Das Österreichische Parlament

Rundgang durch das Parlamentsgebäude von Österreich, April 2023

Über fünf Jahre war das historische Parlamentsgebäude aufgrund seiner Sanierung für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Nun ist das Hohe Haus an der Wiener Ringstraße auf dem neuesten Stand der Technik, denkmalpflegerisch herausgeputzt, und vor allem eines: offen für Besucher:innen.

Das Österreichische Parlament, April 2023

In Österreich obliegt die Gesetzgebung auf Bundesebene zwei eigenständigen gesetzgebenden Körperschaften, dem Nationalrat (183 Abgeordnete) und dem Bundesrat (61 Mitglieder), die gemeinsam auch als Parlament bezeichnet werden. In seltenen Fällen treten Nationalrat und Bundesrat als Bundesversammlung gemeinsam zusammen.

Das Österreichische Parlament, April 2023

Nach über 130 Jahren beinahe ununterbrochenen Betriebs war das Parlamentsgebäude am Ende seiner technischen Lebensdauer angelangt. Um das Bauwerk zu bewahren und fit für die Zukunft zu machen, wurde 2014 die Sanierung des Gebäudes an der Wiener Ringstraße von den Parlamentsfraktionen einstimmig beschlossen. Von 2014 bis 2017 wurden umfassende vorbereitende Maßnahmen getroffen, ein Ausweichquartier in der Hofburg und am Heldenplatz geschaffen und 2017 schließlich der komplette parlamentarische Betrieb abgesiedelt. 2018 begannen die Baumaßnahmen. Nach fünfjähriger Sanierung erstrahlt das Gebäude nun in neuem Glanz.

Das Österreichische Parlament, April 2023

Saniert wurden rund 55.000 m² Netto-Geschoßfläche, 740 Fenster und 600 historische Türen sowie 500 historische Luster und Leuchten. Die Nutzfläche wurde um rund 10.000 m² erweitert. Die wesentlichen architektonischen Neuerungen sind die neue Glaskuppel über dem Nationalratssaal mit einem Durchmesser von 28 Metern und einer Fläche von 550 m². Damit fällt erstmals Tageslicht in den Saal. Direkt unter der Kuppel befindet sich der neue Besucher:innenumgang "Plenarium". Der Nationalratssaal wurde zudem abgeflacht und das Plenum teilweise neu angeordnet, um Barrierefreiheit zu gewährleisten.

Das Österreichische Parlament, April 2023

Die gesamte Beletage wurde funktional neu gegliedert. Ausschusslokale wurden neu angeordnet, der ehemalige Budgetsaal wurde zum Bundesratssaal umgebaut. Im Dachgeschoß wurden bisher ungenutzte Flächen ausgebaut. So entstanden das 800 m² große Restaurant Kelsen, vier insgesamt 400 m² große Terrassen und zwei verglaste Multifunktionsräume. Das gesamte Dach wurde neu eingedeckt, vier neue Haupttreppenhäuser sorgen erstmals für eine zentrale Anbindung aller Ober- und Untergeschoße.

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Auch im Erdgeschoß wurden bisher für die Öffentlichkeit nicht zugängliche Flächen erschlossen. Unter dem Nationalratssaal und unter dem Bundesversammlungssaal entstanden zwei (Untersuchungs-)ausschusslokale. Highlight für Besucher:innen ist das neue Besucher:innenzentrum "Demokratikum - Erlebnis Parlament", das auf 1.500 m² direkt unter der Säulenhalle und in angrenzenden Sälen geschaffen wurde.

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Wesentliche Grundsätze der Sanierung wurden im gesamten Gebäude verwirklicht. Das Haus wurde mit moderner Technik ausgestattet und an aktuelle Sicherheitsstandards angepasst. Dennoch stand im Fokus, historisch Wertvolles zu bewahren. Ein Team hochspezialisierter Restaurator:innen kümmerte sich deshalb vor Ort und in verschiedenen Fachwerkstätten um Denkmalschutz und Denkmalpflege. Zentrales Ziel war zudem die Steigerung der Nachhaltigkeit des Parlamentsgebäudes. Die Dämmung der Gebäudehülle zur Steigerung der Heizeffizienz, die Installation einer bewegungs- und tageslichtabhängigen Lichtsteuerung sowie der Einbau von energieeffizienter Technik sind einige der umgesetzten Maßnahmen. Außerdem ist das Gebäude nun weitgehend
barrierefrei.

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Sämtliche wesentliche Bereiche sind neben Treppenanlagen über barrierefreie Aufzugsanlagen, Hebeplattformen oder Treppenlifte zugänglich und mit taktilen Leitsystemen markiert. Bei der Vermittlung von Informationen wurde das Zwei-Sinne-Prinzip umgesetzt.

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Das gesamte Sanierungsprojekt wurde vom 2014 konstituierten Bauherrenausschuss begleitet, dem neben den Mitgliedern der Präsidialkonferenz auch die Rechnungshofpräsidentin angehört. Für Nutzer:innenfragen wurde das projektbegleitende Gremium Nutzerbeirat gegründet, an dessen Sitzungen neben Parlamentarier:innen und Mitgliedern der Parlamentsdirektion auch der Monitor von Transparency International teilgenommen hat.

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Die in Wien ansässige Bietergemeinschaft Jabornegg & Pálffy_AXIS wurde nach einem europaweiten Vergabeverfahren 2014 als Generalplaner beauftragt. Mit dem Baumanagement war die Bundesimmobiliengesellschaft betraut. Die Projektsteuerung oblag Vasko+Partner Ingenieure. Als Örtliche Bauaufsicht fungierte die Bietergemeinschaft Werner Consult - Wendl ZT GesmbH. Mit der begleitenden Kontrolle wurde die iC consulenten Ziviltechniker GmbH betraut.

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Über 100 Baufirmen aus ganz Österreich wirkten an der Sanierung des Parlamentsgebäudes mit. Vom Dach aus dem Burgenland über Möbel aus der Steiermark bis zum Wappenadler, der durch die Arbeit einer oberösterreichischen Metallwerkstatt wieder in altem Glanz erstrahlt, waren großteils heimische kleine und mittelständische Betriebe am Werk. In Spitzenzeiten waren bis zu 550 Arbeiter:innen gleichzeitig auf der Baustelle tätig.

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Der Gesamtkostenrahmen wurde im Jahr 2014 einstimmig per Gesetz festgelegt. Die Kosten für die Sanierung wurden mit 352,2 Mio. €, jene für die Interimslokation und die Übersiedlung mit 51,4 Mio. € - jeweils mit einer Reserve von 20 % - festgelegt. Im November 2020 wurde eine nachträgliche Kostenüberschreitung um 20 % beschlossen und damit die Reserve aktiviert. Die Schlussabrechnung für das Gesamtprojekt erfolgt voraussichtlich mit Ende des Jahres 2023. Ein Restrisiko von rund 2-3 % besteht weiterhin.

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Bevor der parlamentarische Betrieb in einem so großen, umfassend sanierten Gebäude starten kann, war ein komplexer Prozess der Inbetriebnahme nötig. In 47 Einzelprojekten - von der Möblierung, der Ausstattung mit Medientechnik, der IT im gesamten Haus bis zur Organisation von Sicherheits- und Logistikabläufen - wurde das Haus koordiniert "hochgefahren". In zahlreichen Probesitzungen wurde der Sitzungsbetrieb von Nationalrat und Bundesrat simuliert. Eine enorme logistische Herausforderung war auch die Rückübersiedlung von insgesamt 800 Arbeitsplätzen, bis zu 6.400 Umzugskartons und rund 3.000 Klein- und Sonderinventargegenständen.

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Nach der Rückübersiedlung ins sanierte Parlamentsgebäude werden die in der Hofburg genutzten Bereiche wieder an die Burghauptmannschaft übergeben. Die Pavillons (im Bibliothekshof und am Heldenplatz) wurden ab 20. Februar 2023 abgebaut. Der Abbau wird einige Monate in Anspruch nehmen. Konkrete Projekte für eine Wiederverwendung werden derzeit geprüft.

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Der Festakt zur Eröffnung des sanierten Parlamentsgebäudes am Donnerstag, den 12. Jänner 2023, startete um 15.00 Uhr im Bundesversammlungssaal mit Reden von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Bundesratspräsident Günter Kovacs, Zweiter Nationalratspräsidentin Doris Bures und Drittem Nationalratspräsidenten Norbert Hofer. Die Festrede kam vom ehemaligen Präsidenten des Deutschen Bundestages Wolfgang Schäuble.

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Abschließend fand ein moderiertes Gespräch mit den Klubobleuten bzw. Klubvorsitzenden der Parlamentsfraktionen August Wöginger (ÖVP), Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), Herbert Kickl (FPÖ), Sigrid Maurer (Grüne) und Beate Meinl-Reisinger (NEOS) statt.

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Bürger:innen konnten das wiedereröffnete Hohe Haus an zwei Tagen der offenen Tür am 14. und 15. Jänner 2023 erkunden. Die Services und Demokratiebildungsangebote des Parlaments starteten im neu sanierten Parlamentsgebäude mit 16. Jänner in ihren regulären Betrieb. Das betraf neben dem neu geschaffenen Besucher:innenzentrum "Demokratikum - Erlebnis Parlament" die Parlamentsführungen, die Demokratiewerkstatt, den Parlamentsshop und die Parlamentsbibliothek.

Das Österreichische Parlament, April 2023

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Die erste Ausschusssitzung des Nationalrats im neu sanierten Parlamentsgebäude war mit dem Wissenschaftsausschuss am 17. Jänner anberaumt. Die erste Nationalratssitzung fand am 31. Jänner statt. Der Bundesrat ist am 16. Februar zu seiner ersten planmäßigen Sitzung im neuen Bundesratssaal zusammengekommen. Am 26. Jänner wurde Alexander Van der Bellen für seine zweite Amtszeit als Bundespräsident im historischen Bundesversammlungssaal angelobt.

Das Österreichische Parlament, April 2023

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