Weitra

die Kuenringerstadt, Mai 2023

Weitra (tschechisch Vitoraz) ist eine österreichische Stadtgemeinde im Bezirk Gmünd in Niederösterreich und führt den Beinamen Kuenringerstadt. Weitra liegt im Waldviertel in Niederösterreich im Tal der Lainsitz.

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OBERES STADTTOR - 1526 NEU ERBAUT, ZINNENBEKRÖNUNG ENDE 17. JH. ANLAGE DER STADTMAUER 13.JH. ERWEITERUNGEN BIS IN DAS 15.JH.

DAS STADTTOR - Das sogenannte „Zwettler Tor" ist Teil der fast gänzlich erhaltenen Stadtmauer Weitras und bietet schon beim Betreten der Stadt ein eindrucksvolles Bild. Auf dem Stadttor zu sehen ist das Wappen der Stadt Weitra, umgeben von zwei weiteren Wappen. Im Jahr 2017 wurde eine neue Beleuchtungsanlage installiert, welche es ermöglicht, das Tor in verschiedenen Farben zu beleuchten.

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Das prachtvolle Renaissanceschloss, hoch über der Stadt Weitra gelegen, lädt dazu ein, seine Geschichte – vom Keller bis zum Turm – zu erforschen: Schlossmuseum, „Erlebniswelt Bier“, „Schauplatz Eiserner Vorhang“, abwechselnde Sonderausstellungen, wunderschöner Ausblick vom Schlossturm!

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Authentisch, gastfreundlich, gemütlich so ist Weitra und so sind auch die Menschen, die hier leben. Ihre Geschichte und ihre Traditionen sind hier auf Schritt und Tritt spürbar. Die historische Altstadt mit ihren schmucken Bürgerhäusern und das Renaissanceschloss, das hoch über ihr thront, zeugen von Weitras geschichtsträchtiger Vergangenheit.

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DAS RATHAUS UND DER RATHAUSPLATZ
1892/93 wurde das Rathaus im Still der italienischen Spätrenaissance erbaut. Im ersten Stockes befindet sich der Festsaal mit seinem eindrucksvollen Deckengemälde von Wolfram Köberl, das die Gründungssage der Stadt Weitra darstellt: Veit Ursini von Rosenberg übergibt jedem seiner fünf Söhne durch die Überreichung einer Rose eine der fünf von ihm gegründeten Städte: Gratzen (Nové Hrady), Wittingau (Třeboň), Neuhaus (Jindřichův Hradec), Krumau (Český Krumlov) und Weitra. Heute wird der Saal für Hochzeiten und Veranstaltungen genutzt. Die Bürgerhäuser des Rathausplatzes bilden ein farblich abgestimmtes und harmonisches Ensemble, stammen großteils aus dem Mittelalter und sind mit Renaissance- und Barockfassaden ausgestattet.

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DAS SGRAFFITOHAUS - Besondere Aufmerksamkeit verdient das prachtvolle Sgraffitohaus (Nr. 4) aus der Renaissancezeit. Den Schwerpunkt der Darstellungen bilden Szenen aus der sagenhaften römischen Frühgeschichte in der Form, wie sie uns Titus Livius überliefert hat. Die unterste Bilderreihe zeigt uns den Mann in seinen Lebensjahrzehnten (10 bis 100 Jahre) und vergleicht ihn in jeder Phase seines Lebens mit einem Tier. In Weitra befinden sich noch zwei weitere Häuser, die Reste von Sgraffiti aufweisen.

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Folgt man der Biermeile durch die malerische Altstadt, kann man das Thema Bier aus neun ungewöhnlichen Perspektiven betrachten. Die als Hopfengärten angelegten interaktiven Stationen dienen nicht nur der Information, sondern laden auch zum Verweilen ein. Jede Station ist einem eigenen Thema gewidmet. Die in den Boden eingelassenen Hopfendolden sind Wegweiser zwischen den Stationen.

Das zweigeschoßige Eckhaus mit Apotheke in der Auhofgasse 125 besitzt eine neobarocke Fassade aus der Zeit um 1900.

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Bei dem erst 1569 genannten Auhof dürfte es sich um einen knapp vor 1500 entstandenen landesfürstlichen Kammerhof handeln, der schon im 16. Jahrhundert in bürgerliche Hände gelangte. Bemerkenswert ist die spätgotische Balkendecke der Stube in Form eines korbbogigen Tonnengewölbes.

TEIL DES EНЕМ. AUHOFES, SPÄTGOT. GESCHNITZTE BALKENDECKE, KAMIN 17. JH.

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Die Pfarrkirche Weitra steht in der Stadt Weitra in der Stadtgemeinde Weitra in Niederösterreich. Die römisch-katholische Pfarrkirche Hll. Peter und Paul gehört zum Dekanat Gmünd in der Diözese St. Pölten. Die romanische einschiffige Kirche mit einem Ostturm stammt aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts. 1439 erfolgte eine Einwölbung des ostseitigen Turmjoches und davon ostseitig der Anbau eines gotischen Chores und der nordseitige Anbau einer Barbarakapelle. Im 3. Viertel des 15. Jahrhunderts wurde das Langhaus zu einem dreischiffigen Saalraum erweitert und das Mittelschiff überwölbt. Südlich des Turmjoches wurde 1760/1761 als Stiftung des Franz Josef Keufel von Ullberg eine nach Süden ausgerichtete Heilig-Kreuz-Kapelle angebaut. Die Kirche war bis 1792 von einem Friedhof umgeben.

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Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul zu Weitra
Der Kuenringer Hadmar II. gründete im Zuge der Kolonisation unseres Gebietes zwischen 1201 und 1208 planmäßig die Stadt Weitra. Im Rahmen der Gesamtanlage war der nördliche Bereich der Stadt für den Sitz der Pfarre (Pfarrhof und Kirche) vorgesehen. Der sich hier öffnende Steilabfall zur Lainsitz bildete nicht nur einen natürlichen Beitrag zur Befestigung der Stadt, er lieferte auch als Steinbruch die für die Bauten notwendigen Materialien. Den ursprünglichen romanischen Kern der Kirche bildete das rechteckige Langhaus, dem im Osten ein Chorquadrat angefügt war. Über diesem erhob sich der mächtige Turm; daran schloss sich der eigentliche Altarraum: er war der aufgehenden Sonne zugewendet und von einer halbkreisförmigen Apsis umschlossen.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts erfolgte die erste gotische Erweiterung: die Halbkreisapsis wurde durch ein aus zwei Jochen und einem 5/8-Chorabschluss bestehendes geräumiges Presbyterium ersetzt. An die Nordflanke des Turmes errichtete man eine Seitenkapelle zu Ehren der hl. Maria Magdalena. Diese 1439 geweihten Erweiterungen dürfte ein Thaman Mawrer von sand Wolfgang (Thomas Maurer von St. Wolfgang) mit seiner Bauhütte durchgeführt haben. Dieser hatte schon vorher, um 1410, in Pfaffenschlag (= St. Wolfgang) die gotische Hallenkirche errichtet und danach in Weitra die Befestigungsanlagen (Stadtmauern) erweitert und das alte Rathaus erbaut. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts erfolgten an der Kirche mehrere Erweiterungen: an das Langhaus wurden im Norden und im Süden Seitenschiffe angebaut. Danach wurde noch das nunmehrige Mittelschiff um ca. fünf Meter erhöht und mit einem spätgotischen Netzgewölbe versehen. Der Ostturm wurde schließlich noch um ein Geschoß erhöht und mit einem hohen Pyramidendach ausgestattet.

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Fresko (um 1740) – fastentuchartiger Passionszyklus, bestehend aus 35 Szenen aus dem Leiden, dem Sterben und der Verherr-lichung Jesu.

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Marienaltar: (1747) Johann Walser, Altarbild Mariae Himmelfahrt von Johann Georg Schmidt (Wiener Schmidt), signiert mit 1747

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Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) begann allmählich das Zeitalter des Barocks: Schritt für Schritt wurde die Einrichtung dem Geschmack der Zeit entsprechend ergänzt und erneuert. Diverse barocke Altäre wurden in Auftrag gegeben. Die bedeutendste Anschaffung erfolgte schließlich 1749 mit dem neuen Hochaltar. Diesen schuf der aus Tirol stammende und in Böhmisch Budweis wirkende Bildhauer Johann Walser. Dem Spätbarock sind noch zwei bedeutende Werke zuzuordnen: die prunkvolle Kanzel und die 1760/1761 an den Turm im Süden angebaute Kapelle zum hl. Kreuz mit ihrem eindrucksvollen Baldachinaltar. Nach ihren Stiftern Anton und Franz Joseph von Keuffel wird sie Keuffel'sche Kapelle genannt. Seit 2015 dient sie als Taufkapelle. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erfolgten weitere Veränderungen im Sinn des Historismus. 1904 wurde schließlich das Innere der Kirche grundlegend renoviert und umgestaltet. Zudem schaffte man zwei neugotische Seitenaltäre (Herz Jesu und Maria) von der Firma Josef Rifesser aus St. Ulrich in Gröden (Südtirol) an. Die Orgelempore wurde erneuert und eine neue Rieger-Orgel gebaut. Nach Errichtung des städtischen E-Werkes (1902) erhielt die Kirche eine elektrische Beleuchtung. Die Renovierungen nach 1950 entfernten weitgehend die historisierenden Umgestaltungen. 2015 wurde eine, von der Firma Pircher aus Steinach am Brenner gebaute neue Orgel geweiht.

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Johannes Altar: (1745) aus Stuck gebaut. Altarbild: Verklärung des hl. Johann von Nepomuk von Joseph Kessler (1875)

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Statue des hl. Josef mit Jesuskind vermutlich von Josef Rifesser (1874)
Herz Jesu Bild von Joseph Kessler (1872)

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Hochaltar: (1749) Johann Walser, barocker Tabernakelaufbau mit Tafelreliquiaren und adorierenden Engeln. Großes Altarbild von Johann Daysigner (?) (1774) - Abschied der Apostel Petrus und Paulus vor ihrem Martyrium in Rom.
Oberhalb: Wappenkartusche der Patronatsherren (Fürstenberg), ovales Dreifaltigkeitsbild von Johann Daysigner (?) (1774).
Überlebensgroße Apostelfiguren: hl. Judas Thaddäus (links), hl. Simon (rechts).
An den Seiten: Hl. Leonhard - Viehpatron und Hl. Florian - Patron gegen Feuer

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Das dreischiffige, basilikale Langhaus hat ein Mittelschiff mit einem ursprünglich flachgedeckten romanischen Saalraum. In den ungegliederten Seitenwänden sind vermauerte Rundbogenfenster wie auch romanisches Quadermauerwerk über den Seitenschiffgewölben erkennbar. Im südseitigen zweiten Seitenschiffjoch ist ein romanisches Rundbogentor erhalten. Zu den Seitenschiffen sind ungleich weite niedrige spitzbogige Spitzbogenarkaden. Eine spätgotische Erhöhung des Mittelschiffes um 1505 erfolgte mit einem Netzrippengewölbe auf Konsolen und Stichkappen über den hoch gelegenen Spitzbogenfenstern. Die dreiachsige kreuzrippenunterwölbte Westempore über gekehlten Rundbogenarkaden auf Achtseitpfeilern hat einen Sockelaufsatz in der Brüstung. Das neugotische Emporenobergeschoß aus Holz mit Maßwerkbrüstung ist aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

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Keuffel'sche Kapelle zum hl. Kreuz: (1760/61) gestiftet vom herrschaftlichen Rentmeister Franz Joseph Keuffel von Ullberg, auf den die Buchstaben FJ K VU und das Wappen am prunkvollen schmiedeeisernen Gittertor hinweisen. Der Baldachin des prachtvollen Altares wird von vier knorrigen Eichenstämmen getragen. Engel beten das Auge Gottes und das Lamm Gottes auf dem Buch mit sieben Siegeln aus der Offenbarung des Johannes an.
Kruzifix: gotisierend, an der Westwand der Kapelle angebracht.
Das gotische Taufbecken weist auf die derzeitige Verwendung des Raumes als Taufkapelle hin.

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Barockkanzel: „Gesetz und Gericht", vermutlich nach einem Entwurf aus der Werkstätte des Johann Nikolaus Moll. Schalldeckel: Jesus kommt zum Weltgericht. Relief: Hölle und Fegefeuer, Mose mit den Gesetzestafeln (links), Engel mit offenem Prophetenbuch (rechts)
Christus an der Martersäule: Kopie der Gnadenstatue der Wieskirche in Bayern
Seitenaltar: hl. Antonius von Padua mit Jesuskind (19., 20. Jh.)

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Barocker Kredenzaltar großes Bild: die hl. Margaretha von Antiochia überantwortet Christus ihr Leben; kleines Bild: im Kreis der Apostel wird Margarethe von der Himmelskönigin aufgenommen.

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Hl. Sebastian: (1749) - die Barockfigur steht in der Nische eines ehemaligen romanischen Rundbogenfensters
Kreuzwegbilder nach Josef Führich (1904)

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Marienaltar: Josef Rifesser aus St. Ulrich in Gröden (1904), neugotisch, Maria Lourdes (Mitte), hl. Joachim (links), hl. Anna (rechts), hl. Barbara (im Gesprenge); Reliefbilder: Verkündigung an Maria, 12-jähriger Jesus im Tempel.

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CASTELLIHAUS - ZEITW. WOHNUNG DES DICHTERS I. F. CASTELLI.
ERB. ENDE 18.JH. UNTER VERWENDUNG VON BAUTEILEN DES ALTEN KARNERS (SPÄTGOT. PORTALE 1520)

Die zeitweilige Wohnung des österreichischen Dichters und Dramatikers Ignaz Franz Castelli wurde 1787 durch dessen Vater unter Verwendung von Bauteilen des alten Karners erbaut. Die spätgotischen Portale stammen aus dem Jahr 1520.

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Kath. Pfarrkirche hll. Peter und Paul
Die Anfang des 13. Jahrhunderts erbaute, ursprünglich romanische Kirche wurde im 15. Jahrhundert durch spätgotische Erweiterungsbauten zu einer dreischiffigen Basilika umgewandelt. Der Hochaltar ist ein Werk von Johann Walser aus dem Jahr 1749. Das Altarblatt eines Seitenaltars wurde 1747 von Martin Johann Schmidt gemalt. Josef Rifesser schuf 1904 die neugotischen Altäre in der Barbarakapelle.

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Wilhelm Szabo, Lyriker, 1901-1986
Wilhelm Szabo war ein österreichischer Dichter und Autor, der stilistisch der sogenannten Anti-Heimatdichtung zuzuordnen ist. 1901 in Wien geboren, wuchs er bei kleinbäuerlichen Zieheltern im niederösterreichischen Waldviertel in Lichtenau bei Gföhl auf. Szabo absolvierte eine Tischlerlehre in Wien, schloss mit Erfolg die Lehrerbildungsanstalt St. Pölten ab und arbeitete in Folge als Volks-, dann als Hauptschullehrer an verschiedenen Schulen im Waldviertel. 1933 machte er mit der Veröffentlichung des Gedichtbandes „Das fremde Dorf“ das erste Mal literarisch auf sich aufmerksam. Nach 1945 war er wieder in seinem ursprünglichen Beruf tätig und wurde schließlich Schuldirektor und Oberschulrat in Weitra im Waldviertel. Von 1945-1966 wohnte er im Castellihaus in Weitra.

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Bürgerspital und Spitalkirche
Als Versorgungsstätte für alte, kranke und verarmte Bürger 1340/41 gegründet. Spitalsbau 1729-1731 neu errichtet. In der Kirche sind gotische Wandmalereien und Inschriften aus dem 14. und 15. Jh. sichtbar.
(Schlüssel erhältlich in der Bleikristallschleiferei Ruß)

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Die Glasschleiferei Ruß öffnete im Jahre 1988 ihre Pforten. Fortan wurde in der Weitraer Vorstadt Bleikristallgläsern ein individueller Schliff verliehen und somit in mühevollster Kleinarbeit unverwechselbare Originale gefertigt. Schauplatz der künstlerischen Arbeit mit Glas ist die Werkstatt in diesem alten und historischen Haus.

Reichlicher Schliffdekor nach alter böhmischer Tradition steht dem modernen Design mit weniger und leichtem Schliffdekor auch noch heute gegenüber. Ergänzt wird das breite Spektrum dieses alten Kunsthandwerks durch das mit Farbglas überzogene Überfangglas, welches seinen Schliff durch das Wegschleifen der Farbschicht erhält.
Dem Unternehmen ist es ein besonderes Anliegen die Bedürfnisse seiner Kunden in hohem Maße zu befriedigen. Hierfür erfolgt die Anpassung der Gläser durch ein persönliches Logo, Monogramm oder Signet. Ein weiterer Kundendienst ist die „Glasklinik", in der z. B. am Rand abgeschlagene Gläser abgeschliffen werden und so manchem beschädigten Lieblingsstück wieder zu neuem Glanz verholfen wird.

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Ehem. Bürgerspital Zum hl. Geist: Das Bürgerspital wurde 1340 gestiftet und von 1729 bis 1731 im Barockstil neu erbaut. Dabei blieben ein mittelalterlicher Schüttkasten und die gotische Spitalskirche mit Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert erhalten.

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Spuren mittelalterlicher Spiritualität in der Heiligengeistkirche
Im Chorraum (Apsis) der Kirche finden sich reiche Inschriften in gotischer Minuskelschrift, die in die früheste Zeit der Stiftung, das 14. Jahrhundert, zurückweisen. Philosophisch–theologische literarische Texte in geschliffenen lateinischen Hexametern preisen die einzelnen göttlichen Personen und verherrlichen Gott als Weltvernunft. Weitere Verse mit typisch mittelalterlichen Wort- und Buchstabenspielereien haben das Lob der Gottesmutter Maria zum Inhalt.

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An der Nordwand der Apsis finden sich insgesamt 25 schöne Hexameter aus dem fünften Buch des „Anticlaudianus" des Alanus ab Insulis (Alain de Lille, ca. 1120-1204), in denen die einzelnen göttlichen Personen gepriesen werden.
Die Inschriften an der Südwand sind nur fragmentarisch erhalten, konnten auch bislang nur teilweise identifiziert werden. Den Bruchstücken kann man aber entnehmen, dass sie das Lob der Gottesmutter Maria zum Inhalt haben.
Zusammenfassend finden sich an der Ostwand der Apsis in den beiden unteren Kolumnen Verse aus dem im Mittelalter weit verbreiteten Werk „de philosophiae consolatione" des römischen Philosophen Anicius Boethius (ca. 480-524), die Gott als Weltvernunft verherrlichen.
Ausgeklügelte Wort- und Buchstabenspielereien bieten die sechs Disticha, die sich an der südwestlichen Apsiswand finden: Die sechs Hexameter beginnen alle mit dem Wort „Virgo" (Jungfrau), das, mit einer Initiale ausgestattet, der Kolumne vorgesetzt erscheint und daher nur einmal geschrieben ist. All diese Verszeilen beginnen mit Anrufungen der Jungfrau Maria, die Wort für Wort wie ein Echo in den zweiten Hälften der Pentameter wiederkehren (Echostichon). Außerdem endet jeder Hexameter mit dem Buchstaben, mit dem auch der dazugehörige folgende Pentameter beginnt. Das letzte Zeilenpaar bringt allerdings eine gewisse Unregelmäßigkeit. Von oben nach unten gelesen ergeben diese Buchstaben das Wort „Johannes".

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Zur Geschichte der Bürgerspitalstiftung in Weitra
Aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts sind für Weitra alle jene Merkmale überliefert, die den Rechtscharakter einer Stadt ausmachten: Ausbildung eines eigenen Stadtgerichtes, Verwaltung durch das autonome Organ des Stadtrates („Geschworene"), Siegelführung sowie Erlangung einer Stadtrechtsurkunde, mit der König Friedrich der Schöne 1321 auch spezifische Wirtschaftsfreiheiten, etwa das Bannmeilenrecht, erteilte. Im Vergleich zu den anderen Städten des Waldviertels erfolgte in Weitra schon sehr früh auch die Gründung eines (Bürger-) Spitals, einer wichtigen, zukunftsweisenden sozialen Einrichtung: Der erste namentlich bekannte Stadtrichter von Weitra, Chunrat Marchart, bzw. nach dessen Tod seine Witwe Margareta und ihr Schwager, der ehemalige Weitraer Landrichter, Ludwig von Zwettl (Kleinzwettl), begründeten mit einer umfangreichen Stiftung eine Institution, deren Hauptaufgabe es war, alten, verarmten und kranken Bürgern von Weitra als Versorgungsstätte zu dienen. 1341 waren auch die notwendigen Baumaßnahmen abgeschlossen: „Vor der stat tze Weytra an der Luensnitz pruken" war „daz spital ze Weitra an dem Ledertal" mit einer anschließenden Kirche „ze eren und ze lob dem heiligen geist und unser Vrowen Sand Marein" errichtet worden.

Am 25. März 1341 wurde schließlich die endgültige Gründungsurkunde ausgestellt, in der als Aufgaben und Zweck der Stiftung die Hilfe für die Armen und Siechen und das Seelenheil der Stifter, ihrer Vorfahren und Nachkommen angeführt werden. Der Pfarrer wurde verpflichtet, einen eigenen Priester zu unterhalten, der täglich in der Spitalkirche eine Messe zu lesen hatte. Den „besten Zwölf" der Stadt (dem Rat) wurde die Sorge um die Einhaltung der Stiftungsbestimmungen übertragen. Vom heutigen Baubestand des Bürgerspitalskomplexes stammen noch die beiden ersten kreuzgratgewölbten Joche des Kirchenschiffes und der rippengewölbte Chorraum mit 5/8 - Schluss aus der Stiftungszeit

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In den folgenden Jahren machten vor allem Weitraer Bürger immer wieder Stiftungen, Vermächtnisse und andere Zuwendungen zum Spital. In den Jahren 1381, 1383 und 1403 kaufte die Stadt drittelweise das Dorf Wielands (Oberwielands) „mit allen Rechten, Nutzen und Freiheiten" für das Spital, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erwarb die Stadt noch dazu die Ortsobrigkeit über Wultschau. In beiden Dörfern setzte die Stadt den Dorfrichter ein, die Abgaben und Dienste kamen der Stiftung zugute. Ein 1407/1425 angelegtes Grundbuch verzeichnet den bereits recht umfangreichen Spitalsbesitz, auch im Umfeld der Stadt. Außerdem besaß das Hospital Weingärten in Langenlois, Zöbing, Engabrunn und Wagram. Zur Verwaltung des Spitales wurde alljährlich von der Stadt der Spitalmeister gewählt, der einem eigenen Ausschuss die Jahresrechnungen vorzulegen hatte. Für die wirtschaftlichen Erfordernisse standen ein im Nordwesten an den Spitalsbau anschließender Wirtschaftshof und ein Getreidekasten in der Nähe des Rathauses zur Verfügung

1527 unterstanden dem Spitalmeister ein Bauknecht, ein Junge, eine Köchin und eine Viehdirn. Das weitere Dienst- und Pflegepersonal kam vor allem aus den beiden untertänigen Dörfern Wultschau und Wielands. Im Spital fanden 25 Personen Platz. In erster Linie wurden verarmte und gebrechliche Weitraer Bürger, Witwen und Kinder aufgenommen, später auch Spitalsuntertanen der Dörfer Wielands und Wultschau. Gegebenenfalls wurden alte, verarmte Personen, die aus Platzmangel woanders wohnen mussten, auch vom Spital aus betreut. Zeitweise trugen die Spitalsbewohner sogar eine eigene Kleidung. Diese war z. B. 1731 aus blauem Tuch gefertigt und mit weißem Kragen und Aufschlägen versehen. Für kranke „Inleute" (Nichtbürger, also die soziale Unterschicht), in der Stadt erkrankte Fremde und Soldaten gab es das bereits 1389 urkundlich erwähnte Siechenhaus an der Zwettlerstraße (heute Nordwaldheim).

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Bürgerhaus in der Untere Landstraße 147: Das zweigeschoßige Gebäude besitzt eine spätbarocke Fassade aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

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Die Geschichte Weitras
Zwischen 1201 bis 1208, erbaute Hadmar II. von Kuenring die Burgstadt Weitra. Am höchsten Punkt wurde die Burg erbaut und am steil zur Lainsitz abfallenden Nordende die Stadtpfarrkirche. Die Burgstadt blieb bis 1296 im Besitz der Kuenringer. Danach verloren sie die Stadt an die Fürstenfamilie Habsburg, die bis zum 15. Jh Besitzer blieben. Kaiser Rudolf II. von Habsburg belehnte schließlich Wolf Rumpf Freiherr zu Wielroß mit „Herrschaft, Stadt und Feste". Das Lehen ging 1592 in das Eigentum von Wolf Rumpf über. Dessen Witwe heiratete 1606 den schwäbischen Grafen Friedrich zu Fürstenberg. Die Familie Fürstenberg ist noch heute im Besitz des Schlosses und des Gutes.

Im 13. Jahrhundert bildete sich eine bürgerliche Gemeinde mit Selbstverwaltung und bereits 1321 verlieh König Friedrich der Schöne den damaligen Bürgern der Stadt ein Privileg, welches das Bierbrauen im Umkreis von einer Meile um die Stadt verbot. Somit wurde die Stadt zur „ältesten Braustadt Österreichs" und erlebte in den folgenden Jahrhunderten eine Blütezeit der Braukultur. Um 1645 gab es 33 bürgerliche Brauhäuser, ein städtisches und ein herrschaftliches Hofbräuhaus.

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Die Herrschaft Weitra gehörte ursprünglich nach Böhmen. 1201 gründete der Kuenringer Hadmar II. die Burgstadt Weitra oberhalb der geringfügig älteren Siedlung Altweitra, die vermutlich nach einem Slawen namens Vit Vitohrad (tschech. für Veitsburg) benannt wurde (daher auch der heutige tschechische Name Vitoraz). In die Kuenringer-Herrschaft fällt vermutlich auch bereits die erstmalige Verleihung des Stadtrechts. Den Kern der Bevölkerung bildeten Ackerbürger. Da die Kuenringer Ottokar II. Přemysl unterstützt hatten, wurde nach seinem Tode (1278) Weitra von den Habsburgern beansprucht; seit 1296 war die Stadt endgültig in deren Besitz.[4] Vom 26. Mai 1321 (Friedrich der Schöne) ist die älteste Urkunde erhalten, die Weitras Bürger mit Brau- und Schank-Privilegien ausstattete.

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Persönlichkeitsdenkmal Kaiser Josef II. - Die Joseph II. darstellende Büste ist mit der Jahreszahl 1881 bezeichnet.
Dem Schätzer der Menschheit, 1781
Der Landw. Bezirks-Verein Weitra, 1881

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DIE ZISTERNE - Das wohl bedeutendste unterirdische Bauwerk Weitras, die sogenannte Zisterne aus dem 14. Jh, fällt mit seinem schlichten Holztor erst bei genauerem Hinsehen auf. Über die frühere Verwendung wird bis heute gerätselt. Zum einen könnte es im Mittelalter bei Belagerungen als Wasserversorgungsstätte innerhalb der Stadtmauer gedient haben, sie könnte aber auch in Verbindung mit den nahe gelegenen Fleischbänken als Kühlraum verwendet worden sein. Die Zisterne mit dem beeindruckend gotischen Kreuzrippengewölbe wird von drei Wasserquellen gespeist: Regenwasser, Grundwasser und dem Überlauf des Brunnens im Haus Rathausplatz 24. Zugang jederzeit frei möglich.

Die Anlage diente ursprünglich als Wasserversorgungssystem der Bevölkerung. Sie besteht aus einem Sammelbecken in Form eines Brunnnens, der sich im Keller des Hauses „Rathausplatz 24" befindet, aus einem Verbindungsgang, welcher aus dem Fels herausgeschlagen wurde und aus einer Zisterne. Die Zisterne wurde um 1300 erbaut und bekam in verschiedenen Zeitepochen Zu- und Umbauten. Von fast quadratischem Grundriss (ca. 8 x 9 m), ist die Zisterne durch die Wölbung west-ost-orientiert. Vor allem der südliche (hintere) Raumteil ist großteils aus dem Fels geschlagen. In zwei sehr schmalen queroblogen Jochen gewölbt, weist der Raum ein reguläres Kreuzrippengewölbe auf. Der Gurtbogen ist in der Dimensionierung gegenüber den Diagonalrippen maßdifferenziert, jedoch profilgleich. Die Nord- und Südwand sind aus Trapezrippen mit breiten Schrägen mit poygonalen Wandvorlagen (auf die Jochteilung bezogen). Die Gewölbescheitel verlaufen im südlichen Raumteil annährend horizontal, im nördlichen abfallend. Aufgrund des Mauerwerks, der Gewölbefiguration und Rippenprofile ist der Ursprungsbau auf das frühe 14. Jahrhundert zu setzen.

Mittelalterliche Zisterne - Im Mittelalter wurde dieses Wasserreservoir für die Stadt angelegt. Gespeist wird das frühgotische Gewölbe durch drei „Quellen": vom Regenwasser, das von oben hereinsickert, vom Grundwasser, das sich trotz felsiger Höhe einstellt, und vom Überlauf eines Brunnens im Haus Rathausplatz 24 schräg oberhalb der Zisterne. Sie geriet im Laufe der Geschichte in Vergessenheit und wurde erst 1993 wiederentdeckt.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

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"STROBEL'SCHES HAUS", 1585-1714 IM BESITZ DER HERRSCHAFT, 1714-1765 ALS BRAU-UND SCHANKHAUS IM BESITZ DER FAMILIE KEUFFEL (VON ULLBERG), DANN HOFTAVERNE

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Die mit der Jahreszahl 1748 bezeichnete Dreifaltigkeitssäule wurde von Johann Walser geschaffen.
Ehem. Brauhaus am Rathausplatz 6: Das Eckhaus war in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein Hofbräuhaus und eine Hoftaverne. Die Fassade stammt aus dem dritten Viertel des 19. Jahrhunderts.

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Mit diesem Originalstück Nr. 296 der Berliner Mauer, einer Leihgabe des Hauses der Geschichte in Bonn, möchten wir auf die Ausstellung
SCHAUPLATZ EISERNER VORHANG - EUROPA: GEWALTSAM GETEILT UND WIEDER VEREINT
in Schloss Weitra hinweisen. Begeben Sie sich auf eine Zeitreise in die Vergangenheit des „Kalten Krieges", erfahren Sie, wie die Trennung in Ost und West überwunden wurde und ein vereintes Europa entstand.

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Der Kuenringer Hadmar II. errichtete zwischen 1201 und 1208 auf dem die Stadt überragenden Felsen eine zwei-türmige Burg. Sie war durch Vorwerke und Mauern in die Stadtbefestigung eingebunden. Unter Wolf Rumpf Freiherrn zum Wielroß wurde sie durch das mächtige Renaissanceschloss (1590-1606) ersetzt. Mauern der alten Burg sind in den Kellern des Schlosses noch heute zu erkennen, auch die Nordfront des Schlosses dürfte bis in das erste Stockwerk hinauf mittelalterliche Mauerteile besitzen. Die Pläne für den Neubau stammen von Pietro Ferrabosco, die ausführenden Arbeiten leitete Meister Anton Muys.

Das Renaissanceschloss ist ein dreigeschossiger Vierecksbau, die nördliche Längsseite wird vom Turm überragt. Der rechteckige Hof besitzt an seinen Schmalseiten dreigeschossige Arkaden. Der Südtrakt über dem Bergfelsen hat zwei Kellergeschosse. Nach Bränden von Turm und Dach 1747 und 1757 errichtete man an den Schmalseiten je vier Volutengiebel. Den hohen Helm des Turmes stellte man nicht wieder her, sondern ließ einen geraden Turmabschluss, den man mit einer Steinbalustrade ausstattete. Die Kapelle wurde in das Erdgeschoss verlegt und mit einem Barockchor ausgestattet. Im ersten Stock befindet sich ein historisierendes Theater im Rokokostil, das 1885 an Stelle eines Barocktheaters von A. Führer aus Wien errichtet wurde. Seit 1605 ist das Schloss im Besitz der Familie Fürstenberg.

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SCHLOSS WEITRA - Die Burg wurde wie die Stadt Weitra zwischen 1201 und 1208 durch Hadmar II. von Kuenring gegründet. Sie hielt allen Belagerungen des Dreißigjährigen Krieges stand. Im großartig erhaltenen Renais sanceschloss, es steht direkt über der ursprünglichen Burganlage, sind heute zwei Museen und die Dauerausstellung „Schauplatz Eiserner Vorhang" untergebracht. Im einzigartigen Schlosshof findet seit 2006 jährlich das "Schloss Weitra Festival" statt. Heute gehört das Schloss Weitra Prinz Johannes und Prinzessin Stephanie zu Fürstenberg.

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DIE STADTMAUER - Die 1292 erstmals urkundlich erwähnte Stadtmauer stammt vorwiegend aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Schützend umgibt sie die Altstadt und ist noch heute beinahe vollständig erhalten. Dort wo die Zwinger waren, liegen jetzt Stadtgärten und Promenaden. Durch das nach Zwettl weisende Tor betritt man die Stadt, das Untere Tor wurde abgetragen. Besonders malerisch steht auf den Resten eines Turmes ein Jahrhundertwende-Pavillon die sogenannte „Aussichtswarte" im südwestlichen Mauerabschnitt. Von hier lässt sich ein einzigartiger Ausblick genießen.

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TURM: Während der Umgestaltung der alten Kuenringerburg in ein Renaissanceschloß erhielt das Gebäude in der Mitte der nördlichen Längsseite einen mächtigen Turm mit quadratischem Umriß. Nachdem in der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 1747 der bestehende hohe Turmhelm durch einen Brand zerstört wurde, stellte man ihn in seiner ursprünglichen Form nicht mehr her. Man entschied sich für den geraden Turmabschluß und errichtete dort eine Steinbalustrade. Die Gesamthöhe des Turmes beträgt 35 m.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Schlossturm Besteigung - Ausblick vom Schlossturm
Erlebnisreich ist der Aufstieg auf den imposanten Schlossturm! Oben angekommen, erwartet den Besucher ein grandioser Ausblick auf das Weitraer Land bis hinein nach Böhmen sowie der interessante Blick auf die historische Altstadt Weitras aus der Vogelperspektive.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Die Gründung der Stadt Weitra, die Anlage der Stadt und ihre bauliche Entwicklung
Im Zuge der immer tieferen Erschließung und Kolonialisierung des Waldviertels begannen die Kuenringer im 12. Jahrhundert mit der planmäßigen Besiedlung des Gebietes um Weitra. Die ersten urkundlichen Nennungen sind in die Zeit zwischen 1182 und 1185 zu datieren, beziehen sich aber noch auf das heutige Altweitra. Aus städtebaulichen und strategischen Gründen verlegte Hadmar II. zwischen 1201 und 1208 den Zentralort und ließ drei Kilometer südwestlich von der Altsiedlung die Stadt Weitra erbauen: Sie liegt auf einem nach Nordwesten stufenförmig abfallendem Granitplateau. Im Süden, auf dem höchsten Punkt, errichtete man die Burg, die mittlere, breiteste Zone war für den großen Dreiecksplatz bestimmt, am steil zur Lainsitz abfallenden Nordende erbaute man die Stadtpfarrkirche. Damit sind auch die Hauptfunktionsträger der neuen Stadt genannt: Die Burg hatte als Residenz und Verwaltungszentrum zu dienen, der Platz bot genügend Raum für Märkte und nötigenfalls für Truppenkonzentrationen. Nach der Übertragung der Pfarrechte von der ursprünglichen Pfarrkirche im nunmehrigen Altweitra an die Stadtkirche waren auch die kirchlichen Mittelpunktsfunktionen an die Neugründung übergegangen.

Spätestens zu Beginn des 14. Jhdts. wurde durch die Errichtung der „Mittleren Zeile" der große Platz verkleinert, nach dem Bau eines Rathauses auf dem Platz (1431) durch den Gebäudekomplex des Grätzels. Außerhalb der Stadtmauern war schon zu Beginn des 14. Jhdts. in der Niederung an der Lainsitz die Vorstadt „Ledertal" entstanden. Als wichtige städtische soziale Institution wurde hier 1340/41 das Bürgerspital gestiftet. Der Umfang dieses Baubestandes blieb - von geringfügigen Erweiterungen abgesehen - bis in das späte 16. Jh. gleich. Gegen Ende des 18. Jhdts. entstanden außerhalb der Stadtmauern, am Fuß des Schloßberges und parallel dazu links vom Weiherbach, die beiden „Berg- und Wasserzeile" genannten Reihen eingeschossiger Häuser, wo Leinweber wohnten und arbeiteten. Nach dem Bau der Schmalspurbahn Gmünd - Groß Gerungs entstand zu Beginn des 20. Jhdts. an der den Bahnhof mit der Stadt verbindenden Straße eine Reihe von Villen.

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Turmglocken Schloß Weitra:
1. von Hans Lang 1606 in Steyr gegossen mit 200 kg
2. von F. Vötterlechner 1756 in Krems gegossen mit 80 kg

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DER BAROCKE DACHSTUHL UND DAS GEWÖLBE DER ALTEN SCHLOSS-KAPELLE
Nach dem Brand von 1747, dem der Turmhelm zum Opfer fiel, kam es 1757 neuerlich zum Ausbruch eines Feuers, welches große Teile des Dachstuhles und die Schloßkapelle im 2. Stock vernichtete. Daraufhin verlegte man die Kapelle in das Erdgeschoß. Der Dachstuhl wurde erneuert und befindet sich nun größtenteils im barocken Originalzustand. Aus der zerstörten Kapelle, dessen Gewölbe hier zu sehen ist, wurde anläßlich der NÖ. Landesausstellung 1994 ein Festsaal eingerichtet, der zahlreichen Veranstaltungen dient.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Erforschen Sie die Geschichte und die Geheimnisse des Schlosses vom Turm bis zu den Kellern. Das Schloss ist ein mächtiger Vierecksbau, dessen nördliche Längsseite ein Turm überragt. Der rechteckige Hof hat an seinen Schmalseiten dreigeschossige Arkaden auf Granitpfeilern. Sie sind mit Löwenköpfen, Muscheln und stilisierten Schwertern geziert - Symbolen von Santiago de Compostela, da Schloss-Erbauer Wolf Rumpf Freiherr von Wielroß Großmeister des gleichnamigen Ritterordens war. In der Mitte befindet sich ein Renaissancebrunnen. Über den Arkadenhof gelangen Sie in das außergewöhnlich schöne Schlosstheater, das 1885 im Rokokostil adaptiert wurde.

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Die Kuenringerburg wurde im Zuge der Gründung der Stadt Weitra (1201 - 1208) durch den Kuenringer Hadmar II. errichtet und nahm den höchsten Punkt der Gesamtanlage ein. In ihrem Grundriß war sie von der Form des den Berg bekrönenden Felsens bestimmt. Die Anlage erstreckte sich zwischen zwei Türmen in West-Ostrichtung. Das Hauptgebäude gruppierte sich in drei Flügeln um einen annähernd rechteckigen Hof, der im Süden durch eine starke Schildmauer begrenzt war. Die Burg besaß vermutlich zwei Wohngeschosse und war an einigen Stellen unterkellert. Küche und Vorratskammern waren im Erdgeschoß untergebracht, während sich im Obergeschoß ein Saal und eine heizbare Gaststube befanden.

Nach dem endgültigen Sturz der Weitraer Kuenringer (1296) gingen Burg, Herrschaft und Stadt an die habsburgischen Landesfürsten über. Diese gaben in den folgenden drei Jahrhunderten Weitra an verschiedene Pfandinhaber weiter, bis schließlich 1581 Wolf Rumpf Freiherr zu Wielroß, der ehemalige Kämmerer Kaiser Rudolfs II., Inhaber der Herrschaft Weitra wurde.

Modell der Stadt Weitra (von O. Chmelik)
Vor allem auf der Basis des Bildes von 1730 wurde 1971 dieses Modell erstellt.

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Ansicht der Stadt Weitra, Ölgemälde von 1730/1731
Die tatsächliche Blickrichtung des Bildes ist eher Nord-Süd. Der Maler hat sich am unteren Bildrand selbst dargestellt. Ganz links ist der Galgenberg mit dem Galgen zu erkennen, vor dem oberen Stadttor befinden sich der Stadtteich, die herrschaftlichen Stadel, die 1724 errichtete Statue des Hl. Johannes von Nepomuk und das überbrückte Röhrenteichel. Entlang der äußeren Stadtmauer läuft der Stadtgraben. Unmittelbar rechts neben dem oberen Tor befindet sich stadtseitig das Zeughaus; unterhalb des Torturmes die Oswaldkapelle. Den Platz vor dem Rathaus nehmen der Pranger aus Stein und die hölzerne Dreifaltigkeitssäule ein. Eine, die heutige Auhofgasse fortsetzende Gasse, trennt den Komplex Rathaus - Brotbänke - Waaghaus vom sogenannten Grätzel, einem Komplex von zuletzt acht Wohnhäusern und dem Spitalkasten. Gegenüber der Einmündung der Fleischgasse in den Rathausplatz sieht man die gemauerten Fleischbänke, rechts davon sind ein Keller und das mittlere Wasserkar zu erkennen. Das untere Wasserkar steht vor den "Seitz-Bräuer'schen" Häusern. Durch das untere Stadttor und die vorgelagerte Barbakane (= Vorwerk) gelangt man in das Ledertal, das vom Gebäudekomplex des Bürgerspitales beherrscht wird.

Entlang der Lainsitz finden sich Mühlen. Der Turm der Stadtpfarrkirche trägt noch die vier, 1772 entfernten gotischen Ecktürmchen. Um die Kirche liegt der Friedhof, an dessen Südostecke das Bruderschafts- und spätere Schulhaus steht. Parallel zur Kirche (südlich) befindet sich die Friedhofskirche (der Karner), die gegen Ende des 18. Jahrhunderts zum "Castellihaus" umgebaut wurde. Der Pfarrhof steht ungefähr rechtwinkelig zur Kirche. Er wurde 1793 durch das heutige, in West-Ost-Richtung verlaufende Gebäude ersetzt. Aus den Rauchfängen all der Häuser, die die "Braugerechtigkeit" (das Braurecht) besaßen und ausübten, steigt Rauch auf. Durch das untere Stadttor ist eine sechsspännige Kutsche, der ein Herold vorausläuft, gefahren. In ihr dürfte Frobenius Fürst zu Fürstenberg seinen Einzug in die Stadt halten. Zu seiner Begrüßung werden im Basteigarten neben dem Schloß Böller abgeschossen. Die Bürger, die erst einige Jahre davor nach einem langen Prozeß unterworfen worden sind, scheinen von der Ankunft des Fürsten demonstrativ kaum Notiz zu nehmen.

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Mit dem Tod des Fürsten Joseph Maria Benedikt (1758-1796) erbt der minderjährige Fürst Karl Egon II. (1796-1854) von der böhmischen Linie auch die schwäbischen Besitzungen. Er ist der letzte Souverän des Hauses Fürstenberg, bevor die Neuordnung Europas durch Napoleon dem System des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1806) ein Ende macht. Von da ab sind die Fürstenberger - wie schon zuvor in Böhmen und Niederösterreich - auch in Schwaben nur noch mit hohen Privilegien ausgestattete Untertanen (im Großherzogtum Baden, im Königreich Württemberg und auf den Gebieten einer katholischen Linie des Hauses Hohenzollern).

Karl Egon II. (1796-1854)

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Landgraf Joachim Egon von Fürstenberg Eisenguß (unbekannter K.), Anfang 19. Jh.
Die Büste stammt aus dem Fürstenbergischen Eisengußwerk Neu-Joachimsthal auf der Herrschaft Pürglitz. Landgraf Joachim Egon (1749-1828) im Ornat des Ordens der Ritter vom Goldenen Vlies.

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Mehr als 800 Jahre Geschichte von Stadt und Schloss Weitra erwarten Sie im liebevoll gestalteten Schlossmuseum. Von den Kuenringern bis zu den heutigen Hausherren, der Familie Fürstenberg, spannt sich der historische Bogen an Kunstwerken und Exponaten, der unter anderem auch Einblick in das Handwerk und die regionale Wirtschaftsgeschichte des Waldviertel bietet.

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Wie in allen adeligen Häusern gab und gibt es auch auf Schloß Weitra einen Kunst- und Kunsthandwerksbestand, der sich im Lauf der Jahrhunderte angesammelt hat und die Interessen der jeweiligen Herrschaftsinhaber widerspiegelt. Bis zum Jahr 1945 ist auch Schloß Weitra in diesem Sinne voll eingerichtet gewesen. Das meiste davon ist dann allerdings in den Wirren danach zugrunde- oder verlorengegangen. In den beiden folgenden Räumen können Exponate besichtigt werden, die einen Eindruck über die ehemals exquisite und gut sortierte landgräfliche Sammlung und Hofhaltung vermitteln.

Auch die meisten dieser Kunstwerke waren nach dem Krieg mehr oder weniger stark beschädigt und wurden teils im Auftrag von Prinz und Landgraf Johannes Eduard Egon (geb. 1956) und teils für die Landesausstellung 1994 durch das Land Niederösterreich restauriert. Nicht aus Weitra, sondern aus den F. F. Sammlungen in Donaueschingen stammen das Bildnis Rudolphs II. von dessen Hofmaler Hans von Aachen und das Faksimile des Nibelungenliedes.

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Schäfchensammlung Prinzessin Wilhelmine
Die Großmutter des heutigen Schlossbesitzers, Wilhelmine Prinzessin zu Fürstenberg, geborene Gräfin von Schönburg-Glauchau (1902-1964), wuchs in Sachsen auf, das ein traditionelles Zentrum europäischer Porzellankunst war. Die Königlich Sächsische Manufaktur Meissen lag sozusagen vor ihrer Haustüre, und schon in jungen Jahren begann Prinzessin Wilhelmine intensiv Porzellan zu sammeln, speziell mit dem Thema Schafe und Schäferszenen. Beispiele dieser Sammelleidenschaft, gefertigt von nahezu allen großen und bedeutenden Manufakturen des alten Europas, sind hier zu bestaunen: Meissen, Nymphenburg, Berlin, Wien, Ludwigsburg und andere.

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Max Egon zu Fürstenberg 1899
F.E. Laszlo von Lombos (1869-1937), Öl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert: Laszlo F.E. 1899 VII.
Links oben Inschrift: MAXIMILIANUS EGONUS PRINCEPS DE FUERSTENBERG

Irma Prinzessin zu Fürstenberg 1899
F.E. Laszlo von Lombos (1869-1937), Öl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert: Laszlo F.E. 1899 Aug.
Links oben Inschrift: IRMA PRINCIPESSA DE FUERSTENBERG

Fülöp Elek (Philipp Alexius) Laszlo von Lombos (1869-1937)
Laszlo von Lombos war ein in Paris und München ausgebildeter Gesellschaftsmaler; er war vor allem an den europäischen Fürstenhöfen für den Hochadel tätig. Er unterhielt Ateliers in Budapest und London und wurde vielfach ausgezeichnet. Später, als naturalisierter Engländer, war er Präsident der Royal Society of British Artists. Von der Kritik wegen seiner eklektizistischen Malweise herb getadelt, tat dies seiner großen Beliebtheit in höchsten Kreisen keinen Abbruch.

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Mehr als 800 Jahre Geschichte von Stadt und Schloss Weitra erwarten Sie im liebevoll gestalteten Schlossmuseum. Von den Kuenringern bis zu den heutigen Hausherren, der Familie Fürstenberg, spannt sich der historische Bogen an Kunstwerken und Exponaten, der unter anderem auch Einblick in das Handwerk und die regionale Wirtschaftsgeschichte des Waldviertels bietet.

Karl Egon III. (1820-1892)

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Landgraf Fürst Karl Egon V. zu Fürstenberg (John Quincy Adams, 1929, Öl auf Leinwand)
Rechts unten signiert und datiert: John Quincy Adams 1929.

Fürstin Franziska ("Mena") zu Fürstenberg (John Quincy Adams, 1927, Öl auf Leinwand)
Links unten signiert und datiert: John Quincy Adams 1927.

John Quincy Adams (1874-1933)
Der Porträt-, Genre- und Landschaftsmaler John Quincy Adams bildete sich nach dem Studium an der Wiener Akademie bei S. l'Allemand und A. Eisenmenger an der Münchner Akademie bei K. Marr, und H. Herterich sowie an der Académie Julien in Paris bei J.B. Laurens und B. Constant weiter aus. Besonders als Porträtist war er in den Kreisen des Adels und des Großbürgertums sehr beliebt.

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Schnapphahnflinte - Erzeuger unbekannt, um 1650, Schnapphahnflinte bzw. Miqueletschloß

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Holzkohlenmeiler - Holzkohle entsteht durch "Verschwelung" (Verbrennen ohne Luftzufuhr). Dazu wurde das Holz wie im Modell aufgesetzt und dann mit lehmiger Erde (Luftabschluß) bedeckt. Der Abbrand dauerte 4-6 Tage und mußte ständig überwacht werden.

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Holztransport - Bis zum Aufkommen von Traktor und LKW wurde fast alles gewonnene Holz mit Zugtieren (Pferde, Ochsen) aus dem Wald gebracht.
Hinterer Schlittenbock - Für den Transport von Bloch- und Langholz wurden im Winter Pferdeschlitten verwendet. Bei längeren Transportwegen wurde das Holz auf zwei Schlittenböcke geladen. Wegen der starken Belastung wurde der Schlittenbock in der Regel aus Eichenholz gefertigt.
Deichsel und Trittel zum Einspannen der Pferde.
Zwei Sappel: Zum Verladen (Stoßen) von Rundholz (gerade), zum Ziehen von Rundholz (schräg).

Sonstige Forstgeräte
Schwemmhaken wurde bei der Holztrift zur Lenkung des Holzes und zur Öffnung von Verklausungen verwendet.
Mit dem Verschulrechen wurden im Forstgarten die Rillen gezogen, in die die kleinen Sämlinge gepflanzt wurden.
Der Drehhaken wurde zum Fällen der Bäume (wenn der Baum beim Fällen an einem stehenden Baum hängen blieb) und zum Drehen des gefällten Baumes zur Entrindung und Entastung verwendet.

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Kardinal Friedrich Landgraf zu Fürstenberg (1813–1892), der letzte hochadelige Erzbischof von Olmütz (Olomouc)
Friedrich Landgraf zu Fürstenberg entstammte der 1755 begründeten Landgräflichen Weitraer Linie des Hauses Fürstenberg. Seine Eltern waren Friedrich Egon Landgraf zu Fürstenberg (1774-1856) und Theresa, geb. Prinzessin Schwarzenberg (1780-1870). Schon früh für die geistliche Laufbahn bestimmt, absolvierte er seine philosophisch theologischen Ausbildungen in Wien und Olmütz, wo er 1839 zum Doktor der Theologie promoviert wurde. Schon 1836 war er von seinem Cousin Friedrich Fürst Schwarzenberg, dem damaligen Erzbischof von Salzburg und späteren Erzbischof von Prag, in der Pfarrkirche von Weitra zum Priester geweiht worden. Nachdem er Kooperator in der Pfarre St. Michael in Olmütz gewesen war, kam er - 1839 von seinem Vater, dem zuständigen Patron, präsentiert - als Pfarrer auf die fürstenbergische Patronatspfarre Harbach bei Weitra. Schon 1843 wurde er Dechant und Propst des Kollegiats - Kapitels St. Mauritz in Kremsier (Kroměříž), 1849 Domkapitular in Olmütz. 1853 wählte ihn schließlich das Domkapitel zum Fürsterzbischof von Olmütz. Die Bischofsweihe erteilte ihm wieder sein Cousin Friedrich Fürst Schwarzenberg, der inzwischen Kardinal und Erzbischof von Prag geworden war. 1879 kreierte ihn Papst Leo XIII. zum Kardinal.

Das Erzbistum Olmütz war eines der am reichsten dotierten Bistümer der Österreichischen Monarchie. Nach den Fürsten Liechtenstein nahm das Erzbistum Olmütz mit insgesamt 36.000 Hektar Grundfläche die zweite Stelle unter den Großgrundbesitzern in Mähren ein. Außerdem verfügte es noch über Güter im damaligen Österreichisch - Schlesien und im damaligen Preußisch - Schlesien. Kardinal Fürstenberg war der letzte Hochadelige in der Reihe der Ölmützer Erzbischöfe. Verschiedene seiner Aktionen lassen aber schon auf eine gewisse soziale Einstellung den unteren Bevölkerungsschichten gegenüber schließen. Unter seiner Amtszeit wurden nach ungefähr 200 Jahren wieder Nichtadelige in das Domkapitel, dem auch die Wahl des Erzbischofs oblag, aufgenommen, so dass bei seinem Tode (20. August 1892) sieben adeligen Domherren sieben bürgerlicher Herkunft gegenüberstanden. Diese wählten einen Nichtadeligen jüdischer Abstammung zum neuen Erzbischof, nämlich den Professor für Kirchenrecht Dr. Theodor Kohn.

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Der Ornat von Friedrich Kardinal und Landgraf zu Fürstenberg:
Der kostbare Doppelornat wurde für die Priesterweihe und die Primiz von Friedrich Landgraf zu Fürstenberg (1836) von den Verwandten des Neupriesters gestickt: Die Seitenteile der liturgischen Gewänder sind aus Gold- und Silberbrokat, die Mittelteile sind in Gobelinstickerei in den Farben Weiß, Rot und Gold ausgeführt. Echte Goldborten bilden die Einfassungen, die Ränder sind in Samt eingefasst. An den Dalmatiken sind Goldquasten zu befestigen, deren Mittelstücke feinste Handarbeit sind. Da der Ornat für die Priesterweihe geschaffen wurde, ist er in doppelter Ausführung verfertigt: Für den die Weihe spendenden Erzbischof und seine Assistenz sowie für den zu weihenden Kandidaten. Daher besteht der gesamte Doppelornat aus zwei Messgewänder Casulae), zwei Vespermänteln (Pluviale), vier Dalmatiken, fünf Stolen, sechs Mampeln, zwei Kelchvelen und zwei Bursen. Nach dem Tod des Kardinals kam der gesamte Doppelornat an die Pfarrkirche in Weitra.

Nur einige Stücke davon sind hier ausgestellt:
1 Messgewand (Casula): Der Erzbischof, der die Messe mit dem Weihekandidaten gemeinsam zelebrierte, trug ein Messgewand aus Goldbrokat, der Neupriester eines aus Silberbrokat.
1 Vespermantel (Pluviale): Der Archidiakon (Presbyter assistens, Manuductor) hatte den Neugeweihten bei sei-ner ersten Messfeier einzuführen und trug einen prunkvollen Vespermantel.
2 Dalmatiken (dalmaticae): Die assistierenden Diakone bzw. Subdiakone trugen Dalmatiken.
4 Stolen: Die Stola ist ein Amtszeichen für Priester und Diakon
2 Manipel: Den Manipel, der historisch auf ein Handtuch zurückgeht, trugen der zelebrierende Priester und seine Assistenz am linken Arm.
1 Kelch - Velum: Mit dem Kelch - Velum war während des Wortgottesdienstes der Kelch zugedeckt. (Darauf lag die Bursa, eine quadratische Stofftasche, in der das Corporale steckte, ein quadratisches Tuch aus Leinen, auf das während der Messe die Hostie gelegt wurde)
1 Palla: Mit der Palla wurde der Kelch von der Gabenbereitung bis zur Kommunion zugedeckt.

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Ackerbürgerstadt Weitra
Wie in allen niederösterreichischen Kleinstädten gehörte auch in Weitra der überwiegende Teil der Bürger der Stadt dem Typ der Ackerbürger an: Man übte zwar ein Gewerbe aus, zum Haus gehörten aber auch landwirtschaftliche Gründe außerhalb der städtischen Siedlung. Somit war mit dem Haus eine Landwirtschaft verbunden. Jahrhunderte hindurch lebten die Weitraer Bürger in der Regel von ihrem Gewerbe und von ihrer Landwirtschaft. Erst im 20. Jahrhundert, vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, setzte hier eine grundlegende Änderung ein: Die Mechanisierung der Landwirtschaft erforderte mehr und größere Betriebsflächen, traditionelle Gewerbe verschwanden allmählich. Für die Ackerbürger zahlte sich der Ankauf der teuren landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte nicht aus. Die Bauern der umliegenden Dörfer benötigten zusätzliche Flächen, damit sich der Ankauf der Maschinen rechnete. Nach und nach gaben somit die Stadtbewohner ihre Landwirtschaften auf, verpachteten ihre Gründe und wechselten z. T. in andere Berufe über. Viele wurden Unselbständige.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Ein typisches Ackerbürgerhaus mit relativ großem Grundbesitz war das Haus Rathausplatz 20 (alte Nummer 143). Es war von 1779 bis 1959 im Besitz der Familie Brunner und diente Generationen hindurch als Fleischhauerei, Gasthaus, zeitweise auch als Brauhaus. Die hier ausgestellten Möbel und Einrichtungsgegenstände stammen aus diesem Haus und zeigen den typischen Wohnstil kleinstädtischen Bürgertums im 19. Jhdt.

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Seit dem 18. Jahrhundert befindet sich an dieser Stelle ein Schloßtheater. 1885 wurde dieses, veranlaßt durch Landgraf Eduard Egon (1843-1932), im Rokokostil umgestaltet und vergrößert. Die Pläne für diesen Umbau stammen von A. Führer aus Wien, die Baumeisterarbeiten führte die Weitraer Firma H. Schneider durch, die Tischlerarbeiten K. Romeder aus Weitra (Proszenium, Portale), Franz Wildschek aus Gratzen (Bänke). H. Schattauer, ebenfalls Gratzen, machte Bildhauer- und Vergolderarbeiten, während die reichen Ornamente und die Rosette im Plafond von der Firma M. Hentschel aus Wien geliefert wurden. Um eine rasche Verwandlung zu ermöglichen, wurde das Theater mit einem Schnürboden ausgestattet und erhielt eine Gasbeleuchtung.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Das neue Theater wurde besonders in den ersten Jahren nach dem Umbau von der Landgräflichen Familie, Verwandten und Angestellten des Gutsbetriebes häufig bespielt. Aus dieser Zeit stammen die im Foyer hängenden „Theaterzettel". 1983 wurde im Rahmen der 800-Jahr-Feierlichkeiten der Stadt Weitra das Schloßtheater von Grund auf renoviert und dient seitdem als Aufführungsort für die verschiedensten kulturellen Veranstaltungen. Das Fassungsvermögen des Theaters beträgt 155 Sitzplätze.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Schauplatz Eiserner Vorhang - Von den dramatischen Ereignissen am Ende des 2. Weltkriegs über die Teilung in Ost und West bis zum Fall des Eiserner Vorhangs. In einer Zeitreise können Sie den Hintergründen der Teilung auf die Spur gehen, das Leben in Ost und West nachempfinden sowie letztlich den Sieg der Freiheit 1989 erleben.

"FROM STETTIN IN THE BALTIC TO TRIESTE IN THE ADRIATIC AN IRON CURTAIN HAS DESCENDED ACROSS THE CONTINENT"
SIR WINSTON CHURCHILL

Die Ausstellung entführt Sie in eine bewegende Zeit der Geschichte. Die Ausstellung beleuchtet die Teilung Europas, die Auswirkungen des Kalten Krieges und die dramatischen Schicksale an der österreichisch-tschechischen Grenze. Schloss Weitra bietet den idealen Rahmen für diese spannende und lehrreiche Zeitreise.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

VOM ZWEITEN WELTKRIEG DIREKT IN DEN KALTEN KRIEG
Am 8. Mai 1945 kapituliert das „Dritte Reich" - der Zweite Weltkrieg ist in Europa zu Ende. Kurz davor zeichnen sich aber schon neue Konfliktlinien ab, diesmal unter den Alliierten. Hatte der Kampf gegen den Nationalsozialismus die Allianz zwischen den Demokratien USA und Großbritannien einerseits und der kommunistisch-stalinistischen Sowjetunion andererseits geeint, hielt diese Zweckgemeinschaft nur so lange, als es das Kriegsgeschehen erforderte: Schon auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 beginnt die Einheit zu bröckeln. Franklin D. Roosevelt, Winston Churchill und Josef Stalin teilen Europa in Einflusssphären auf, mit denen auch die Besatzungszonen in Deutschland und Österreich grundsätzlich feststehen. Die Details verhandelt man bei weiteren Treffen. Nach Roosevelts Tod im April 1945 zerbricht die Koalition mehr und mehr - während die Sowjetunion an der Bildung eines strategischen Sicherheitsgürtels von Satellitenstaaten arbeitet, versuchen die Westalliierten eine Ausbreitung des Kommunismus in Europa zu verhindern. Der „Kalte Krieg" bricht aus. In dieser Atmosphäre spricht Winston Churchill in seiner berühmten Rede in Fulton 1946 von einem „Eisernen Vorhang": „Von Stettin an der Ostsee bis Triest an der Adria hat sich ein Eiserner Vorhang über den Kontinent gesenkt."

DER „EISERNE VORHANG" WIRD WIRKLICHKEIT
In Osteuropa sehen sich die kommunistischen Parteien schon bald nach ihrer Machtergreifung mit einem Problem konfrontiert, das alle Staaten gleichermaßen betrifft: einer starken Fluchtbewegung ihrer Bevölkerung nach dem Westen. An den Grenzen zwischen Ost und West werden Absperrungen hochgezogen. Der „Eiserne Vorhang" - bis dahin eine Metapher für die Blockbildung in Europa - manifestiert sich ab Ende der 1940er-Jahre konkret... und in Etappen: Ungarn beginnt 1948 die Grenze zu sperren, die Tschechoslowakei errichtet ab 1950 Sicherheitsstreifen, und an der innerdeutschen Grenze wird von 1952 an eine fünf Kilometer breite Sperrzone eingerichtet. Die kommunistische Propaganda kommuniziert den Zweck der Absperrungen freilich anders: Sie seien gegen den kapitalistischen Westen gerichtet, mögen Eindringlingen, Spionen und Konterrevolutionären ebenso Einhalt gebieten wie einer heraufbeschworenen militärischen Expansion des Westens. Der „Eiserne Vorhang" wird in den kommunistischen Regimen zum Instrument der inneren Konsolidierung und der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung.

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BÜNDNIS ODER ZWANGSSYSTEM?
Der ideologische und machtpolitische Gegensatz zwischen der Sowjetunion und den USA verschärft sich nach 1945 zusehends. Schon 1949 schließen sich die wichtigsten demokratisch regierten Staaten Europas (anfangs mit Ausnahme West-Deutschlands) mit den USA zur NATO zusammen. Diesem Verteidigungsbündnis setzt die Sowjetunion 1955 in Form der Warschauer Vertragsorganisation ihr eigenes Bündnis entgegen. Das militärische Rückgrat der NATO und des „Warschauer Pakts" bilden die Streitkräfte der USA und der Sowjetunion. Während des Kalten Krieges sind zeitweilig rund 270.000 US-Soldaten in Westeuropa stationiert. Die Sowjetarmee hat sogar bis zu 600.000 Mann in den kommunistischen „Bruderstaaten" stehen.

"ALL FREE MEN, WHEREVER THEY MAY LIVE, ARE CITIZENS OF BERLIN. AND THEREFORE AS A FREE MAN, I TAKE PRIDE IN THE WORDS: ICH BIN EIN BERLINER."
JOHN F. KENNEDY, Westberlin, 26. Juni 1963

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Alliierte Reiseerlaubnis für Hugo Wazlawik, 8. Oktober 1945
Der Verkehr zwischen den alliierten Besatzungszonen wird anfangs rigoros geregelt. Um die Demarkationslinien zu überwinden, braucht es eigene Passierscheine, die in Deutsch und zusätzlich meist in den Sprachen der Besatzungsmächte ausgestellt sind. Während die westlichen Besatzungsmächte die Beschränkungen bald reduzieren, erlaubt die Sowjetunion erst 1953 Lockerungen.

Schillingnoten der Alliierten Militärbehörde, um 1945
Nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reichs" trachten die Alliierten danach, die österreichische Wirtschaft ehestmöglich wieder in Gang zu bringen. Eine stabile Währung stellt die Grundlage hierfür, vor allem aber auch für eine erfolgreiche Besatzungspolitik dar. Die alliierten „Militärschillinge" sind der erste Schritt von der Reichsmark der NS-Zeit zum Schilling der Zweiten Republik.

Gutscheine für den Bezug von Fahrscheinen und Zeitungen, um 1947
In den unmittelbaren Nachkriegsjahren sind solche Gutscheine oft Teil des Gehalts oder werden ausgegeben, um den Erscheinungen der Mangelwirtschaft zu begegnen.

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OST-WEST-TEILUNG
Nach 1945 werden die im Einflussbereich der Sowjetunion liegenden Staaten immer mehr von Moskau abhängig. Die Rote Armee kam, befreite die Länder von der deutschen NS-Besatzung... und blieb, offiziell freilich, um die Nachschubwege ins besetzte Deutschland und Österreich zu sichern. Die Soldaten verleihen der sowjetischen Machtpolitik wirkungsvoll Nachdruck. Die Sowjetunion fördert die Machtergreifung der einheimischen kommunistischen Parteien oder installiert selbst sozialistische Regierungen. Spätestens ab 1948 stehen einander in Europa zwei Blöcke gegenüber: politisch, gesellschaftlich, ideologisch, wirtschaftlich und in weiterer Folge militärisch. Europa ist geteilt: Auf der einen Seite der demokratische „Westen" - unterstützt von den USA, ist er dank des „Marshallplans" marktwirtschaftlich ausgerichtet und setzt erste integrationspolitische Maßnahmen. Auf der anderen Seite der „Osten" - unter der Hegemonie der Sowjetunion werden Planwirtschaft, Kollektivierung und Verstaatlichung forciert.

ÖSTERREICHS ROLLE IM GETEILTEN EUROPA
Österreich ist vom NS-Regime befreit... und doch nicht frei. Die Siegermächte USA, Großbritannien, UdSSR und Frankreich besetzen das Land und teilen es im Juli 1945 in vier Besatzungszonen auf. Die Regierungen in Bund und Ländern unterstehen der alliierten Kontrolle - erst 1955 wird Österreich seine staatliche Souveränität wiedererlangen. Dennoch steht das Land 1945 erstmals nach zwölf Jahren wieder auf dem Boden der Demokratie. Aus den Nationalratswahlen vom 25. Oktober 1945 geht die ÖVP mit absoluter Mehrheit hervor. Unter Leopold Figl (ÖVP) wird eine Konzentrationsregierung aus ÖVP, SPÖ und KPÖ gebildet, aus der die KPÖ 1947 jedoch ausscheidet. Nun beginnt die Ära der Großen Koalition, als verbindende Klammer wirken der Mythos der Lagerstraße und die alliierte Besatzung. Wirtschaftlich profitiert Österreich - ausgenommen die sowjetische Besatzungszone - vom „Marshallplan" der USA. Nach dem Tod Stalins rückt der Abschluss eines Staatsvertrages in die Nähe. Mit der Unterzeichnung am 15. Mai 1955 und der Zusicherung „immerwährende Neutralität" zu üben, beginnt Österreichs Weg zurück in die internationale Staatengemeinschaft. Wegen seiner Lage zwischen den beiden Blöcken wird Wien ab 1961 vermehrt als Verhandlungsort zwischen der Sowjetunion und den USA genutzt.

WAPPENADLER DER ZWEITEN REPUBLIK
Seit 1955 liegt Österreich als souveräner und neutraler Kleinstaat zwischen den Machtblöcken. Die Neutralität ist in der Verfassung festgeschrieben und verpflichtet die Republik zur militärischen Verteidigung ihres Territoriums. Das Österreichische Bundesheer wäre im Ernstfall dazu jedoch kaum in der Lage gewesen. Das hat seine Ursache nicht nur in der gewaltigen Übermacht der potentiellen Angreifer, sondern auch in der innenpolitischen Situation des Landes. Beide Regierungsparteien halten militärischen Widerstand insgeheim für aussichtslos und wollen daher nicht zu große Summen in die Landesverteidigung investieren. Und eine dieser Regierungsparteien pflegt zudem ein historisch belastetes Verhältnis zum Thema Militär. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es in ihren Reihen lange Zeit für möglich gehalten wird, dass das Heer im (unwahrscheinlichen) Bürgerkriegsfall sich gegen die Partei wendet.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

DIE AUSBILDUNG DES „OSTBLOCKS"
Die sowjetische Besatzung in Teilen Österreichs und Deutschlands festigt den kommunistischen Einfluss in den östlich angrenzenden Staaten. Die starke Präsenz der Roten Armee ermöglicht die Machtübernahme der Kommunisten in Polen, im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands, in Rumänien und Ungarn. In Jugoslawien und Albanien ist der Erfolg der kommunistischen Parteien von der Partisanenbewegung getragen. Lediglich in der Tschechoslowakei und in Bulgarien kommen die kommunistischen Parteien durch Wahlen an die Macht. Die neuen Volksdemokratien bilden politisch und wirtschaftlich eine Gegenwelt zum freien Westen: In Einparteiensystemen diktieren die nach stalinistischem Modell organisierten kommunistischen Parteien das Geschehen. Politische Gegner, oftmals aber auch unliebsame Parteimitglieder werden verfolgt und in Schauprozessen drakonisch abgeurteilt. Die autoritär strukturierten Staaten befinden sich fest in der Hand der kommunistischen Parteien. Die Medien werden kontrolliert, die Kultur wird staatlich gelenkt und die Meinung streng überwacht. Ein immenser Sicherheitsapparat mit einem dichten Netz an Informanten sorgt für die Unterdrückung jeglicher Opposition - auch wenn die Meinung nur in privatem Rahmen geäußert wird.

Uniform der Nationalen Volksarmee der DDR
Mit dem Aufbau der Befestigungsanlagen entlang der Grenze ab 1952 und dem vereinbarten Rückzug der Roten Armee aus der DDR von Mitte der 1950er-Jahre an erfolgt die schrittweise Umbildung der Grenzpolizei in militärische Grenztruppen. Nach dem Mauerbau 1961 werden diese dem Ministerium für die Nationale Verteidigung unterstellt und bilden wenig später die Grenztruppen der Nationalen Volksarmee (NVA). Als ab 1962 militärische Grenzregimenter aufgestellt werden, bekommt die Sicherung der Grenze wie auch in anderen Staaten des Ostblocks streng militärischen Charakter.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

DER WEG DES WESTENS IN DIE INTEGRATION
Nach dem Zweiten Weltkrieg ziehen sich die USA nicht wie 1918 aus Europa zurück. An der Spitze der westlichen Alliierten stehend, räumen sie dem raschen wirtschaftlichen wie auch politischen Aufbau Westeuropas Priorität ein. Nur so könne die Expansion der Kommunisten - die nach 1945 auch in Italien und Frankreich durch starke Parteien vertreten sind - aufgehalten werden. Auf politischer Ebene will man die westlichen Demokratien zu mehr Zusammenarbeit führen. Der über Jahrhunderte zerstrittene Kontinent soll nun kooperieren: 1949 wird der Europarat als erstes Forum für den europäischen Austausch gegründet. Damit einher geht die Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher Ebene. Die massiven Zollgrenzen und Handelsschranken der Zwischenkriegszeit sollen der Vergangenheit angehören. Die USA unterstützen den Wiederaufbau mit dem „Marshallplan". Um die Empfängerstaaten in die Entscheidungen einzubinden, wird 1948 die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) ins Leben gerufen. Mit der später gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) ist der Grundstein für die heutige Europäische Union gelegt. Militärisch schließt sich der Westen 1949 in der NATO (Organisation des Nordatlantikpakts) zusammen.

DIE GRENZWACHE IN ÖSTERREICH
Über 40 Jahre hinweg stehen einander am „Eisernen Vorhang" Organe beider Staaten zu dessen Überwachung gegenüber. Für die Republik Österreich wird diese Aufgabe von der Zollwache und der Gendarmerie übernommen. Sollte es zu einem Krieg kommen, so der Plan, würden sie vom österreichischen Bundesheer unterstützt beziehungsweise durch dieses ersetzt werden. Als dieser Fall im Sommer 1968 beinahe eintritt, sieht die österreichische Bundesregierung aus diplomatischem Kalkül davon ab, das Bundesheer direkt an die österreichisch-tschechoslowakische Grenze zu schicken. Im Gegenteil: Garnisonen werden aus dem unmittelbaren Grenzgebiet sogar abgezogen. Einzig die Zollwache und die Gendarmerie verbleiben an der Grenze. Sie vermitteln der Bevölkerung, in der die Erinnerung an die sowjetische Besatzungszeit noch allzu präsent ist, zumindest ein Mindestmaß an Sicherheitsgefühl.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Spitzenhaube auf einer Klöppelrolle
Von König Ottokar II. Přemysl bereits im 13. Jahrhundert nach Böhmen geholt, leben deutsche Handwerker und Bauern bis ins 19. Jahrhundert nachbarschaftlich mit den Tschechen in den Ländern der böhmischen Krone zusammen und entwickeln ihre eigenen Bräuche. In den deutsch besiedelten Gebieten Böhmens und Mährens ist etwa das Klöppeln weit verbreitet. Diese Kunstfertigkeit wird auch nach der Vertreibung 1945 an die Jugend weitergegeben.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

ALLTAG - KINDERZIMMER
Die Trennung der beiden Blöcke wirkt sich auch stark auf die Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen dies- und jenseits des „Eisernen Vorhangs" aus. Die unmittelbaren Nachkriegsjahre sind noch allgemein vom Verlust von Familienangehörigen, von Mangel und Entbehrungen gekennzeichnet. Im Zuge des „Wirtschaftswunders" hält eine wachsende Vielzahl von Konsumartikeln und Spielsachen Einzug in westliche Kinderzimmer - im Osten trachtet das sozialistische System danach, die Kinder und Jugendlichen auch in der Freizeit zu vereinnahmen und mit dem angebotenen Spielzeug zu indoktrinieren. Jugendliche Subkulturen finden im Westen öffentliche Plattformen und werden rasch kapitalistisch vermarktet; im Osten betrachtet man ähnliche Phänomene als subversiv, Anhänger müssen mit Verfolgung rechnen. Vor allem die Musik und zu Helden stilisierte Persönlichkeiten überwinden jedoch den „Eisernen Vorhang" - Mao Tse-tung und Ernesto „Che" Guevara werden zu Leitfiguren der westlichen Jugendbewegungen, die Beatles, Coca-Cola und Jeans zu Objekten der Begierde für die Jugendlichen des Ostens.

WOHNEN UND ALLTAG IN WEST UND OST
Aufgrund der Kriegsschäden des Zweiten Weltkriegs und der Flüchtlingsströme herrscht zunächst sowohl im Westen als auch im Osten starke Wohnungsnot. In der BRD kann die Wohnungssituation bis in die 1970er- und 1980er-Jahre - durch Bauprogramme und finanziert unter anderem durch die im Lastenausgleichsgesetz 1952 bestimmten Zwangshypotheken - einigermaßen konsolidiert werden. Wesentlich für das Alltagsleben im Westen ist, dass seit den ersten Nachkriegsjahrzehnten nach US-amerikanischem Vorbild immer mehr elektrische Geräte Einzug im Haushalt halten und bedeutende Arbeitserleichterung bieten. Auch das Fernsehen tritt seinen Siegeszug als Massenmedium an. Von Mitte der 1970er-Jahre an werden auch die Jugendzimmer mittels Stereoanlagen, später auch Walkmans oder erster Heimcomputer regelrecht „elektrifiziert".

KONSUM
In der westlichen Jugendkultur erscheinen Individualismus und Konsumismus als die beiden Seiten derselben Medaille. Im Laufe der Nachkriegszeit hält eine wachsende Vielzahl von Konsumartikeln und Spielsachen auch in westlichen Kinderzimmern Einzug, bis schließlich der Überfluss immer deutlicher wird, woran auch Kritik geübt wird. Gezielte Vereinnahmung findet bereits ab dem Kindesalter statt und mit höchst professionellem Marketing versuchen die Firmen, die Kunden dauerhaft an sich zu binden. Marken und Logos spielen dabei eine zentrale Rolle. Tatsächlich wird von den Jugendlichen auch mit den Marken und den Images gespielt. Jeder stellt sich seinen eigenen Stilmix zusammen. Gleichzeitig versuchen manche Firmen sich auch gesellschaftskritisch zu geben, wie etwa mehrere Werbelinien der Firma Benetton zeigen.

KULTUR - LITERATUR - MUSIK
Weitestgehend frei von Zensur kann sich im Westen die moderne Literatur, auch mit kritischen Werken, entfalten. Daneben boomen Unterhaltungs- und Trivialliteratur - eine regelrechte Industrie bedient die rasch steigende Zahl an Lesern. Auch verschiedene Bereiche von Hobby und Freizeit werden publizistisch vermarktet, und nicht zuletzt prägen Jugendzeitschriften wie „Bravo" Generationen heranwachsender Jugendlicher in Deutschland und Österreich. Kaum etwas symbolisiert die Verbreitung der US-amerikanischen Populärkultur im Westen stärker als Walt Disneys „Micky Maus"-Hefte, hier Exemplare aus den Jahren 1984 bis 1989. Für deren große Popularität im deutschsprachigen Raum ist in hohem Maße Erika Fuchs verantwortlich, die als Übersetzerin der Abenteuer ins Deutsche einen sehr charakteristischen Sprachstil entwickelt. Doch auch aus der Tschechoslowakei stammende Unterhaltung - vor allem Serien wie „Der kleine Maulwurf" oder „Pan Tau" - begleitet die Kindheit einer ganzen Generation von Fernsehzuschauern im Westen. Für Jugendliche auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs ist Musik ein wichtiges Identifikationsmittel. Im Westen deckt eine rasant wachsende Industrie die große Nachfrage nach Alben international bekannter Künstler. Neben Massen kommerzieller Musik - hier LPs von David Hasselhoff, Lionel Richie etc. - finden auf diesem Weg auch kritische Gedanken Verbreitung.

IDOLE - POLITIK
Während sich im Westen die traditionelle Bindung größerer Bevölkerungsteile an politische Parteien im Laufe der Nachkriegszeit allmählich auflöst, kommen im Zuge der 1968er-Bewegung andere Formen politischen Engagements auf - die Zivilgesellschaft und eine kritische Öffentlichkeit entstehen. Andererseits spielt auch die Inszenierung durch die Medien und die „Ikonisierung" unabhängig vom tatsächlichen Inhalt eine Rolle. So können Mao Tse-tung und Ernesto Che Guevara ebenso zu Leitfiguren der westlichen Jugendbewegungen werden wie Papst Johannes Paul II. Im Westen haben Sportidole wie Boris Becker und Steffi Graf eine ungeheure Breitenwirkung und Strahlkraft, ohne dass dabei der Sport insgesamt so stark politisch aufgeladen wäre wie im Osten.

REISEN
Fremdenverkehr und Reisen nehmen im Laufe der Nachkriegszeit im Westen beständig zu. Auf unterschiedlichen Preisniveaus ist Reisen möglich. Campingurlaube auch für weniger begüterte Familien oder die berühmten Interrail-Reisen als Rucksacktouristen ermöglichen preisgünstiges Reisen durch ganz Europa. Schließlich werden seit den 1980er-Jahren auch Fernreisen für immer breitere Kreise erschwinglicher.

Gehen Sie auf die Suche nach berühmten Marken und poppigen Ikonen vergangener Zeiten!
Eine Auswahl: a-ha, Alf, Bandana, Batman, Benetton, Dieter Bohlen, James Bond (Sean Connery), Coca Cola (mehrfach), Phil Collins, James Dean, Donald Duck, Daisy Duck, M. C. Escher, Esprit, E.T., Samantha Fox, Ernesto Che Guevara, Morten Harket (a-ha), David Hasselhoff, Papst Johannes Paul II., Die Kinder vom Bahnhof Zoo, Bruce Lee, Madonna, Micky Maus, Minnie Maus, Miami Vice, George Michael, Milli Vanilli, Marilyn Monroe, „Palästinensertuch", Pepsi Cola, Toni Polster, Elvis Presley, Rambo (Sylvester Stallone), Lionel Richie, Scorpions, Smiley, Snoopy, Styx, Swatch.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

WOHNEN UND ALLTAG IN OST UND WEST
Die Schaffung von ausreichendem Wohnraum ist ein zentrales Thema in der DDR. Die Erfüllung der Versprechen hinkt indes der Realität hinterher. Von den zu Beginn der 1970er-Jahre durch Erich Honecker versprochenen drei Millionen neugebauten Wohnungen bis 1990 werden nur weniger als 2/3-in der berühmten „Plattenbauweise" - tatsächlich errichtet und die Zahlen müssen geschönt werden. Deshalb ist das Leben in der tatsächlich begehrten „Platte" für weniger Menschen Realität als das Wohnen in heruntergekommenen Altbauten im Vorkriegszustand.
Hinsichtlich des Alltagslebens ist zu betonen, dass in der DDR nicht nur die Versorgung mit Nahrungsmitteln sichergestellt ist und es alles Lebenswichtige gibt, sondern, dass auch die meisten technischen Produkte und Haushaltsgeräte vorhanden sind. Dabei ist jedoch im Vergleich mit dem Westen die Markenvielfalt massiv eingeschränkt und die Produkte sind nur schwierig und vor allem mit langen Wartezeiten zu bekommen (Telefon, Auto, Kühlschrank).

KONSUM
In der DDR wird ein großes Spektrum der für den Alltag benötigten Gebrauchsgüter in den sogenannten Volkseigenen Betrieben (VEB) hergestellt. Es gibt durchaus den Versuch, alles zu haben: aber jeden Produkttyp nur in einer Ausführung, außerdem nur in geringerer Anzahl und in etwas mangelhafter Qualität, Teilweise produzieren die VEB auch für den Westen wie beispielsweise für den „Otto-Versand", was dann aber auf Kosten des Angebots im eigenen Land gehen kann. Auch gute Waschmaschinen werden in den Westen exportiert. Ähnliches ist auch im Chemie- und Pharmasektor zu bemerken, wo bestimmte Medikamente nur für den Export produziert werden. Nicht zuletzt ist an einige Hersteller von ostdeutschen Hochqualitätsprodukten zu denken (Carl Zeiss, Jenaer Glas), oder auch an bestimmte weltberühmte traditionelle Porzellanmanufakturen.

KULTUR - LITERATUR - MUSIK
Klassische Abenteuerliteratur, wie etwa die Romane von Karl May oder Jack London, findet auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs Verbreitung und lässt die Jugendlichen von fernen Ländern träumen. Die „Helden des Ostens" werden vom Personenkult um die politischen Führer bestimmt und ebenfalls in literarischer Form verewigt. Nicht zu vergessen ist, dass in der DDR auch die Erinnerung an die deutsche Klassik und die Goethezeit gepflegt wird. Eine Besonderheit ist etwa die DEFA-Verfilmung von Thomas Manns „Lotte in Weimar" unter Einbindung auch der westdeutschen Schauspielerin Lilli Palmer. Ein ebenso hoher Stellenwert wie im Westen kommt Musik bei der Jugend im Osten zu. Ähnlich wie im Westen dient sie abseits des Kommerzes, wie er in der DDR etwa von den Puhdys oder Kreis bedient und mit der Sendung „Beatkiste" populär gemacht wird, auch als Protestmedium. Zu erwähnen sind etwa progressive DDR-Liedermacher wie Wolf Biermann oder Manfred Krug. Hier können sehr kritische Musikstücke allerdings nur unter der Hand - in Form des sogenannten Samisdat (von russ. Eigenauflage) oder auch Magnitisdat (selbstgemachte Tonbandaufnahmen) - weitergegeben und konsumiert werden.

IDOLE - POLITIK
Die Partei SED spielt stets mehr oder weniger stark in das Alltagsleben der Menschen hinein. Und auch die Freizeit der Jugendlichen wird im Osten teilweise vom Staat gestaltet. Eine Mitgliedschaft in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) der DDR oder bei den Pionieren wie es sie auch in der Tschechoslowakei gibt, ist quasi verpflichtend. Neben politischer Indoktrination, paramilitärischen Übungen oder Einsätzen etwa als Erntehelfer oder Hilfspolizei bieten diese Organisationen aber auch Aktivitäten, die jenen der Pfadfinder durchaus ähneln. Die Kinder- und Jugendmagazine, ebenfalls nicht frei von staatlicher Kontrolle, lassen sich als für Jugendliche maßgeschneiderte Parteiorgane charakterisieren. Als besonders bedeutsam erweisen sich für die Regime Vorbilder aus dem Sport, die der Welt durch ihre Leistungen die Bedeutung der sozialistischen Staaten vor Augen führen sollen.

REISEN
Bürger der kommunistischen Staaten Mittel- und Osteuropas können von Reisefreiheit nur träumen. Sie dürfen ihr Land ausschließlich mit einer speziellen Genehmigung unter teils strengen Auflagen und dann nur in Richtung der „sozialistischen Bruderstaaten" verlassen. Tschechoslowaken entdecken ab den 1960er-Jahren vor allem Jugoslawien als attraktives Reiseziel, Ostdeutsche reisen gerne nach Ungarn an den Plattensee, und auch die Sowjetunion kann besucht werden. Tourismus über den „Eisernen Vorhang" hinweg ist - selten gewährte Besuche bei Verwandten ausgenommen - ausgeschlossen.

In Anspielung an den Film „Das Leben der Anderen", der von der Stasi-Bespitzelung handelt, können Sie geheim durch du den Einbauschrank mit Vitrine hindurch in die DDR-Wohnung spähen. Finden Sie die Hinweise auf die Parteinähe der Familie und ihre gute Führung: Wimpel der FDJ; VII. Parlament der Freien Deutschen Jugend: Statut der Freien Deutschen Jugend (Berlin 1963); Jugendmagazin „Neues Leben"; Pioniermagazin „FRÖSI" (FRÖhlich sein und Singen", 1986).

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

VERTREIBUNG UND AUSSIEDLUNG NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG
Die Geschichte des „Eisernen Vorhangs" ist eng verknüpft mit den umfassendsten Vertreibungen und Umsiedlungen in der Geschichte Europas. Während des Zweiten Weltkriegs führt das nationalsozialistische Deutsche Reich ethnische Säuberungen in Ostmitteleuropa durch, die von Deportationen bis zur Vernichtung reichen. Nach Kriegsende strömen in ganz Mitteleuropa Millionen Menschen zurück in ihre Heimat... oder sind auf der Flucht: Denn nun richtet sich der aufgestaute Hass gegen alle Deutschen, auch gegen jene, die seit Jahrhunderten in Ostmittel- und Südosteuropa leben. Getrieben vom Volkszorn werden etwa in der Tschechoslowakei bis Juli 1945 750.000 Deutsche brutal fortgejagt. Die Alliierten billigen die Vertreibungen und Aussiedlungen in der Tschechoslowakei, in Polen, Ungarn, Rumänien und Jugoslawien: 13 Millionen Menschen deutscher Herkunft verlieren ihre Heimat. Gerade im deutsch-tschechoslowakischen und österreichisch-tschechoslowakischen Grenzraum entsteht so ein großteils entvölkerter Landstrich, der es leicht macht, die für den „Eisernen Vorhang" notwendigen Vorrichtungen wie etwa Sperranlagen und militärische Sperrgebiete zu errichten.

PROPAGANDA
Der „Kalte Krieg" spielt sich auch auf der Ebene der Informationspolitik ab. Im Osten gilt es zum einen die Bevölkerung ideologisch zu festigen und hinter der kommunistischen Partei zu sammeln. Printmedien und Rundfunk werden gleichgeschaltet, die Informationspolitik von der kommunistischen Partei zentral gesteuert. Plakate, Flugblätter und Karikaturen zeichnen Bilder eines heißen" Krieges: Für die Darstellung des Konflikts bedient man sich einer ideologisch aufgeladenen und stark symbolhaften Sprache, der Gegner wird verunglimpft. Zum anderen versucht man dies- und jenseits des „Eisernen Vorhangs", die Bevölkerung der jeweils anderen Seite zu erreichen und aufzuklären. Weltweit werden staatliche, halboffizielle und private Rundfunkstationen zur psychologischen Kriegsführung ausgebaut. Westen wie Osten tragen via Radio Free Europe oder Radio Moskau den „Kalten Krieg" auch im Äther aus.

ÜBER DEN KLEINEN UND DEN GROSSEN GRENZVERKEHR
Mit den Sperranlagen des „Eisernen Vorhangs" werden viele über Jahrhunderte gewachsene mitteleuropäische Verkehrswege jäh unterbrochen. Die kommunistischen Staaten unterbinden auch den „kleinen Grenzverkehr" - den in der Zwischenkriegszeit durch bilaterale Abkommen geregelten Übertritt von Bewohnern der Grenzregionen - weitgehend. Auf den großen Transitrouten hat der „Eiserne Vorhang" weitreichende Folgen: Für Reisen in oder durch den Ostblock müssen lange Wartezeiten an den Grenzen in Kauf genommen werden. Die Kontrollen sind rigoros, die den Reisenden gestellten Auflagen streng. Trotz der Restriktionen werden aber auch neue Verbindungen eingerichtet: So führt ab 1962 der Zug „Vindobona" von Wien auf der Strecke der ehemaligen Franz-Josefs-Bahn über Gmünd durch die Tschechoslowakei und die DDR in die geteilte deutsche Stadt Berlin.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

SPIONAGE: VOM „DRITTEN MANN" ZU JAMES BOND
Um militärische, politische oder wirtschaftliche Informationen über den Gegner zu erhalten, betreiben beide Blöcke über den „Eisernen Vorhang" hinweg intensiv Spionage. Inwieweit diese Tätigkeiten dazu beitragen, dass aus dem „Kalten Krieg" niemals ein heißer wird, ist bis heute ungeklärt. Die Geheimdienstapparate werden jedenfalls stetig ausgebaut und technologisch aufgerüstet, Agentennetzwerke aufwendig betrieben. Der allergrößte Teil ihrer Tätigkeit beruht auf der Sammlung frei zugänglicher Informationen aus ausländischen Medien sowie auf dem Abhören „feindlicher" Kommunikation. Spektakuläre Spionagefälle wie jener rund um den Verrat der Atombombentechnologie an die Sowjetunion oder Entführungen tschechoslowakischer Flüchtlinge aus Österreich bleiben hingegen die Ausnahme. Beide Seiten stellen neben dem Ausland auch die eigene Bevölkerung unter Beobachtung. Wie in allen sozialistischen Staaten ist in der Tschechoslowakei die Überwachung mit massiver Repression verbunden. Das neutrale, an der Grenzlinie zwischen den Blöcken gelegene Österreich erweist sich für Spione aller Nationalitäten als idealer Ort, um einander zu beobachten oder gar Informationen auszutauschen.

FLUCHT UND FLÜCHTLINGE
Beim Versuch, den „Eisernen Vorhang" zu überwinden, um dem Regime, der Überwachung und den Lebensumständen zu entfliehen, riskieren tausende Bürger von Staaten des Ostblocks ihr Leben. Ob zu Fuß mithilfe von Schleppern, die Grenzflüsse - vor allem die Donau bei Bratislava/Pressburg - durchschwimmend oder fliegend mit selbst gebauten Heißluftballons, Motordrachen und gestohlenen Flugzeugen: Der Drang nach Freiheit spornt die Flüchtenden zu riskanten Höchstleistungen an. Beim Grenzübergang Gmünd wird gar ein Lkw als Rammfahrzeug in den Westen genutzt; und Flüchtlinge aus der DDR „überschweben" die Grenze nach Österreich entlang einer Hochspannungsleitung per Guerilla-Rutsche.

Flucht mit Ultraleichtflugzeugen, Mai 1989
Bereits 1975 flieht Ingo Bethke mit einer Luftmatratze, 1983 dann sein Bruder Holger mittels einer Seilbahnkonstruktion aus der DDR in den Westen. Im Mai 1989 verhelfen sie schließlich auch ihrem Bruder Egbert zur Flucht: Mit zwei Ultraleichtflugzeugen fliegen Ingo und Holger Bethke unter den Radarschirmen von West- nach Ostberlin, setzen in einem Park kurz auf und holen Egbert in den Westen. Zur Tarnung bemalen sie die Gleiter mit sowjetischen Hoheitszeichen.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

VERFOLGUNG DER KIRCHE IM OSTEN
Die sozialistischen Volksdemokratien fürchten den Einfluss der Kirchen - vor allem jenen der römisch-katholischen. Gleich nach der kommunistischen Machtübernahme setzen die Repressionen gegen Opposition und Kirchenvertreter ein. Auch Bischöfe, Kardinäle und Ordensobere sind Opfer der Verfolgung, in Schauprozessen führt man die Kirchenmänner vor. In Ungarn wird bereits Ende 1948 Kardinal József Mindszenty verhaftet und wenig später zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. In der Tschechoslowakei kommt es 1948 zur Verhaftung von etwa 50 Priestern, 1949 wird der Prager Erzbischof Josef Beran interniert. In Polen verurteilt man Kardinal Stefan Wyszyński 1953 zu drei Jahren Haft. Allein in der Tschechoslowakei kommen bis 1956 tausende Geistliche, unter ihnen mehr als 400 Priester, in Gefangenschaft. Ab 1962 besucht der Wiener Erzbischof Kardinal Franz König im Auftrag des Papstes konsequent die Länder hinter dem „Eisernen Vorhang". Er gilt heute als einer der Wegbereiter für die Überwindung der Isolation der Kirche im kommunistischen Machtbereich.

REPRESSION UND WIDERSTAND
Im Zuge eines „kalten Putsches" an der Wahlurne vollzieht die Tschechoslowakei im Februar 1948 den Wechsel zum Kommunismus. Rasch erfolgt die Umsetzung eines stalinistischen Herrschaftsapparates, der keinerlei Opposition duldet. Politische Gegner, Unternehmer, Grundbesitzer, Vertreter der Kirchen oder Intellektuelle geraten in das Fadenkreuz des neuen Regimes. Das Innenministerium richtet mit dem Staatssicherheitsdienst eine allmächtige Geheimpolizei ein, die auch mit Spitzeln nach mutmaßlichen Regimegegnern fahndet. Wer einmal in die Fänge der Staatssicherheit gerät, wird nicht selten unter Folter zum Geständnis gezwungen, in einem Schauprozess abgeurteilt, für lange Jahren ins Gefängnis gesteckt, zu Zwangsarbeit verurteilt oder gar hingerichtet. Dennoch kann das Regime den Widerstand nicht vollständig unterdrücken. Wichtige Träger kritischen Gedankengutes sind neben der katholischen Kirche auch jugendliche Subkulturen und Künstler; nicht selten versuchen sie aus dem österreichischen Exil über den „Eisernen Vorhang" hinweg zu wirken - zum Beispiel mittels „Samisdat"-Literatur.

DIE EROSION DES OSTBLOCKS - WIRTSCHAFTSKRISEN UND HELSINKI-SCHLUSSAKTE
Der Ungarn-Aufstand 1956, insbesondere aber der „Prager Frühling" zwischen 1964 und 1968 offenbart die internen Probleme des Ostblocks. Die größten Schwachstellen des Systems bleiben dem Westen dennoch lange Zeit verborgen: In den 1960er-Jahren kämpft die Sowjetunion vor allem im Agrarbereich mit einer massiven Wirtschaftskrise, in den folgenden Jahrzehnten vermag sie das Wettrüsten mit den Westmächten wirtschaftlich kaum durchzuhalten. Enorme Belastungen für den Militäretat bringen auch „Stellvertreterkriege" in Zentral- und Südostasien, Afrika und Südamerika. Zudem gewinnen die Nationalkonflikte an Sprengkraft. All das mindert das Potenzial, das es für dringend notwendige interne Reformen des Sowjetsystems brauchte. Der KSZE-Prozess und die Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki 1975 geben den Bürgerrechtsbewegungen erstmals eine völkerrechtliche Grundlage dafür, gegen die sozialistischen Regime aufzutreten wenn auch zunächst ohne großen Erfolg. Erst die Katastrophe von Tschernobyl 1986 und die neue Politik von Glasnost und Perestroika unter Michail Gorbatschow ab 1985 haben epochale Wirkung. Binnen weniger Jahre erodiert der Ostblock von innen.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

DIE OPFER DES „EISERNEN VORHANGS"
Der tschechoslowakisch-österreichische Abschnitt des „Eisernen Vorhangs" ist besonders gefährlich: Ein ausgeklügeltes, weit ins Hinterland gestaffeltes System aus Drahthindernissen, eine Zeit lang gar mit tödlichem Starkstrom aufgeladenen Zäunen, Minen und Wachtürmen macht jeden Versuch, diese Grenze unerlaubt zu passieren, zu einem lebensgefährlichen Unterfangen. Doch auch für die Soldaten der Grenzbataillone ist der Dienst hier alles andere als einfach. Bei den meisten bekannten Opfern dieses Abschnitts des „Eisernen Vorhangs" handelt es sich um junge Soldaten, die in Ausübung ihrer Pflicht, bei Unfällen oder durch Selbstmord ums Leben kommen. Für Österreicher stellt der „Eiserne Vorhang" ebenfalls eine Bedrohung dar, insbesondere weil die Grenze nur allzu leicht aus Versehen überschritten werden kann. Von Grenzsoldaten aufgegriffene Österreicher verbringen im besten Fall einige Tage im Gefängnis; im schlimmsten Fall kommt es zum tödlichen Waffengebrauch.

1989 Schicksalsjahr für Europa - Medienwirksam durchschnitt der damalige Außenminister Alois Mock im Jahr 1989 den Stacheldraht bei Klingenbach bzw. bei Laa an der Thaya. Was damals wenige wussten: Mock verfügte über ein weitgespanntes Netzwerk an (außen-) politischen Kontakten und hatte einen wesentlichen Anteil an der politischen Entwicklung Europas. Zugleich war Mock für die Weichenstellung für Österreichs Weg in die Europäische Union verantwortlich. Erleben Sie eine spannende Zeitreise!

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

VOLKSAUFSTAND IN DER DDR - 1953
Am 16. Juni 1953 beginnen an zwei Großbaustellen Ostberlins Streiks und Demonstrationen.
Auslöser ist die Anhebung der Arbeitsnorm, bald fordern die Arbeiter aber nicht weniger als das Ende der Diktatur. Am 17. weiten sich die Proteste aus, Hunderttausende gehen auf die Straße. Gefängnisse, Stasi-Einrichtungen und SED-Parteilokale werden gestürmt. In anderen Städten der DDR kommt es zu ähnlichen Szenen. Die Menschen fordern freie Wahlen, den Abzug der sowjetischen Truppen und die Wiedervereinigung Deutschlands.
Das Regime und seine Schutzherren reagieren mit Gewalt. In Berlin stellen 15.000 Mann der Volkspolizei und 20.000 Sowjetsoldaten mit schwerem Gerät die „Ordnung" wieder her. Bis zum Abend ist der Widerstand in der gesamten DDR erstickt. 50 bis 125 DDR-Bürger sind tot, bis zu 13.000 werden verhaftet. Nach dem Volksaufstand baut die SED ihren Repressionsapparat weiter aus. Dennoch formiert sich eine Widerstandsbewegung, die von Intellektuellen, Künstlern und den Kirchen getragen wird.

UNGARN ERHEBT SICH - 1956
Im Oktober 1956 gerät die KP-Diktatur in Budapest ins Wanken. Bei Massendemonstrationen werden freie Wahlen und ein Ende der Repression gefordert. Regimetreue Kräfte schießen in die Menge. Im ganzen Land beginnen nun Streiks und Demonstrationen. Die KP-Führung ist gezwungen, den Reformkommunisten Imre Nagy zum Ministerpräsidenten auszurufen. Am 30. Oktober gibt die kommunistische Partei ihren Führungsanspruch auf. Nagy bildet eine Regierung mit Ministern aus mehreren Parteien. Ungarn tritt aus dem Warschauer Pakt aus und verlangt den Abzug der sowjetischen Truppen. Moskau reagiert mit Härte und verlegt zusätzliche Kräfte nach Ungarn. Bis Mitte November kämpfen die russischen Verbände die hoffnungslos unterlegenen ungarischen Freiwilligen nieder. Mehr als 2.500 Ungarn und zumindest 700 sowjetische Soldaten fallen, 200.000 Menschen flüchten, der Großteil nach Österreich. Dem Sieg der Sowjetmacht folgen Massenverhaftungen und rund 350 Hinrichtungen.

DAS ENDE DER ILLUSION - TSCHECHOSLOWAKEI 1968
Anfang 1968 gelangt in Prag mit Alexander Dubček ein Reformer an die KP-Spitze. Er möchte der allgemeinen Unzufriedenheit über die Einparteienherrschaft durch ein „Aktionsprogramm" begegnen. Zwar soll der Führungsanspruch der Partei nicht angetastet werden, der Sozialismus aber durch Liberalisierung und marktwirtschaftliche Ansätze ein „menschliches Gesicht" erhalten. Die Zensur wird aufgehoben, Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit werden zugelassen. In der ČSSR herrscht Aufbruchsstimmung. Die dortigen Reformen könnten Vorbild für ähnliche Bestrebungen in der eigenen Bevölkerung werden. Moskau entscheidet schließlich, das Experiment zu beenden. In der Nacht von 20. auf 21. August marschieren Truppen des Warschauer Pakts in die ČSSR ein. Nach einigen Tagen stehen mehr als 750.000 Soldaten im Land. Die Bevölkerung leistet gewaltlosen Widerstand, der bis Anfang September zumindest 70 Demonstranten das Leben kostet. Dubček und seine Mitstreiter werden gezwungen, die Reformen zurückzunehmen. Dann verschwinden sie von der politischen Bühne. Die KP-Führer der „Bruderstaaten" beobachten den „Prager Frühling" mit wachsendem Misstrauen.

EINE UNABHÄNGIGE GEWERKSCHAFT ENTSTEHT - POLEN 1980/81
In Polen reicht die Tradition des Widerstandes gegen die KP-Diktatur bis in die 1950er-Jahre zurück. Seine wichtigsten Stützen sind die Katholische Kirche, hinter der weite Teile der Bevölkerung stehen, und die Arbeiterschaft. Im Sommer 1980 löst die Erhöhung von Lebensmittelpreisen landesweit Streiks aus. Als auf der Leninwerft in Danzig ein legendärer Streikführer von 1970 entlassen wird, beginnt auch dort ein Arbeitskampf. Das Streikkomitee unter dem charismatischen Lech Walesa legt eine Liste mit 21 Forderungen vor. Von Lohnerhöhungen über die Aufhebung der Zensur bis zur Zulassung freier Gewerkschaften. Im ganzen Land wandelt sich die Streikwelle zu einer Volksbewegung mit politischen Zielen. Das Regime weicht zurück und schon im September wird die unabhängige Gewerkschaft, „Solidarnošč" offiziell gegründet. Ein Jahr später zählt sie rund zehn Millionen Mitglieder und stellt das Machtmonopol der KP in Frage. Die Sowjetunion setzt diesmal ihre Panzer nicht in Marsch, sondern findet eine indirekte Lösung. An die Spitze der Regierung tritt mit General Jaruzelski ein linientreuer Kommunist. Im Dezember 1981 verhängt er das Kriegsrecht über Polen. „Solidarnošč" wird verboten, etwa 10.000 Gewerkschafter und Oppositionelle werden verhaftet, die Proteste mit harter Hand niedergeschlagen.

DIE ÖFFNUNG DES EISERNEN VORHANGS"
Ab 1985 wirkt der neue Vorsitzende der KPDSU, Michail Gorbatschow, entscheidend als Wegbereiter für Reformen im Ostblock. Mit seiner Politik der Transparenz (Glasnost) und Umgestaltung (Perestroika) leitet er eine neue Ära in der Sowjetunion ein. Im Januar 1987 kritisiert er die Fehler der KPdSU und fordert eine demokratische Umgestaltung von Partei und Gesellschaft. Als entscheidend für die Auflösung des Ostblocks erweist sich die Aufhebung der „Breschnew-Doktrin": Gorbatschow sichert den Staaten außerhalb der UdSSR zu, ihre Eigenständigkeit zu achten und keinesfalls militärisch einzugreifen. Damit öffnet er den Weg zur Demokratisierung. Während Polen und Ungarn politische Reformen durchführen, hält die SED in der DDR an ihrem starren Kurs fest. Jeder Fortschritt in den „Bruderstaaten" wird jedoch von den DDR-Bürgern registriert. Ferienreisen in die Reformländer verstärken ihren Wunsch nach Veränderung. Als im Frühjahr 1989 Ungarn den „Eisernen Vorhang" zu Österreich durchschneidet, beginnt ein Exodus von DDR-Bürgern über Österreich nach Westdeutschland. In den Ostblockstaaten entwickeln die Ereignisse rasch eine Eigendynamik: Nach und nach weichen die kommunistischen Regime dem Wunsch der Bürger nach Demokratisierung. Ende 1989 ist die in Jalta 1945 beschlossene europäische Ordnung Geschichte.

DAS ENDE DES „VORHANGS"
Am 29. November 1989 verliert die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei auch formal die Macht. Ihre führende Rolle wird aus der Verfassung gestrichen. Sechs Tage später - noch laufen die Verhandlungen zur Bildung einer Übergangsregierung - beginnt der Abbau der Sperranlagen an der Grenze zu Österreich, ab 11. Dezember auch an der tschechoslowakisch-westdeutschen Grenze. Zum ersten Mal seit der Niederschlagung des „Prager Frühlings" können Tschechen und Slowaken wieder unbehelligt in den „Westen" zu reisen. Keine mühsamen Behördenwege mehr, kein Warten auf Reisegenehmigungen, die dem Normalbürger ohnehin kaum gewährt wurden. Und keine Schikanen mehr bei der Rückkehr!

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

DIE ROLLE ÖSTERREICHS BEI DER ÖFFNUNG DES „EISERNEN VORHANGS"
Spätestens von den 1960er-Jahren an versteht sich Österreich als Brückenbauer zwischen Ost und West: Hier haben internationale Organisationen ihren Sitz, finden Konferenzen oder Gipfeltreffen zwischen den USA und der Sowjetunion statt. Dank seiner Neutralität kann Österreich auf kultureller Ebene beharrlich kleine Breschen in den „Eisernen Vorhang" zu seinen Nachbarn schlagen und die Bürgerrechtsbewegungen im Osten auf vielen Kanälen unterstützen. Das findet 1989 - personifiziert durch den damaligen Außenminister Alois Mock - seinen Höhepunkt: Er schlägt seinem ungarischen Amtskollegen Gyula Horn die Durchtrennung des „Eisernen Vorhangs" als Zeichen der Öffnung zwischen den beiden Ländern vor. Das Bild geht um die Welt, fördert den Zusammenbruch des Ostblocks und wird zu einer Ikone der Befreiung der Ostblockstaaten. Den nach Freiheit strebenden Bürgern der sozialistischen Staaten signalisiert es, dass ein Korridor in den Westen existiert: Das offizielle Österreich gewährt tausenden DDR-Bürgern unbürokratisch die freie Durchreise nach Westdeutschland.

DIE BILANZ DES KOMMUNISMUS
Kommunistische Regime sind im 20. Jahrhundert für die Massenvernichtung von Menschen in einer bis dahin nicht erreichten Dimension verantwortlich. Historiker und Demozidforscher (als Demozid wird die vorsätzliche Massentötung bestimmter Menschengruppen durch eine Regierung bezeichnet) wie Becker, Courtois, Heinsohn und Rummel haben zu den Verbrechen des Marxismus-Leninismus folgende Übersicht zur Zahl der Todesopfer vorgelegt:

Sowjetunion (die niedrigere Zahl berücksichtigt „Tod durch Arbeit" in Lagern nicht): 35,0-61,9
Rotchina inki. Maoisten vor der Machtübernahme: 58,0
Rote Khmer in Kambodscha: 1,8 - 2,0
Nordkorea: 1,6-2,0
Tito-Jugoslawien: 1,07
Osteuropa: 1,0 Millionen Todesopfer

Büsten von Marx, Lenin und Stalin
Der Personenkult spielt in den kommunistischen Diktaturen eine wesentliche Rolle. Karl Marx, ideologischer Vater des Kommunismus, der Revolutionär und Gründer der Sowjetunion W. I. Lenin und sein Nachfolger Josef Stalin werden wie Ikonen verehrt. Allerorts findet man Büsten und Denkmäler mit ihren Konterfeis.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Erlebniswelt Bier - Die alten Mauern der Kuenringerburg Weitra sind Kulisse dieser spannenden Erlebniswelt auf Schloss Weitra. In der neu gestalteten Erlebniswelt Bier lernen die Besucher die unterschiedlichen Brauprozesse einst und jetzt, bis hin zu den heutigen Biersorten, kennen. Erfahren Sie mehr über Glaskultur und wie Bier heute auch zum Kochen benutzt wird. Reste der 700-Jahre alten Mauer der Kuenringerburg Weitra bilden die Kulisse zu dieser spannenden Ausstellung!

1321 Mai 26, Wien
Wir Friderich von gotes gnaden romischer chunich allezit ein merer des riches veriehen und tun kunt mit disem brief [..] ze furderûng und pezzerûng der stat dise recht und freyung ge-ben. Des ersten, daz die lantstrazze, die uncz her aûzzen fûr die stat ze Weitra ist gangen, daz die hinnenfûr ewichlichen gen sol durch dy stat. Ez sol auch chein burger von Weitra an der chalten maûtte ze Newenbruch margthalben niht mer geben dann zwen pfennig. Ez sol auch chain gastgeb sein bei der stat nêhener dann in ainer meil. Ez sol auch nieman chain pyer prewen in ainer meil bei der stat.
(Auszug aus dem Privileg von König Friedrich dem Schönen, verliehen an die Stadt Weitra)

König Friedrich der Schöne erteilte den Bürgern zu Weitra einen Freibrief. Die bisher an der Stadt außen vorüberführende Landesstraße soll nun durch die Stadt gehen, die Mautpflicht in Korneuburg beträgt für einen Bürger von Weitra bloß zwei Pfennige; in der Bannmeile der Stadt soll kein Gastgeber schenken und kein Bräuer Bier brauen, in der Stadt selbst kein Herr schenken, er sei denn Bürger der Stadt; seine Schuldner, edel oder unedel, mag ein Bürger von Weitra beim Betreten der Stadt um seine Schuld anhalten. Wegen eines Wandels soll man keinen zahlungsfähigen und wegen Unzucht keinen ehrbaren Mann oder Bürger gefangen setzen. Die Bürger von Weitra sollen die Brücke über den Tiefenbach in Stand halten.

Um 1645 gab es in Weitra 33 bürgerliche Brauhäuser, ein städtisches und ein herrschaftliches Hofbräuhaus. Die Braugerechtigkeit jedes Hauses war „radiziert". Das heißt, das Recht Bier zu brauen, war nicht an einen einzelnen Bürger oder an eine Familie gebunden, sondern an das jeweilige Haus. Wurde das Haus weitervererbt oder gelangte in den Besitz einer anderen Familie, so blieb das Braurecht bestehen. Der „Bierpfad" führt Sie zu den ehemaligen Bürgerhäusern mit Braugerechtigkeit und erinnert an Weitras langjährige Brautradition. Weiße Tafeln mit grüner Schrift an den Häusern weisen auf das Braurecht und die Ratifizierung hin.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

WASSER HAT DEN GRÖSSTEN MENGENANTEIL IM BIER
Bier besteht zu ca. 90% aus Wasser
Für die Herstellung von 1 Liter Bier liegt der aktuelle Verbrauch einer modernen Brauerei bei ungefähr 3-4 Liter (früher sogar bei 6-8 Liter)
Die Qualität des Wassers hat verschiedene Biertypen geprägt
Restalkalität: Je nach Zusammensetzung der Mineralien im Boden, kann das Wasser die saure Reaktion des Malzes verringern oder verstärken.
Salzgehalt: Jeder Bierstil stellt andere Anforderungen an den Salzgehalt im Brauwasser. Dieser wirkt sich auf den Charakter eines Bieres aus, z.B. Helles Pilsener oder Dunkles Münchner
Der Braumeister stellt an das Brauwasser höhere Ansprüche als an Trinkwasser
Man benötigt es auch zum Heizen, Kühlen und Reinigen

DAS GERSTENMALZ IST DER KÖRPER DES BIERES
Es gibt mehr als 40 verschiedene Malzsorten
Für 1 hl Bier benötigt man ca. 17 kg Malz, welches aus ca. 21 kg Gerste gewonnen wird
Gerste hat sich aufgrund ihrer Spelze beim Bierbrauen gegen andere Getreidearten durchgesetzt
Sommergerste: Vegetationszeit 150 Tage; Ertrag: 4 t/ha
Wintergerste: Vegetationszeit 300 Tage; Ertrag: 6 t/ha
Eine zweizeilige Gerste hat ca. 26 Körner pro Halm
Für 1 hl Bier benötigt man eine Anbaufläche von 40 m²

DIE HEFE IST DER GEIST DES BIERES
Hefe besteht zu 75% aus Wasser
Biere mit untergärigen Hefen sind z.B. Märzen, Pils, Lager und Zwickel
Biere mit obergärigen Hefen sind z.B. Weißbier, Kölsch und Ale
Hefe ist sehr gesund: Vitamin B1, B2, B3, B5, B7, B9

DER HOPFEN IST DIE SEELE DES BIERES
Das Würzmittel des Braumeisters, verantwortlich für die Bierbittere
Hopfen macht das Bier bekömmlicher
Hopfen ist gesund! Er ist daher auch in der Medizin von Bedeutung!
Man unterscheidet zwischen Aroma-, Bitterstoff-, und Flavourhopfen
Wird in Österreich industriell im Mühlviertel und in der Südsteiermark angebaut
Hopfen ist sehr pflegeintensiv: „Der Hopfen will jeden Tag seinen Herrn sehen"
Eine Hopfenpflanze wird im Durchschnitt ca. 15 Jahre alt
Nur die weibliche Pflanze bildet Dolden, die jene für das Bierbrauen wichtigen Inhaltsstoffe enthält

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Bierwitz
Ein Russe, ein Franzose und ein Deutscher sind in der Wüste. Sie sind unglaublich durstig, die Sonne brennt unbarmherzig heiß. Da kommen sie zu einem leeren Pool, neben dem eine Fee steht, die jedem der drei Männer einen Wunsch gewährt.
Der Russe sagt: „Ich hätte den Pool gerne voll mit Wodka!" „So sei es", sagt die Fee. Der Pool ist voll mit Wodka, der Russe nimmt Anlauf und macht einen Kopfsprung hinein.
Der Franzose sagt: „Ich hätte gerne, dass der Pool mit Rotwein voll ist!" So sei es", antwortet die Fee. Der Franzose nimmt Anlauf, köpfelt in den Pool und quietscht ganz vergnügt.
Dann ist der Deutsche mit seinem Wunsch an der Reihe: „Ich möchte, dass der Pool mit Pils voll ist!" „So sei es", sagt darauf die Fee. Der Deutsche springt in den Pool. Ein lautes Aufklatschen, ein Aufschrei, der Deutsche liegt am Boden des leeren Pools. Warum?" grantelt der Deutsche die Fee an.
Die Fee lächelt ihn an: Aber gerade du als Deutscher müsstest doch wissen, dass ein gepflegtes Pils sieben Minuten dauert."

Schrotmühle

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Einst trennte eine beinahe unüberwindbare Grenzbefestigung die Menschen aus mehr als 40 Ländern. Die Liebe zum Bierbrauen und Biertrinken blieb jedoch als verbindendes Element erhalten. Auch in Tschechien wird bereits seit dem Mittelalter Bier gebraut. So erhielt etwa die Stadt Pilsen im Jahr 1307 das Braurecht. Das Pilsener Urquell gilt zudem als Ahnvater der Biere nach Pilsener Brauart (= untergäriges Lagerbier mit starkem Hopfenaroma und relativ geringem Alkoholgehalt von 4,4 Vol.%). 1842 gelang es in der westböhmischen Stadt (damals Teil der Habsburgermonarchie) erstmals auf diese Art Bier zu brauen. Eine weitere Weltmarke wurde mit dem Budweiser Budvar geschaffen. Dieses fruchtige Bier aus der Stadt České Budějovice (Budweis) wird bereits seit 1895 mit dem Wasser eines unterirdischen Sees gebraut. Nicht zu verwechseln ist dieses jedoch mit dem amerikanischen „Budweiser" - der Namensstreit über das „Original" dauert nun schon rund 100 Jahre. Das tschechische Budvar wird in den USA als „Crystal" verkauft. Aufgrund der Nachbarschaft der beiden Länder haben sich viele umgangssprachliche Wörter entwickelt, die eine sprachliche Verwandtschaft erkennen lassen.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

DER ALKA-VERSCHLUSS ersetzte die ursprünglich verwendeten Korken als Flaschenverschluss. Er wurde schlussendlich durch den Kronkorken, der eine wesentlich höhere Dichtheit garantiert, ersetzt. Außerdem ist der Kronenkorken in der Bierproduktion einfacher zu handhaben. Apropos: warum hat der gemeine Kronkorken 21 Zähne? Kronkorken mit ungerader Anzahl von Zacken verkanten nicht so schnell in den Zuführungsbahnen der Abfüllanlagen.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

DER STAMMTISCH - Vor allem in ländlichen Regionen und kleinen Gemeinden war die Zugehörigkeit zum Stammtisch an einen höheren Sozialstatus gebunden. So setzte sich ein Dorfstammtisch bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem aus örtlichen Honoratioren wie dem Bürgermeister, Arzt, Apotheker, Lehrer, Förster oder wohlhabenden Bauern zusammen. Die Einladung an einen Ortsfremden, am Stammtisch Platz zu nehmen, galt als nicht selbstverständliche Wertschätzung.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Das Weizenbierglas ist ein ziemlich schmales, hohes Glas. Es wird ganz speziell für Weizenbier hergestellt und hat diese Form, damit die Perlen der Kohlensäure so mehr Zeit benötigen, um durch das Bier nach oben zu steigen. So bleibt das Bier im Weizenbierglas länger frisch und spritzig. Vor dem Benutzen sollte man das Glas mit kaltem Wasser ausspülen. Dadurch kann man die sehr starke, für diese Biersorte typische, Schaumentwicklung unter Kontrolle halten.
Aus der Flasche ins Glas: Halte das Glas schräg - etwa 45 Grad - und gieße die Flasche fast vollständig leer. Lass etwa 10-15% des Gesamtinhaltes in der Flasche. Gieße ruhig, denn Weizenbier schäumt viel mehr als z.B. ein Lagerbier. Danach schwenke die Flasche einige Male und gieße das Glas voll. Durch Verwirbelung lockerst Du das letzte Stück Hefe in der Flasche auf.

Geboren in der Nachkriegszeit aus Rationalisierungsgründen: Man benötigte einen einfach zu produzierenden Glas-Typ. Eine Anekdote besagt, dass 1954 Willy Steinmeier, ein Mitarbeiter der Ruhrglas GmbH in Essen der Namensgeber ist. Der Willibecher ist das Universal-Genie. Nur die wenigsten Menschen haben für jede Biersorte das richtige Glas zuhause - deshalb gibt es den Willibecher. Er ist dünnwandig und kühlt daher rasch aus. Es gibt ihn als 0,2 l, 0,25 l, 0,3 l, 0,4 l und 0,5 l.

PILS-TULPE: Das „Pils" lebt von der feinen Hopfung - es benötigt daher ein feineres Glas so ist diese Glasform dem Biertyp besonders angepasst. Das heißt: der obere, kleinere Glasdurchmesser unterstützt einerseits die Haltbarkeit des feinporigen Schaumes, andererseits verstärkt er den Hopfengeruch an der Nase des Biergenießers.

Dies sind die größten, dicksten und mächtigsten Vertreter der Biergläser. Am bekanntesten vom Oktoberfest in München. Ein Maßkrug wiegt leer schon über ein Kilo, das Servieren ist bestimmt kein Kinderspiel. Das Glas ist so dick, um einerseits die große Menge an Bier kühl zu halten, andererseits ist die Glasstärke von zusätzlichem Vorteil, falls doch einmal zu heftig angestoßen wird. Die Biere, die aus diesem Glas am besten schmecken, sind deutsches Lager, belgisches Witbier und natürlich speziell gebraute Oktoberfestbiere.

Im englischsprachigen Raum ist das Pintglas die meist verbreitete Glasform. Es wird bis zum Rand gefüllt und der Schaum anschließend abgestrichen - erst dann ist das PINT erreicht. Die Pint Gläser orientieren sich an Maßstäben aus eher vergangenen Zeiten, denn so ein Pint Glas besitzt eine Füllmenge von circa 568 Milliliter.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Weitra ist die älteste Braustadt Österreichs und das Bier ist bis heute ein wichtiger kulinarischer Bestandteil unserer Region. Zum 700-jährigen Jubiläum wurde das bestehende Braumuseum in die neue Erlebniswelt Bier umgestaltet – hier finden Sie heraus, was Sie schon immer über Bier wissen wollten.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

INTERNATIONALE KOCHKUNST-UND FACHAUSSTELLUNG FÜR DAS GASTWIRTSGEWERBE UNTER DEM ALLERHÖCHSTEN PROTEKTORATE S.M.DES KÖNIGS FRIEDRICH AUGUST VON SACHSEN
LEIPZIG 1905

Der FÜRSTLICH FÜRSTENBERGISCHEN BRAUEREI DONALESCHINGEN
wird in Anerkennung vorzüglicher Leistungen vom Preisrichter-Kollegium die
GOLDENE MEDAILLE
zuerkannt und erfolgt hierüber die Ausfertigung dieses Diplomes.
LEIPZIG, den 26. März 1905.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023

Das Renaissanceschloß
Nach der Übernahme der Herrschaft Weitra durch Wolf Rumpf von Wielroß sollte auch der Herrschaftssitz eine Umgestaltung erfahren. Mit den Bauarbeiten wurde 1584 unter dem kaiserlichen Baumeister Pietro Ferrabosco an den Wirtschaftsgebäuden begonnen. Die Durchführung des eigentlichen Schloßneubaues (ab 1590) auf Grund eines Planes von Ferrabosco dürfte unter Meister Anton, dem Erbauer des Linzer Schlosses, Meister Jakob und Meister Andreas erfolgt sein. Die Planung der Schloßanlage war zunächst von dem Bemühen bestimmt, möglichst viel Mauerwerk der Kuenringerburg mitzuver-wenden. Da aber die durch den Verlauf des Burgfelsens bestimmte unregelmäßige mittelalterliche Anlage dem Streben der Renaissance nach Geradlinigkeit und Symmetrie widersprach, entschloß man sich schließlich für eine großzügigere Lösung. Das Renaissanceschloß hat die annähernd gleiche West - Ostausdehnung wie der mittelalterliche Vorgängerbau, es ist jedoch doppelt so breit, da in Richtung Süden der Burgfelsen überbaut wurde. Daher hat auch der Nordtrakt des Schlosses nur drei Geschosse, der Südtrakt hingegen fünf.

Um einen zentral gelegenen rechteckigen Hof mit je fünf Arkaden in jedem Stockwerk an den Schmalseiten gruppiert sich im Osten und Westen je ein breiter Trakt, während die länglichen Nord- und Südflügel relativ schmal sind. Die Mitte des Nordflügels erhielt durch einen hohen Turm einen starken vertikalen Akzent. Wolf Rumpf starb bereits 1605 kurz vor der Vollendung des Schloßbaues. Seine Witwe Maria d'Arco (Arch) heiratete 1606 den Grafen Friedrich V. zu Fürstenberg Heiligenberg, dem sie 1607 die Herrschaft Weitras schenkte. Seitdem ist das Schloß im Besitz der Familie Fürstenberg.

1747 und 1757 richteten Brände beträchtliche Schäden am Schloß an: Der hohe Turmhelm verbrannte, Dach und Obergeschoß des Schlosses wurden zerstört. Der Turm wurde nicht wieder in seiner ursprünglichen Form hergestellt; er erhielt einen geraden, mit einer Steinbalustrade versehenen Abschluß. Um den gesamten Baukomplex nicht allzu kastenförmig erscheinen zu lassen, gliederte man die Schmalseiten des Schlosses durch je vier barocke Volutengiebel. Die Schloßkapelle verlegte man vom 2. Stockwerk in das Erdgeschoß des Nordtraktes und versah sie mit einem kleinen barocken Choranbau. Schon im 18. Jahrhundert befand sich im Südwesten des ersten Stockes ein Theater. Es wurde 1885 unter Eduard Egon Landgraf zu Fürstenberg nach den Plänen von A. Führer aus Wien erweitert und historisierend im Rokokostil umgebaut.

 Weitra - die Kuenringerstadt, Mai 2023



Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: