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Stift Rein ist eine Zisterzienserabtei in der Gemeinde Gratwein-Straßengel in der Steiermark. Es wurde im Jahr 1129 von Markgraf Leopold dem Starken von Steyr als 38. Kloster des Ordens gegründet und ist seit der Auflösung aller vorher gegründeten das älteste bestehende Zisterzienserstift der Welt, da alle früher errichteten durch die Französische Revolution oder durch die Säkularisation in Deutschland aufgelöst und verweltlicht wurden.
Die östliche, zweigeschoßige Fassade der Stiftskirche beherrscht den
davor liegenden großen Stiftshof. Sie wurde zwischen 1742 und 1747 von
Johann Georg Stengg gestaltet. Die mittlere und breitere der insgesamt
drei Achsen ist konvex vorgeformt und die zwei seitlichen Achsen sind
konkav zurückschwingend und werden durch kräftige, auf hohen Sockeln
stehenden Säulen getrennt. Die Wölbung der Achsen klingt im
Giebelgeschoß harmonisch aus. In jeder Achse befindet sich ein Portal,
wovon das mittlere das größte ist. Zu den Portalen führt eine konvex
geformte Treppe hinauf.
Über dem Mittelportal befindet sich eine mit Stuck verzierte Nische, in
der eine 1743 von Johann Matthias Leitner angefertigte Statue des
heiligen Bernhard steht, die von zwei Engeln flankiert ist. Über der
Statuennische befindet sich ein stuckgerahmtes, mit den Wappen des
Stiftes und dem Wappen des Abtes Placidus Mally versehenes Fenster, das
von einer geschwungenen Verdachung überdeckt ist.
Das barock gestaltete Langhaus wird von einem vierjochigen
Platzlgewölbe überspannt. Unter dem tiefen Emporenjoch im Osten
befindet sich die zweijochige und dreiachsige Vorhalle. Über den
Seitenkapellen wölben sich konvex Emporen vor, die wie die Kapellen
selbst ein Quertonnengewölbe haben. Der konkav eingezogene Fronbogen
weist Altarnischen auf. Der Chor hat ein Platzlgewölbe mit
verschliffenen Gurten. Das Kirchenschiff wird durch kräftige
Wandpfeiler gegliedert, die mächtige, rötlich marmorierte Gebälkstücke
tragen und auf denen die Gurte des Langhausgewölbes sowie die
Quertonnen der Emporen aufliegen. Vorgelegt vor den Pfeilern stehen
flache Pilaster aus Stuckmarmor mit Kompositkapitellen. Die Emporen
haben ein reich verziertes, durchbrochenes Brüstungsgitter, das
unterhalb des Gebälkes verbleibt. Die unter den Emporen liegenden
Kapitelle der Pilaster schließen mit ihrer oberen Kante auf einer Ebene
mit den Emporengittern ab. Sowohl am Fronbogen, als auch im Chorraum
selbst stehen wie im Langhaus flache Pilaster mit Kompositkapitellen,
auf denen Gebälkstücke ruhen.
Die aus Stuckmarmor gefertigten Altäre wurden nach Entwürfen von Johann
Georg Stengg gestaltet. Der mächtige und an den Chorschluss angepasste
Säulenhochaltar wurde 1768 aufgestellt. Die von Jakob Peyer
angefertigten Statuen stellen Zacharias, David, Abraham und Simeon dar.
Im Aufsatz befindet sich eine Darstellung der Dreifaltigkeit. Das 1779
von Martin Johann Schmidt gemalte Altarbild zeigt die Geburt Christi
und die Anbetung durch die Hirten. Auf dem Altar steht das
Hochaltarbild mit einer Darstellung von Marias Aufnahme in den Himmel,
das 1819 von Maria Straßengel ins Stift überstellt wurde.
Die schlanken Seitenaltäre sind am Fronbogen eingepasst. Der linke
Seitenaltar zeigt ein Bildnis des heiligen Bernhard und der rechte
eines des heiligen Benedikt, der von Mitgliedern verschiedener, der
Regula Benedicti verpflichteter Orden umgeben ist.
Beide Bilder wurden von Joseph Amonte gemalt und die Statuen auf den Altären stammen von Johann Matthias Leitner.
Die Orgel im Stil des Rokoko wurde 1772 von Anton Römer angefertigt, die Erneuerung ihres Werkes erfolgte 1963.
Die Kanzel wurde im Jahr 1763 von Jakob Peyer aufgestellt. Am
Schalldeckel befindet sich eine Darstellung der vier damals bekannten
Erdteile.
Auf jeder Seite des Langhauses sind vier Seitenkapellen mit jeweils
einem eigenen Altar angebaut. Dies sind – von Westen nach Osten – auf
der Südseite der Josephsaltar, der Engelaltar, der Barbara-Altar und
der Sebastiansaltar. Auf der Nordseite sind dies von Westen nach Osten
der Anna-Altar, der Allerheiligenaltar, der Johann-Nepomuk-Altar und
der Narzissus-Altar. Die meisten der Statuen auf den Altären wurden ab
1745 von Johann Matthias Leitner geschaffen.
Die gesamten Wandmalereien im Kircheninnenraum wurden im Jahr 1766 von
Joseph Adam von Mölk gemalt und haben bis heute ihre ursprüngliche
Färbung erhalten. An den Wänden sind ornamentale Dekorationsmalereien
und in den Feldern des Gewölbes sind figurale Szenen mit
illusionistischer Scheinarchitektur zu sehen. Über der Orgel befindet
sich eine Abbildung des Königs David. Wenn man das Kirchenschiff an der
Ostseite betritt, sieht man zuerst eine Darstellung des heiligen
Benedikt in Subiaco. Auf diese Abbildung folgt die Darstellung der
Kreuzvision des heiligen Bernhard, die von zwei Medaillons mit den
Allegorien der Justitia und der Temperantia flankiert ist. Daran
angeschlossen ist die Gottesmutter Maria als Tempeljungfrau, ebenfalls
von zwei Medaillons mit Fortitudo und Prudentia flankiert. Zusammen
stellen die Medaillons die vier Kardinaltugenden dar.
Das Grabmal des 1745 verstorbenen Abtes Placidus Mally hat einen reich
in Muschelart verzierten Rocailleornament-Rahmen. Es zeigt die von
Johann Matthias Leitner gefertigte Figur einer sitzenden
Fama-Allegorie, die sich an ein Reliefporträt des Abtes lehnt. Die
übrigen Steinmetzarbeiten an diesem Grabmal stammen aus dem Jahr 1754
und wurden von Andreas Zailler getätigt.
Grundlage des heutigen Kirchenbaues ist eine romanische Basilika, deren
Ausrichtung (Kirchenachse) beim Umbau in der Barockzeit beibehalten
wurde. Allerdings bilden einige Querachsen der Joche mit der
Kirchenachse keine rechten Winkel, sondern sind mit unterschiedlichen
Werten gering nach Norden verdreht, ebenso die romanische Ostfassade.
Das wird auf absichtlich unterschiedliche Orientierungstage zu Beginn
des romanischen Kirchenbaues zurückgeführt. Es wird daraus ein
ursprüngliches, beim barocken Umbau jedoch weitgehend
verlorengegangenes Baukonzept mit Hinweisen auf theologische Aspekte
der Karwoche bzw. Tod und Auferstehung Jesu Christi abgeleitet. Dabei
wäre einerseits das Langhaus auf den Sonnenaufgang des Mittwoch, 26.
März 1130 ausgerichtet, andererseits andere Bauteile auf drei folgende
Tage der Karwoche des Jahres 1130 (Gründonnerstag 27. März, Karfreitag
28. März und Ostersonntag 30. März, somit auf das triduum paschale).
Das ist im Zusammenhang mit dem Kirchenbau nur für das Jahr 1130 in
dieser Form möglich, in anderen Jahren liegen die Wochentage anders.
Die Orientierung des Kirchenbaues mit der Ausrichtung nach den
Sonnenaufgängen an mehreren heiligen Tagen zu Ostern 1130 wird als
untrennbarer Teil der Klostergründung gesehen.
Über der Einfahrt der Nordfassade befindet sich der so genannte „Huldigungssaal“, der über beide Obergeschoße reicht.
Die Freskenmalereien wurden 1740 von Joseph Amonte gefertigt. An der
Decke befindet sich in einem von Andrea Pozzo beeinflussten Stil
gemalte Scheinarchitektur, die einen Himmelsausblick auf Justitia und
Pax umgibt. An den beiden Stirnwänden sind zum einen die Versöhnung des
biblischen Patriarchen Jakob mit seinem Bruder Esau und zum anderen der
griechische Gott Mercurius, der die Königstochter Herse erblickt,
dargestellt. Zwischen den einzelnen Fenstern gibt es Darstellungen der
christlichen Grundtugenden Fides, Spes und Caritas (dt. Glaube,
Hoffnung und Liebe) und der allegorischen Darstellung der Kirche, der
Ekklesia.
Huldigungssaal, Allegorie mit Inschrift: „Iusticia et pax osculatae sunt“, Deckenfresko von Joseph Amonte, 1740
In der Stiftsbibliothek befinden sich heute etwa 100.000 Objekte wie
Bücher, Zeitschriften, Einzelblätter und Musikalien. 390 der
Handschriften stammen aus dem Mittelalter; 150 sind Inkunabeln.
Der Bibliothekssaal mit Deckenfresken von Joseph Amonte
Die Schreibschule des Stiftes Rein wurde in der Mitte des 12.
Jahrhunderts gegründet und war den Stilen anderer Schulen gegenüber
sehr aufgeschlossen, beeinflusste diese aber wiederum zum Teil auch
selbst. Die während der Gründungsphase angefertigten Handschriften
wurden im Stil von Schulen aus dem Rhein-Main-Gebiet beeinflusst, was
auch auf die Filiation des Klosters zurückzuführen ist. Der Inhalt
dieser Handschriften beschäftigt sich neben den traditionellen
Vätertexten auch mit den Werken zeitgenössischer Autoren wie Otto von
Freising und Boto von Prüfening. Ein besonderes Augenmerk wurde auf
hagiografische Schriften gelegt. Unter dem Salzburger Erzbischof
Eberhard I. kam es zu einer Zusammenarbeit mit Salzburger Schreibern.
Zu den bekannteren Werken der Reiner Schule zählt das Reiner
Musterbuch, das vermutlich zwischen 1208 und 1230 entstand. Einige
Schriften aus dem späten 12. Jahrhundert deuten auf Übernahmen von
französischen und englischen Stilformen hin. In ihnen werden unter
anderem Hugo von St. Viktor, Bernhard von Clairvaux und Beda
Venerabilis rezipiert. Die Werke der Reiner Schreibschule befinden sich
heute großteils in der eigenen Stiftsbibliothek und in der
Österreichischen Nationalbibliothek.
Wolfgang-Missale, Initiale
Der mit Gestühl versehene Betchor auf der Orgelempore stammt aus dem Jahr 1749.
Fresko in der Orgelempore
Barocker Innenraum der Stiftskirche (von der Orgel aus gesehen)
Die Äbtegalerie im südlichen Kreuzgangtrakt mit gotischem Portal zum ehemaligen Refektorium
Abt Paulus Rappold (1973–1986) setzte sich energisch für Bauarbeiten
und Renovierungen ein, brachte das Stift jedoch bald in eine
finanzielle Notlage. Im Jahr 1985 entdeckte der zisterziensische
Abtpräses bei einer Visitation, dass das Stift Rein durch die
unübersichtliche Wirtschaftsführung am Rand der Zahlungsunfähigkeit
stand. Rappold hatte weder Buch über Ein- und Ausgaben noch über die
Verwendung der erhaltenen Spendengelder geführt. Er wurde 1986 seines
Postens enthoben, aus dem Orden entlassen und von der staatlichen
Justiz wegen Veruntreuung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Mittelalterlicher Konventhof
Unter der Marienkapelle wurden während Renovierungsarbeiten im Jahr
2006 die Reste des romanischen und gotischen Kapitelsaales sowie die
Grabstätte von Markgraf Leopold I., Dem Starken (gestorben 26. Oktober
1129), dem Gründer des Stiftes, gefunden. Das offene Grab ist durch
eine Sichtscheibe im Boden zu besichtigen.
Die Grab- oder Kreuzkapelle ist nördlich des Chors an die Kirche
angebaut. Hier befindet sich der Grabstein von Erzherzog Ernst dem
Eisernen.
In Grab- oder Kreuzkapelle befindet sich der um 1425 von einer
Salzburger Werkstatt gefertigte rotmarmorne Grabstein des 1424
verstorbenen Erzherzogs Ernst der Eiserne. Er zeigt den Erzherzog in
voller Rüstung mit dem Herzogshut auf dem Haupt und in den Ecken die
Wappen der Herzogtümer Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain.
Der Hochaltar, das Hochaltarbild zeigt die Anbetung der Hirten
Stift Rein gilt nicht nur als Wiege der Steiermark, sondern war seit
seiner Gründung 1129 auch ein Ort des Austausches unter den Mächtigen
der Welt. Manche Herrscher machten Stift Rein sogar zu ihrer letzten
Ruhestätte, darunter der Habsburger-Herzog Ernst der Eiserne - ihm ist
die große Ausstellung „Rein schauen“ 2024 gewidmet.
Der Habsburgersproß Ernst war Herzog von Steiermark, Kärnten und Krain
und Vater von Kaiser Friedrich III., der Graz zur Residenz ausbauen
ließ und der Stadt damit ihr historisches Gesicht gegeben hat. Ernst
selbst wurde 1377 in Bruck/Mur geboren und führte den von seinem Onkel
Rudolf IV. erfundenen Titel „Erzherzog”. Er war Stift Rein zeitlebens
eng verbunden, sorgte unter anderem für den Bau der gotischen
Kreuzkapelle und ließ sich vom Reiner Abt Angelus Manse sogar beim
folgenreichen Konzil von Konstanz 1414 vertreten. Er starb 1424 und
fand seine letzte Ruhestätte in der Reiner Basilika. Sein prächtiger
Grabstein aus rotem Marmor, sein Schwert sowie sein aufwendiges
Grabgewand aus venezianischem Seidensamt werden unter anderem in der
Ausstellung gezeigt.
Stift Rein ist eine aktive Zisterzienserabtei von 1129 mit mehreren
Kapellen, einer Bibliothek mit Manuskripten und Ausstellungen.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: