Pitten

im Land der 1000 Hügel, Jänner 2024

Pitten ist eine Marktgemeinde mit knapp 3.000 Einwohnern im Bezirk Neunkirchen in Niederösterreich, liegt im nördlichen Teil der Buckligen Welt und ist namensgebend für Tal (Pittental) und Fluss (Pitten). Pitten war ursprünglich sogar namensgebend für die ganze Region, hieß doch die Bucklige Welt bis ins 19. Jahrhundert hinein „Pittener Waldmark“. Die Bergkirche hl. Georg samt Felsenkapelle ist das weithin sichtbare Wahrzeichen von Pitten.

 Pitten, Jänner 2024

Das Gebiet der Marktgemeinde Pitten wurde seit viertausend Jahren bewohnt. Die erste Siedlung breitete sich auf dem durch seine steilen Abhänge gesicherten und der freien Sicht ausgezeichneten Burgberg aus. Die Bestattung der verstorbenen Angehörigen erfolgte in Richtung Sonnenuntergang am linken Ufer der Pitten. Grabfunde aus der Bronzezeit und Hallstadtzeit, die Freilegung der Reste eines römischen Gutshofes im Ortsteil Sautern und Funde spätrömischer Münzen sowie Funde aus awarischen Gräbern zeigen eine fast ununterbrochene Besiedlung.

Die Schenkung des Gutes „ad Putinnu" der Nonne Peretkunda an das Stift Freising im Jahr 869 beweist die bestehende Kultivierung des Pittentales in karolingischer Zeit. Auf die Bezeichnung des Gemeindegebietes „Putinnu", was soviel wie Schilf bedeutet, geht der Name Pitten der Gemeinde und des Flusses zurück. In alten Urkunden waren auch die Bezeichnungen, „Putina", „Butinna", und „Pütten" in Verwendung. Ein anderer Erklärungsversuch führt den Namen Pitten auf „Butte", ein großes Holzgefäß, zurück. Wenn man vom Norden das Pittental betritt, erscheint der Burgberg wie eine umgestürzte Butte. Seit dem Jahr 1563 wird Pitten als Markt bezeichnet. Das Marktwappen stellt den Hl. Georg dar, der auch Patron der Pfarrkirche ist.

 Pitten, Jänner 2024

Die Villen in Pitten
Auffallend und einzigartig in der Gemeinde Pitten sind die vielen Villengebäude, die auch heute noch von den Nachbesitzern aufwendig gepflegt werden und vor allem bewohnt sind. Kein zweiter Ort in der Region weist so viele außergewöhnlich luxuriöse Gebäude auf. Schon vor der aktiven Schaffensperiode des Architekten Endelweber gab es besonders entlang der Eisenbahn-Einfahrt zum Pittener Bahnhof eine „Villenzeile" mit Hauptblickrichtung zu den Geleisen der Aspangbahn, um die ein- und ausfahrenden Zugsgarnituren beobachten zu können. Wien und Wiener Neustadt waren durch wachsendem Verkehr, Industrie und reger Bautätigkeit immer weniger erstrebenswerte Wohnorte. Finanziell besser gestellte Städter flüchteten besonders in den Sommermonaten „aufs Land". Viele wohnten zur Miete, die Besitzer zogen während der Vermietung mit ihren Familien in die Mansarden oder Kellerräume. Durch bessere Verdienstmöglichkeiten im Eisenbergwerk und der Eisenhütte bzw. in der expandierenden Papierindustrie, steigerten sich auch die Einkünfte der Grundbesitzer. Durch den steigenden Tourismus wuchs die örtliche Infrastruktur, was wieder zu einem größeren Angebot für die Gäste führte. Das wieder förderte die Bautätigkeit im Tourismusort Pitten.

Villa Kerschbaum, Pitten
„Bei diesem Bau handelt es sich um die ornamentreichste aller Endlweber-Villen [...]"
„Neben den rundum wiederkehrenden Ornamentbändern, die Kirschenzweige darstellen, besticht die Gestaltung durch den ornamental gestalteten Fachwerksgiebel. Ein- zelne Lehmfelder sind teilweise geglättet und bilden eine Art großes Puzzle, welches einen Kirschbaum darstellt. Das Motiv des Kirschbaums war im Jugendstil ebenso wie das Motiv des Kastanienblattes ein sehr beliebtes vege- tatives Thema und soll in diesem Fall Versinnbildlichung des Familiennamen des Bauherrn sein."
Zitat: Christina Moder-Borsic, Aufarbeitung und Erforschung der Bautätigkeiten von Architekt Ignaz Endlweber im Raum Pitten (NÖ) von 1909 bis 1938, Dipl. Arbeit, TU Wien, 2010

 Pitten, Jänner 2024

Pitten gilt als Tor zur Buckligen Welt - dem Land der 1000 Hügel. Eingebettet im auslaufenden Tal des gleichnamigen Flusses, bevor dieser in die Ebene des Steinfeldes fließt, und sich bald danach mit der Schwarza zur Leitha paart. Die Landschaftsgegebenheit des Pittener Schlossberges, der den Ort vom Osten Richtung Westen als Felssporn beschützt, war schon in der Urgeschichte Anreiz zur Besiedelung. Der steile Abfall ins Tal bildet eine natürliche Barriere und lässt zu, ein weites Gebiet zu kontrollieren, sodass Feinde frühzeitig erkannt werden konnten und somit das Besiedelungsgelände schon in der Urgeschichte strategisch interessant wurde.

In seinem Blickfeld verlaufen mehrere bedeutende Handelsstraßen, die gleichzeitig für Eroberungsfeldzüge und Truppenbewegungen von Bedeutung waren. Diese verbinden das Donautal entlang der Thermenlinie mit dem Leithakorridor, sowie den pannonischen Raum über die Wiener Neustädter Pforte mit den inneralpinen Regionen. Dabei stellen sie Verbindungen über den Wechsel zum Balkan und über den Semmering in Richtung Adria dar. Durch die handelspolitische Bedeutung entwickelte sich ein lokales Machtzentrum. In dieser Landschaft entstanden Kulturen, die in der Ausstellung „Zeitspuren im Land der 1000 Hügel" gezeigt und dem Besucher 4000 Jahre in der Entwicklung eines Lebensraumes vermittelt werden.

 Pitten, Jänner 2024

Neben seiner bedeutenden strategischen Lage wies Pitten schon in frühesten Zeiten optimale Voraussetzungen für eine sichere Besiedelung auf. Spuren dieser Siedlungstätigkeiten sind klar zu erkennen, der Schlossberg wird von einer durchgehenden prähistorischen Wallanlage bis zu den steilen Abhängen ins Tal eingerahmt. Direkt östlich davon schließen Hochlagen an, die sich aufgrund ihrer sanften Geländeform bestens für Ackerbau eigneten. Während die steilen Hanglagen weitestgehend bewaldet gewesen sein dürften, war der saftige und fruchtbare Talboden entlang der Pitten immer wieder von Hochwässern bedroht - eignete sich aber bestens für Viehhaltung und Fischfang. Das nahe Steinfeld, also das südlichste Wiener Becken, war seinerseits eine ausgedehnte Grassteppe mit nur vereinzeltem Baumbestand und gewährte dadurch freien Blick bis zur Thermenlinie.

Der Schlossberg von Pitten ist ein markanter Felssporn, der sich deutlich über sein Umland erhebt. Durch seine exzellente strategische Lage mit entsprechendem Fernblick, direkt am Südrand des Wiener Beckens sowie am unmittelbaren Alpenostrand, lässt sich ein weites Gebiet kontrollieren. In seinem Blickfeld verlaufen mehrere bedeutende Handelsstraßen, die gleichzeitig für Eroberungsfeldzüge und Truppenbewegungen von Bedeutung waren. Diese verbinden das Donautal entlang der Thermenlinie und des Leithakorridors und den pannonischen Raum über die Wiener Neustädter Pforte mit den inneralpinen Regionen. Dabei stellen sie Verbindungen über den Wechsel zum Balkan und über den Semmering in Richtung Adria dar. Aus diesem Grund war Pitten schon bis weit in die vorgeschichtliche Zeit von großer strategischer und handelspolitischer Bedeutung, weshalb sich hier ein lokales Machtzentrum entwickeln konnte.

Die Bergkirche hl. Georg samt Felsenkapelle ist das weithin sichtbare Wahrzeichen von Pitten.

 Pitten, Jänner 2024

Repräsentative Frauentracht
In der Bronzezeit wird Reichtum vor allem auch durch die Menge an Bronzeschmuck gezeigt, den man an sich trägt. Lange prunkvolle Bronzenadeln hielten das Gewand, man trug Bronzeschmuck um den Hals. Frauen trugen wahrscheinlich lange Kleider, wie wir das von kleinen Statuetten aus dem unteren Donauraum kennen. Die Nadeln wurden zum Feststecken von Umhängen verwendet. Die rekonstruierten Kleidungsstücke sind in hellem Leinen und blauem Wollstoff gehalten, wie sie etwa aus dem bronzezeitlichen Salzbergwerk Hallstatt gefunden wurden.

Die reiche Frau aus Grab 26a in Pitten
Besonders jedoch sind die massiven Diademe, die es nur hier in Pitten gibt. Sie werden immer in Gräbern von Frauen gefunden. Ein derartiges Diadem ist gut vergleichbar mit anderem repräsentativem Kopfschmuck und wurde vermutlich nur zu festlichen Anlässen getragen. Die Diademe waren hochrangigen Personen vorbehalten. Das in sattem dunkelblau gehaltene Obergewand dieser Frau war zusätzlich mit Bronzeröllchen bestickt. Das verstärkt den prunkvollen Eindruck.

 Pitten, Jänner 2024

Eine Zeitreise durch 3.500 Jahre Vergangenheit bietet Geschichtserlebnis und interessante Einblicke in wechselvolle Zeiten. Der Weg führt von wertvollen Funden aus der Bronzezeit, dem Spannungsfeld Geologie und Besiedlung, römischen Spuren über die Ereignisse im Mittelalter bis hin zur Industriegeschichte mit Papiererzeugung und Bergbau sowie zur Entwicklung des Tourismus und der Aspangbahn.

 Pitten, Jänner 2024

Die Zeit der Römer
Nach dem Ende der Bronzezeit um 800 v. Chr. begann die Eisenzeit (Hallstattkultur bis ca. 400 v. Chr.) und die Epoche der Kelten (ca. 400 v. Chr. bis zur Besetzung des Ostalpengebietes durch die Römer um Christi Geburt). Auf dem Pittener Burgberg gab es im 1. Jahrtausend v. Chr. teils große Siedlungen, die stark befestigt waren.
Mit der friedlichen Besetzung des pannonischen Raumes und der Alpen bis zur Donau zu Beginn des 1. Jahrhunderts u. Z. änderte sich für die einheimisch-keltische Bevölkerung wenig. Die Kelten mussten die Bergfestungen aufgeben. Die Römer mischten sich jedoch in die Gewohnheiten des täglichen Lebens, des Brauchtums und der Verehrung ihrer Götter, nicht ein. Die toleranten Römer besetzten bis in die Zeit um 180/200 nur die militärischen Einrichtungen und jene der Verwaltung. Die Kelten (meist Angehörige des Stammes der Boier) und emigrierte Germanen, die vor allem im südlichen Wiener Becken siedelten, wurden allmählich integriert. Zwischen 170 und 180 fegte der sogenannte „Markomannenkrieg" über Pannonien und Noricum die Reste der keltischen Kultur hinweg. Zeugnis dafür sind einige Münzschatzfunde in der Umgebung von Pitten.

Ab dem 3. Jahrhundert wohnten nun die römischen Bürger in Steinbauten in kleinen Ansiedlungen oder Gehöften. Diese hatten hauptsächlich die Aufgabe, die riesigen Kastelle an der Donau mit Lebensmitteln und Waffen zu versorgen. Veteranen der Legionen siedelten sich im Hinterland an. In Raum Pitten gab es Siedlungen in Sautern, Bad Erlach, Schwarzau am Steinfeld, Frohsdorf, Neunkirchen und Wartmannstetten. Die derzeit eindeutig als „römerzeitlich" nachweisbaren Straßen im Bereich von Pitten sind die „Blätterstraße" von Bad Fischau nach Neunkirchen, die Straße entlang von Leitha und Schwarza zwischen Katzelsdorf und Neunkirchen, und die Hauptverbindung von Süden nach Norden über den Hartberg/Hochneukirchen nach Lanzenkirchen.

Hügelgrab, 1400 v. Chr.
Der Leichnam wurde am Grund der Grube mit Steinen umkränzt. Darüber kam eine Abdeckung mit großen Steinen. Gefunden wurden Bronzenadeln und Stachelscheiben aus Bronze.

 Pitten, Jänner 2024

Was ist Bronze?
Der älteste, metallische Werkstoff des Menschen - Bronze -, ist eine Legierung von Metallen mit mindestens 60% Kupfer (Cu). Reines Kupfer hat die Härte 3 nach Mohs und ist damit zur Verwendung als Werkzeug oder Waffe zu weich. Der Abbau und die Verhüttung von sogenannten Fahlerzen, das sind Kupfer-Erze mit Anteilen von Antimon, Arsen, Blei und anderen Metallen zeigte den Menschen der Bronzezeit, dass die Beimengung dieser Metalle die Härte des gewonnenen Werkstoffes erhöht und den Schmelzpunkt herabsetzt. Reines Kupfer schmilzt bei 1.083°C, Bronze um 900°C. Die Härte der Legierungen erreicht drei Viertel von Stahl.

Als „echte" Bronzen werden Legierungen von Kupfer mit Zinn (Sn) im Ausmaß von 6-10% Zinn bezeichnet. Je nach regional vorhandenen Erzen gibt es auch Antimon(Sb)-, Arsen(As)-, und Blei(Pb)-Bronzen. Spezielle Bronzen werden auch heute noch z. B. im Glockenguss (10-12% Zinn), für Schiffspropeller (5-10% Aluminium), Achslager (Phosphorbronzen) und andere, technische Verwendungen hergestellt.

Kreuzförmige Stachelscheibe, Bronze, Grab 52

 Pitten, Jänner 2024

Matthias Corvinus (Hunyadi Matyas)
Der Name Corvinus stammt von lat. corvus, „der Rabe" - ein an seinem Hof arbeitender Gelehrter führte den Ursprung der Familie bis auf das römische Adelsgeschlecht der Corvini zurück, woraufhin das Familienwappen mit dem Raben entstand. Matthias war der jüngere der beiden Söhne von Johann Hunyadi und Erzsébet (Elisabeth) Szilágyi von Horogszeg. Der Vater zeichnete sich als Kämpfer gegen die Türken aus, die er in mehreren großen Schlachten besiegte. Nach dem plötzlichen Tod seines älteren Bruders László (Ladislaus) 1457 wurde Matthias am 24. Januar 1458 in Nachfolge seines Vaters mit vierzehn Jahren zum König von Ungarn gewählt. Nach verschiedenen Siegen gegen die Türken erreichte das ungarische Herrschaftsgebiet unter Matthias Corvinus seine größte Ausdehnung. Es reichte von der Lausitz bis ins heutige Bulgarien.

Die Auseinandersetzungen mit Friedrich III. dauerten weiterhin an, obgleich sie durch verschiedene Waffenstillstände und Friedensverträge immer wieder unterbrochen wurden. Nachdem es 1482 erneut zum Krieg zwischen Matthias Corvinus und Friedrich III. gekommen war, besetzten die ungarischen Truppen weitere große Teile der Habsburgischen Erblande. Am 1. Juni 1485 zog König Matthias nach einer rund vier Monate währenden Belagerung als Sieger in Wien ein, wo er bis an sein Lebensende oft residierte. 1490 starb er unerwartet, woraufhin Österreich wieder von Friedrich zurückgewonnen werden konnte.

Das Söldnerheer von Matthias Corvinus
Abweichend von der bis dahin gängigen Praxis hielt Matthias Corvinus neben der üblichen Adelsarmee ein Söldnerheer. Die sogenannte Schwarze Armee (Fekete Sereg) wurde zwischen 1459 und 1460 rekrutiert, bestand aus etwa 8.000 bis 10.000 Soldaten und war die Grundlage seiner Macht. Sie setzte sich hauptsächlich aus nichtungarischen Soldaten zusammen. Nach dem Tod des Königs hatte die Truppe keinen Sold mehr erhalten und versuchte, sich an der Landbevölkerung schadlos zu halten.

Matthias Corvinus als Kulturförderer
Kulturhistorisch ist die Herrschaft von Matthias Corvinus vor allem durch seine Liebe zur italienischen Renaissance bedeutsam. Maßgebend war dabei die Eheschließung mit seiner zweiten Frau, der neapolitanischen Prinzessin Beatrix von Aragón am 22. Dezember 1476.

 Pitten, Jänner 2024

Das Gästebuch zum Pittener Corvinusbecher
1672 gab der letzte männliche Spross der Familie Teufel - Otto Christoph Teufel - Freiherr von Guntersdorf, das in braunes Leder gebundene Gästebuch mit Goldprägung dem Becher bei. Rund 350 Namenseintragungen sind im Buch enthalten. Etwa die Hälfte mit Sprüchen, beziehen sich auf den Becher und die Familie Teufel. Einige Eintragungen wurden mit Bemerkungen, die Bezug auf die Lebenszeit und die gesellschaftliche Stellung, sowie Hinweise auf Verwandtschaft zur Familie der Trinkgäste zeigten, versehen. Otto Christoph Teufel bringt die Becherinschrift fast wortgetreu im Buch wieder.

    Corvinusbecher
Im Jahr 1485 hatte der Ungarnkönig Matthias Corvinus Österreich erobert. Einzig die Burg Pitten mit ihren tapferen Verteidigern, angeführt vom Burghauptmann Wolfgang Teufel, hielt seit drei Jahren dem Kaiser Friederich III die Treue. Als die Vorräte zu Ende gingen, lud der Burghauptmann Matthias Corvinus zu einem Festmahl mit Hasenbraten, frischem Brot und Wein. Der König gewährte in Anerkennung des Mutes der Verteidiger einen ehrenvollen, freien Abzug und schenkte ihrem Anführer Wolfgang Teufel seinen Trinkbecher. Seit dieser Zeit blieb er im Besitz seiner Nachkommen.

Lange Zeit hielt man diesen Bericht für eine Sage. Anlässlich der 1100 Jahr Feier der ersten Nennung Pittens ging Heinrich Jeitler historischen Hinweisen über den Verbleib des Corvinus-Bechers nach. Tatsächlich gelang es ihm, den Becher bei einem Nachkommen Wolfgang Teufels in Schleswig Holstein, Deutschland, aufzuspüren. Nach kurzen Verhandlungen mit einer Delegation Pittens schenkte die Familie nicht nur den Becher, sondern auch das Gästebuch der Marktgemeinde Pitten.

Dieser Silberbecher mit Vergoldung in der Form einer Eichel mit Füßen, die Eichenzweige darstellen, wurde von Wolfgang Teufel mit seinem Wappen - Jagdhorn auf einem Polster - verziert. Zusätzlich erhielt der Deckel die Inschrift „Wolf Teufel, Hauptmann zu Pitten 1485", während die Becherwand mit einer Inschrift, die die Sage von dem Hasenbraten zum Inhalt hat, versehen wurde. In einem Erinnerungsbuch wurden die Geschichte des Bechers und alle, die aus diesem Becher tranken, aufgelistet.

 Pitten, Jänner 2024

Eisenerzbergbau in Pitten
Eisenerzbergbau und Eisenverarbeitung wurden im Raum der Buckligen Welt und deren Randgebieten seit den Kelten in Schwarzenbach ziemlich intensiv betrieben. Schurfe sind im Gelände noch immer als Bingen erkennbar. Während in Pitten noch Reste der technischen Einrichtungen vorhanden sind, sind sie in anderen Gebieten nur noch archäologisch nachweisbar. Bis in die Mitte des 18. Jh. war den Schmieden in der Waldmark vorgeschrieben, welche Geräte und Eisenwaren sie erzeugen durften. Ein Eisenpass, der jährlich zu erneuern war, verlieh das Recht mit Eisen zu handeln. Der zunehmende Bedarf an Eisen führte 1781 unter Kaiser Joseph II. zur Aufhebung der „Eisen-Widmung". Die Folge war die vermehrte Suche nach Eisenlagerstätten auch außerhalb der Steiermark. Graf Johann Philipp von Hojos, Besitzer der Herrschaft Frohsdorf und der Burg Pitten, erlangte 1787 für seine Frau Kristina eine Schurfbewilligung am Pittenberg. Damit begann nachweislich der Bergbau in Pitten. Aus weiteren Schurfbriefen geht hervor, dass neben Eisen auch nach anderen Metallen gesucht wurde. In den Gegenden um Leiding, Inzenhof und Schleinz wurde auch Braun- und Glanzkohle gewonnen, die dann bei der Verhüttung des Eisenerzes eingesetzt wurden.

Im Bergwerk Pitten wurde Spateisenstein, Magneteisenstein und Brauneisenstein abgebaut. Das Pittener Erz war wegen seines hohen Mangangehaltes sehr geschätzt. Die Bergleute arbeiteten in mehreren Schichten. Die Dauer einer Schicht wurde durch das Abbrennen einer Kerze bestimmter Größe ermittelt. 1861 waren 132 Bergleute und im Eisenwerk 113 Hüttenarbeiter beschäftigt. Der gezielte Abbau der Erzlagerstätte erfolgte mit der Errichtung des Georgistollen durch Graf Pergen 1804. Um das Erz unterhalb des Georgistollens abbauen zu können, wurden Schächte angelegt. Die soziale Versorgung der Berg- und Hüttenwerksarbeiter war in der Bruderlade geregelt. Sie war eine Art Versicherung im Krankheitsfall oder bei einem Unfall im Arbeitsbereich. 1873 setzte die Wirtschaftskrise ein und es mussten 100 Arbeiter entlassen werden. 1885 waren noch 21 Arbeiter beschäftigt. Erst 1927 bis 1930 wurde wieder ein beschränkter Erzabbau betrieben.

Diese restaurierte Lore ist der letzte originale Transportwagen, in dem Eisenerz aus dem Georgistollen über ein Feldbahngleis zum Hochofen gefahren wurde.

 Pitten, Jänner 2024

Die Eisenverhüttung
Graf Hoyos gründete bereits 1787 die Eisenhütte Pitten. Zur Verhüttung wurden ganze Wälder kahl geschlagen. So konnte nur der eine Schmelzhütte betreiben, der ausreichend Holz besaß. Die Eisenhütte nahm 1790 den Betrieb auf. Der große Bedarf an Holzkohle führte zu teuren Zulieferungen aus den Herrschaften Stixenstein und Gutenstein. Beim Abstich des Floßofens wurde das flüssige Eisen in ein Sandbett geleitet. Nach der Erstarrung der „Flossen" wurden diese in ungleich große Stücke zerschlagen und kamen nach ihrem Gewicht in den Handel. Der große Holzbedarf, aber auch die schuldig gebliebene Bergfron (ein in Geld fälliger Zehent), brachten den Betrieb in Schwierigkeiten. Graf Hoyos fand einen Käufer in der k. k. privileg. Canal- und Bergbaugesellschaft. Diese plante den Wiener Neustädter Kanal, der bis Ödenburg reichen und das Energieproblem durch Anlieferung von Mineralkohle lösen sollte. Pitten wurde so zum Experimentierfeld für die Eisenschmelze mit Koks. Dieses Verfahren hatte sich in England schon 1770 durchgesetzt. Nach der Weltwirtschaftskrise ruhte das Eisenwerk bis 1920.

Die Hl. Barbara
Sie ist die Schutzpatronin der Bergleute, Architekten, Bauarbeiter und Artilleristen. Sie wurde von ihrem Vater wegen ihrer Schönheit in einen Turm gesperrt. Es gelang ihr aber zu entfliehen. Auf der Flucht tat sich ein Felsen auf und sie konnte sich vor ihren Verfolgern verbergen. Von einem Hirten verraten wird sie gefangen genommen und von ihrem Vater getötet. Die Verbindung zum Bergbau ist der geöffnete Berg, der Barbara Zuflucht bot. Die Bergleute erbitten mit ihrem Gruß „Glück Auf" das Öffnen des Berges und die Freigabe der Erze.

 Pitten, Jänner 2024

Die Entwicklung der Papierindustrie in Pitten
Der Bergbau mit der Verhüttung des geschürften Erzes führte in Pitten zu einem neuen wirtschaftlichen Potential. Die vorwiegend landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit der Bevölkerung wandelte sich dem Zug der Zeit gemäß zur Industriealisierung. Die im Tal vorhandene Wasserkraft lud zur Errichtung von Mahl- und Sägemühlen ein. Schon im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts sind drei Mühlen in Pitten urkundlich erwähnt Aus einer entwickelte sich die Papierindustrie in Pitten. Aus der Mahlmühle entstand eine Papiermühle. Hier wurde Papier „auf gewöhnliche Art" - d. h. handgeschöpftes Papier - produziert. Unter Heinrich Werdmüller von Elgg entstand die k. k. private Papiermanufaktur. 1845 wurde die erste Papiermaschine aufgestellt. Die Produktpallette umfasste Einbinde-, Druck- und Kanzleipapier. Ein besonderes Produkt war schwarzes Zuckerpapier (für das Abfüllen von Zucker), das auf der Pariser Weltausstellung vorgestellt wurde.

Der 1821 im Großherzogtum Baden geborene Wilhelm Hamburger besuchte nach einer Kunstdrechslerhandwerkslehre die polytechnische Schule in München und brachte es zum Konstrukteur in der Maschinenfabrik Manhardt. 1845 stellte er seine erste Dampfmaschine eigener Konstruktion auf. Er kam nach Wien und bewarb sich auf ein Inserat bei der Werdmüllerschen Papierfabrik als Ingenieur. Er zeichnete verantwortlich für viele technische Veränderungen und 1859 fand die Konstituierung der Aktiengesellschaft der k. k. privaten Papierfabrik statt.

Wilhelm Hamburger wanderte 1853 nach Amerika aus, wo er in Cincinati als Konstrukteur für Lokomotiven tätig war. Er kehrte jedoch wieder in die Heimat zurück. Auf der Heimreise kaufte er in Straßburg aus einer Konkursmasse eine Papiermaschine, die die Pittener Aktiengesellschaft abkaufte, um Konkurrenten auszuschalten. Sein Freund Egloff starb an der Cholera. Wilhelm Hamburger nahm dessen Witwe zur Frau.
Er blieb in Pitten und arbeitete unermüdlich an der Vision, zum bedeutenden Wirtschaftstreibenden von Pitten und Umgebung zu werden.

 Pitten, Jänner 2024

Überall wo es eine Zugverbindung gab, wuchsen in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts die Touristenangebote an. Durch die neue Aspangbahn wurden „Ausflügler" und „Sommerfrischler" allmählich auch im Pittental zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor und die Pflege des Fremdenverkehrs zu einer neuen, wichtigen Erwerbsquelle. Die meisten dieser Sommergäste kamen aus der Großstadt Wien. Dort wurden „Schanigärten" ebenso wie „Gastgärten" immer beliebter, und um diesen Gästen auch während ihrer Erholung bei jeder Witterung den Aufenthalt im Freien zu ermöglichen, hatten die Gasthäuser nicht selten die mit alten Kastanienbäumen beschatteten Gastgärten mit einer überdachten Veranda in Holz- oder Eisenkonstruktion ergänzt. Auch wurden Gästezimmere, Küche und Schankstube aufs modernste eingerichtet oder zumindest erneuert und aufgefrischt. Nun konnten die Besitzer „Reklame" für ihre herausgeputzten Gästehäuser machen. Es war die Geburtsstunde der Correspondenz-Karte.

Bereits zu jener Zeit, als noch niemand wusste, was eine „Eisenbahn" ist, suchte man einen effizienten Weg von Wien nach Süden. Am Ende des 18. Jahrhunderts versuchte man neben Karrenwegen mittels Wasserstraßen größere Lasten zu transportieren. Es entstand das Projekt des Wiener Neustädter Kanals. Ursprünglich hatte dieser Triest zum Ziel. 1803 wurde diese Wasserstraße nach sechsjähriger Bauzeit eröffnet. Obwohl sich ein lebhafter Schiffsverkehr entwickelte, kam man doch in Richtung Süden nicht über Pöttsching hinaus. So war es nicht verwunderlich, dass sich die „Kanal AG" 1872 um die Konzession einer Eisenbahnstrecke von Wien über Pitten nach Novi Mitrowiza, der kürzesten Verbindung zwischen Wien und Saloniki bewarb. Das Projekt war von den Planern sehr ernsthaft angelegt, was die bereits gefertigten Eisenbahngrenzsteine mit den initialen WSB,,Wien)S(aloniki)B(ahn)" bewiesen. Sie lassen sich heute noch im Verlauf der Aspangbahn finden. Die Südbahngesellschaft sah allerdings in der projektierten neuen Bahn eine Konkurrenz und Gefährdung ihres Geschäftserfolges mit dem Triester Hafen. Den Bau der neuen Bahn konnte die Südbahngesellschaft nicht verhindern. Ein Peage-Vertrag erlaubte die Mitbenutzung der Südbahnstrecke im Bereich Sollenau, Wiener Neustadt und Katzelsdorf, da der Aspangbahngesellschaft nicht erlaubt wurde auf dieser Strecke eigene Betriebsstationen zu errichten. Ab 1880 wurde der Bau der Aspangbahn vorangetrieben. Im März 1881 wurde beschlossen, die Eröffnung der 1. Teilstrecke von Wien bis Pitten in Aussicht zu nehmen, was dann auch am 7. August 1881 erfolgte. Der Pittener Bürgermeister Trampitsch ordnete einen Dresscode für die Pittener Gemeindevertreter an: „Schwarzer Anzug" zum Empfang der Ehrengäste. Am 7. August 1881 startete dann der öffentliche Verkehr der k. k. Eisenbahn Wien Aspang von Wien bis Pitten. Danach wurde dann mit Hochdruck an der Gesamtfertigstellung der Strecke bis Aspang gearbeitet. Am 28. Oktober 1881 war die Strecke von Wien bis Aspang durchgehend befahrbar.

 Pitten, Jänner 2024

Ignaz Endlweber (1866-1950)
Ignaz Endlweber wurde 1866 als Sohn eines Wagners im böhmischen Strobnitz (seit 1923: Horní Strobnize) geboren. Nach seiner Ausbildung als Maurer und Hochbautechniker an der k. k. Staatsgewerbeschule in Wien arbeitete er als Bauchzeichner in unterschiedlichen Baumeisterunternehmen in Wien und Brünn. Vermutlich kam er durch seine berufliche Tätigkeit auch in die Orte um den Schneeberg und die Rax. Als Endlweber im April 1909 nach Pitten kam, um hier die Baumeisterkonzession von Georg Gottschall zu übernehmen, konnte er bereits ein breites Spektrum beruflicher Praxis vorweisen.

Villa Kerschbaum, Pitten
Modell, Maßstab 1:20, Sperrholz, lasergraviert DI Gottfried Ecker, Pitten, 2021-2022

1910 beauftragte der Allgemeinmediziner und Pittener Gemeindearzt Dr. Konrad Kerschbaum den Architekten Ignaz Endlweber mit der Planung und Errichtung einer repräsentativen großzügigen Villa mit hauseigener Praxis.

 Pitten, Jänner 2024

Der Aufstieg Pittens zum dominierenden Machtzentrum am Ostalpenrand
Pitten war im 10./11. Jahrhundert die östlichste Siedlung „Karantaniens" (Friaul, Kärnten, Steiermark), die sich erfolgreich gegen die Angriffe der Magyaren behaupten konnte. 1042 wurde die südliche Heeresabteilung der Magyaren „bei Pitten" von Markgraf Gottfried von Wels-Lambach besiegt. Als Dank bekam dieser vom Kaiser große Teile des Gebietes zum Geschenk (die gesamte Bucklige Welt, das Gebiet zwischen Schwarza und Pitten, und große Teile der Oststeiermark). Er begann intensiv mit der Besiedlung und dem Landesausbau. Im Erbwege und durch Verehelichung der Tochter Mathilde mit dem Grafen Ekbert I. kam der riesige Besitz als Mitgift an eines der reichsten und einflussreichsten Geschlechter Bayerns.

Ekbert baute die Burg Pitten massiv aus. Seine ritterliche Mannschaft war beeindruckend. Ekbert nannte sich nach Formbach am Inn (später auch nach „Neuenburg" im Inn) und schließlich „Graf von Formbach-Pütten". Das Pittener Gebiet war jedoch nie eine „Grafschaft", sondern der nordöstlichste Teil der Steiermark. Der Aufstieg von drei Generationen „Formbach-Pütten" endete abrupt, als der kinderlose Ekbert III. im Jahr 1158 vor Mailand fiel. Er war mit der Tochter Otakars von Steier verheiratet, weshalb nun der Besitz an diesen fiel. Die anderen Gebiete um Herzogenburg, Göttweig und vor allem in Bayern gingen an andere Verwandte. Pitten als Machtzentrum war ab 1158 Vergangenheit, blieb jedoch ein wichtiger militärischer Stützpunkt. Die Burg wurde von „Burggrafen" des steirischen Herzogs und später von solchen der Herzöge von Babenberg verwaltet. Sie wurde weiter ausgebaut, und war im 15./16. Jahrhundert eine fast uneinnehmbare Festung.

 Pitten, Jänner 2024

Die Veste Pitten
Ihre Geschichte verliert sich im Grau der Vorzeit. Es fehlt ein urkundlicher Nachweis der Gründung und es gibt keinen zuverlässlichen Hinweis auf das Alter der ersten befestigten Anlage auf der Höhe des heutigen Pittener Schlossberges. Durch Vermessungen konnte festgestellt werden, dass der Turm des heutigen Schlosses und der ältere Teil der Burgkapelle einen mittelalterlichen Baukern enthalten. Offensichtlich haben fehlende finanzielle Mittel stets eine archäologische Untersuchung der Grundmauern ausgeschlossen.

Erstmals wird die Burg Pitten 1094 bei der Neubestiftung des Klosters Formbach urkundlich erwähnt. Hier wird die Lage der Pfarrkirche mit „sub catello Butino" (unterhalb der Burg) beschrieben. Allerdings wird nicht von einer neuen Burg, sondern von einer bereits bekannten, vermutlich schon lange bestandenen, gesprochen. Ein weiterer beachtenswerter Zeuge der Burg ist eine Erwähnung in der Klage zum Nibelungenlied. Der Dichter spricht vom tapferen Recken Sintram, der ein „hus, ein festes Haus, an der Ungarngrenze besessen habe. Die spätere Bezeichnung „Veste" leitete sich von „hus" ab und deutet bereits darauf hin, dass die Burg bereits vor den ersten feindlichen Einfällen der Magyaren bestanden hat. Im 17. Jh zeigt sich die Veste Pitten als umfangreiche Wehranlage.

Nennung von Pitten in der Klage zum Nibelungenlied
Der unbekannte Dichter, der am Beginn des 13. Jahrhunderts die Klage zum Nibelungenlied verfasst hat, zeigt, dass damals die Erinnerung an den einstigen Einsatz und die Stellung Pittens noch nicht erloschen war. Die Bedeutung, die Jahrhunderte hindurch diesem wichtigen Stützpunkt in den Kämpfen gegen eindringende Kriegsscharen aus dem Osten zukam, ist zweifellos groß gewesen.
In der Klage zum Nibelungenlied erscheint unter den klagenden Frauen, welche die im Kampf in Etzels Burg gefallenen Helden beweinen, auch die Herzogin Adellint, die Tochter des kühnen Sintram. Von Sintram sagt der Dichter, dass dieser tapfere Ritter im Ostland ein „hus", ein festes Haus, an der Ungarngrenze besessen habe, von dem Pitten seinen Namen herleitet. Dort sei die Herzogin Adellint in ihrer Kindheit aufgewachsen.

 Pitten, Jänner 2024

Pestsäule
im 18. Jh. in Erinnerung an die Pest, die Pitten mehrmals heimsuchte, errichtet
das Mosaik stammt vom akad. Maler Prof. Sepp Buchner

 Pitten, Jänner 2024

Teufelkreuz
benannt nach Wolfgang Teufel, dem Burghauptmann und Verteidiger der Burg Pitten gegen König Mathias Corvinus von Ungarn 1482-1485
der Ungarnkönig schenkte Wolfgang Teufel 1485 den Corvinusbecher in Anerkennung seiner Tapferkeit

 Pitten, Jänner 2024

Die Burg Pitten hat mittelalterliche Reste sowie einen 140 m tiefen Brunnen vorzuweisen. Sie wird in der „Klage“ des Nibelungenliedes genannt und widerstand den zweimaligen Angriffen der Türken. Der „Pittener Corvinusbecher“, vom Ungarnkönig Matthias Corvinus an den Verteidiger Ritter Wolf Teufel als Zeichen der Hochachtung geschenkt, erinnert an eine vierjährige Belagerung durch Corvinus. 1884 wurde die Burg von Otto Hieser zu einem Jagdschloss umgestaltet.

 Pitten, Jänner 2024

Seit vier Jahrtausenden wurde der Burgberg be siedelt. Der freie Blick in die Umgebung und der natürliche Schutz zogen die Menschen an. Die Archäologen haben Reste von Befestigungen, die den Zugang zu den Häusern sicherten, aufgedeckt. Eine Erdwallanlage auf der Höhe bot sicheren Rückzug in bewegten Zeiten. Römische Münzen aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. dokumentieren dies eindrücklich. Im Jahr 993 wird ein festes „hus" von Pitten erwähnt. Berühmtheit erlangte die Burg durch Wolfgang Teufel, der die Burg gegen den Ungarnkönig Mathias Corvinus jahrelang verteidigte. In Anerkennung seines Mutes wurde ihm der Corvinusbecher geschenkt. Die gotische Lichtersäule, im Volksmund,Teufelsäule" bezeichnet, erinnert an ihn. In den gefahrvollen Zeiten der Türkeneinfälle war die Burg, die von den Grafen Hoyos das heutige Aussehen erhielt, ein sicherer Schutz für die Bevölkerung.

Die Höhle am Berghang, die den Blick in Richtung Sonnenuntergang und zu den Gräbern der Vorfahren lenkt, war der mystische Kultplatz für die Siedler. Daraus entstand in christlicher Zeit eine Höhlenkirche, die immer wieder baulich erweitert wurde. Nachdem eine gotische Kirche für die wachsende Bevölkerung zu klein wurde, errichtete Pfarrer Depordes die barocke Pfarrkirche.

 Pitten, Jänner 2024

Grundsätzlich beides geschlossen:

Pfarrkirche Hl. Georg erbaut 1732, geweiht dem hl. Georg - eine frühere Kirche ist bereits 1094 urkundlich erwähnt

Höhlenkirche auch Karner bezeichnet, war der älteste Sakralbau in Pitten, die Ursprünge reichen bis in das 9. Jh. zürück

Die Pfarrkirche Pitten zum Hl. Georg („Bergkirche“) schmiegt sich auf halber Höhe des Schlossberges, auf dessen Höhe die Burg thront, eng an den Felsen. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier bereits um den dritten Sakralbau an ungefähr der gleichen Stelle. Die Läutestube des Glockenturmes besitzt noch ein gotisches Netzrippengewölbe. Sonst gehört die Kirche und ihre gesamte Ausstattung dem Barock an. Im Turm befindet sich ein mittelalterlicher Glockenstuhl aus Lärchenholz, welcher nach einer Restaurierung seit 2011 vier neue Glocken trägt. Die große Glocke des früheren Stahlgeläutes aus dem Jahr 1922 hängt seither läutbar in einem Glockenträger vor der Kirche. Gemeinsam mit den vier neuen Glocken ergibt dies ein 5-stimmiges Geläute, welches wie früher vom charakteristischen Klang der großen Glocke geprägt wird. – Im Glockenträger vor der Kirche befindet sich außerdem ein Glockenspiel, welches im Jahr 1969 zur 1100-Jahr-Feier Pittens angeschafft wurde.

Der Kirchhof mit dem Glockenträger bietet einen Ausblick auf den gesamten Ort und ein Panorama von der Burg Seebenstein über den Wechsel, den Semmering und den Schneeberg bis hin zur Hohen Wand. Weiters beinhaltet der Kirchhof ein Denkmal für die Krieg führenden Pittener Toten des Ersten Weltkriegs sowie mehrere vogelhausartige Fantasiehäuser, die vom Künstlerpaar Pawel und Monika Stawoski gestaltet wurden. Eine Felsenhöhle hinter der Pfarrkirche war vermutlich die erste christliche Kultstätte im südlichen Niederösterreich überhaupt. Während des Mittelalters wurde der Raum mehrmals mit Wandmalereien geschmückt. Später diente die Höhle als Einsiedelei und Karner.

 Pitten, Jänner 2024

Vogelhausartige Fantasiehäuser, die vom Künstlerpaar Pawel und Monika Stawoski gestaltet wurden

 Pitten, Jänner 2024

Pitten besitzt im Bereich der Bergkirche noch die Zinnen auf der Wehrmauer. Die Kirche wurde in der Barockzeit unter Verwendung der alten Südwand und des Turmes erneuert. Südlich des Kirchhofes finden sich noch Mauerreste einer Sicherung des Kirchhofes an einem Steig zur Burg: Die Höhle im Felsen hinter der Kirche mit byzantinisch beeinflussten Fresken (Anbetungsszene) ist eines der ältesten Zeugnisse christlicher Kultur in der Buckligen Welt. Verbindungsstollen aus der Höhle zur Burg wären hinter der Vermauerung am Höhlenende denkbar, sind aber unerforscht.

 Pitten, Jänner 2024

Große Glocke des alten Geläutes von Böhler aus dem Jahr 1922
Um den Turm zu schonen, hängt diese Glocke seit 2011 auf diesem Glockenträger und ergibt gemeinsam mit vier neuen Glocken im Turm ein 5-stimmiges Geläute, welches wie früher vom charakteristischen Klang der großen Glocke geprägt wird.

Glockenspiel des Verschönerungsvereins zum Fest "1100 Jahre Pitten" aus dem Jahr 1969
Spielzeit: täglich um 11 und 18 Uhr

 Pitten, Jänner 2024

Die Steinbibel von Herbert Prem
Die Grundkonzeption sind die polaren Gegensätze von Hell und Dunkel, Licht und Schatten, Tod und Leben, Sterben und Auferstehung, symbolisiert durch Farbe und Form der verwendeten Materialien. Der rechte Teil zeigt die Abgründe der menschlichen Sklaverei aus Begierden und Abhängigkeiten. Im Zentrum steht die Befreiung von diesem Joch durch Jesus und alle liebenden Menschen. Der Geist Gottes beginnt zu fließen. Der linke Teil zeigt die Befähigung der Menschen zur Liebe, zu einem Friedensreich, das in den Herzen der Menschen wohnt und mitten in der Welt Wirklichkeit wird.

 Pitten, Jänner 2024

Desbordesstiege - Sie erinnert an den Erbauer der Bergkirche Pfarrer Friedrich Desbordes (1727-1739)

Der Schöpfungsweg befindet sich entlang der Desbordesstiege, dem ursprünglichen Fußweg zur Bergkirche. Er ist liebevoll und mit vielen Details gestaltet.

 Pitten, Jänner 2024

DIE HÖLLERSTIEGE
Der als Höllerstiege bezeichnete Waldweg war bis in die 2. Hälfte des 19 JH. einer der Wege, die zur Bergkirche führten. Der Weg endete vor dem sog. Wächterhaus. Über dieses Haus erreichte man die Bergkirche (heute Haus Nr. 99, Fam. Stark-Strametz). Nach dem Bau der Kirchengasse (heute Bergstraße) und der Errichtung von zwei Viaduktbögen Ende des 19. JH. konnte die Bergkirche auch mit Fahrzeugen erreicht werden.

Der Name Höllerstiege geht auf den ehemaligen Besitzer eines Grundstückes an der Wiener Neustädter Straße zurück, wo der Weg auch seinen Anfang nimmt. Dieser Weg führt auch heute noch von hier aus unter den mittelalterlichen Stützmauern der Barocken Bergkirche, entlang des Nasch- und Skulpturengartens der Familie Stark-Strametz, hinunter bis zur Wiener Neustädter Straße.

 Pitten, Jänner 2024

Die Sanierung Georgistollen nach Umweltverschmutzung - Sanierungsprojekt N8 des Landes Niederösterreich

Noch unter der Patronanz der Besatzungsmacht bewilligt die Oberbehörde einer österreichischen Firma die Einlagerung von Donarit und Zündkapseln zur Herstellung von Sprengpatronen. Die unsachgemäße Lagerung im feuchten Stollen wirkt sich auf die Sprengtüchtigkeit und Verlässlichkeit des Sprengstoffes aus. Das minderwertige Produkt und die geringe Nachfrage führen den Betrieb in den Konkurs. Der Sprengstoff bleibt wegen der fehlenden Transportmöglichkeit - die vorhandenen Geleise wurden enteignet - im Berg und wird durch Aufstau des Grubenwassers nach Verbrüchen zur Umweltbombe, weil es in das Grundwasser einsickert.

Trotz zahlreicher kommissioneller Verhandlungen gelingt es erst 2001-2002 nach umfangreichen Sicherungs- maßnahmen und Sanierung des betroffenen Stollenabschnittes den Sprengsoff zu bergen und der thermischen Entsorgung zuzuführen. Der Stollen kann nunmehr wieder auf eine Länge von 250 m befahren werden. Allerdings ist hierzu eine Genehmigung der Berghauptmannschaft notwendig.

 Pitten, Jänner 2024

Die Regierung Maria Theresias hob die Beschränkung des Eisenerzabbaus in Österreich auf. Graf Hoyos begann kurz danach den Abbau des Pittener Eisenerzvorkommens. Weiters wurde ein Hochofen errichtet. Im Jahr 1861 betrug der Mitarbeiterstand von Bergbau und Hüttenwerk 132 Bergleute und 113 Hüttenarbeiter. Ein Hauptabrnehmer des Pittener Eisens war die Lokomotivtabrik Sigl in Wiener Neustadt. Im Gefolge der Wirtschaftskrise 1873 wurden der Bergbau und das Hüttenwerk immer weniger rentabel.

Das endgültige Aus kam im Jahr 1897. Die "Ofensau" und das ehemalige Betriebsgebaude des Hüttenwerkes zeugen vom einstigen Betrieb. Der Bergbau konnte in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts wenige Jahre erneut aufgenommen werden. Dabei wurde das Erz in Pitten in einem Röstofen geröstet, was das Erz leichter macht. Transportkosten konnten eingespart werden. Ein weiterer Abbau erfolgte kriegsbedingt während des 2. Weltkrieges bis zum Kriegsende. Im Gefolge wurde das Bergwerk als Sprengstoffdeponie zweckentfremdet und stellte eine gefährliche Umweltbelastung dar. Die Beseitigung der Altlast geschah vor wenigen Jahren.

 Pitten, Jänner 2024




Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: