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Das Museum der Bezirkshauptstadt Neunkirchen lockt
mit seinen umfangreichen Sammlungen, die in 15 Schauräumen ansprechend
präsentiert werden. Stadt- und Bezirksgeschichte, seltene
archäologische Funde sowie eine der größten Fossiliensammlungen der
Region werden hier erlebbar.
Das Städtische Museum (Stadt- und Bezirksmuseum von Neunkirchen)
befindet sich heute in einem Gebäude mit großer Geschichte. Denn in
diesem Haus, hier in der Stockhammergasse 13, in dem man heute eine
Tour durch die vielfältigen Sammlungen des Museums machen kann, lebte
früher einer der einflussreichsten Bürgermeister von Neunkirchen Dr.
Emil Stockhammer (1840- 1911). Zweifellos bestand hier schon lange ein
Gebäude, als Dr. Stockhammer sich in den 1870ern dazu entschließt, sich
hier niederzulassen und Haus und Garten nach seinen Vorstellungen
umgestalten zu lassen. Noch heute ist das denkmalgeschützte Gebäude im
Wesentlichen im Zustand des 19. Jhdt. erhalten. Auch ist Dr.
Stockhammer bereits zu Lebzeiten ein großer Förderer der Idee zur
Errichtung eines Museums umso bedeutungsvoller ist die Tatsache, dass
die Sammlungen nun in seinem Wohnhaus untergebracht sind. Doch wie kam
es überhaupt zur Gründung eines Museums in Neunkirchen, wieso
übersiedelte dieses hierher und wie entwickelten sich Sammlung und
Ausstellung? All diesen spannenden Fragen wird auf der nun folgenden
kurzen Zeitreise nachgespürt werden, die uns zurück an den Beginn des
20. Jhdt. führt.
Das Neunkirchner Localmuseum (1911-1917)
So verwunderlich es auch anmuten mag, die Tatsache dass es heute
überhaupt ein Museum in Neunkirchen gibt, ist einem jüdischen
Volksschullehrer zu verdanken Heinrich Mose. Mose wird 1852 als Sohn
einer jüdischen Hausiererfamilie in Mattersburg geboren und ist ab 1874
Lehrer im Bezirk Neunkirchen (zuletzt an der heutigen Steinfeld
Volksschule). Für ihn, als traditionell aufgewachsenen Juden, sind
Bräuche und Geschichte der Region fremd und faszinierend. So beginnt
der junge Mose mit großem Eifer das Brauchtum aber auch die Geschichte
des Bezirks Neunkirchen zu sammeln und aufzuzeichnen. Bereits seit 1893
verfolgt Mose das Ziel der Gründung eines „Localmuseums". Im Rahmen
einer, im Jahre 1910 im Stadtpark abgehaltenen, Gewerbemesse,
organisiert Mose schließlich eine Ausstellung über das Zunftwesen in
Neunkirchen. Da sich diese Ausstellung einer unglaublichen Beliebtheit
unter der Bevölkerung erfreut, unterstützt der Neunkirchner
Bürgermeister Dr. Emil Stockhammer nun den Plan zur Errichtung eines
Museums in 2 Räumen des Rathauses. Das Museum wird am 25.9.1911
gegründet und 1913 eröffnet. 1914 wird Mose, der nun als Pensionist in
Wien lebt, zum ersten „Custos der Marktgemeinde Neunkirchen" ernannt.
Niedergang und Wiederaufbau (1917-1931)
Leider hat dieses erste Museum keinen langen Bestand, da es in den
Wirren des 1. Weltkriegs 1917 kurzerhand einer Brotkarten-Vergabestelle
weichen muss. Das gesamte Museum wird hastig leer geräumt, wobei vieles
verloren geht oder zerstört wird. Nach dem Tod von Mose 1920 gibt es
aber auch niemand mehr, der sich des Museums angenommen hätte. Die
Zeiten sollten sich erst wieder ändern mit dem Engagement des
akademischen Malers und Konservators des Bundesdenkmalamts, Prof. Fritz
Weninger. Bei der Restaurierung der Sonnenuhr am Bräuhaus kommt er
erstmals mit der Geschichte des Museums in Kontakt. Auf eine Anfrage
bei Bürgermeister Zangerl werden ihm 1926 die alten Museumsbestände auf
einem Dachboden gezeigt. Sofort beginnt er ein Inventarbuch anzulegen,
die alten Stücke zu restaurieren und neue zu sammeln. Dabei helfen ihm
Alexander Willburger, der Oberlehrer Karl Pataczek und der Zuckerbäcker
Rudolf Stalla. 1927 wird Weninger zum Kustos eines Museums gemacht, das
noch gar nicht existiert. Mit Genehmigung der Stadt kann Weninger das
Museum unter dem Namen ,,Städtisches Museum Neunkirchen" aber 1931 in
seinen alten Räumen im Rathaus wiedereröffnen.
Das Städtische Museum Neunkirchen (1931-1959)
Als das Städtische Museum Neunkirchen im April 1931 im Rathaus eröffnet
wird, werden auch Karl Pataczek und Rudolf Stalla von der Gemeinde zu
Kustoden bestimmt. Bis 1944 leiten die 3 Kustoden das Museum gemeinsam
und die Grundsteine aller heutigen Sammlungen des Museums werden in
dieser Zeit gelegt von den Mineralien und Fossilien über die Naturkunde
und Archäologie bis zur Geschichte und Volkskultur. Das neue Museum
wird vorbildlich geführt und die Sammlungen konstant erweitert, so dass
selbst 5 Räume im Rathaus nicht mehr genug Platz bieten. Daher wird von
der Tochter des 1911 verstorbenen Bürgermeisters Stockhammer dessen
altes Wohnhaus erworben. Während Leopoldine Stockhammer noch einen Teil
des Hauses bewohnt und als „Aufseherin" fungiert, wird ein Großteil des
Hauses als neues Museum eingerichtet und 1940 eröffnet. Durch die
Ereignisse des 2. Weltkriegs sterben bzw. verziehen 2 der Kustoden und
Weninger wird 1947 als neuer Mitkustos der akademische Maler Karl
Steiner zur Seite gestellt. Aufgrund von Reibereien zwischen den
Kustoden verlässt Weninger 1951 das Museum. In den folgenden Jahren
wechseln sich neben Steiner einige Kustoden ab (Julius Seiser, Karl
Bous), wodurch es häufig zu Unterbrechungen der Inventurarbeit kommt.
Erst als K. Schmidl 1955 neuer Mitkustos wird, beginnen neue
Veränderungen.
Das Neunkirchner Heimatmuseum (1960-2010)
Als Karl Steiner 1957 das Museum verlässt, beschließt sein bisheriger
Mitkustos, der Volksschuldirektor Karl Schmidl, das Museum alleine
weiterzuführen. Mit der Hilfe des N.Ö. Landesmuseums beginnt er mit
Umbauarbeiten. So werden auch die Wohnräume der mittlerweile
verstorbenen Leopoldine Stockhammer als Museumsräume eingerichtet. Für
den Kustos und seine Familie wird ein Einfamilienhaus im Garten des
Museums erbaut und die Sammlungen werden mit Experten des Landes NÖ neu
gestaltet. 1960 wird das Museum, nach längerem Umbau, nun als
„Heimatmuseum" neu eröffnet, da diese Benennung dem Zeitgeist
entsprechen soll. In dieser Zeit erfährt das Museum große Beliebtheit
und erlebt Besucherzahlen von bis zu 2000 Personen im Jahr. Nach
Schmidls Tod 1976 leitet seine Frau das Museum, bis 1977 der Lehrer
Dietmar Brenner den Kustodenposten übernimmt. 1979 werden die
Schriftbestände als Stadtarchiv vom Museum getrennt. 1986 werden die
Ausstellungsräume zur Archäologie und Paläontologie leer geräumt, um 2
Sonderausstellungsräumen Platz zu schaffen und die Sammlungen wandern
ins Depot. Mit der Zeit kommen auch die Ausstellung und der Museumsbau
in die Jahre und werden für Besucher zunehmend uninteressant.
Das neue Städtische Museum Neunkirchen (2011)
2007 übernimmt der damalige Student Peter Pesseg, der bereits seit 2005
im Museum mitarbeitet, die Leitung von Dietmar Brenner. Umfangreiche
Erneuerungsarbeiten stehen zunächst im Museum an, wie
Trockenlegungsarbeiten, eine Holzwurmbekämpfung oder der Einbau einer
Alarmsicherung und einer Deckenheizung für den ganzjährigen Betrieb. Es
wird mit der Neuinventur der Sammlungen und der Einrichtung der Depots
begonnen. Nachdem Peter Pesseg 2010 aus beruflichen Gründen sein
Kustodenamt niederlegt, wird das Museum heute wieder von 2 Kustoden
geführt. Zwischen 2010 und 2015 wird die komplette Schausammlung im
Haupthaus neu gestaltet und die Archäologie neu eingerichtet. Die
Freiluftanlagen und der Garten werden komplett erneuert. Im Zubau
entstehen 3 Räume, die sich der Naturkunde widmen. Um all diesen
Veränderungen gerecht zu werden, erhält das Museum 2011 seinen alten
Namen „Städtisches Museum" zurück, der es als Stadt und Bezirksmuseum
mit einer breiten Palette an Themen ausweist. Um den, in etwa 2000,
Besuchern pro Jahr, ein abwechslungsreiches Programm zu bieten, werden
jährlich 2 Sonderausstellungen (April und Oktober) und ein Römerfest im
September abgehalten. Alle diese Aktionen machen das Museum heute
wieder zu einem modernen und belebten Ort.
Der ERSTE Neunkirchner
Bei einer Ausgrabung am Grundstück des Optikermeisters Vogelhuber
(Triesterstraße/Zeil), im Jahr 2011, wurde nicht nur die Reste eines
römischen Hauses entdeckt, sondern auch eine HOCKERBESTATTUNG unterhalb
eines der Hausfundamente. Da die Sitte einer Bestattung in Hockerlage
im römischen Reich mehr als ungewöhnlich war und weitere datierbare
Beigaben fehlten, wurde das Skelett C14 datiert und anthropologisch
untersucht. Diese Untersuchungen ergab, dass das hier ausgestellte
Skelett einstmals zu einem bei seinem Tod etwa 25 Jahre alten Mann
gehört hatte, der etwa 5300 Jahre vor heute lebte. Der Grund seines
Todes ist aber leider nicht mehr bestimmbar.
Vor 5300 Jahren, einer Zeit in der auch Ötzi lebte, begann in
Mitteleuropa gerade eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte - das
Äneolithikum, oder Kupfersteinzeit. Hier begann der Mensch erstmals das
Metall Kupfer herzustellen und zu verarbeiten. In der Region des
südlichen Niederösterreichs herrschte zu dieser Zeit der Materialkreis
der Badener Kultur vor. Eine Kulturgruppe die nach ihrem ersten
Fundort, der Königshöhle in Baden (NO), benannt ist.
Die Steinzeit 350.000-4000 vor Christus
Die Steinzeit hatte zwei wesentliche Abschnitte, die Altsteinzeit oder
Paläolithikum und die Jungsteinzeit oder Neolithikum. Die Menschen des
Paläolothikums (Altsteinzeit) gehörten Jäger- und Sammlerkulturen an,
die nomadisch durch die eiszeitlichen und nacheiszeitlichen Gebiete
streiften. Auf Grund dieser nicht sesshaften Lebens- weise sind auch
Funde aus diesem Abschnitt der Menschheitsgeschichte ausgesprochen dünn
gesät. Die von ihnen verwendeten Materialien des täglichen Lebens
bestanden aus Stein oder organischem Material, wie Leder, Horn, Knochen
und Pflanzenfasern. Die Kunst der Töpferei war ihnen noch fremd. Im 6.
Jahrtausend vor Christus geschah nun etwas, das Archäolog die
„Neolithisierung" nennen. Hierbei handelte es sich um das Entstehen der
ersten bäuerlichen, sesshaften Kulturen in unseren Breiten. Dieser
Vorgang wurde vermutlich durch das Einwandern von,,Bauern" aus dem
Gebiet des heutigen Anatolien ausgelöst. Die neolithische Lebensweise
brachte viele Vorteile, da nun Zeit blieb, sich auch um andere Dinge
als die Nahrungsbeschaffung zu kümmern. Daher erfolgten in dieser Zeit
bahnbrechende Erfindungen, wie etwa die Entdeckung Keramikherstellung
oder der Weberei. der
Die Bronzezeit 4000-800 vor Christus
Der eigentlichen Bronzezeit geht die sogenannte Kupferzeit voran. Im 4.
und 3. Jahrtausend v. Chr. ist es nun dem Menschen das erste Mal
möglich, Gebrauchsgegenstände nach eigenem Willen zu formen, ohne auf
natürliche Gegebenheiten des Materials Rücksicht nehmen zu müssen.
Kupfer war jedoch noch kein Gebrauchsgut für jedermann, daher waren
daraus gefertigte Werkzeuge Statussymbole, die nur ranghohe Personen
oder Stammesführer besaßen (z.B. „Ötzi"). Durch längeres
Experimentieren mit dem Material Kupfer kamen die Menschen der
damaligen Zeit schließlich zu der Erkenntnis, dass durch die Beigabe
von Zinn ein härteres und strapazierfähigeres Metall entstand, die
Bronze. Diese war auch namens gebend für diese Epoche. Doch nicht nur
das verwendete Material änderte sich bzw. entwickelte sich weiter.
Durch Grabformen und die Art der Beigaben wird deutlich, dass sich auch
die Gesellschaft änderte und sich Rangordnungen herausbildeten. Der
Fernhandel nahm zu und die ersten mediterranen Einflüsse machten sich
bei uns bemerkbar.
Die Eisenzeit 800-15 vor Christus
Die Eisenzeit ist die letzte urgeschichtliche Epoche. In diesem
Abschnitt der Geschichte setzten sich die sozialen und
materialtechnischen Entwicklungen, die bereits in der Kupferzeit
begonnen hatten, fort. Der Wissenschaftler unterscheidet hier zwischen
der frühen Eisenzeit, der Hallstattzeit und der späteren Eisenzeit, der
Latenezeit.
Es kam in der nun seit mehreren Jahrtausenden bestehenden
Metalltechnologie zu einem weiteren Durchbruch. Durch verbesserte Öfen
war es jetzt möglich, Temperaturen von 1500°C zu erreichen, was dazu
führte, dass nun erstmals das weit verbreitete Eisenerz gewonnen werden
konnte. Anfänglich noch als Schmuck gebraucht, erkannten die Menschen
bald die unglaubliche Vielseitigkeit dieses Materials, das die Bronze
bald aus dem Werkzeug- und Waffensektor verdrängen sollte. Da Eisen in
weitaus größeren Mengen leichter als Kupfer gewonnen werden konnte, war
es ein Material für jedermann. Das führte auch zu gesellschaftlichen
Umbrüchen, die eine Welle von Kriegen mit sich brachten und die
Gesellschaftssysteme neu ordneten.
Von Handwerkern und Zünften: Wirtschaftsgeschichte Neunkirchens von 1300 bis 1800
Die Entwicklung von Neunkirchens Wirtschaft und Gewerbe in seiner
heutigen Form beginnt schon im Mittelalter. Während die umliegenden
Orte bäuerlich geprägt sind und vor allem der Landwirtschaft dienen,
erfüllt Neunkirchen den Zweck eines Marktplatzes. Obwohl der Marktort
bis 1920 nicht zur Stadt erhoben wird, entwickelt sich hinter seinen
Marktmauern doch so etwas wie städtisches Leben. Schon 1342 sind einige
Gewerbe nachgewiesen, wobei vor allem Fleischhauer und Schmiede
dominieren. Im Lauf der Zeit siedeln sich alle Handwerke in Neunkirchen
an, die man auch in größeren Städten findet vom Tischler über den
Hafner bis zum Hutmacher. Diese Gewerbe organisieren sich schon bald in
Zünften, welche das Neunkirchner Wirtschaftsleben kontrollieren. Mit
dem Beginn
der Industrialisierung und der Massenfertigung um 1800 verliert das
Handwerk und mit ihm auch die Zünfte langsam an Bedeutung. Im Lauf des
20. Jh. schwindet auch deren letzter Einfluss angesichts neuer,
globaler Wirtschaftsformen.
Vom Schusterhandwerk in früherer Zeit
Auch in Neunkirchen siedeln sich bereits seit dem Spätmittelalter
Schuster an. Ihre Arbeitstechniken verändern sich bis zur Mitte des 20.
Jh. kaum. Folgende Arbeitsschritte sind in einer Schusterwerkstätte der
früheren Zeit nötig:
1.) Nachdem der Schuster sich auf seinem Schusterschemel niedergelassen
hat und das Licht der Schusterlampe mit einer Golingkugel zu seinem
Arbeitsplatz hin bricht, beginnt er mit dem Vernähen der Lederstücke
des Oberteils des Schuhs, was ab 1900 zunehmend mittels
Schusternähmaschinen geschieht.
2.) Der Schuster nagelt die Brandsohle (innere Sohle) auf die
Unterseite eines Leisten und zieht das Oberteil darüber, bis es die
Sohle überlappt.
3.) Nun wird mit einer gebogenen Ahle vorgestochen und anschließend das
Oberleder mit einer krummen Nadel mit der Brandsohle vernäht.
4.) Die Nägel werden aus der Brandsohle gezogen. Eine Hauptsohle wird
mittels eines kleinen Hammers mit Holznägeln aufgenagelt. Deren
Überstände werden später im Inneren des Schuhs abgeraspelt. Diese
Laufsohle wird anschließend mit dem Kneipmesser abgerundet.
5.) Der Leisten wird entfernt. Große Flügelnägel (Mausköpfe) werden mit
einem großen Hammer in die Sohle genagelt, um mehr Profil zu geben.
Das Tischlerhandwerk
Aus dem ursprünglichen Zimmermannsgewerbe entwickelt sich im Lauf der
Zeit die Tischlerei. Auch in Neunkirchen sind Tischler schon im 16. Jh.
nachgewiesen. Sie führen alle geleimten Holzarbeiten aus, fertigen vor
allem aber Möbel. Lange Zeit werden alle Arbeitsschritte von Hand
verrichtet. Erst seit etwa 60 Jahren gibt es Hobelmaschinen. In den
Jahrhunderten davor arbeitet der Tischler an seiner Hobelbank, an der
auch stets seine Spannsäge und einige Leimzwingen griffbereit hängen.
Zum Messen und Markieren verwendet er einen Holzzirkel. Sein
wichtigstes Werkzeug aber ist der Hobel. Mit der Raubank (Langhobel)
kann der Tischler Hölzer glätten, ohne dass der Hobel an Verwachsungen
oder Löchern hängen bleibt. Mit dem Schlichthobel können feinere und
mit dem Schupphobel gröbere Arbeiten verrichtet werden. Daneben gibt es
eine ganze Palette von Hobeln für verschiedenste Arbeiten. An der
Hanselbank können schließlich mit dem Schneidmesser Arbeiten ausgeführt
werden, bei denen das Holz gespalten werden muss. Durch das Aufkommen
computergesteuerter Maschinen hat sich auch das Tischlergewerbe in den
letzten Jahrzehnten stark verändert.
Die Cotton-Druckfabrik Neunkirchen
Bereits 1802 wird diese älteste Fabrik Neunkirchens von Josef Hohenemer
im Bereich zwischen Alleegasse und heutiger Stockhammergasse an der
Stelle einer alten Mühle gegründet. Nach mehreren Verkäufen fällt die
Fabrik 1808 zunächst an die Gebrüder Blum, 1823 an die Schweizer Firma
Vaucher du Pasquier & Cie. Zu jener Zeit wurde noch händisch mit
Handdruckmodeln gedruckt, überwiegend Baumwoll- oder Möbelstoffe. Sehr
beliebt ist dabei immer der Blaudruck, der durch ein Reserveverfahren
erfolgt. Dabei wird auf den Stoff eine Schutzmasse mit Modeln
aufgedruckt, der sogenannte Papp, danach wird der Stoff mit Indigo
gefärbt und der Papp wieder ausgewaschen. Zurück bleibt ein weißes
Muster im blau gefärbten Stoff. Die Farbe erschien zunächst Braun, erst
durch ein Entwicklungsbad und Luftzufuhr (Oxidation) erhält der Stoff
das strahlende Blau. Um ein besonders schönes Blau für den Druck zu
erhalten, ist ein Mischverfahren entscheidend, dies war jedoch stets
Betriebsgeheimnis.
Von 1867 bis 1929 wird die Fabrik als k.k. priv. Neunkirchner
Druckfabriks-Aktien- Gesellschaft geführt. Ab dann war die Druckfabrik
stets modern geführt und konnte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts die
neue Methode des Rouleauxdruckes einsetzen. Hierzu benötigt man die
Kupferwalze mit eingraviertem Muster, die die Farbe auf den Stoff
schneller auftragen kann, als ein einzelnes Handmodel. Die
Massenfertigung war möglich und die Bestellbücher mit Druckmustern
wurden immer dicker. Eine rege Entwicklungstätigkeit im Austausch mit
ausländischen Firmen sowie ein internationaler Absatzmarkt ließen die
Druckfabrik bis zur Jahrhundertwende florieren. Eine große Bandbreite
an bunten Druckmustern, die immer mit der Mode gingen, ist bis heute in
bester Farbqualität erhalten. Im Zuge des Ersten Weltkrieges und der
Weltwirtschaftskrise musste auch diese Textilfabrik im Sommer 1929 ihre
Pforten schließen.
Die Spinnfabriken in Neunkirchen
Neben der Rohrbacher Spinnerei befanden sich auf dem heutigen
Stadtgebiet Neunkirchens zwei weitere Spinnereibetriebe. Die
Eltzfabrik, 1827 durch die Gebrüder Eltz erworben, war idealerweise vom
Standort her (ehemalige Mühle) an die Wasserversorgung angebaut. Später
wurde im Bereich des Hammerbaches eine weitere Spinnfabrik errichtet.
Dies ermöglichte durch effiziente Maschinen eine äußerst
produktionsstarke Fabrik. Es wurde nicht nur Baumwolle versponnen,
sondern auch gewaschen, gedampft und gebleicht. Die Fabrik umfasste zu
ihrer Höchstzeit 1912 eine Weberei, eine Spulerei, einer Facherei und
eine Zwirnerei. Trotz wiederholter Beschädigungen durch Brände kann das
Werk bis 1930 bestehen.
Die zweite Spinnfabrik Neunkirchens befand sich in der Talgasse. Die
Produktion war jedoch sehr klein und wenig professionalisiert, weshalb
die Firma sehr bald, in Zeiten der Baumwollverknappung in Amerika,
schließen musste.
Die Nachnutzer jener Fabrik bauten jedoch ein blühendes Geschäft auf
die Ultramarinfabrik. Dieser künstliche Farbstoff war kompliziert
herzustellen und dieser Vorgang war auch nicht ganz ungefährlich. Die
giftigen Substanzen, die das umliegende Erdreich verseuchen, sind bis
heute berüchtigt. Ultramarin ist ein mineralisches Pigment, das aber
auch künstlich hergestellt werden kann. Dies erfolgt durch Mischen von
Quarz, Kaolin, Soda oder Natriumsulfat, Schwefel und Holzkohle. Diese
„Zutaten werden fein gemahlen, in eigenen Öfen gebrannt, gesiebt und in
Würfel oder Kugeln gepresst. Die Neunkirchner Fabrik konnte ein
derartig hochwertiges künstliches Ultramarin erzeugen, dass sie ihr
Produkt in alle Welt verkauften. Dieses Ultramarin, auch bekannt als
Waschblau, diente zum Bleichen von weißer Wäsche, vor allem wenn sie
vergilbt ist. Was den heutigen Waschmitteln bereits zugesetzt wird,
musste damals in einem eigenen Arbeitsschritt erfolgen.
Teilnehmerplakette der Neunkirchner Druckfabrik an der Weltausstellung Wien 1873
Von Marktrichtern zu Bürgermeistern
Bereits seit dem Mittelalter leitete die Verwaltung des Marktes der
„innere" Marktrat, der aus zehn Mitgliedern bestand. Alle Ratsherren
mussten angesessene Bürger sein und entstammten den einflussreichsten
Patrizierfamilien Neunkirchens. Alljährlich am Neujahrstag wählte der
Rat einen aus seiner Mitte zum Marktrichter. Der Richter wurde nur für
ein Jahr bestimmt, konnte aber immer wieder gewählt werden. Der
Marktrichter leitete die Verwaltung der Marktgemeinde und hatte auch
die Rechtssprechung inne. Unter seinem Vorsitz versammelte sich der
Marktrat im Rathaus, um über die allgemeinen Interessen des Marktes
(Handel, Steuerwesen, Verteidigung,...) zu beraten. Der Marktrichter
hatte auch die Landesgerichtsbarkeit inne und durfte Übeltäter im
ganzen Bezirk verhören und verurteilen. Dieses System änderte sich vom
Mittelalter bis 1849 nicht. Erst mit der zunehmenden staatlichen
Institutionalisierung wurde der Marktrat zum Gemeinderat und das Amt
des Marktrichters wurde abgeschafft. Die Verwaltung des Marktes wurde
nun einem Bürgermeister übertragen, während die Rechtssprechung an das
neu gegründete Bezirksgericht überging. So wurde der letzte
Marktrichter 1850 zum ersten Bürgermeister.
Von Ratstischen und Schandblöcken
Auch wenn es ein Blutgericht (Hinrichtungen) nur in Wr. Neustadt gab,
so hatte der Neunkirchner Marktrichter doch zumindest die Macht auch
solche Urteile auszusprechen. Deshalb standen ihm auch gewisse
Statussymbole, wie das Richtschwert und die Richterstäbe, zu. Als
Oberhaupt des Marktrats oblag ihm auch die Verwaltung des Marktes.
Sowohl für Verwaltung wie auch Rechtssprechung wurden gewisse
Gegenstände benötigt:
1. Ratstisch und Sesseln: Die Objekte stammen aus der Zeit um etwa 1690
und standen im alten Rathaus. Hier tagte der Marktrat. Daher gab es
ursprünglich 12 Sesseln, 2 sind jedoch verschollen.
2. Die Richterstäbe: Sie symbolisierten den Status des Marktrichters als Vorsitzender des Marktrates.
3. Schandblock des Marktes Neunkirchen: In ihm wurden bis zu 3
Verbrecher mit den Füßen eingespannt und vor dem Pranger am Hauptplatz
ausgestellt. Er stammt aus dem Jahr 1698. Es handelt sich dabei um den
ältesten erhaltenen Schandblock Niederösterreichs.
Krieg und Frieden in Neunkirchen
Seit dem Einfall König Belas IV. von Ungarn Mitte des 13. Jhdts. liegt
Neunkirchen auch selbst immer wieder im Zentrum kriegerischer
Ereignisse und erleidet Zerstörungen. Die Verteidigung eines Marktes
wie Neunkirchen wird vor allem durch eine starke Marktmauer und
Verteidigungspflicht der Bürger gewährleistet. War das Führen von
Waffen im Mittelalter nur der Kriegerklasse, den Rittern, vorbehalten,
so entwickeln sich in der Frühen Neuzeit erstmals angeworbene
Söldnerheere. Ein solches Heer von Landsknechten ist im Winter 1625,
während des 30-jährigen Krieges, in Neunkirchen einquartiert, wo es der
Bevölkerung durch Plünderungen zu schaffen macht. Im Laufe des 18.
Jhdt. werden Söldner durch die Einziehung aller männlichen Bürger zum
Dienst in einem stehenden Heer verdrängt. Parallel dazu schreitet auch
die Waffentechnik voran. Gebrauchstüchtige Gewehre entwickeln sich seit
dem Ende des Mittelalters von den großen Hakenbüchsen mit Luntenschloss
um 1500 über aufziehbare Radschlossgewehre bis zu den
Steinschlossgewehren um 1700. Diese werden 1840 durch den bis heute
gebräuchlichen Zündnadelmechanismus ersetzt.
Modell der Pestsäule Neunkirchen aus dem Jahr 1723
Dieses Modell der Pestsäule wurde 1723 in der Pfarrkirche ausgestellt, um Spenden für den Bau der Pestsäule zu sammeln.
Aus der Geschichte Neunkirchens
Vom 1. Weltkrieg zur Stadterhebung
Ausgelöst durch ein Attentat auf den österreichischen Thronfolger und
die darauf folgende Kriegserklärung der Monarchie an Serbien 1914,
entsteht durch das komplizierte Bündnissystem der europäischen
Großmächte ein großer Krieg, in dem sich die Ententemächte Frankreich,
England, Russland, Italien und Japan und die Mittelmächte Deutschland,
Österreich Ungarn, das Osmanischen Reich und Bulgarien gegenüberstehen.
Der Kriegsausbruch wird zu Beginn auch in Neunkirchen groß gefeiert,
erwartet man doch rasch mit dem Feind ,,aufzuräumen" und durch Aktionen
wie die Aufstellung des Wehrbaumes soll der Patriotismus geschürt
werden. Mit Fortdauer des Krieges zeigt die englische Seeblockade aber
Wirkung und die Lebensmittel werden auch in Neunkirchen immer knapper.
Trotz des Sieges über Russland im März 1918, werden die Mittelmächte,
durch den Kriegseintritt der USA, im Herbst 1918 vernichtend
geschlagen. Die K.u.K. Monarchie zerbricht in ihre nationalen
Bestandteile und in der neuen Republik Deutsch-Österreich herrscht Not.
In dieser schweren Zeit gelingt es Bürgermeister Josefsberg die
Erhebung Neunkirchens zur Stadt im August 1920 durchzusetzen.
1000–Kronen–Schein, Überstempelt mit „Deutschösterreich“, 1919
Neunkirchen 1867-1913
Mit der Gründung der konstitutionellen Monarchie 1867 beginnt für
Österreich eine lange Friedensphase. Diese wird nur von der Okkupation
Bosniens 1878 (später Annexion) gestört, an der auch Neunkirchner im
Militärdienst teilnehmen. Obwohl es auf Gemeindeebene kein allgemeines
Wahlrecht gibt, übernehmen dennoch einige fähige Männer in dieser Zeit
das Bürgermeisteramt, die sich für eine Blüte von sozialer Wohlfahrt,
Kultur und Bildung in Neunkirchen engagieren.
So wird zur breiteren Volksbildung 1853 der erste Kindergarten
(Fabriksgasse) gegründet und es werden zwei Volksschulen gebaut: Die
Steinfeldschule 1896 und die Mühlfeldschule 1909. Zur öffentlichen
Wohlfahrt wird 1896 das Krankenhaus eröffnet und der Stadtpark 1903
fertig gestellt. Schon 1867 wird die freiwillige Feuerwehr gegründet.
Als Ausgleich für die Abgrabung des Wassers durch den Bau der
Hochquellwasserleitung, wird Neunkirchen von der Stadt Wien 1895
kostenlos an diese angeschlossen und anstelle des spätgotischen
Brunnens wird ein neuer Brunnen auf dem Hauptplatz erbaut. Der
Anschluss an den elektrischen Strom erfolgt 1897. Auch der schwere
Kirchenbrand von 1907 bremst Neunkirchens Entwicklung nicht. 1913 zählt
die Marktgemeinde schon über 12.000 Einwohner.
Das Stockhammer-Zimmer
Einer der berühmtesten Bürgermeister war ohne Zweifel Emil Stockhammer,
der am 31.3.1840 in Neunkirchen geboren wurde. Nach seinem Abschluss
des Medizinstudiums diente er im Krieg gegen Preußen 1866 als Feldarzt.
Seit seinem Ausscheiden als Regimentsarzt 1869 ordinierte er in
Neunkirchen. Tätig als Gemeinderat von 1870 bis 1884 und 1893 bis 1899,
amtierte der parteilose Stockhammer von 1885 bis 1892 und 1900 bis 1911
als Bürgermeister. Neben seinen beruflichen Tätigkeiten galt seine
Leidenschaft der Meteorologie, Geologie und Geschichtsforschung. Auf
seine Fürsprache wurden die Volksschulen, das Krankenhaus, das Museum
und der Stadtpark errichtet, ebenso wie der Anschluss an die
Hochquellwasserleitung und den elektrischen Strom vollzogen wurde. Sein
Tod 1911 markierte in Neunkirchen das Ende einer Ära, ein Eindruck der
durch den Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914 noch verstärkt wurde.
Als das Museum 1940 in das ehemalige Wohnhaus Stockhammers
übersiedelte, wurde sein Wohn- und Arbeitszimmer im Originalzustand,
den es etwa zwischen 1870 und 1911 hatte, belassen und zeigt heute die
Lebenswelt des Dr. Stockhammer an der Wende vom 19. zum 20. Jhdt.
Neunkirchen in der 1. Republik (1920-1934)
Mit der Stadterhebung 1920 ist ein Meilenstein erreicht, dennoch sind
die harten Zeiten für Neunkirchen noch nicht ausgestanden. Die Jahre
bis 1924 sind von wirtschaftlicher Not und dem Wiederaufbau der vom
Krieg zerrütteten Gemeinde gekennzeichnet. Unter Neunkirchens erstem
demokratisch gewählten Bürgermeister Josef Josefsberg (seit 1919 im
Amt) erfolgt die Wiederherstellung von Straßennetz, Brücken und
lückenloser Stromversorgung. Durch die Unterernährung und mangelnde
Hygiene sterben aber immer noch viele Menschen z.B. an Tuberkulose.
Die von den „amerikanischen Menschenfreunden" ins Leben
gerufene,,amerikanische Ausspeisung" kann die Not etwas lindern, indem
bis 1921 täglich 2000 Mittagessen an Kinder und stillende Mütter
verteilt werden. Vielen Kriegsheimkehrern muss das Heimatrecht in der
Gemeinde wieder verbürgt werden. Umsturzversuche der erstarkten
Kommunisten im Bezirk scheitern. Die Einführung des Schillings 1924
stabilisiert die heimische Wirtschaft schließlich.
Neunkirchen in der NS-Zeit
Nach Dollfuß' Ermordung durch Nationalsozialisten 1934 kann auch der
neue Kanzler und „Frontführer" Schuschnigg das Regime nur mehr vier
Jahre aufrechterhalten. Auch in Neunkirchen wird der Einmarsch
deutscher Truppen im März 1938 von vielen bejubelt. Die
„Volksabstimmung" über den Anschluss findet großen Zuspruch, nur 20
Personen stimmen in Neunkirchen dagegen. Noch im Jahr 1938 wird unter
den NS-Bürgermeistern Norbert Pahr und Walter Steil (ab 1940) mit der
Gleichschaltung der Bevölkerung, der Verfolgung politisch
Andersdenkender und der Vernichtung der Neunkirchner Judengemeinde
begonnen. Auch Pläne für einen Umbau der Gemeinde werden geschmiedet.
Vom Neunkirchner Hauptplatz, nun Adolf Hitler Platz, dröhnen aus
Lautsprechern mehrmals wöchentlich Reden des „Führers", Kreistage
werden mit Festivitäten begangen, ebenso wie der 1. Mai, nun als
„Nationaler Feiertag des Deutschen Volkes". Lokalzeitungen, die nicht
nationalsozialistisch genug sind, werden eingestellt, die Zeitung
„Volksruf" wird verbreitet.
Neunkirchen im Ständestaat (1934-1938)
Bald nach der Ausschaltung des Parlaments durch den autoritären
Bundeskanzler Engelbert Dollfuß 1933 steuert das Land auf einen
Bürgerkrieg zwischen den Heimwehren und dem sozialistischen Schutzbund
zu, der am 12. Februar 1934 ausbricht und bald für die Regierung
entschieden ist. Nach der Ausschaltung der übrigen Parteien erklärt
Dollfuß Österreich mit der neuen Verfassung vom Mai 1934 zum
autoritären „Ständestaat", die „Vaterländische Front" wird zur einzig
zugelassenen Partei Österreichs. Bürgermeister Zangerl wird seines
Amtes enthoben. Der Hauptplatz wird zum Engelbert - Dollfuß - Platz,
Kruckenkreuz und Doppeladler zieren die neuen öffentlichen Gebäude wie
das Bezirksgericht. Politische Gegner landen im Anhaltelager
Wöllersdorf.
Ein Denkmal versucht sich das neue Regime 1936 mit der 900-Jahr-Feier
Neunkirchens, basierend auf einer nicht nachgewiesenen, angeblichen
Urkunde, zu setzen, die eigentlich vom Schützenverein zu seinem
200-jährigen Bestand organisiert wurde. Dazu erscheint sogar Dollfuß
Nachfolger Kurt Schuschnigg.
Neunkirchen in der Besatzungszeit (1945-1955)
Im Mai 1945 ist der ganze Bezirk in der Hand der sowjetischen Truppen.
Obwohl es anfangs noch zu Plünderungen und Vergewaltigungen kommt,
rücken bald frische Truppen zu Besatzungszwecken nach, die besser
diszipliniert sind. Die Ernährungslage wird durch Oberstleutnant
Zalichin sichergestellt, er beschafft den Neunkirchnern 100 Tonnen
Lebensmittel und Brennholz. Über das Rote Kreuz gelangen auch
amerikanische und schweizerische Hilfsgüter nach Neunkirchen. Die
sowjetische Armee bezieht in Neunkirchen ihre Kommandantur im
Bezirksgericht und setzt den Kommunisten Karl Goll als neuen
Bürgermeister ein. Mit sowjetischer Hilfe setzt in Neunkirchen der
Wiederaufbau ein und der Ort wird die erste trümmerfreie" Stadt
Niederösterreichs. Bereits bis zum Jahr 1950 sind das Rathaus und die
meisten anderen zerstörten Gebäude wiederhergestellt. Und viele
Kriegsgefangene kehren heim. Der Besatzungsalltag normalisiert sich bis
zum Abschluss des Staatsvertrags 1955 und dem Abzug der sowjetischen
Besatzer langsam aber stetig.
Neunkirchen 1955-1983
Am 27.6.1946 werden erstmals seit 1933 auch wieder demokratische
Gemeinderatswahlen abgehalten, aus denen in Neunkirchen Josef Graf
(SPÖ) als Sieger hervorgeht. Einziger Wermutstropfen im langsamen
Aufschwung Neunkirchens ist der Oktoberstreik der KPÖ von 1950, der
aber nicht wie oft propagiert der Schaffung eines Sowjetstaats dienen
soll. Die 1960er und 1970er-Jahre sind von einem starken Aufschwung
geprägt. Neben den großen Fabriken Brevillier & Urban sowie
Hamburger (ehemals Pam) etabliert sich Neunkirchen vor allem als
Zentrum des Klein- und Mittelgewerbes, zahlreiche kleinere Firmen
produzieren vor allem Maschinen und Maschinenteile. Neunkirchen wird
zur „Arbeiterstadt", aber neben vielen Messen beleben auch Sportevents
wie die Handball-WM 1966 oder Spiele des SC Neunkirchen den Alltag.
Neue kommunale Anlagen wie das neue Frei- und Hallenbad und zahlreiche
Wohnbauten werden geschaffen. Auch das Thema der Gemeinde-
zusammenlegungen wird breit diskutiert, letztlich bleibt es bei der
Vereinigung Neunkirchens mit den Dörfern Mollram und Peisching.
* * *
Der Islam in Neunkirchen
Der Islam kann in Österreich auf eine längere Geschichte zurückblicken,
als gemeinhin angenommen wird. Nachdem Österreich Ungarn 1908
Bosnien-Herzegowina annektiert, muss man den Status der dort ansässigen
600 000 Muslime wahren. Ein Spezialgesetz soll hier Abhilfe schaffen
und die Muslime dabei unter das staatliche Recht stellen. So kommt es
zur Erlassung des Islamgesetzes vom 15. Juli 1912 mit der
Reichsgesetzblattnummer 159. Für einen Teil der Muslime Österreichs war
nun die Religionsausübung frei und konnte öffentlich erfolgen. Doch
erst am 20. April 1979 wird die Islamische Glaubensgemeinschaft in
Österreich als Körperschaft öffentlichen Rechts konstituiert, wodurch
alle sunnitischen und schiitischen Schulen anerkannt werden. Auch in
Neunkirchen erfolgt seit den 1960ern und 1970ern eine verstärkte
muslimische Zuwanderung, vor allem durch Gastarbeiter. Heute sind etwa
13% der Einwohner Neunkirchens Muslime, die Mehrheit davon türkischer
Herkunft. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Sunniten der
verschiedenen Rechtsschulen. Ein wichtiges Zentrum des muslimischen
Lebens ist für die türkischen Migranten das Anatolische Kulturinstitut
in Neunkirchen.
Das Judentum in Neunkirchen
Bereits um 1343 existiert eine erste jüdische Gemeinschaft in
Neunkirchen, die jedoch im Zuge der steirischen Judenvertreibungen 1496
aus Neunkirchen vertrieben wird. Erst nach der Beseitigung der meisten
judenfeindlichen Bestimmungen im Toleranzedikt Josefs II. von 1782
kommen wieder zusehends vermögende jüdische Geschäftsleute nach
Neunkirchen und die Judengemeinde wächst im Lauf der nächsten 100 Jahre
wiederum rasch an. Anfangs müssen Betstunden in einem kleinen Betraum
im 1.Stock des heutigen Gasthauses „Brückl-Wirt" abgehalten werden,
doch ändert sich dies 1883 mit der Errichtung einer neuen Synagoge. Vor
1938 umfasst die jüdische Gemeinde in Neunkirchen 300 Mitglieder und
wird von Max Kohn geleitet. Mit der Machtübernahme der
Nationalsozialisten in Österreich 1938 bricht auch für die Neunkirchner
Juden eine dunkle Zeit an. Ihre Synagoge wird in der so genannten
„Reichskristallnacht" vom November 1938 verwüstet und geplündert und
die meisten Neunkirchner Juden in Konzentrationslager deportiert. Nach
1947 kehren 4 jüdische Familien wieder nach Neunkirchen zurück und
werden heute von der israelitischen Kultusgemeinde Wien betreut. Die
Ruine der Synagoge musste 1984 wegen Baufälligkeit abgerissen werden.
Die Katholische Kirche in Neunkirchen
Der Katholizismus setzt sich als erste Religion bereits im
mittelalterlichen Neunkirchen durch. Schon um 1094 gibt es ein Kloster
der Formbacher Benediktiner an der Stelle der heutigen Kirche, das
romanisch erbaut wurde. Die Kirche wurde am Tage Maria Himmelfahrt
geweiht (Patrozinium Maria Himmelfahrt), was auch das heutige Altarbild
noch ausdrückt. Im Verlauf des Mittelalters wird die Kirche gotisch
umgebaut und erhält ihren gotischen Chor mit den Zinnen. Sie wird als
Wehrkirche (Tabor) mit Mauern und Wassergraben angelegt. Im Zuge der
habsburgischen Rekatholisierung überträgt der Besitzer Neunkirchens,
Graf Hans Balthasar von Hoyos, die Pfarre mit ihren Gütern dem
Minoritenkloster, das er 1631 für zwölf deutschsprachige
Minoritenbrüder gründet. Während des osmanischen Einfalls in
Neunkirchen 1683 wird der Nordturm der Pfarre endgültig zerstört,
weshalb heute nur der Südturm steht, der um 1763 im Barockstil
restauriert wurde. Auch die restliche Kirche wurde um 1740-1760 barock
ausgebaut und nach dem Kirchenbrand 1907 in diesem Stil restauriert.
Trotz des „Erlöschens" der barocken Wallfahrtsbräuche dient die Kirche
heute noch als Sitz des Neunkirchner Minoritenordens und wurde am Ende
des 20. Jh. umfassend renoviert.
Leibwäsche im Gebrauch
Weißwäsche wurde von Kindesbeinen an bis ins Grab benötigt.
Taufkleidchen waren nur bei Leistbarkeit aus Seide und Spitze ansonsten
aus Baumwolle, weil diese leicht zu reinigen ist. Die Häubchen wurden
oft gestrickt oder gehäkelt, teils geklöppelt und mit Bändchen
verziert. Damen erlernten diese Handarbeitstechniken bereits als
Mädchen und verfeinerten ihre Fähigkeiten über die Jahre, wie die
ausgestellten Stickmuster zeigen. Auch für Drahtelhauben wurden
Stickeinsätze selbst hergestellt, oftmals mit Silber- oder Goldfäden,
da diese zur Festtracht passen mussten. Selbst die Verzierung von
Alltäglichem durch z.B. rote Flachsstickerei wie weiße Blusen mit
gestickten Initialen oder Strümpfe wurde zumeist akribisch
durchgeführt, schließlich besaß man früher bedeutend weniger Kleidung
als heute. Dabei entstanden auch immer wieder Kuriositäten wie etwa
Lampenschirme. Auch Regen- und Sonnenschirme wurden aus Stoff
hergestellt und erweisen bei guter Lagerung bis heute eine gute
Haltbarkeit des Materials.
Bett- und Tischwäsche waren zumeist Weiß, damit sie besser gewaschen
(Kochwäsche) und auch gebleicht werden konnten. Bunte Wäsche setzte
sich erst mit der Verbesserung der Druckmethoden durch, die eine
bessere Waschbeständigkeit der Farben boten. Für Akzente wurden gerne
Zierdeckchen in verschiedenen Handarbeitstechniken hergestellt. Oftmals
erhielt eine werdende Ehefrau diese Art der Wäsche als Aussteuer von
ihren Eltern, bevor ins neue Heim umgezogen wurde.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: