Ybbsitz

an der Eisenstraße, Jänner 2024

Ybbsitz ist eine Marktgemeinde mit über 3300 Einwohnern im Bezirk Amstetten im österreichischen Bundesland Niederösterreich. Die Gemeinde an der Niederösterreichischen Eisenstraße hat eine große montan-historische Tradition. Ybbsitz liegt in der Eisenwurzen im niederösterreichischen Mostviertel, im Tal der Kleinen Ybbs, einem Nebenfluss der Ybbs. Die Kleine Ybbs, die in ihrem Oberlauf bis Ybbsitz den Namen Schwarze Ois trägt, nimmt im Ort den von Süden kommenden Prollingbach auf.

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Das Eisen vom Erzberg, das Holz der Voralpen und die Wasserkraft der Bäche ließen den Ort schon früh zu einem Zentrum der Werkzeugherstellung werden. 1437 wird der Ort bereits urkundlich als "uralte Werkstatt" bezeichnet. Die Ybbsitzer Schmiedschaft stellte seit dem Mittelalter einen großen Teil der Bevölkerung dar. Noch 1859 waren 53 Schmiedemeister mit 308 Gesellen tätig. Von 20 Hämmern, die im Jahre 1808 in Betrieb waren, bestanden etwa 100 Jahre später allein am Prollingbach noch elf. Als Besonderheit arbeiteten 1873 am Nothberg 13 Schleifen. Qualitätsprodukte wie Hacken, Schaufeln, Bohrer, Krautmesser, Löffel, Scheren, Beschläge aller Art, Sägeblätter, Säbel, Pfannen und Kuhglocken gingen in fast alle Länder Europas und brachten Wohlstand und Ansehen. In einigen Ybbsitzer High-Tech-Betrieben blüht das ehrsame Eisengewerbe bis heute weiter.

Die Marktgemeinde liegt zwischen hügeligem Bauernland im Norden und waldreichen Voralpengipfeln im Süden. Zahlreiche Wanderwege erschließen die Schönheit der Umgebung, in der etliche Jausenstationen zu Most und bodenständiger Stärkung einladen. Die gepflegten Ybbsitzer Gasthöfe zaubern auch kulinarische Köstlichkeiten aus der Hammerherrenzeit auf den Tisch.

Brücke über die Schwarze Oys

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Panta Rhei - Habermann-Skulptur

Im Rahmen des Festes "Ferraculum 2000" haben Schmiede aus ganz Europa unter der Leitung von Prof. Alfred Habermann in Gemeinschaftsarbeit diese Sanduhr geschaffen. Der dem griechischen Philosophen Heraklit zugeschriebene Grundsatz „Panta Rhei" (Alles fließt), nach dem das Sein als ewiges Werden und als ewige Bewegung beschrieben wird, gibt der Arbeit den Titel und spannt den Bogen von abendländischer Tradition zu moderner Metallgestaltung. KR Josef und KR Waltraud Welser stellten das Material für die Skulptur kostenlos bei.

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Auf dem heutigen Gebiet der Gemeinde Ybbsitz wurden keine Spuren oder Überreste gefunden, die auf eine sehr frühe Besiedelung der Gegend durch die Kelten oder Römer schließen lassen würden. Der Ortsname Ybbsitz dürfte urprünglich die Bezeichnung der Schwarzen Ois und Kleinen Ybbs gewesen sein. In einer Urkunde aus dem Jahr 1185 taucht das Wort,,Ibisitzigimunde" (Ybbsitzmündung) auf, womit wohl die Mündung des Arzbaches in die Ybbs gemeint war. Aufgrund der Wortendung "-itz" ist anzunehmen, dass die erste Besiedelung durch die Slawen erfolgt sein dürfte.

Rathaus der Marktgemeinde Ybbsitz - Ein seit 1772 als Gemeindeamt dienendes Bauwerk mit einer Fassade aus dem Jahr 1904

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Das Kriegerdenkmal am Markt neben der Kirche ist ein von Anselm Carl Zinser 1930 errichtetes Denkmal.

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SCHMIEDEBAUM
Die 11 Festgemeinden Allhartsberg, Biberbach, Ertl, Hollenstein an der Ybbs, Kematen an der Ybbs, Opponitz, Seitenstetten, Sonntagberg, St. Georgen am Reith, Waidhofen an der Ybbs und Ybbsitz präsentieren den Schmiedebaum anlässlich ,100 Jahre Niederösterreich" im Jahre 2022.

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Die kath. Pfarrkirche hl. Johannes der Täufer in Ybbsitz ist eine spätgotische Hallenkirche mit eingestelltem Südturm, dessen Chor 1419 und das Langhaus 1480/96 errichtet wurde. Der Hochaltar um 1740 ist ein monumentales barockes Säulenretabel und nimmt den gesamten Chorschluss ein und wurde 1786 aus der Kirche der Kartause Gaming hierher übertragen.

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Die Orgel baute die Oberösterreichische Orgelbauanstalt 1972 - ein rein mechanisches Werk mit 16 Registern für zwei Manuale und Pedal.

An der Chorbrüstung stehen 13 Statuen: Jesus mit seinen 12 Aposteln. Jeder dieser 12 ist mit einem Zeichen dargestellt - entweder ein Symbol, das typisch für sein Leben und Wirken war oder das anzeigt, auf welche Weise er als Märtyrer für seinen Glauben an Jesus Christus gestorben ist.

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Die Pfarrkirche Ybbsitz steht am nördlichen Ende des Marktplatzes in der Marktgemeinde Ybbsitz im Bezirk Amstetten in Niederösterreich. Die dem Heiligen Johannes der Täufer geweihte römisch-katholische Pfarrkirche – dem Stift Seitenstetten inkorporiert – gehört zum Dekanat Waidhofen an der Ybbs in der Diözese St. Pölten. Die Kirche steht unter Denkmalschutz.

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Urkundlich wurde 1186 eine Gründung durch das Stift Seitenstetten genannt, 1292 als Pfarre. 1419 erfolgte eines Weihe des Chores und des Altares durch den Bischof Andreas vom Bistum Passau. 1480/1496 erfolgte der Neubau des Langhauses mit den Weihejahren 1496, 1503, 1508. 1785 ging die Pfarre an die Diözese St. Pölten. 1904/1905 und 1974/1975 waren Restaurierungen.

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Die mächtige spätgotische Hallenkirche mit einem gotischen Polygonalchor mit einem etwas eingestellten Südturm hat mehrere Anbauten. Der um 1740 für die Klosterkirche der Kartäuser in Gaming entstandene wertvolle Marmorhochaltar, wurde nach deren Auflösung 1782 nach Ybbsitz übertragen. Der ursprünglich höhere Säulenaufbau mit Gebälk, Baldachin und Umgangsportalen, umrahmt das Hauptbild der thronenden Gottesmutter in der Herrlichkeit der Heiligen. Am Oberbild findet sich eine Darstellung der Heiligsten Dreifaltigkeit. Beide Bilder stammen von Andrea Celesti, der auch für die Kartause Mauerbach das Hochaltarbild schuf. Am Triumphbogen stehen in zwei baldachingezierten Steintabernakeln Plastiken der Heiligen Rochus und Sebastian (E. d. 16. Jh.).

 Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024  Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024

Weihnachtliche Krippe beim rechten Seitenaltar (Marienkapelle)

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Die Ybbsitzer Pfarrkirche ist ein ausnehmend gut proportionierter, interessant gegliederter Langhausbau, an den der strebepfeilergestützte Ostchor und der mächtige Südturm mit schönem Barockhelm von 1794 angebaut ist. Dem Südportal ist eine kleine Vorhalle mit Sitznischen und engem Sternrippengewölbe vorgelagert.

Das Langhaus, mit dessen Bau wohl bald nach 1466 begonnen wurde, ist eine dreischiffige, vierjochige Halle mit prächtigem Netzrippengewölbe auf sechs Achteckpfeilern, deren Seitenflächen stark konkav ausgenommen sind. Das zweite Joch der Seitenschiffe erweitert sich im Süden und Norden durch je einen kapellenartigen Anbau. Im letzten Joch ist eine große Westempore mit reicher Maßwerkbrüstung positioniert, die an den Seitenwänden noch weiter vorgezogen ist und unter der Empore ein schwungvolles Sternrippengewölbe besitzt.

In der Mitte der Kirche ist in der Decke eine kreisförmige Öffnung zu sehen, das „Heilig-GeistLoch“. Da viele Menschen früher nicht lesen und schreiben konnten, wurden wichtige Ereignisse aus dem Kirchenjahr besonders einprägsam „vorgespielt“. Zu Christi Himmelfahrt wurde der Auferstandene durch dieses Lochin die Höhe gezogen, zu Pfingsten wurde der Heilige Geist in Gestalt einer Taube heruntergelassen. Bis vor wenigen Jahren hing hier jedes Jahr der Adventkranz an einem langen Seil.

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Die heilige Anna: Nachdem die Ehe mit ihrem Gatten Joachim 20 Jahre lang kinderlos geblieben war, gebar Anna die spätere Gottesmutter Maria. Sie ist somit die Großmutter Jesu. Die Verehrung der heiligen Anna begann bereits im 6. Jahrhundert nach Christus und fand im Spätmittelalter ihren Höhepunkt. Einer der Wallfahrtsorte ist Annaberg in Niederösterreich.

Sie ist die Schutzpatronin der Mütter, Hausfrauen, Arbeiterinnen, Witwen, Bergwerke, Schneider, Müller und Goldschmiede. Zur heiligen Anna bittet man um Kindersegen, eine glückliche Heirat und Geburt. Ihr Segen soll auch bei Fieber, Kopfweh, Bauchschmerzen und Gewittern helfen.

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Kath. Pfarrkirche hl. Johannes der Täufer am Markt

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Unweit des Ybbsitzer Marktplatzes zu finden: Diese Gemeinschaftsarbeit von europäischen Schmieden unter der Federführung von "Schmiedepapst" Alfred Habermann entstand beim Ferraculum 2002.

Die Schmiedearbeit ist der Einigkeit, Freiheit und Identität Europas gewidmet. Sternenkranz, Feuerschale und wehende Fahnen symbolisieren Gemeinsamkeit, Eifer und verbindende Begeisterung, ist an der Skulptur mit dem Titel "Europa wächst zusammen" zu lesen. Sie wurde beim dritten Schmiedefest Ferraculum 2002 in Zusammenarbeit europäischer Schmiedeteams unter der Federführung des bedeutenden Kunstschmieds und Metallbildhauers Alfred Habermann (1930–2008) geschaffen.

Dieses markante Werk ist im Ort als eine von zahlreichen permanent installierten Arbeiten entlang der Schmiedemeile zu sehen. Seinen "großen Auftritt" hat das 3,60 Meter hohe Kunstobjekt stets bei der Eröffnung des alle zwei Jahre stattfindenden Ferraculums am Ybbsitzer Marktplatz, wo in einer feierlichen Zeremonie das Entzünden des Feuers in der blauen Schale, die im Design der EU-Flagge mit zwölf kreisförmig angeordneten goldenen Sternen gestaltet ist, vorgenommen wird.

Schmiedekunst: "Europa wächst zusammen"

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Das denkmalgeschützte Kanzlerhaus (Haus Kremayr) ist ein zweigeschoßiges Bauwerk mit hohem Mansarddach, das 1740 errichtet und von 1902 bis 1906 umgebaut wurde.

Das Museum im Haus Kremayr, einem historischen Eisenhandelshaus am Marktplatz, birgt eine reichhaltige volkskundliche Sammlung.  Die moderne, mit interaktiven Stationen ausgestattete Ausstellung "FeRRUM – welt des eisens" gibt Einblicke in das Schmiedehandwerk und zeigt, wie sehr Metall uns umgibt.

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DIE FRAUENZECHE: Schon lange vor der Markterhebung von Ybbsitz im Jahre 1480 hatten sich die Schmiede zu einer Zunft zusammengeschlossen. So wird die Frauenzeche, die älteste Dachorganisation der Schmiede, bereits im Jahre 1417 erwähnt. Sie besteht noch heute als letzte derartige Vereinigung in Österreich.

Um die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit gewannen Handwerk-Zechen einen immer größeren Einfluß auf das Leben in der Gegend. Bisher unbekannte Begriffe, wie „Meister", „Geselle" und „Lehrjunge" wurden geläufig, neue religiöse Feste und Arbeitszeiten eingeführt. Die Meister- und Gesellenprüfung regelte die Aufnahme in ihre Reihen, die Qualität und den Verkauf ihrer Produkte sowie deren Ausfuhr. Bereits 1417 findet man in einer Seitenstettner Urkunde eine „Frauenzeche" der Ybbsitzer Schmiedemeister. Dann, im Jahr 1484 im hiesigen Marktbuch, die „Leonhardizeche" der Gesellen. Jede dieser Vereinigungen wählte jährlich einen Zechmeister samt Vorstand (Viermeister, Viergesellen), verwaltete das Vermögen, übte bei Übertretungen innerhalb des Handwerks eine eigene Gerichtsbarkeit aus und achtete streng auf die ihm seitens des Grundherrn übertragenen Aufgaben.

Eine weitere wichtige Tätigkeit der Frauenzeche lag im sozialen Bereich, in deren Rahmen sie sich bei Bedarf um kranke bzw. verarmte Schmiede, deren Witwen und Angehörige kümmerte. Die Lehrlinge hatten drei Jahre zu lernen und die Verpflichtung, auch das vierte Jahr in der Werkstatt des Meisters für Lohn zu arbeiten. Nach dieser Zeit wurden sie von der Frauenzeche freigesprochen. Wollte ein Geselle selbst Meister werden, so mußte er „ehrlich", das heißt ehelich geboren sein und seine Lehrjahre absolviert haben. Erfüllte er diese Voraussetzungen, konnte er den Zechmeister um die Aufgabe von drei Meisterstücken bitten. Diese hatte er dann im Beisein eines Meisters und Viermeisters innerhalb von 14 Tagen anzufertigen. Erhielten diese eine gute Bewertung, galt es für ihn noch vier Kannen Wein zu bezahlen, drei Gulden in die Meisterlade zu legen und sich mit je einem Pfund Wachs in die Frauen- und Leonhardizeche einzukaufen.

Nachdem die Leonhardizeche in die Frauenzeche eingegliedert worden war, wurde letztere im Jahre 1877 in einen Verein mit neuem Statut umgewandelt. Dieser spielte noch bei der Gründung von sog. Selbsthilfeeinrichtungen wie 1903 der „Werks- und Verkaufsgenossenschaft" eine wichtige Rolle, dann aber stellten Krieg und Arbeitslosigkeit auch ihn in Frage, so daß 1924 der letzte Jahrtag abgehalten und er 1939 durch die NSDAP aufgelöst wurde.
Mit der Rückgabe des Besitzes im Jahre 1948 wurde die Tätigkeit der Frauenzeche fortgeführt, was auch vielen Ybbsitzern zu Gute kam. Die Frauenzeche verkaufte damals viele für den privaten Wohnbau erforderliche Grundstücke als Bauland. Sie vermietete Wiesen zur Haltung von Vieh oder zur Anlage von Gärten und schuf damit auch für den nicht selbst über Grund und Boden verfügenden Teil der Bewohner des Marktes Ybbsitz, eine gerade in der Nachkriegszeit, besonders wichtige Möglichkeit der Selbstversorgung. Heute besteht der Verein „Frauenzeche" aus vier ehrenamtlichen Mitgliedern, die sich als Bewahrer ihrer Tradition und der angestammten Kultur sehen.

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Der goldene Meisterbecher aus dem Jahr 1747 und der silberne Gesellenbecher von 1820, in denen am Schmiedejahrtag Wein kredenzt wurde. Die Originale sind im Haus Kremayr (Museum) zu besichtigen.

Silberner Ehrenbecher der Schmiedegesellen, 1820
und Ehrenbecher der Schmiedemeister, 1747
(Sammlung der Frauenzeche - Leihgabe)

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Die Geschichte der Gemeinde Ybbsitz ist von Beginn an eng mit jener des Stiftes Seitenstetten verbunden. Dem Stift, dessen Gründung auf das Jahr 1112 zurückgeht, wurde um das Jahr 1180 das Gebiet um Ybbsitz als Schenkung unterstellt.

Die Gründung des Klosters in Seitenstetten geht auf den Adeligen Udalschalk von Still zurück, einen "gewissen edelfreien Mann" aus der Pfarre Hofkirchen an der Trattnach (Innviertel), der auch in Seitenstetten ein Gut besaß. Auf seinem Besitz ließ er im Jahre 1112 ein kleines Kloster errichten, welches zwei Jahre später (1114) von Benediktiner Mönchen aus Göttweig besiedelt wurde.

Den entscheidenden wirtschaftichen Aufschwung für das Kloster bewirkten die Schenkungen des Erzbischofs Wichmann von Magdeburg. Der Erzbischof, der in Kaiser Friedrich Barbarossa einen großen Förderer gefunden hatte, befand sich auf einer Gesandtschaftsreise nach Ungarn im Jahre 1174 und kam so in die Region. Politsch unterstand das Gebiet rund um Ybbsitz der Grafschaft Gleiß, deren letzter Graf Wichmann war. Bereits auf dieser Reise im Sommer 1174 dürfte er dem Stift Seitenstetten die Schenkung gemacht haben. Die Originalurkunde ging jedoch verloren. Zehn Jahre später erneuerte Wichmann seine Schenkung und erweiterte sie um das Gebiet zwischen Arzbach und Urlbach.

Im Jahr 1185 bestätigte der Erzbischof seine Schenkung an das Stift noch einmal und legte in dieser Urkunde die genauen Grenzen und die an die Schenkung geknüpften Bedingungen fest. Er forderte die Errichtung eines Klosters ("cella") in Ybbsitz und die regelmäßige Abhaltung des Gottesdienstes. (Die Originalurkunde aus dem Jahr 1185 befindet sich im Stiftsarchiv Seitenstetten.)

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Die Palette der in Ybbsitz hergestellten Erzeugnisse war breit gefächert. Sie zeigt sich anhand der Überlieferung der ansässigen Schmiede. Um 1600 gab es in Ybbsitz fünf privilegierte Handwerksgruppen. Zu ihnen zählten die Hackenschmiede, die Krautmesser-, Reifmesser-, Löffel- und Scherenschmiede. Ybbsitz war als Hackenschmiedezentrum in der gesamten Region und darüber hinaus bekannt. Die Formen unterschieden sich nicht nur hinsichtlich ihres Verwendungszweckes (Zimmermanns- oder Flößerhacke), sondern auch nach den für den Verkauf bestimmten Abnehmerländern bzw. -regionen (Siebenbürgener Holzhacke, Debrecziner Holzhacke).

Die erste Zunftordnung erließ Abt Kilian 1491. Die Pfannenschmiede wurden erst wesentlich später in Ybbsitz tätig und erhielten 1624 ihre erste Handwerksordnung von Abt Caspar. Die Pfannen- und Kupferschmiede genossen eine besondere Stellung innerhalb der Ybbsitzer Schmiedschaft. Ihre privilegierte Position spiegelt sich auch in der Kleidung der Pfannenschmiede wider. Zu festlichen Anlässen trugen die Meister lange schwarze Röcke mit großen goldenen Knöpfen, breite, hohe Hüte mit Goldquasten, Schnallenschuhe und weiße Handschuhe.

Symbolgehalt des Eisens: Eisen und Stahl sind im Volksglauben magische Abwehrmittel gegen Dämonen, Wassermänner, Nixen, Kobolde und Irrlichter. Eisen schützt vor dem bösen Blick, es schützt Neugeborene ebenso wie Jungvermählte und Wöchnerinnen. Es schirmt Haus und Vieh, Obstbäume und Felder gegen das Böse ab.

Hufeisen und Nägel: An Tore und Türschwellen werden Nägel und Hufeisen genagelt, um das Böse und das Unheil zu bannen, Findet man ein Hufeisen oder Nägel, so bringen diese Glück und Gewinn. Das Beschlagen von Gegenständen und Kleidung (Nieten) ist eine alte Praktik der Volksmedizin, die sich bis in die heutige Fetischmode erhalten hat

Schlösser und Schlüssel: Das Schloss beschützt Haus und Hof und im übertragenen Sinn die Heimat. Der Schlüssel versperrt oder öffnet. Er gibt dem Besitzer die Macht über die Dinge, der Hausfrau über die Vorräte, dem Bürgermeister über die Stadt. Der Volksglaube schreibt dem Schlüssel auch magische Kräfte zu. So sollte er die Entbindung erleichtern, wurde gegen die Tollwut und Fraisen (krampfartige epileptischen Anfälle) eingesetzt. Ein kühlender Schlüssel wurde Kindern bei Nasenbluten ins Genick gelegt.

Sichel: Sie spiegelt den menschlichen Lebensablauf wider. In der Antike wurde sie als Zeichen für Fruchtbarkeit gelesen, erst in der Zeit des Spätmittelalters gesellte sich zu dieser Bedeutung das Bild der Vergänglichkeit und des Todes. Gekreuzte Sicheln und Sensen wurden über die Tür oder in den Kamin gehängt (mit der Schneide nach oben), um das Haus gegen Unwetter und Unheil zu schützen.

Hammer: Er war eines der ersten Geräte, die der Mensch hergestellt hat. Ursprünglich wurde der Hammer nicht aus Eisen, sondern aus Stein gefertigt. Dies spiegelt sich noch in dem altnordischen Wort „hamarr" wider, das auch Fels und Klippe bedeutet. Der Hammer gewann in vielerlei Hinsicht symbolische Bedeutung, sel es als göttlicher Streithammer oder Richterhammer. Aber auch die Politik bediente sich des ausdrucksstarken Motivs. Interessanterweise kam es dabei zu Mehrfachdeutungen, die sich sowohl mit faschistischer als auch sozialistischer und sogar kommunistischer Propaganda vereinbaren ließen.

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In Österreich wurde der genossenschaftliche Zusammenschluss von Handwerksmeistern oder auch -gesellen meistens „Innung" oder „Zeche" genannt. Die im 13. Jahrhundert gegründeten Vereinigungen waren zuerst religiöser Natur. Erst im Laufe des 14. Jahrhunderts verschoben sich die Schwerpunkte, und es entstanden Organisationen, die wirtschaftliche Interessen verfolgten. Ihre Aufgabe war es, die Interessen der Zunftmitglieder zu vertreten sowie den wirtschaftlichen Markt zu organisieren und zu regulieren. Sie bestimmten die Anzahl der Arbeitskräfte und Handwerksbetriebe und teilten die Rohstoffe zu. Die Zechen übernahmen aber auch soziale Funktionen, sie gewährten Darlehen und unterstützten die Mitglieder in Notzeiten. Eine wichtige Rolle spielte auch die gemeinsame Brauchtumspflege, um den Zusammenhalt innerhalb der Zeche zu stärken.

Blasebalg einer ehemaligen Ybbsitzer Schmiede, 1863 (Sammlung Marktgemeinde Ybbsitz)

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Meilensteine technischer Entwicklung: Der elektrische Strom und der Anschluss an das Eisenbahnnetz
Die Nutzung des elektrischen Stroms veränderte nicht nur die Produktionsverfahren, sondern brachte auch tief greifende Veränderungen und Erleichterungen in der Alltagswelt der Menschen mit sich. Am 15. Dezember 1900 nahm das erste Elektrizitätswerk seinen Betrieb auf. Angeschlossen waren Motoren mit 68 PS, 37 Bügeleisen und 920 Lampen.

1914 wurde das neue E-Werk in der „Noth" am Prollingbach (heutige Schmiedemeile) erbaut. Die Firma Riess, die aus einer traditionellen Pfannenschmiede hervorgegangen war, erbaute für ihr Werk eigene Kraftwerke an der Kleinen und Großen Ybbs. Als durch Erweiterungen und Ausbauten die Versorgung des Emailgeschirrherstellers
gedeckt war, wurden auch die Anrainer in Maisberg mit Strom versorgt. Wie die Firma Welser war auch der Betrieb der Familie Riess immer um ein gutes Klima und soziale Sicherheit für ihre Werksangehörigen bemüht. So errichtete die Familie Riess zeitgleich mit dem Werksausbau eine Siedlung für ihre Arbeitnehmer.

Einen wichtigen Schritt in Richtung Modernisierung stellte auch der Anschluss an das Eisenbahnnetz dar. Die Strecke nach Lunz und Gaming war bereits vorhanden, und auf Drängen der Ybbsitzer Bevölkerung und unter schwierigen finanziellen Bedingungen wurde die Verbindung mit dem Ort fertig gestellt. 1899 war es dann endlich so weit: Der erste Zug fuhr in die Station des Ortes ein.

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Ybbsitz zur Zeit des Ersten Weltkrieges und des Ständestaats
Am 2. August 1914 wurde das erste Aufgebot (55 Männer) mit Musik zum Bahnhof geleitet. Die kaiserliche Propaganda hatte zu einer allgemeinen Kriegsbegeisterung geführt. Neben dem Bürgermeister hielt sogar der Pfarrer eine flammende Rede, um die Soldaten zu verabschieden.

Der Erste Weltkrieg forderte unter den Kriegsteilnehmern aus Ybbsitz 120 Tote oder Vermisste. Für das Schmiedehandwerk in Ybbsitz bestand das größte Problem zunächst im Arbeitskräftemangel. Allerdings geriet das Geschäft nur vorübergehend ins Stocken. Da die Meister und Gesellen größtenteils eingerückt waren, nahmen alte Männer und auch Frauen die Arbeit in den Schmieden auf. Zu Hilfsarbeiten wurden auch russische Kriegsgefangene herangezogen. So kam es, dass im Jahr 1915 der höchste Umsatz seit Gründung der Genossenschaft verzeichnet wurde, der im darauf folgenden Jahr noch einmal überboten werden konnte.

Nachdem der Krieg verloren und die Monarchie zusammengebrochen war, hatte sich das Wirtschaftsgebiet wesentlich verkleinert. Das hatte zur Folge, dass die Ausfuhr von Waren schwieriger wurde. Der Zahlungsverkehr war nicht mehr gesichert, und die Inflation stieg ins Unermessliche. Ab dem Jahr 1929 begann die weltweite Wirtschaftskrise. Der größte Teil der Genossenschaftsmitglieder konnte der steigenden Inflation nicht standhalten. Die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen haben den Weg für Adolf Hitler bereitet.

Rechenmaschine, „The Sundstrand", 1925 (Fa. Riess Kelomat GmbH)

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Heimat und Helden - verzerrte Wirklichkeiten
Österreich ging aus dem Ersten Weltkrieg als Verlierer hervor. Große Teile des ehemaligen Staatsgebietes mussten abgetreten werden, das Gebiet der neuen Republik schrumpfte auf zwölf Prozent der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. Am 12. November 1918 wurde durch die Provisorische Nationalversammlung die Erste Republik unter dem Namen „Deutschösterreich" ausgerufen. Ein Jahr später, im Friedensvertrag von St. Germain untersagten die Alliierten die Bezeichnung „Deutschösterreich" und sprachen sich gegen einen Zusammenschluss mit Deutschland aus. Die junge Republik hatte vom Tag ihrer Gründung an mit schweren wirtschaftlichen und sozialen Problemen zu kämpfen.

Das Selbstbewusstsein der Österreicher war erschüttert. So versuchte man, durch eine Überhöhung des Heimatbegriffes und eine Verherrlichung der im Krieg gefallenen Soldaten als Helden eine neue Identität zu schaffen.

Erinnerung an den ersten Weltkrieg, um 1920
„Zur Erinnerung an die Dienstzeit. Die Artillerie zu Fuß und zu Pferd ist stets des höchsten Ruhmes wert."
Sammlung Marktgemeinde Ybbsitz

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Küche, Kochen und Genießen
Wer kennt es nicht, das vertraute Gefühl, das den Körper durchflutet, wenn beim Besuch bei der Mutter das Essen duftet. Erinnerungen werden wach, man fühlt sich in die Kindheit zurückversetzt. Regionale Küche funktioniert nach einem sehr ähnlichen Mechanismus. Mit regionalen Speisen ist es möglich, sich ein Stück Heimat einzuverleiben. Das gilt nicht nur für die Bewohner einer bestimmten Kulturlandschaft: Über regionale Gerichte ist es auch dem Reisenden möglich, ein Stück Land mit seiner Kultur auf sehr einfache und schmackhafte Weise kennen zu lernen. In Ybbsitz werden bis zum heutigen Tag die für die Zubereitung regionaler Gerichte notwendigen Küchenutensilien hergestellt. Eine Übersicht über die große Produktpalette aus etwa einem Jahrhundert ist hier zu sehen.

Fondueset, 1982 (Fa. Riess Kelomat GmbH)

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Kulturpark Eisenstraße: Eine Region pflegt ihre Wurzeln
Im Jahre 1990 wurde der Verein „Kulturpark Eisenstraße-Ötscherland" ins Leben gerufen. Er umfasst 26 Mitgliedsgemeinden und wird von der EU gefördert ("Leader-plus-Region").
Das gesamte Netzwerk der österreichischen Eisenstraße erstreckt sich über Gebiete der Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark. Derzeit sind 76 Gemeinden rund um den Erzberg miteinander verbunden.

Seit Gründung des Vereins „Kulturpark Eisenstraße-Ötscherland" werden die historischen Schmiedetechniken wieder gepflegt. Man vermittelt den Besuchern Einblicke in die Arbeitsweisen der Schmiede, die sich über die Jahrhunderte überliefert haben. Aus der langen Schmiedetradition entwickeln sich durch das Engagement der Schmiede in Ybbsitz neue Kooperationen mit Partnern in ganz Europa („Ring der Schmiedestädte") und neue Festivals („Ferraculum"). Auch zeitgenössische Künstler wie Professor Alfred Habermann wirken im Ort. Für Besucher, die in die Kunst des Schmiedens eintauchen möchten, gibt es ein dichtes Kursangebot.

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Wenn man vom „Schmiedezentrum Ybbsitz" spricht, dann meint man einen ganz besonderen Erlebnisort mit sehr alter Geschichte. Die Spuren der Handwerkstradition sind hier noch sichtbar, sie werden entsprechend bewahrt und neu belebt. Initiativen wie „Schmiedemeile", „Schmiedeweihnacht" oder „Messermarkt" sind Teil dieser Identität.

Und seit 2010 ist „Schmieden in Ybbsitz" auch als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Ein ganzer Ort, der seinen Aufstieg der Eisenverarbeitung verdankt, hat sich gleichsam neu erfunden. Nach Ybbsitz kommt man, um etwas zu erleben und um zu lernen: Schmiedekurse und eine eigene Schmiedeakademie ziehen Metallverarbeiter aus ganz Europa an. Höhepunkt ist das alle zwei Jahre stattfindende Schmiedefest „Ferraculum", eine einzigartige Drehscheibe für Information und Motivation in Mitteleuropa. Ybbsitz und die Magie des Schmiedens, das ist mittlerweile eine internationale Erfolgsgeschichte.

KRONE UND REICHSAPFEL
Ehrengaben an KR Waltraud Welser mit eingearbeiteten Halbedelsteinen aus Ybbsitz und der Region Eisenstraße (2005)

HANDWERKERWANDERTRACHT SCHMIED UND WANDERSTOCK (Leihgabe Thomas Hochstädt)

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DER STAMMVATER Matthäus Weißenhofer [CA.1500-1570]
Der Überlieferung nach stammen die Weißenhofer aus dem Rheinland, sie dürften bald nach 1500 nach Ybbsitz eingewandert sein. Damals wurden zahlreiche Schmiede vom Stift Seitenstetten angeworben. In der Folge nahm der Markt Ybbsitz einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung.
1559 werden erstmals drei Schmiedemeister mit dem Namen Weißenhofer genannt: Matthäus, Hans und Lambrecht. Matthäus gilt als der Stammvater der später weit verzweigten Schmiedefamilie, die bis ins 20. Jahrhundert in Ybbsitz ansässig war.

Genau genommen muss man von mehreren Weißenhofer-Familien sprechen, in die sich die Nachkommenschaft von Matthäus über die Jahrhunderte hin aufgespaltet hat. Die Weißenhofer waren Krautmesser, Hacken- und Scherschmiede, in erster Linie aber Reifmesserschmiede. Sie stellten spezielle Werkzeuge für die Holzbearbeitung her: Reifmesser benötigte man zur Entrindung von Bäumen, zur Herstellung von Schindeln oder im Fassbau. Von den neun Reifmesserschmieden, die 1643 in Ybbsitz genannt werden, trugen acht den Namen Weißenhofer. Sie übten weit und breit so etwas wie ein Monopol aus, denn diese speziellen Produkte wurden großteils nur in Ybbsitz gefertigt.

Mit der Zeit umfasste das Repertoire der Reifmesserschmiede eine große Produktpalette: Breite, schmale, halbrunde Reifmesser, Krummeisen, Ledermesser, Baumschaber, Deutsche, Ungarische und Raizische Weinmesser, Hobeleisen, Ledererfalz, Stockschaber, Messer und Winkeleisen für Wagner, alle Gattungen Stemmzeuge usw. Matthäus ist der älteste bekannte Reifmesserschmied im Ybbstal. Sein Hammer stand am Prollingbach in der Noth. Dort gab er sein Handwerk an seine Nachkommen weiter.

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Als eine der ältesten und größten Schmiedefamilien in Ybbsitz waren die Weißenhofer aktiv am wirtschaftlichen Erfolg einer ganzen Region beteiligt. Über 400 Jahre haben sie auch wesentlich die Geschicke des Marktes mitbestimmt: als Marktrichter, Ratsbürger, Zechmeister... Und auch im kulturellen Bereich haben sie ihre Spuren hinterlassen: Der Jugendschriftsteller P. Robert Weißenhofer (1843-1900) und der Kunsthistoriker Josef Anselm Weißenhofer (1883-1961) sind bedeutende Vertreter dieser Familie.

Der Weißenhofer-Ranm im Museum FeRRUM eröffnet neue Einblicke in die Geschichte von Ybbsitz. Hier erzählt der „Eisenstraßenmann“, warum der Ort einst zu einem wichtigen Schmiedezentrum in Europa wurde.

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AUF DER WALZ
Mit der „Walz" werden seit dem Spätmittelalter jene Wanderjahre bezeichnet, die ein Geselle nach dem Abschluss seiner Lehrzeit absolvieren muss, um später einmal als Meister zugelassen zu werden. In den Wanderjahren lernt er fremde Länder, unterschiedliche Gebräuche, vor allem aber neue Handwerkspraktiken kennen. In vielerlei Hinsicht ist die Walz eine Schule des Lebens.
Ybbsitz, jahrhundertelang Zentrum für Professionisten, war auch traditionelle Herberge für fremde Gesellen. Viele von ihnen fanden hier Arbeit und einen neuen Lebensmittelpunkt. So auch Adam Welser, der Stammvater des heutigen Familienunternehmens, der 1664 von der Zell in Waidhofen kam.
Die Tradition des „Auf-die-Walz- Gehens" ist im Zeitalter der Industrialisierung weitgehend abgekommen. Erst seit verschiedene Aktivitäten das alte Schmiedehandwerk wiederbeleben, kommen wandernde Schmiede wieder in den Ort. Sie beziehen Quartier, nehmen an Metallkursen teil, tauschen sich mit ansässigen Schmieden aus - und manchmal kommt es vor, dass einer hier „hängen bleibt". So wie der aus Sachsen stammende Thomas Hochstädt.

„Schmieden in Ybbsitz" war jahrhundertelang die wirtschaftliche Lebensader des Orts. Heute ist es ein wertvolles Kulturgut und seit 2010 durch die Österreichische UNESCO-Kommission als immaterielles nationales Kulturerbe anerkannt. Wer sind die Träger dieses Erbes und welche Initiativen halten das Schmiedehandwerk heute lebendig? Das immaterielle Kulturerbe hat viele Gesichter. Es sind die Ybbsitzer und alle europäischen Schmiede, die sich regelmäßig in Ybbsitz treffen, sich austauschen, ihre Arbeiten präsentieren. Es sind die Lehrer, die an der Schmiedeakademie unterrichten und in verschiedenen Metallkursen alte Handwerkstechniken weitergeben. Es sind die Touristiker und Kulturvermittler, die mit ihren Programmen für internationale Wirkung sorgen.
Und es sind nicht zuletzt die Regionalpolitiker, die Fenster nach außen öffnen und die Welt nach Ybbsitz holen.

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YBBSITZ UND SEINE Schmiedegeschlechter
Es sind in erster Linie die Schmiedefamilien, die die Geschichte des Marktes Ybbsitz schrieben. Mit ihrem Handwerk, dem über Generationen vererbten Know-how und ihrem Arbeitseifer haben sie den heutigen Wohlstand der Region mitgeschaffen. Wer sich mit der Geschichte des Schmiedens in Ybbsitz beschäftigt, begegnet immer wieder denselben heute noch bekannten Namen: den Damisch, Schölnhammer, Weißenhofer, Schrottmüller, Fürnschlief, Welser, Riess oder Sonneck. Sie können auf eine mehrhundertjährige Familientradition zurückblicken. In den alten Quellen werden die Damisch und Schölnhammer bereits 1490 genannt. In 43 von 82 Häusern wird damals Eisen verarbeitet, 18 Hämmer werden gezählt.

Bald nach 1500 kommt es zu einer zweiten, durch das Stift Seitenstetten gezielt betriebenen Ansiedlung von Schmieden in Ybbsitz. Man kann von einer wirtschaftlich überaus erfolgreichen "Gründerzeit" im 16. Jahrhundert sprechen, die Ybbsitz bis heute auch kulturell geprägt hat. In dieser Zeit erhält die Pfarrkirche ihr heutiges Erscheinungsbild, die Bürgerhäuser im Markt werden aufgestockt oder völlig neu gebaut. Es ist die Blütezeit der Ybbsitzer Schmiedezunft: 1580 fertigen 90 Schmiede ihre Produkte. Zu ihnen zählen auch fünf Schmiedemeister mit dem Namen Weißenhofer. Sie sind schon damals eine weit verzweigte Familie - kein Name scheint so oft in den Quellen auf. Ihr Handwerk war in Europa gefragtes Spezialistentum. Als Ratsbürger, Marktrichter und Zechmeister gehörten sie zu den angesehensten Bürgern im Markt. Mehr als 400 Jahre bleibt ihre Geschichte eng verbunden mit der des Eisens in Ybbsitz.

 Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024

Auf der Basis einer langen Geschichte, gepaart mit einer großen Offenheit für neue Herausforderungen, entwickelten sich in Ybbsitz Betriebe mit Netzwerken und Kunden auf der ganzen Welt. Als Beispiel sei die Firma Welser genannt. Der Familienbetrieb, der auf einer 340-jährige Firmengeschichte aufbaut, fand durch den Umstieg auf neue Produktionsverfahren und Produktpaletten den Anschluss an die globale Wirtschaft und stellt einen wichtigen Wirt- schaftsfaktor für die Region dar. Zahlreiche andere Betriebe, wie etwa die Firma Riess Kelomat, haben ihre Herstellungsverfahren modernisiert, produzieren jedoch noch heute in ihrem ursprünglichen Verkaufssegment.

Skulptur „Antiker Frauenkopf" - Hergestellt aus Profilen der Firma Welser Profile AG, Ybbsitz
Idee: Franz Wahler, Ausführung: Franz Wahler, Mag. Alois Wagner
Konzept ist, das industrielle Produkt „Profil" in eine emotionale Ebene zu bringen. Diese Skulptur ist Frau KR Waltraud Welser zugeeignet.

 Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024

Eisen - ein Metall auf dem Siegeszug
Das älteste archäologische Fundstück aus bearbeitetem Eisen stammt aus dem nördlichen Anatolien und wird etwa auf die Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. datiert. Trotz des frühen Wissens um das Metall begann es erst ab dem 2. Jahrtausend eine bedeutendere Rolle zu spielen. Die Hethiter, ein Volk im östlichen Kleinasien, ersetzten nach und nach einen Großteil ihrer verwendeten Metalle durch Eisen, so genanntes Schweißeisen. Dieses musste aufgrund seiner Verunreinigungen noch mehreren Schmiedegängen unterzogen werden. Seinen Siegeszug trat das Metall erst durch die Entdeckung einer neuen Härtemethode Mitte des 2. Jahrtausends an: Man schreckte das glühende Eisen mit kaltem Wasser ab.

Zur Zeit der klassischen Antike fand der Werkstoff Verwendung bei der Ausrüstung der Armeen. Die Kelten des Alpen- und Donauraumes waren berühmt für ihre geschmiedeten Schwerter (Norisches Eisen). Einen wichtigen Entwicklungsschritt in der Spätantike stellt die Technik des "Damaszierens" dar. Dabei wurden verschiedene Eisen- und Stahlschichten miteinander verbunden. Da Eisen weit häufiger in der Natur vorkommt als Kupfer oder Zinn, löste es rasch die anderen Werkstoffe ab. Etwa zu Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. war Eisen zum gebräuchlichsten Material für Alltagsgegenstände aller Art geworden.

Seit dem Mittelalter durchdringen Eisen- und Stahlerzeugnisse immer mehr den menschlichen Alltag. Vorerst bleiben sie noch lange Zeit "besondere" Gegenstände und behalten vielfach eine nachgerade „magische" Ausstrahlung. Die Industrialisierung schließlich überflutet unsere Welt mit Eisen und Stahl. Eisenbahn, Schifffahrt, Architektur, Energie, Kommunikation usw. verändern und bestimmen die Wahrnehmung aller Menschen. Heute ist uns das Material selbstverständlich geworden: Eisen und Stahl sind uns im Alltag in einem solchen Ausmaß vertraut, dass wir sie oft kaum noch bewusst sehen, obwohl sie uns ständig umgeben.

 Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024

Es ist ein vertrautes Bild - der Schmied bei seiner schweißtreibenden Arbeit. Sein Körper ist kraftvoll und gestählt, sein Gesicht leuchtet auf im Feuerschein der Esse. Er beherrscht das Feuer. Mit äußerster Konzentration schwingt er seinen Hammer auf das zu bearbeitende Schmiedestück. Quer durch die Kunstgeschichte, von der Antike bis ins 20. Jahrhundert finden wir das Bild des Hammer schwingenden Schmieds oder Arbeiters.

 Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024

Wenn man vom „Schmiedezentrum Ybbsitz" spricht, dann meint man einen ganz besonderen Erlebnisort mit sehr alter Geschichte. Die Spuren der Handwerkstradition sind hier noch sichtbar, sie werden entsprechend bewahrt und neu belebt. Initiativen wie „Schmiedemeile", „Schmiedeweihnacht" oder „Messermarkt" sind Teil dieser Identität. Und seit 2010 ist „Schmieden in Ybbsitz" auch als immaterielles Kulturerbe anerkannt.
Ein ganzer Ort, der seinen Aufstieg der Eisenverarbeitung verdankt, hat sich gleichsam neu erfunden. Nach Ybbsitz kommt man, um etwas zu erleben und um zu lernen: Schmiedekurse und eine eigene Schmiedeakademie ziehen Metallverarbeiter aus ganz Europa an. Höhepunkt ist das alle zwei Jahre stattfindende Schmiedefest „Ferraculum", eine einzigartige Drehscheibe für Information und Motivation in Mitteleuropa. Ybbsitz und die Magie des Schmiedens, das ist mittlerweile eine internationale Erfolgsgeschichte.

 Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024

Gebrauchsgegenstände aus geschmiedetem Eisen finden wir seit dem Mittelalter in allen Lebensbereichen. Geschmiedetes Werkzeug und Gerät bilden häufig die Voraussetzung für Fortschritt in Ackerbau, Handwerk, Handel und Transportwesen sowie im Schiffbau. Mit zunehmender Bedeutung der Eisenverarbeitung wachsen auch die Herausforderungen an die Schmiede. Dies führt zu einer weit reichenden Spezialisierung des Schmiedehandwerks, vor allem in städtischen Ballungsräumen. In Nürnberg zählt man Mitte des 16. Jahrhunderts in der Metallverarbeitung an die 70 Berufs- gruppen.

Auf dem Land ist die Spezialisierung nicht so ausgeprägt. Hier ist der Schmied weitgehend Universalhandwerker, der neben den eigentlichen Schmiedearbeiten, wie Hufbeschlag und Herstellung landwirtschaftlicher Geräte, diverse Eisenwaren vertreibt und sich auch als Tierarzt betätigt. Mit dem Aufschwung des geschmiedeten Gebrauchsgegenstandes wird auch dessen ornamentale Ausstattung immer beliebter und reichhaltiger. Angewendet werden verschiedene Techniken wie Ätzung, Gravur, Tauschieren, Vergolden etc. Im 16. und 17. Jahrhundert erreicht die Schmiedekunst ihren Höhepunkt und wird danach Schritt für Schritt von der industriellen Fertigung abgelöst.

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RETTET DIE ERDE, Erde Ferraculum, 2002 - Rudolf Molnar, Joszef Molnar, Deutschland

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OHNE NAME, Prägen - Prägung,  Schmiedeweihnacht 2018 - Petro Kokhanovskyi, Ukraine

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Die drei Kilometer lange Schmiedemeile lädt ein zu einer Wanderung entlang des romantischen Prollingbaches. Zwischen der Kleinen Ybbs, den Voralpenhügeln, den stattlichen Bauernhöfen im Norden und dem Prochenberg und Maisberg im Süden erstreckt sich eine Landschaft, die ihren unvergleichlichen Charme aus der Verbindung von Natur und historischer Arbeitskultur gewinnt. Der manchmal wild tosende, dann wieder ruhig plätschernde Prollingbach, die Lebensader der Schmiedekultur, führt zu acht Meilensteinen, Höhepunkte einer historischen, aber auch zeitgenössischen Inszenierung der Landschaft.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann der Niedergang der Kleineisenindustrie. Mit Hilfe der niederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer sowie der 1888 gegründeten "Kaiser-Franz-Josef-Stiftung zur Hebung der Kleineisen-Industrie" setzte man 1889 erste Gegenmaßnahmen. Nach verschiedenen Anläufen kam es schließlich 1903 zur Gründung der Werks- und Verkaufsgenossenschaft "Vereinigte Schmiedegewerke in Ybbsitz und Umgebung", um den von den Schmieden getätigten Ein- und Verkauf genossenschaftlich zu regeln.
Ihren Sitz hatte diese Vereinigung hier im "Schwarzen Haus". Es diente als kaufmännischer Stützpunkt und Verpackungsstätte der Waren. Im gegenüberliegenden ehemaligen Welser Hammer wurde eine Musterwerkstätte geschaffen.

Nach anfänglich guten Erfolgen forderten Krieg und Nachkriegszeit ihren Tribut. Die Auflösung der Werks- und Verkaufsgenossenschaft erfolgte 1932. Trotzdem stellte sie nach fachkundigem Urteil "den einzigen geglückten Versuch einer Neuorganisation unter Beibehaltung der traditionellen kleingewerblichen Struktur in der Eisenwurzen dar." Alle anderen Sanierungsaktionen dieser Art scheiterten.

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Das denkmalgeschützte Lagerhaus Sonneck II und Marktbrunnen beim Schwarzen Haus

Das ehemalige Hammerherrenhaus, auch Schwarzes Haus genannt, ist ein zweigeschoßiges Bauwerk mit Walmdach aus dem Ende des 18. Jahrhunderts (im Kern spätmittelalterlich).

Der Marktbrunnen in der Hammerschmiedstraße ist ein 1834 errichteter Brunnen mit oktogonalem Becken und eingestelltem Pfeiler mit Kugelaufsatz.

 Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024

DER SCHAUMARKT: In dieser Umgebung fand früher die Qualitätskontrolle der Ybbsitzer Schmiedeerzeugnisse statt. Um die Güte der Handwerkserzeugnisse zu überprüfen, wurden sogenannte "Beschaumeister" bestimmt. Ihre Aufgabe war es, die Waren der übrigen Meister auf ihre Qualität hin zu überprüfen. Mit dieser Regelung wurde einer Schädigung der Handwerksehre vorgebeugt.

Das "Magazin" bei Werkstätten und Kanzleigebäude der Werksgenossenschaft "Vereinigte Schmiedegewerke" in Ybbsitz.

Genossenschaftshammer und Lagergebäude (Sonneckwerk II) - Ein breitgiebeliger biedermeierlicher eingeschoßiger Bau mit Sichtelfirst und Kragsteinen, der 1903 umgebaut wurde.

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Die Frauenzeche war mit dem wirtschaftlichen, religiösen und sozialen Leben der Schmiede eng verbunden. Sie begleitete die Mitglieder von der Lehr- und Gesellenzeit über die Meisterjahre bis zum Begräbnis. Auch die Altersversorgung armer und erwerbsunfähiger Meister und Gesellen wurde von der Zeche geregelt. Grundbedingung für die Aufnahme war die eheliche Geburt. Die Lehrzeit schwankte, je nach Gewerbe, zwischen drei und fünf Jahren. Danach erfolgte vor den versammelten Handwerkern der "Freispruch". Das Heiligtum der Zeche war die "Lade", der Aufbewahrungsort von Vermögen und Dokumenten. Am Schmiedejahrtag wurde die "Lade" bei einem feierlichen Umzug zur Schau gestellt.

DOPPELSTÄNDER - EXZENTERPRESSE
Diese Maschine aus den Beständen der Firma Sonneck hatte eine Druckkraft von 350 Tonnen und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg unter anderem für die Produktion von Hacken, Krampen und Schlägeln eingesetzt.

 Ybbsitz an der Eisenstraße, Jänner 2024

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Florianikapelle ist eine barocke Kapelle mit einem Schopfwalmdach, die 1911 vergrößert wurde und in der sich eine Statue des hl. Florian um 1700 befindet.

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Pest-/Dreifaltigkeitssäule aus dem 17. Jahrhundert stand bis 1931 an der Hafnerbrücke. Jetzt steht die Pestsäule auf Markt 15.

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Der Kirchturm der Pfarre Ybbsitz vor der Kulisse des Prochenberg

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Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: