Österreichischer Skulpturenpark

Premstätten bei Graz, April 2023

Der sieben Kilometer südlich von Graz gelegene Österreichische Skulpturenpark hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2003 als Zentrum für zeitgenössische Skulptur etabliert. Die faszinierende Parkanlage des Landschaftsarchitekten Dieter Kienast erstreckt sich über ein Areal von rund sieben Hektar und ist Entfaltungsraum für mehr als 80 Skulpturen. Werke renommierter Künstler/innen aus Österreich – von Fritz Wotruba über Franz West bis hin zu Erwin Wurm, Heimo Zobernig und Michael Kienzer – kommunizieren hier mit Beispielen internationaler Bildhauerei, zum Beispiel von Jeppe Hein, Nancy Rubins, Tobias Rehberger oder Susana Solano.

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

In den späten 1960ern und 1970ern dominierten das wirtschaftliche und wissenschaftliche Wachstum, die Erdumrundung, der erste Blick auf unseren Planeten, die Mondlandung und der Computer die Welt. In dieser Zeit sozialisiert, entwickelt Wakolbinger Skulpturen aus der Maschine, die eigene Gesetzmäßigkeiten und Algorithmen vorgibt. Handschrift wird dabei zur vernachlässigbaren Kategorie. Gleichzeitig erinnert die Skulptur an das mystische Wesen eines Göttervogels, der die Erde berührt, an das Festhalten des Augenblicks, des Durchzugs oder Weiterflugs. Der schwebende Sockel verdeutlicht das Spiel von Leichtigkeit und Schwere.

So verhält es sich auch mit der Arbeit Giardini (Placement) im Österreichischen Skulpturenpark. Sie entstammt einer Serie computergenerierter Formate, die allansichtig gerendert das schwerelose Entheben von oben, unten, rechts und links ermöglichen. Entworfen mittels eines 3D-Programmes entledigen sich die Placements des Charakters der Handschriftlichkeit und werden vom Künstler virtuell als riesige Monumente in obskure Orte und Landschaften platziert. Eines der real umgesetzten Exponate wurde für den Skulpturenpark adaptiert.

Manfred Wakolbinger, Placement (Giardini), 2012

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Aus gewundenem Kupferrohr geformt, bildet Michael Kienzers Skulptur o. T. (1992/94) ein konisches, trichterartiges Raumgeflecht, das nicht einfach in die Landschaft gestellt ist, sondern über einer Hügelkuppe aufragt bzw. aus ihr hervorzugehen scheint.
 
So als ob das Objekt aus der Landschaft wie ein spiraliges Gestrüpp hervorwachsen oder auch wie ein riesiges Vogelnest über diesem Gelände thronen würde. Es wirkt damit wie ein spiegelbildlicher skulpturaler Kommentar oder wie eine komplementäre Fortsetzung dieser Landschaftsformation.
 
Dieses Kunstgebilde aus patiniertem Kupfer verweist in seinem spiegelbildlichen Bezug zur Landschaft auf deren eigene Künstlichkeit und skulpturale Eigenschaften. Es bezeichnet also von sich aus seinen landschaftlichen Kontext als seinerseits kalkuliertes und konstruiertes Gebilde, und verdeutlicht damit, dass jede Bestimmung von Natürlichkeit und Natur unausweichlich zivilisatorische Rahmenbedingungen und Vorstellungen widerspiegelt.

Michael Kienzer, o. T., 1992/94

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Liniengeflechte und -gerüste aus roter, grüner und blauer Farbe sind die Grundmotive in Sabina Hörtners Arbeiten. Die Linie ist dabei ein Bauelement, mit dessen Hilfe buchstäblich vielschichtige Formkonstellationen in Fläche und Raum erzeugt werden.
 
Die Auswahl der Farben beruht nicht auf gefühlsbetonten Vorlieben, sondern orientiert sich an den am häufigsten verwendeten Edding-Markern. Hörtner verwendet also industriell genormte Farben, die für profane Arbeitsprozesse produziert werden, und nutzt die optischen Eigenschaften der Farben: „Die Tatsache, daß 3 Farben unterschiedliche Ebenen einnehmen, z.B. blau liegt entfernter als rot, ist eine für mich nützliche Tatsache.“ (Hörtner)
 
So setzt sie auch in der Skulptur o. T. bei der räumlichen Wirkung der Farben an, um Strukturen des Raumes und der Verräumlichung in Gestalt einer Skulptur zu visualisieren. Die farbige Skulptur ist also nicht nur ein räumliches Gebilde, sondern eine Form gewordene Strukturierung von Raum.

Sabina Hörtner, o. T., 1993

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Die Skulptur ist eine raffinierte Konstruktion, bei der aus jeweils einem Würfel fünf weitere Würfel wachsen. In Summe sind es 156 Stück, deren Generationen in einer diagonalen Verdrehung der Achsen für Dynamik sorgen. Der technisch anmutende Titel bezieht sich auf das Jahr der Entstehung, die Form (Hexaeder) und die Gestaltung. Die Verkleinerung der Würfel geschieht mit dem Faktor 0,44902, nicht zuletzt folgen die Seitenverhältnisse dem Goldenen Schnitt und sorgen damit für eine besonders harmonische Wirkung. Was auf den ersten Blick wie Chaos wirkt, folgt einer ausgeklügelten Ordnung.
 
„Skulptur“, sagte Hartmut Skerbisch einmal, „ist keine Disziplin der schönen Künste.“ Was dann? „Skulptur thematisiert das Verhältnis des Menschen zu sich.“ In diesem Sinn gestaltet Skerbisch seit Jahrzehnten plastische Arbeiten, deren Gestalt er lieber aus gesellschaftspolitischen und wissenschaftlichen Umfeldern generiert denn vordergründig schöngeistigen. Skerbisch hat u. a. Solarbäume entwickelt, ein Energiespiel, skulpturale Körper nach geometrischen Axiomen.
 
3D Fraktal 03/H/dd ist ein weiteres gutes Beispiel für dieses Verfahren. Die Grunddefinition holt man am besten aus dem Lexikon: „Fraktal (Adjektiv oder Substantiv) ist ein von Benoit Mandelbrot (1975) geprägter Begriff (lat. fractus: gebrochen, von frangere: brechen, in Stücke zerbrechen), der natürliche oder künstliche Gebilde oder geometrische Muster bezeichnet, die einen hohen Grad von Selbstähnlichkeit aufweisen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Objekt aus mehreren verkleinerten Kopien seiner selbst besteht. Geometrische Objekte dieser Art unterscheiden sich in wesentlichen Aspekten von gewöhnlichen glatten Figuren.“

Hartmut Skerbisch, 3D Fraktal 03/H/dd, 2003

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

3D Fraktal 03/H/dd ist eine raffinierte Konstruktion, bei der aus jeweils einem Würfel fünf weitere Würfel wachsen. In Summe 156 Stück, deren Generationen außerdem in einer diagonalen Verdrehung der Achsen für Dynamik sorgen – man sieht die Würfel förmlich wie die buchstäblichen Pilze aufschießen und kann sich weiteres Wachstum plastisch vorstellen.
 
Wie immer bei Skerbisch ist auch im Zusammenhang mit der Chaostheorie nichts dem Zufall überlassen. Die Verkleinerung der Würfel geschieht mit dem Faktor 0,44902, nicht zuletzt folgen Seitenverhältnisse dem Goldenen Schnitt. Die Abkürzungen im Titel bedeuten Folgendes: 03 steht für das Entstehungsjahr 2003, H meint Hexaeder (Würfel) und dd die bereits erwähnte diagonale Drehung. Es ist kein Zufall, dass der Weg mitten durch die Arbeit führt: Diese Kunst will keine Distanz.

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Die Gegenwart ist genau betrachtet zu kurz, um sie tatsächlich wahrnehmen zu können. Letztendlich ist nahezu alles „noch nicht“ oder „nicht mehr“. Somit erscheint es konsequent, wenn der Künstler gar kein Kunstwerk anbietet, sondern nur die Mutmaßung anstellt, dass es da gewesen ist oder erst da sein wird. Seine Absenz ist somit der realistischste Zustand.
 
Ein Text hilft uns, mit dieser Tatsache umzugehen und sie letztlich auch zu ertragen. Die Illusion, in der wir leben, ist die Unvollständigkeit, mit der wir es zu tun haben. Das Bild, das wir uns von der Realität machen, ist, ähnlich wie die Sprache, Teil einer Tatsächlichkeit, die wir nicht bis zur Vollständigkeit zu erfassen imstande sind. Wir nähern uns ihr nur an – immer müssen wir erkennen, dass ein Stück fehlt.

Heinz Gappmayr, der seit den frühen 1960er-Jahren zwischen Konkreter Poesie und Konzeptkunst und Aspekten der Minimal Art künstlerisch tätig ist, zeigt uns in seiner Arbeit ständig das Dilemma, in dem wir uns befinden. Bild und Text sind dabei gleichwertig eingesetzt, denn im Text liegt grundsätzlich Visuelles und im Bild existiert eine sprachliche bzw. textliche Ebene.

Heinz Gappmayr, NOCH NICHT SICHTBAR - NICHT MEHR SICHTBAR, 2003

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Das Boot ist ein funktionsfähiges, am slowenischen Straßenrand entdecktes Objet trouvé. Es handelt sich also nicht um einen ursprünglich als Kunstwerk geschaffenen, sondern um einen gefundenen Gegenstand, der erst durch die Inszenierung auf einem Sockel – in diesem Fall die Landschaftsarchitektur Dieter Kienasts – zu einem Kunstwerk wird. Die besondere Wirkung der Skulptur entsteht durch die Positionierung im Park selbst, die zu einem Gespräch zwischen dem Objekt und der Landschaft führt: Einerseits bezieht sich das Boot auf den dahinterliegenden Badesee, andererseits scheint es, als wäre es in einer künstlichen Wellenlandschaft gestrandet.
 
Michael Schuster verbindet in seiner Arbeit medienreflexives und konzeptuelles Handeln mit bild- und objekthaften Bezügen. Sein Betonboot zeigt eine Reflexion über ortsspezifische Gegebenheiten in sinnlich objekthafter Gestalt: Das Boot bezieht sich zunächst auf den angrenzenden Freizeitraum mit seinem Badesee. Es scheint, als ob das Boot geradewegs aus seinem angestammten Platz geschleudert worden wäre, um in einer anderen Art von Wellenlandschaft zu landen: nämlich im hügeligen Auf und Ab einer künstlichen Landschaft, deren gefaltetes Profil noch an ihre ursprüngliche und vorige Nutzung als Gartenschaugelände erinnert.
 
Damit stellt Schuster nicht einfach eine Skulptur in den Park, sondern er thematisiert dessen Geschichte und sein Umfeld innerhalb des Areals selbst. Das Gelände mit seinen künstlich angelegten „Wellen“ wird gleichsam zum Teil dieses Werks. Es wird als eine Art natürlicher „Sockel“ für das Boot erkennbar, das ortlos geworden, den neuen Umraum zugleich zur Gänze als Kontext beansprucht und besetzt, auch wenn es nur an dessen Grenze zu liegen kommt.

Michael Schuster, Betonboot, 2003

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Rubins verdichtet elektrische Geräte, Boiler, Wohnwagen- oder Flugzeugteile, die sie aus Deponien zusammensammelt, zu monumentalen Skulpturen. Dabei haben die einzelnen Teile, die so eng wie möglich komponiert werden, einerseits selbstreferenziellen Charakter und verweisen andererseits auf Auswirkungen des Konsumismus und der industriellen Fertigungsmaschinerie.
 
Wurden in der Pop Art Alltagsgegenstände in ihrer glanzvollen Verfügbarkeitsästhetik in den Status der Kunst überführt, oszillieren nun die ausgedienten, verbrauchten Gegenstände bei Nancy Rubins zwischen der Abscheu vor wertlosem Plunder und der Faszination ihrer Geschichte, wodurch sie zu neuen Fetischen werden. Wegwerfkultur und Musealisierung begegnen sich in ihren Arbeiten wie Vergessenes und Heroisiertes.

Die Skulptur vermittelt ihren visionären Charakter in der Tatsache, dass Rubins mit denselben Materialien, nämlich mit Flugzeugschrottteilen, bereits seit Ende der 1980er-Jahre, also lange vor 9/11, arbeitet. Die bedrückende Aktualität dieser Neukonstruktion, deren Ästhetik zwischen futuristischem Geschwindigkeitsrausch, eingefrorenem Desaster und der Schönheit durch die gebündelte Neuordnung liegt, erfuhr anhand der realen Katastrophe eine zusätzliche inhaltliche Komponente.

Nancy Rubins, Airplane Parts & Hills, 2003

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Zur Geschichte des Österreichischen Skulpturenparks
Der Österreichische Skulpturenpark geht auf die ambitionierte Haltung Emil Breisachs zurück: Der ehemalige Intendant des ORF-Landesstudios Steiermark wollte zeitgenössischer Skulptur auch außerhalb von Museen einen Platz einräumen und künstlerische Arbeiten ab 1981 auf dem ORF-Gelände platzieren. Daraus entwickelte sich die Idee, österreichisches skulpturales Schaffen im internationalen Kontext zu positionieren und ein Begegnungsfeld mit den Betrachter*innen zu eröffnen.

Als im Jahr 2000 Dieter Kienast, der prominente Schweizer Landschaftsarchitekt, sieben Kilometer südlich von Graz ein 7 Hektar großes Areal für die Internationale Gartenschau geschaffen hatte, bestätigte sich dieses in der Folge als idealer Ort für einen großzügig angelegten Skulpturenpark. Mit Gründung der Privatstiftung Österreichischer Skulpturenpark in Kooperation mit der PORR GmbH und dem Land Steiermark konnte die
Basis für ein von Peter Weibel durchformuliertes Konzept für einen internationalen Skulpturenpark ausgearbeitet und im Jahr 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Um den damals 57 Skulpturen umfassenden Park abzusichern, ihn in einen fundierten wissenschaftlichen und breiten Kunst- und Kulturkontext zu integrieren und einer noch größeren Öffentlichkeit bekannt und zugänglich zu machen, initiierte die Privatstiftung in Abstimmung mit dem Land Steiermark im Jahr 2007 die Übernahme des Betriebs durch das Landesmuseum, seit 2009 Universalmuseum Joanneum.

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Sole d'acciaio, „Sonne aus Stahl“, nennt Ilija Šoškić sein skulpturales Kraftzentrum. Dreißig Stahl-Strahlen, geschwungene Metalllamellen hat der herbe Poet aus Montenegro rund um eine Feuersteinkuppel angeordnet. Schwere Blütenblätter, deren Oberflächen zwischen hartem Blau und warmem Rostrot oszillieren und je nach Lichteinfall ihre Aura ändern.
 
„Materialismo magico“ nannte das einst ein italienischer Kritiker – der Künstler lebt, abgesehen von kurzen Aufenthaltsversuchen in der Heimat, seit fast vierzig Jahren in Rom, „Magischer Materialismus“. Das gilt in der Tat für viele Werke des Künstlers, der im Umfeld der Arte Povera groß wurde. „Magisch materiell“ pulsiert nicht nur Soskics Stahl-Sonne, von ähnlicher Energie war etwa ein gigantischer „Seestern“, den er zeitgleich schuf. Oder ein „Arcobaleno d'acciaio“, ein „Regenbogen aus Stahl“, der sich Ende der 1980er-Jahre über die Treppe zum Grazer Mausoleum spannte.

Ilija Šoškić, Sole d'acciaio, 1989

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Mit dieser Arbeit führt uns Weibel an die Grenzen der Wahrnehmung. Ein überdimensionaler Griff eines Koffers steht mitten in der Landschaft. Er zeigt den Betrachter*innen die Weltkugel als einen riesigen Behälter, gefüllt mit Daten, Organismen und Gegenständen, die ihrerseits selbst Informationsträger sind. Ähnlich funktionieren auch wir Menschen, die wir alles, was wir haben und womit wir uns beschäftigen, mit uns herumtragen. Die Verbindung zwischen sinnlicher Erfahrung und Verstand, die Kant als Weg zur wirklichen Erkenntnis sah, wird deutlich.

Philosophen, Künstler, Wissenschaftler führen vor, dass unser materielles und körperliches Leben eine Illusion ist und die Wirklichkeit „außerhalb“ zu suchen sei – überall, nur nicht vor unseren Augen. Von Platos Höhlengleichnis bis zu Hollywoodfilmen wie „The Matrix“ werden wir damit konfrontiert.

Peter Weibel, Die Erdkugel als Koffer, 2004

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Das Kreuz ist in einer christlich dominierten Gesellschaft unverwechselbares Sinnbild der Auferstehung Jesu. Mit dem Angebot, selbst einen Nagel in eines der Kreuze zu schlagen, schafft Ono die Möglichkeit, eine neue, aktive Rolle in diesem Vorgang der Kreuzigung einzunehmen. Gleichzeitig werden wir dadurch Mittäter*innen. Kulturelle, religiöse, politische oder künstlerische Grenzen können durch den Griff zum Hammer überschritten werden. Dabei entsteht eine neue Sensibilität für das Setzen von Aktivität und es gelingt eine Verbindung zwischen kollektivem und individuellem Gedächtnis.

Stellt die erste Version unter dem Titel „Painting to Hammer a Nail in“ aus dem Jahr 1966 eine Leinwand dar, in die vom Publikum Nägel eingeschlagen werden sollten, so zielt Ono in der Cross Version auf das Erinnern ab, auf die Verbindung von individuellem und kollektivem Gedächtnis, sie befasst sich mit Zeit und der Frage nach Existenz. Man ist erinnert an Golgotha, an das Kreuz als christliches Sinnbild der Wiederauferstehung, aber auch an die persönliche und liberale Herkunft Yoko Onos als Kind eines Vaters, der von sich sagte, er sei ein Christ, ohne einer Kirche anzugehören.

Yoko Ono - Painting to Hammer a Nail In / Cross Version, 2005 (1990, 1999, 2000)

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Diese Skulptur ist starr und doch in Bewegung: Das Loch verschiebt sich vom oberen Rand der ersten Kurve bis zum unteren der fünften und letzten und deutet so eine imaginäre Bewegung an. Darauf könnte auch der Titel Bezug nehmen, heißt doch „to perambulate“ (engl.) im Deutschen auch „durch etwas reisen/gehen“. Es wird eine Rotation dargestellt, die das als Maschine anmutende Objekt optisch nach vorne rollen lässt. Durch die projizierte Bewegungsübertragung von einem „Maschinenteil“ auf den nächsten wird diese Vorstellung zusätzlich angetrieben.
 
Die Skulptur „Perambulator“ von Karin Hazelwander wirkt wie eine Anordnung, die eine Funktion haben könnte. Offenbar ist sie als „stark Spazierengehende“ (perambulare lat.) gedacht, als eine Spaziermaschine.
 
Aus jüngeren skulpturalen Arbeiten von Hazelwander lässt sich schließen, dass sie sich für den Simulator interessiert, für den Apparat, auf den ästhetische Projektionen auftreffen. Die Serialität der Teile, die die Gestalt einer dynamische Kurve haben, erinnert an maschinische Konstruktionsweisen, die die Kraft über rotierende Platten wirken lassen.

Karin Hazelwander, Perambulator, 1993

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Zwei Metalleimer, die mit der Hohlseite auf einer roten Metallplatte fixiert wurden, sind die Grundelemente dieser Skulptur. Diese Eimer sind grundsätzlich benützbare Gebrauchsgegenstände, die jedoch, herausgelöst aus ihrem ursprünglichen Kontext, unbrauchbar gemacht wurden und sich nun als abstrakte geometrische Elemente vom Objekt- zum Skulpturenstatus wandeln. Im Objektstatus der Gegenstandswelt stehen Eimer normalerweise auf dem Boden. Wurm verändert die Präsentationsform, indem er die Bodenplatte aufklappt und die Sichtweise von einer Boden- zu einer Wandskulptur kippt.

In Erwin Wurms Outdoor-Skulptur-Bunker im Österreichischen Skulpturenpark, die wie eine abstrakte Wandskulptur aussieht, bilden zwei Metalleimer, die mit der Hohlseite auf einer roten Metallplatte fixiert wurden, die Grundelemente. Von dieser Arbeit lassen sich die dialektischen Traditionslinien des Objektbegriffs der Avantgarde des 20. Jahrhunderts von Duchamps Readymades bis zu den Objets trouvés der Surrealisten zurückverfolgen.
 
Diese beiden Eimer sind grundsätzlich benützbare Gebrauchsgegenstände, die jedoch, herausgelöst aus ihrem ursprünglichen Kontext, unbrauchbar gemacht wurden und nun als abstrakte geometrische Skulpturelemente sich vom Objekt- zum Skulpturenstatus rückverwandeln.

Erwin Wurm, Bunker, 1987

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Gironcoli begreift seine monumentalen Arbeiten als Organismen, die Prozesse wie Werden und Vergehen oder Leben und Tod widerspiegeln. In der Gegenüberstellung von Elementen des Lebens mit maschinenartigen, technoiden Strukturen verweist diese Skulptur auf die starre Unerbittlichkeit sozialer und wirtschaftlicher Vorgänge. Scheinbar natürlich Gewachsenes trifft auf strenge Struktur, Menschliches auf Maschinelles, sodass eine Spannung entsteht, die diesem Objekt etwas Lebendiges verleiht. Es scheint, als ob es sich im nächsten Augenblick in Bewegung setzen könnte.

Bruno Gironcoli, o. T., 1995/96

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Ende der 1970er-Jahre begann Bruno Gironcoli jene monumentalen Plastiken zu entwerfen, die für sein Schaffen bezeichnend wurden und die ihre typische Erscheinung einer gleichermaßen differenzierten wie ambivalenten Struktur verdanken – einer hybriden Mischung verschiedenartigster Elemente, in der Vegetabiles neben streng Geometrischem, Anthropomorphes neben Apparativem erwächst und welche diesen mächtigen Gebilden ihr technoid-biomorphes Aussehen verleiht.
 
Trotz der auffälligen Nähe seiner Formenwelt zu realen Dingen sieht Gironcoli in all diesen Elementen zuerst die bildhauerische Idee, den formalästhetischen Gedanken abseits konventioneller Bedeutungen. In der Folge jedoch ist es nicht allein das Objekthafte, was uns diese Arbeiten zu vermitteln suchen.

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Zum Wesen des Österreichischen Skulpturenparks
Wenn Skulptur und Natur in Verbindung treten, reagieren sie aufeinander. Es entwickelt sich eine Wechselbeziehung, die im Laufe der Zeit eine sich permanent ändernde Geschichte erzählt. Im Garten als vom
Menschen gestaltete Natur sind wir im Österreichischen Skulpturenpark speziell dazu eingeladen, mit in die Landschaft eingefügten Skulpturen in Dialog zu treten. Wir treffen auf zeitgenössische Skulptur, von abstrakter Bildhauerei bis zu gefundenen oder verdichteten Objekten.Manche Arbeiten integrieren Licht, Schatten, Wasser oder Luft, entwickeln sich im Wachsen oder interagieren mit uns.

Zwei ineinander übergehende Teile des Parks
Im Berggarten befinden wir uns in einem Schotterabbaugebiet, aus dem Badeteiche entstanden sind und eine groß angelegte Freizeitanlage realisiert wurde. Der Landschaftsarchitekt Dieter Kienast umrahmte den Park mit einem vier Meter hohen Rasenwall, der diesen schutzgebend einfasst. Wir betreten außergewöhnliches und einmaliges Terrain, in dem wir Graspyramiden, die die Landschaft konturieren, einen geometrisch angelegten Seerosenteich mit Lilienbewuchs und ein punktuell bespielbares Café, Kirschbäume, Lavendelbeete oder durch Bambus strukturierte Rasenstücke finden. Neue Blickachsen werden ebenso eröffnet wie das Spiel zwischen Erweiterung und Zurückgezogenheit. Besondere Pflanzen wie Frauenmantel, Hyazinthen, Narzissen, Tulpen oder eine Linde erweitern duftend und in ständigem Farbwechsel unsere Umgebungswahrnehmung.

Im Fasangarten zitiert Kienast die Geschichte der Gartenbaukunst seit der Antike und inszeniert bei gleichzeitiger Reflexion auf den Minimalismus der 1960er-Jahre spezielle Gartenräume. So öffnet sich, umgeben von hohen Buchenhecken, ein in sich ruhender, einzigartiger Lotosblütenteich mit kontemplativem Inselmittelpunkt als Referenz auf die altägyptische Gartenanlagenkunst. In deren Zentrum können wir auf der einen Baum umschließenden Möbelskulptur von Peter Kogler verweilen und in Kontakt mit Kunst und Natur treten.

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Diesem Teil folgt eine sich verjüngend ansteigende Treppenkonstruktion, die Himmelstreppe, als Verweis auf unsere Verbindung zu Zonen außerhalb der Erde und die Wirkkraft der Erfindung der Zentralperspektive in der Renaissance. Hier finden wir Skulpturen, die in der Auseinandersetzung mit dem Körper, körperlichen Veränderlichkeiten, Verschiebungen und Perspektivenwechseln entstanden.

Ab den 1940er-Jahren beschäftigte sich Leinfellner mit dem Motiv liegender bzw. ruhender Figuren, einem geradezu klassischen Thema der Kunst seit der Antike. Die große Ruhende setzt sich aus grob behauenen, vereinfachten Einzelformen zusammen, welche sich jedoch in der präzisen Erfassung der gelösten Körperhaltung wie selbstverständlich zu einem natürlichen Ganzen verbinden. Arme, Beine, Rumpf und Kopf weisen in verschiedene Richtungen und sind dadurch Teil einer ausgewogenen Komposition, womit Kunst- und Naturform eine perfekte Synthese ergeben.

Heinz Leinfellner, Die große Ruhende, 1964/65

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Mit Beginn der 1990er-Jahre beschäftigt sich Hans Kupelwieser mit pneumatischen Skulpturen, die er Gonflables nennt. Aus einer 1994 entwickelten Serie fand eine der aufgeblasenen Aluminiumskulpturen ihren definitiven Standort im Skulpturenpark.
 
Der Entstehungsprozess unterliegt einem Zufallsprinzip, da die Skulpturen, wie schon der Titel verrät, ihre Form erhalten, wenn unter höchstem Druck speziell verschweißte dünne Alubleche aufgeblasen werden. Das Resultat ist immer ein anderes, je nach Luftdruck verformen sich die Bleche und bilden verschiedene Oberflächenstrukturen mit Einbuchtungen, Falten und Graten aus. Sie funktionieren als geschlossenes Boden- oder als begehbares Wandobjekt wie in seiner Installation „Blase in die Ecke“, als er 2004 in der Neuen Galerie Graz im Hof des Gebäudes eine Metallblase montierte, die zu schweben schien.
Das von Kupelwieser verwendete Material Aluminium führt zur Reflexion historischer Positionen, wie z. B. Andy Warhols Silver Clouds von 1966, jene mit Helium gefüllten metallisierenden Polyesterfolien, die wie Silberwolken durch den Ausstellungsraum der New Yorker Leo Castelli Gallery flogen oder die pneumatischen Objekte aus transparenten PVC-Hüllen, wie sie von österreichischen Künstlern und Architekten in den 1960er-Jahren wie Hans Hollein, Walter Pichler oder Hausrucker – Co als futuristisches Wohndesign entwickelt wurden.

Hans Kupelwieser, Gonflable 6, 2002

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Herbert Boeckl war in erster Linie Maler und gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Österreichischen Expressionismus. Neben Atlantis ist nur eine weitere Skulptur – die Bronze „Springendes Pferd“, 1929 – von ihm bekannt. In den 1930er-Jahren hatte Boeckl bereits einen prominenten Platz in der nationalen Kunstszene inne. Ab 1935 wirkte er als Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien, wo er ab 1938 den legendären „Abendakt“ leitete und einer großen Zahl von Schülern ein einflussreicher Lehrer wurde.

Für die Bronzeplastik Atlantis, die er ursprünglich in Wachs modelliert hatte, orientierte sich Boeckl stärker an den Gestaltungsprinzipien der Malerei als an jenen der Plastik. Die Figur ist in ihrer Stellung mit dem „Sitzenden gelben Akt mit Maske“ von 1935 verwandt. Während der Akt auf dem Gemälde sich jedoch entspannt an die Kissen lehnt, fehlen der Skulptur die stützenden Elemente. Durch die zurückgelehnte Haltung gerät sie in ein labiles Gleichgewicht, Spannung und Unsicherheit entstehen. Auch die raue Oberfläche mit dem auf ihr spielenden Licht steht in enger Beziehung zur Malerei. Vergleicht man Atlantis mit den gleichzeitigen Heroenfiguren der NS-Kunst, wird Boeckls Distanz zu dieser Art der Idealisierung und sein Anspruch auf Vermittlung einer anderen Realität bewusst.

Herbert Boeckl, Atlantis, 1940–1944

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Ein Sprungbrett ist nicht wie gewöhnlich vor einem Schwimmbecken positioniert, sondern spiegelbildlich in einen blau ausgestrichenen Pool versenkt. Überraschenderweise erweckt das denselben perspektivischen Eindruck, als würde man das Brett von unten sehen. In der Op-Art (Optische Kunst) stößt man seit den 1960er-Jahren auf ähnliche spontane Wahrnehmungstäuschungen, die das menschliche Sehen als aktiven Sinnesvorgang erkennbar machen. Das Gehirn versucht den Eindruck sinnvoll zu interpretieren, was allerdings nicht zu gelingen scheint.

Als Vertreter einer jüngeren Generation von Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit dem Begriff Skulptur auseinandersetzen, führt er mit ebenso einfachen wie eindringlichen Mitteln vor, wie leicht man Gesehenes „missverstehen“ kann. Physikalische Gesetzmäßigkeiten wörtlich genommen oder Perspektivenänderungen führen dabei oft zu verblüffenden Wahrnehmungswechseln.
 
So auch in seiner Arbeit -3 m Brett. Ein Sprungbrett wird dabei nicht vor ein Schwimmbecken positioniert, sondern spiegelbildlich in einen blau ausgestrichenen Pool versenkt. Man hat überraschenderweise denselben perspektivischen Eindruck, als würde man das Brett von unten sehen. Die dreidimensionale Anordnung wird zum Vexierbild – zu einem Bild, das durch spezielle Konstruktion aus verschiedenen Blickrichtungen unterschiedliche Bildinhalte vermittelt. Eine multistabile Wahrnehmung tritt beim Betrachter auf.

Markus Wilfling, -3m Brett, 2004

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Für diese Skulptur wurde ein Findling – ein großer Bruchstein aus einem Steinbruch – durch einen technisch aufwendigen Prozess in einen Stahlmantel eingeschweißt. Der Mantel schmiegt sich an die Höhen und Tiefen des Steins, sodass das Objekt als Gesamtes beinahe an ein Schmuckstück erinnert. Krenn ist sich des schönen Scheins bewusst, mit dessen Hilfe er die Gegensätze von gefundener (natürlicher) und geschaffener (kultureller) Form aufeinanderprallen lässt. Fragen nach dem Verhältnis zwischen Natur und Zivilisation werden aufgeworfen und der beherrschende Eingriff des Menschen in das „Natürliche“ wird thematisiert.
 
In einer Reihe von sowohl klein als auch groß dimensionierten Skulpturen verleiht Othmar Krenn seiner Vorstellung von einem Dualitätsprinzip, das er immer wieder mit unterschiedlichen Materialien und konzeptuellen Ansätzen umkreist, Ausdruck.
 
Im Zentrum dieser Werkserie steht die mehrfach variierte Konfrontation von Stein und Metall, die in verschiedenen Typologien vorhanden ist: Steinummantelungen, Steinrasterungen, Scheiben- und Kegelsteine. Diese auf einer immer wieder reflektierten Grundidee basierenden variantenreichen Gestaltungen setzen sich auf den ersten Blick die Verbindung von Natur und Zivilisation zum Ziel.

Othmar Krenn, Teilummantelung, 1995

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Punktuell wird im Park mit mehr als 75 permanenten und jährlich temporären Arbeiten die Geschichte der Skulptur seit der klassischen Moderne gezeigt, verhandelt und weiterentwickelt. Klassische Materialien wie Stein, Bronze oder Marmor finden hier ebenso Verwendung wie Beton, Glas, Kunststoff, Styropor, Spiegel, Stahl, Schrottteile oder Watte. Von der anthropomorphen Plastik über die Erweiterung zur Möbelskulptur und damit Eingliederung in die Arbeitswelt bis zu konzeptuellen und computergenerierten oder sprachlichen Arbeiten reicht die Palette.

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Dieses Labyrinth ist ein offener gläserner Riesenkasten, der den Ausblick auf die Umgebung zulässt. Der Blick haftet auf dem Glas, während man zugleich das Bild der Landschaft wahrnimmt. Das Glas wirkt wie ein Schirm, der das Sehen einfängt, ein Bildschirm, der die Welt präsentiert, allerdings zum Preis der Trennung und Distanz von ihr. Die Bezeichnung Labyrinth macht deutlich, dass etwas weit offenstehendes Sichtbares nicht weniger geheimnisvoll ist als etwas Verdecktes oder Verstecktes. Ausgangspunkte für diese Arbeit waren das architektonisch angelegte Gartenlabyrinth sowie ein Irrgarten aus Buchen in nächster Nähe.

Matta Wagnest, Labyrinth, 2005

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

In seinen überdimensionalen Aluminiumskulpturen behandelt Molacek die Blüte der Rose elitär. Die Skulpturen sind in vier unterschiedlichen Farben an öffentlichen Orten, in Parks und Gärten platziert. Die im Bauerngarten befindliche schwarze Rose entfaltet ihre Wirkung im Wechselspiel mit der sie umgebenden Natur, die sich ständig verändert. Es geht Molacek nicht darum, die natürliche Schönheit einer Blume als Landschaftsmaler abzubilden. Stattdessen soll etwas Fragiles und Feines mit übertriebener Deutlichkeit und Überdimensionalität, ähnlich einem Superstar in der Medienwelt, hervorgehoben werden.

Rudi Molacek, Rose, 1999

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Das Kreuz ist in einer christlich dominierten Gesellschaft unverwechselbares Sinnbild der Auferstehung Jesu. Mit dem Angebot, selbst einen Nagel in eines der Kreuze zu schlagen, schafft Ono die Möglichkeit, eine neue, aktive Rolle in diesem Vorgang der Kreuzigung einzunehmen. Gleichzeitig werden wir dadurch Mittäter*innen. Kulturelle, religiöse, politische oder künstlerische Grenzen können durch den Griff zum Hammer überschritten werden. Dabei entsteht eine neue Sensibilität für das Setzen von Aktivität und es gelingt eine Verbindung zwischen kollektivem und individuellem Gedächtnis.

Yoko Ono, Painting to Hammer a Nail In / Cross Version, 2005 (1990, 1999, 2000)

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Diese scheinbar auf der Erde schwebenden oder sich ausruhenden Zylinder wirken ebenso leicht wie schwer. Das Material und die wuchtigen Einfassungen stehen im Gegensatz zur Leere, die ein wichtiger Bestandteil dieser dreiteiligen Skulptur ist: Leerer Raum wird durch die transparenten Gitterstrukturen, die Hohlräume der Zylinder selbst und die Räume zwischen den Objekten erfahrbar. Durch ihre einander zugewandten Positionen werden die Einzelteile zu einem großen Ganzen, das sich, je nach Perspektive der betrachtenden Person, stets neu zusammensetzt, verdichtet und wieder ausdünnt.

Susana Solano, Ajuste en el Vacio, 1995/1996

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

watermusic wurde exklusiv für Graz realisiert: zuerst temporär für den Schloßbergplatz und dann als Wasser-Haus im Seerosenteich des Parks. Als Häuschen erinnert das äußere Erscheinungsbild an Einfamilienhäuser
außerhalb des Parks und beherbergt im Inneren die Welt von EVA & ADELE. Dort zeigen drei Projektionen das Paar beim Winken, beim Wassertreten und beim Wasserschöpfen, untermalt von einem den Aktivitäten entsprechenden, beruhigenden Sound. Dieses Werk stellt Fragen zu künstlerischer Kommunikation, Aspekten geschlechtlicher Identitäten und Kunstmarketing.

Eva & Adele, watermusic, 2003/04

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Wurm versieht ein echtes Auto mit einem Kunststoffüberzug unter Zusatz von Polyester und verändert damit eine uns sehr vertraute Form durch übertriebenes Volumen. Das Auto als Aushängeschild von Mobilität und bedeutendes Statussymbol verliert seine natürlichen Proportionen, seine Form und auch seine Funktionalität. Es wird nicht nur „fett“, sondern wandelt sich von einem metallenen, harten Gebrauchsgegenstand zu einem optisch weichen, surrealen Objekt. Das nun nicht mehr bewegliche Fortbewegungsmittel scheint gewissermaßen zu zerfließen und begegnet uns als groteskes und doch liebenswürdiges Monstrum.

Erwin Wurm, Fat Car, 2000/2001

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Ein ehemaliger stählerner Wassersilo (11 m Länge, 4 m Durchmesser) wurde vom Medienkünstler und Musiker Pinter neu interpretiert. Er bildet die Grundstruktur dieser Skulptur. Acht integrierte Basslautsprecher verwandeln den Silo in ein Musikinstrument. Die tiefen Frequenzbereiche erzeugen Druckwellen, die den Sound nicht nur hörbar, sondern auch körperlich spürbar machen. Auf einem externen Monitor sind die Kompositionsdaten sichtbar. Als umgebautes Readymade verweist die Arbeit aufgrund ihrer spezifischen physikalischen Gegebenheiten auf die funktionelle Vielseitigkeit eines Objekts.

Michael Pinter, SUB/DC, 2003

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Die große, halbkreisförmige Figur wirkt wie ein Schaufelrad mit Taschen oder Fächern und einem leicht durchhängenden Boden. Schon Leonardo da Vinci verwendete ein ähnliches Konzept für einen Schwimmbagger,
wie eine seiner Zeichnungen in der Sammlung Codex Atlanticus zeigt. Wie eine unbequeme Leiter stellt sich uns Körperteil-Hürden als Hindernis entgegen und wird zu einem „Gegen-Stand“ im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kompaktheit des Werks wird durch Farbe und Material besonders stark zur Geltung gebracht.

Richard Fleissner, Körperteil-Hürden, 1994

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Das 9 × 7 × 7 m große, schwabbelig und gleichzeitig monströs wirkende Fat House thematisiert das Eigenheim als relativen Reichtum, „Verfettung“ als Ergebnis unseres Konsums und die gegenseitige Beeinflussung von Kunst, Architektur und Leben. Durch ein Video im Inneren wird das Haus selbst zu einem liebenswerten Wesen, das eine Geschichte zu erzählen hat. Zugleich wird deutlich, dass der Mensch und die von ihm geschaffenen Gegenstände voneinander abhängig sind. Wurm untersucht in seinen Arbeiten Materialität von der Leere bis zur Überfülle, Größenverhältnisse und Verfremdungen von Alltagserfahrungen und -dingen.

Erwin Wurm, Fat House, 2003

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Für dieses Werk verwendet Zobernig sehr gebräuchliche und doch im Alltag meist unsichtbare Fertigteile aus Beton und negiert dabei eine persönliche künstlerische Handschrift. Diese Bausteinringe setzt er übereinander, wodurch eine riesige Säule entsteht. Die Skulptur wird bewusst nicht aufwendig oder schön gestaltet. So bleibt die Aufmerksamkeit auf dem Material selbst und ermöglicht eine nüchterne Sicht auf die Welt. Dadurch thematisiert der Künstler auch die Frage, wo und wie die Grenzen zwischen Kunst- und Alltagsgegenständen zu ziehen sind.

Heimo Zobernig, o. T., 2003

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023

Die Ausschnitte der Stahlplatte sind standardisierte Symbole für Elemente in Nassräumen. Auch eine menschliche Silhouette ist in Kupelwiesers Badezimmer erkennbar. Dabei scheint es sich um ein systematisches Verzeichnis von alltäglichen Badezimmer-Gegenständen zu handeln, das wie der Code einer Sprache funktionieren kann. Der Unterschied zwischen natürlich Gewachsenem (das weiche Gras in den Leerstellen) und kulturell Geformtem (die vom harten Stahl begrenzten Formen) wird sichtbar.

Hans Kupelwieser, Badezimmer, 1995/2003

 Österreichischer Skulpturenpark, April 2023




Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: