwachedenkmal - „Der Adler" - weist auf die Bedeutung der March als Grenzfluss hin. Einst war die Flussmitte die Grenze zu Ungarn, heute ist sie Staatsgrenze zur Slowakei. Über Jahrhunderte ermöglichte an dieser Stelle eine Überfuhr regen Handel. Der zweite Weltkrieg brachte eine hermetische Abriegelung der Grenze, 1989 wurde die March wieder eine grüne, unbewachte Grenze.

Zur Erinnerung an den 125. Jahrestag der Gründung der Österreichischen Zollwache, 1830-1955

 Marchegg, Mai 2023

Die March ist eine der ältesten natürlichen Grenzen Mitteleuropas und Österreichs einziger naturnaher Tieflandfluss pannonischer Prägung. Bis ihr Flusslauf reguliert wurde, floss sie in weiten Mäandern durch eine Landschaft aus Auwäldern und Wiesen. Diese natürliche Flussdynamik wird nun wiederhergestellt: Wie einst soll sie sich Richtung Donau schlängeln, gesäumt von Auen, Wiesen und Feldern, die oft für viele Wochen überflutet sind. Die periodischen Hochwässer sind für das Funktionieren der Marchauen mit ihrer außerordentlich vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt (über-)lebensnotwendig.

 Marchegg, Mai 2023

Die Stadt liegt an der March, die die Grenze zur Slowakei bildet, und somit am Ostrand des Marchfeldes. In die Slowakei führen eine Bahnbrücke der Ostbahn (Marchegger Ast) und eine kombinierte Fahrrad-Fußgängerbrücke. Eine Straßenbrücke besteht nicht. Die weiten Marchauen, bei Hochwasser überschwemmt, sind wegen ihrer Flora und Fauna geschützt.

 Marchegg, Mai 2023

Österreich fungierte Anfang der 1970er Jahre als Transitland für auswandernde jüdische Sowjetbürger. Die Auswandererzüge erreichten Österreich an der Grenzstation Marchegg. Hier fand am 28. September 1973 der erste Terrorakt von Palästinensern in Österreich statt. Aus einem Zug mit jüdischen Emigranten wurden vier Geiseln (drei Emigranten und ein österreichischer Zollbeamter) entführt und zum Flughafen Wien gebracht. Nach Zusicherung der Bundesregierung zur Auflösung des Transitlagers in Schloss Schönau wurden die Terroristen am 29. September 1973 ausgeflogen.

 Marchegg, Mai 2023

Die Bedeutung des Ortes
König Ottokar II. ist nachweislich der Gründer von Marchegg und dass er gerade hier eine Stadt anlegen ließ, hat sicher strategisch-politische Gründe. Welche Bedeutung aber das Gründen einer Stadt für die Menschen dieser Zeit darüber hinaus hatte, kann man nur erahnen, wenn man sich bewusst macht, dass Kirche und Gesellschaft - anders als in anderen Epochen eine unauflösliche Einheit bildeten.

Ob jemand gläubig oder ungläubig, religiös war oder nicht, entsprang keiner persönlichen Entscheidung, sondern es galt allgemein als absolute Sicherheit, dass das Leben im Himmel oder in der Hölle endete. Gott war der Schöpfer von Raum und Zeit und wer diese bemessen konnte, konnte sie auch beherrschen.
Wer also ein so großes Gebiet wie König Ottokar in Marchegg vermessen und abstecken konnte, gründete seinen Machtanspruch nicht nur auf rein irdische Argumente, sondern zeigte sich auch in der Lage, die Schöpfung selbst zu beherrschen. Mit seiner Anlage schuf er einen neuen Ort der Sicherheit in einem gefährlichen Umfeld, denn Gottes Schöpfung war - für alle klar sichtbar - auf Gegensätzen aufgebaut: Er schuf die Erde und die Gestirne. Diese Polarität setzt sich fort im Oben, dem ewigen Gottesreich, und im Unten, wo die Menschen in ihrer Vergänglichkeit lebten. Zentrum und Peripherie, geistig und fleischlich, männlich und weiblich - die logische Fortsetzung dieser als Naturgesetze verstandenen Gegensätze.

Auf die Landschaft übertragen bedeutete das: Die Stadt mit ihrer Mauer ist das positive Gegenstück zur davor liegenden Wildnis, dem Wald und der Au mit seinen wilden Tieren und vielen anderen Gefahren. Die Kirche bildete dabei den Mittelpunkt der Stadt und wehrte ihrerseits alles Böse durch monströse steinerne Wächter an der Fassade ab (die in Marchegg leider nicht realisiert wurden). In ihrem Schatten drängen sich die schutzbedürftigen Häuser. Vor diesem geistigen Hintergrund wird klar, warum trotz aufwändiger Rekonstruktionsversuche viele Fragen zur Wahl des Ortes, der Lage der Kirche usw. ein Geheimnis bleiben dürften, denn sie sind sicher nicht zufällig gewählt. Neben den Fragen nach dem „Was" und „Wann" bleibt auch die Frage: „Was war zuerst?"

 Marchegg, Mai 2023

Marchegg gilt als erste geplante mittelalterliche Stadtanlage Österreichs. In Zeiten der Superlative, wo es aus marketingtechnischer Sicht immer wichtiger wird, in irgendeiner Form größer, älter, stärker oder sonst wie besser sein zu müssen als alles andere, hat diese Stadt also einen gewissen Wettbewerbsvorteil gegenüber allen anderen Städten im Land. Worin aber besteht das „Besondere" für die Besucherinnen und Besucher dieses Präzedenzfalles von Stadtentwicklung, wenn man - wie man zugeben muss - von dieser Einmaligkeit auf den ersten Blick nur wenig bis gar nichts sieht?

Dem unbefangenen Blick eines Gastes bietet sich ein dörflich anmutendes Städtchen mit einer nicht vollständig erhaltenen Stadtmauer, einer im 18. Jh. zum Barockschloss umgestalteten Burg und einer Pfarrkirche, deren Äußeres im ersten Moment auch kein einmaliges Kulturjuwel vermuten lässt. Und trotzdem - oder gerade deswegen - kann uns dieser Ort Einblicke in das Leben und Denken einer Kultur geben, die von vielen rückständig, altertümlich, rätselhaft oder - mit anderen Worten - eben als mittelalterlich bezeichnet wird.

Dieses Mittelalter beginnt mit dem Ende der Antike mit ihrer römischen Hochkultur und endet zuerst im Italien des 15. Jh. mit der Renaissance, die sich künstlerisch auf antike Vorbilder bezieht und diese noch zu übertreffen versucht. Erst die Menschen dieser späteren Kultur drückten dem Mittelalter den Stempel des kulturell Mittelmäßigen auf. Einigen Geheimnissen dieser oft zu Unrecht als „dunkles Zeitalter" bezeichneten Epoche können wir beim Besuch der wenigen steinernen Zeugen in Marchegg - allen voran der Pfarrkirche - auf die Spur kommen.

 Marchegg, Mai 2023



Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: